Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Okt. 2015 - 5 StR 436/15

published on 28/10/2015 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Okt. 2015 - 5 StR 436/15
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR436/15
vom
28. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen schweren Bandendiebstahls
ECLI:DE:BGH:2015:2810155STR436.15.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Oktober 2015 beschlossen :
Auf die Revisionen der Angeklagten R. T. und S. wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 25. Juni 2015, soweit es diese Angeklagten betrifft, gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch aufgehoben.
Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten R. T. und S. sowie die Revision des Angeklagten N. T. werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Angeklagte N. T. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten R. T. wegen schweren Bandendiebstahls in sieben Fällen unter Einbeziehung einer Strafe aus einem anderen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten, den Angeklagten N. T. wegen schweren Bandendiebstahls in sechs Fällen unter Einbeziehung einer Strafe aus einem anderen Urteil zu einer solchen von drei Jahren und drei Monaten und den Angeklagten S. wegen schweren Bandendiebstahls in sechs Fällen zu einer solchen von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die von den Angeklagten R. T. und S. mit der allgemeinen Sachrüge geführten Revisionen erzielen den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen sind ihre Rechtsmittel ebenso wie die Revision des Angeklagten N. T. unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Strafausspruch gegen die Angeklagten R. T. und S. hält der rechtlichen Prüfung nicht stand, weil das Landgericht eine mögliche Strafrahmenmilderung nach § 46b StGB nicht erwogen hat, obwohl nach den Urteilsfeststellungen hierzu Anlass bestand.
3
a) Hiernach haben S. und R. T. nach ihrer Festnahme in den Beschuldigtenvernehmungen die Taten weitgehend gestanden und Detailangaben zum Umfang der Tatbeteiligung und zur Aufgabenverteilung sowie teilweise zum Absatz der Tatbeute gemacht. Die Ermittlungsbehörden haben – nach den Angaben des Ermittlungsführers – aufgrund der Telefonüber- wachung und der Observationsberichte zu diesem Zeitpunkt eine „sehr konkre- te Vorstellung von der Zusammensetzung der Bande und davon gehabt, wer an welcher Tat beteiligt gewesen sei“. Weitere Bandenmitglieder seien nach dem Zugriff nicht mehr „namhaft“ gemacht worden.
4
b) Aufgrund dieser Feststellungen lässt sich jedoch nicht ausschließen, dass durch die Offenbarungen der Angeklagten eine wesentliche Aufklärungshilfe dadurch geleistet wurde, dass sie den vorhandenen Erkenntnissen eine sicherere Grundlage für die Aburteilung der jeweiligen Mittäter verschafft haben (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 1995 – 4 StR 422/95, BGHR BtMG § 31 Nr. 1 Aufdeckung 27 mwN). Die unterlassene Erörterung, ob die Voraussetzun- gen des § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB vorliegen, nötigt vorliegend jeweils zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs. Das neue Tatgericht wird festzustellen haben, ob die Voraussetzungen einer Aufklärungshilfe gegeben sind und ob sie als wesentlich zu bewerten ist. Da alle Taten nach dem 1. August 2013 begangen wurden, gilt dies jedoch lediglich für den Fall, dass das seit dem genannten Zeitpunkt eingeführte Merkmal des Zusammenhangs zwischen den Taten zu bejahen sein sollte. Der Zusammenhang ergibt sich aber nicht allein aus der Identität der Tatbeteiligten (vgl. BT-Drucks. 17/9695 S. 8 f.; vgl. BGH, Beschluss vom 25. November 2014 – 5 StR 527/14, BGHR StGB § 46b Voraussetzungen 2).
5
c) Die bisherigen Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt ; sie können bestehen bleiben. Weitere Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen. Sie sind insbesondere zum Umfang etwaiger Aufklärungshilfen zu treffen.
6
2. Das neue Tatgericht wird darüber hinaus hinsichtlich des Angeklagten R. T. zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für die vorgenommene Einbeziehung der zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von neun Monaten aus dem Berufungsurteil des Landgerichts Berlin vom 11. August 2014 gemäß § 55 StGB vorliegen. Denn die dieser Verurteilung zugrundeliegende Tat wurde am 10. Februar 2013 begangen, somit vor dem Erlass des Strafbefehls des Amtsgerichts Tiergarten vom 22. März 2013. Dieser würde demnach grundsätzlich Zäsurwirkung entfalten, wenn – wozu keine Feststellungen getroffen sind – die verhängte Geldstrafe zum Zeitpunkt des Urteilserlasses am 11. August 2014 nicht vollständig vollstreckt gewesen wäre. Der Umstand, dass diese Geldstrafe im Rahmen eines nachträglichen Gesamtstrafenbe- schlusses vom 20. Juni 2014 seinerseits einbezogen wurde, steht einer möglichen Zäsurwirkung nicht entgegen.
Schneider Dölp König
Berger Bellay
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wobei an die Stelle ausschließlich angedrohter lebenslanger Freiheitsstrafe eine Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren tritt. Für die Einordnung als Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist, werden nur Schärfungen für besonders schwere Fälle und keine Milderungen berücksichtigt. War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nr. 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. Anstelle einer Milderung kann das Gericht von Strafe absehen, wenn die Straftat ausschließlich mit zeitiger Freiheitsstrafe bedroht ist und der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat.

(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie
2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.

(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nummer 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. § 46b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern, wobei an die Stelle ausschließlich angedrohter lebenslanger Freiheitsstrafe eine Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren tritt. Für die Einordnung als Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedroht ist, werden nur Schärfungen für besonders schwere Fälle und keine Milderungen berücksichtigt. War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nr. 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. Anstelle einer Milderung kann das Gericht von Strafe absehen, wenn die Straftat ausschließlich mit zeitiger Freiheitsstrafe bedroht ist und der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat.

(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie
2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.

(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.