Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Sept. 2015 - 5 StR 331/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt; von der Unterbringung in der Entziehungsanstalt hat es mangels hinreichend konkreter Aussicht auf einen Behandlungserfolg (§ 64 Satz 2 StGB) abgesehen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg ; im Übrigen ist das Rechtsmittel im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
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- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts verließ der Angeklagte in Begleitung des nicht revidierenden Mitangeklagten N. am 20. September 2014 gegen 3.30 Uhr das Herbstfest in Niesky. Beide verspürten das Bedürfnis , sich mit anderen Personen eine Schlägerei zu liefern. Auf der Gerichtsstraße begegneten sie dem Geschädigten B. , dem der Angeklagte mit der Faust ins Gesicht schlug; zugleich trat N. dem Geschädigten von hinten in die Kniekehlen, so dass dieser zu Boden fiel. N. nahm nun dessen Mobiltelefon an sich, wobei nicht festgestellt werden konnte, ob er es aus der Hosentasche gezogen oder vom Boden aufgehoben hatte, nachdem es dem Geschädigten heruntergefallen war. Er trat sodann mehrfach mit seinem beschuhten Fuß gegen den Kopf des am Boden liegenden Geschädigten, bevor er vom Angeklagten weggezogen wurde. Aus Verzweiflung über seine hilflose Lage fragte der Geschädigte, ob der Angeklagte und N. Geldvon ihm wollten, und teilte auf Nachfrage mit, dass Geld in seiner nahe gelegenen Wohnung sei. Der Angeklagte und N. „zogen den Geschädigten hoch, hakten ihn unter und schleiften ihn zu seiner Wohnung“. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatten beide den Entschluss gefasst, vom Geschädigten „unter Ausnutzung des Ein- drucks der zuvor erlittenen erheblichen körperlichen Misshandlung“ Geld zu erlangen. Nachdem N. in der Wohnung erneut Geld vom Geschädigte gefor- dert hatte, übergab dieser ihm 1.000 €, die der Angeklagte und N. hälftig auf- teilten.
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- 2. Der Schuldspruch wegen räuberischer Erpressung hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
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- Soweit das Landgericht darauf abgestellt hat, dass der Angeklagte und N. den Geschädigten „unter Ausnutzung des Eindrucks der zuvor erlittenen erheblichen körperlichen Misshandlung“ zur Herausgabe von Bargeld veranlas- sen wollten, wird damit eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben allerdings nicht belegt. Allein der Umstand, dass die Wirkungen eines zuvor ohne Wegnahmevorsatz oder Erpressungsabsicht eingesetzten Nötigungsmittels noch andauern und der Täter dies ausnutzt, genügt nicht. Auch das bloße Ausnutzen der Angst eines der Einwirkung des Täters schutzlos ausgelieferten Opfers ist insoweit nicht ausreichend (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2014 – 5 StR 41/14, NStZ 2015, 156, 157 mwN). Zwar liegt es in Fällen, in denen das Opfer zahlreichen – nicht notwendig in Zusammenhang mit Raub oder räuberischer Erpressung stehenden – körperlichen Übergriffen ausgesetzt war, nahe, dass der Täter für den Fall, dass sich das Opfer seinem erpresserischen Ansinnen verweigert oder einer Wegnahme entgegentritt, zumindest konkludent mit der Anwendung weiterer Gewalt droht (vgl. BGH, Beschluss vom 13. November 2012 – 3 StR 422/12). Eine derartige Feststellung hat das Landgericht jedoch nicht getroffen; sie lässt sich auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht entnehmen.
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- Gleichwohl tragen die getroffenen Feststellungen (auch) eine Verurteilung des Angeklagten wegen räuberischer Erpressung, da er und N. den am Boden liegenden Geschädigten nach Fassung des nunmehr auf die Erlangung von Geld gerichteten gemeinschaftlichen Tatentschlusses „vom Boden hochzo- gen, einhakten und zu seiner Wohnung schleiften“, mithin – wie bereits in der Anklageschrift zur Last gelegt – Gewalt im Sinne des § 255 StGB verübt haben. Es kommt daher nicht darauf an, dass sowohl der Angeklagte als auch der Geschädigte im Rahmen der Einlassung bzw. Zeugenaussage angegeben haben, „N. habe unterwegs weiter auf den Geschädigten eingeprügelt“ bzw. „N. habe ihn auch auf dem Weg zur Wohnung nochmals geschlagen“, ohne dass das Landgericht dies ausdrücklich festgestellt hat.
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- Es beschwert den Angeklagten nicht, dass das Landgericht eine Strafbarkeit wegen erpresserischen Menschenraubs gemäß § 239a Abs. 1 Alt. 1 StGB nicht in Erwägung gezogen hat.
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- 3. Das Urteil hält indes rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit das Landgericht eine Unterbringung des Angeklagten in der Entziehungsanstalt abgelehnt und dies damit begründet hat, beim Angeklagten sei eine Therapiedauer von zwei Jahren erforderlich; er lehne jedoch den Maßregelvollzug ab, wenn dieser länger als die Haftzeit dauern würde, so dass vorliegend eine hinreichende Aussicht auf einen Behandlungserfolg nicht bestehe.
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- Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 28. Juli 2015 insoweit ausgeführt: „Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hat zur Maßre- gelfrage einen durchgreifenden Rechtsfehler ergeben. Das Landgericht hat bei Erörterung der Erfolgsaussicht einer Maßregel nach § 64 StGB den Umstand, dass sich der Angeklagte selbst um eine stationäre Alkoholentwöhnungstherapie bemüht hatte (UA S. 26), übergangen. Angesichts dessen erweisen sich die auf UA S. 26 angestellten Erwägungen zur mangelnden Erfolgsaussicht der Maßregel wegen fehlender Kooperationsbereitschaft des Angeklagten (erzwungener Abbruch nach § 67d Abs. 5 StGB zwecks Verkürzung der Freiheitsentziehung) als lückenhaft. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Maßregelentscheidung unter Berücksichtigung des vorgenann- ten Aspekts anders ausgefallen wäre.“
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- Dem tritt der Senat bei. Er schließt aus, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt auf eine geringere Freiheitsstrafe erkannt hätte. Der Strafausspruch kann deshalb bestehen bleiben.
Sander Schneider König
Bellay Feilcke
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.
(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.
(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.
(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.
(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.
(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.