Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2017 - 5 StR 214/17

bei uns veröffentlicht am25.10.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 214/17
vom
25. Oktober 2017
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
hier: Anhörungsrüge
ECLI:DE:BGH:2017:251017B5STR214.17.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Oktober 2017 beschlossen :
Die Anhörungsrüge des Verurteilten gegen den Beschluss des Senats vom 13. Juni 2017 wird zurückgewiesen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe:


1
1. Der Senat hat die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 1. Februar 2017 durch Beschluss vom 13. Juni 2017 gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Die dem Angeklagten als Pflichtverteidigerin beigeordnete Rechtsanwältin H. hatte die Revision eingelegt und fristgerecht mit der allgemeinen Sachrüge begründet. Bereits mit Schriftsatz vom 27. April 2017, bei Gericht eingegangen am selben Tag, hatte zudem Rechtsanwalt R. die Verteidigung des Angeklagten angezeigt und die Revision gegen das am 29. März 2017 zugestellte Urteil mit näheren Ausführungen zur Nichtanordnung einer Maßregel nach § 64 StGB und einer Inbegriffsrüge nach § 261 StPO begründet. Infolge einer fehlerhaften Sachbehandlung ist diese Revisionsbegründung dem Senat nicht vorgelegt worden, so dass er sie bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigen konnte.
2
2. Die rechtzeitig und formgerecht erhobene Anhörungsrüge, deren Bescheidung sich infolge später Aktenübersendung noch etwas verzögert hat, hat in der Sache keinen Erfolg.
3
a) Nach dem oben dargestellten Verfahrensablauf liegt allerdings – worauf die Anhörungsrüge zu Recht hinweist – eine Verletzung rechtlichen Gehörs im Revisionsverfahren vor.
4
b) Dieser Fehler hat sich aber auf das Ergebnis der Revisionsentscheidung nicht ausgewirkt, so dass der Anspruch des Verurteilten auf rechtliches Gehör nicht „in entscheidungserheblicher Weise“ verletzt wurde (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 16. August 2017 – 1 StR 18/17, vom 2. Juli 2014 – 4 StR 498/13 und vom 4. August 2010 – 3 StR 105/10).
5
aa) Aufgrund der allgemein erhobenen Sachrüge hat der Senat insbesondere die Frage, ob die Begründung des Landgerichts die Nichtanordnung der Unterbringung in der Entziehungsanstalt trägt, beraten und die Begründung des Landgerichts als tragfähig erachtet. Hiergegen bringt die Revisionsbegründung von Rechtsanwalt R. keine neuen Argumente vor.
6
bb) Die erhobene Rüge eines Verstoßes gegen § 261 StPO ist jedenfalls unbegründet. Mit dem näheren Inhalt des Auslieferungshaftbefehls musste sich das Landgericht aus Rechtsgründen nicht auseinandersetzen. Dort wurde die Auslieferungshaft des Verurteilten angeordnet und ausdrücklich erkannt, dass eine Auslieferung nicht von vornherein unzulässig ist. In seiner Begründung, von der Anordnung nach § 64 StGB abzusehen, hat das Landgericht lediglich auf die Existenz des Auslieferungshaftbefehls abgestellt.
7
3. Die Kosten der Anhörungsrüge (vgl. Nr. 3920 KVGKG) werden nicht erhoben, da diese Kosten bei richtiger Sachbehandlung nicht angefallen wären (§ 21 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Mutzbauer Schneider Dölp
König Mosbacher

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2017 - 5 StR 214/17

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2017 - 5 StR 214/17

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 21 Nichterhebung von Kosten


(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für ab
Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2017 - 5 StR 214/17 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb

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Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Okt. 2017 - 5 StR 214/17 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Aug. 2017 - 1 StR 18/17

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 18/17 vom 16. August 2017 in der Strafsache gegen wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. hier: Anhörungsrüge ECLI:DE:BGH:2017:160817B1STR18.17.0 Der 1. Strafsenat des Bun

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Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 18/17
vom
16. August 2017
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
hier: Anhörungsrüge
ECLI:DE:BGH:2017:160817B1STR18.17.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. August 2017 beschlossen :
Die Anhörungsrüge der Verurteilten vom 23. Juni 2017 gegen den Senatsbeschluss vom 8. Juni 2017 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

1
Der Senat hat durch den beanstandeten Beschluss die Revision der Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 13. Oktober 2016 als unbegründet verworfen.
2
Mit ihrer Anhörungsrüge macht die Verurteilte geltend, ihr rechtliches Gehör sei dadurch verletzt worden, dass der Senat entschieden habe, ohne ihren Schriftsatz vom 27. Februar 2017 zur Kenntnis genommen zu haben. Erst am 22. Juni 2017 habe sie „durch ein Telefonat“ erfahren, dass dieser Schrift- satz dem Senat nicht vorgelegen habe, weil er entweder „postalisch verloren gegangen oder im Geschäftsgang des Gerichts fehlgeleitet worden ist“.
3
Tatsächlich ist der vor der Mitteilung des Antrags des Generalbundesanwalts nach § 349 Abs. 3 StPO datierte, an das Landgericht Mosbach adressierte Schriftsatz beim Senat erst mit der Anhörungsrüge vorgelegt worden.
4
Die innerhalb der Frist des § 356a Satz 2 StPO erhobene Anhörungsrüge hat in der Sache keinen Erfolg; denn es liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise vor (§ 356a StPO). Der Senat konnte bei seiner Entscheidung nur berücksichtigen, was ihm vorlag (vgl. BGH, Be- schlüsse vom 24. Juni 1993 – 4 StR 166/93, NStZ 1993, 552 und vom 19. November 2008 – 1 StR 593/08). Jedenfalls hat sich die unterbliebene Kenntnisnahme auf das Ergebnis der Revisionsentscheidung nicht ausgewirkt, so dass der Anspruch der Verurteilten auf rechtliches Gehör nicht „in entscheidungserheblicher Weise" verletzt worden ist (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 2. Juli 2014 – 4 StR 498/13 und vom 4. August 2010 – 3 StR 105/10, StraFo 2011, 55; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 356a Rn. 3).
5
Auf Grund der erhobenen Sachrüge hatte der Senat die Gründe des angefochtenen Urteils ohnehin umfassend auf Rechtsfehler zum Nachteil der Verurteilten zu überprüfen. Auch die Beanstandungen in dem Schriftsatz des Verteidigers zeigen einen solchen durchgreifenden, die Verurteilte beschwerenden Rechtsfehler nicht auf.
6
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO (vgl. Senat, Beschluss vom 13. März 2017 – 1 StR 476/15, wistra 2017, 274 mwN). Raum Graf Bellay Cirener Radtke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR498/13
vom
2. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Juli 2014 beschlossen:
Der Antrag des Verurteilten auf Nachholung rechtlichen Gehörs gegen den Beschluss des Senats vom 27. Februar 2014 wird zurückgewiesen. Der Verurteilte hat die Kosten seines Rechtsbehelfs zu tragen. Von der Erhebung einer Gerichtsgebühr wird abgesehen (§ 21 GKG).

Gründe:


I.


1
Mit Beschluss vom 27. Februar 2014 hat der Senat das Verfahren auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 31. Mai 2013 gemäß § 154 Abs. 2 StPO hinsichtlich der Verurteilung wegen Betruges im Fall B III. 6 eingestellt und die Urteilsformel entsprechend neu gefasst. Ferner hat er das vorbezeichnete Urteil unter Verwerfung des Rechtsmittels im Übrigen mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zurückverwiesen , soweit festgestellt worden ist, dass Ansprüche Verletzter einer Verfallserklärung entgegenstehen und der Wert des durch den Angeklagten Erlangten auf 873.068,45 € festgesetzt worden ist.

II.


2
Der nochmaligen Entscheidung des Senats liegt folgender Verfahrensgang zu Grunde:
3
1. Dem Verteidiger des Angeklagten war der Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 349 Abs. 3 StPO am 9. Dezember 2013 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2013, beim Bundesgerichtshof eingegangen am selben Tage, hatte der Verteidiger in Erwiderung auf diesen Antrag die zuvor nur allgemein erhobene Sachrüge näher begründet. Bei seiner Beschlussfassung über das Rechtsmittel des Angeklagten am 27. Februar 2014 hat dem Senat dieser Schriftsatz aus nicht mehr aufklärbaren Gründen nicht vorgelegen.
4
2. Gleichwohl ist der zulässige, insbesondere rechtzeitig gestellte Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs (§ 356a StPO) im Ergebnis unbegründet.
5
a) Zwar hat der Senat den Anspruch des Verurteilten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) objektiv verletzt. Er hat den Schriftsatz des Verteidigers vom 11. Dezember 2013 mit dem Vortrag zur Sachrüge nicht zur Kenntnis genommen. Dies verhilft der Anhörungsrüge jedoch nicht zum Erfolg ; denn die unterbliebene Kenntnisnahme hat sich auf das Ergebnis der Revisionsentscheidung nicht ausgewirkt, so dass der Anspruch des Verurteilten auf rechtliches Gehör nicht „in entscheidungserheblicher Weise“ verletzt worden ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 4. August 2010 – 3 StR 105/10, StraFo 2011, 55; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 356a Rn. 3).
6
b) Hätte der Senat den genannten Schriftsatz vor seiner Entscheidung über das Rechtsmittel des Angeklagten zur Kenntnis genommen, wäre diesem gleichwohl der Erfolg versagt geblieben.
7
Auf Grund der erhobenen Sachrüge hatte der Senat die Gründe des angefochtenen Urteils ohnehin umfassend auf Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten zu überprüfen. Auch die Beanstandungen in dem Schriftsatz des Verteidigers zeigen einen solchen durchgreifenden, den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler nicht auf. Die Auffassung des Verteidigers, Anknüpfungspunkt für den Schuldspruch wegen fahrlässiger Körperverletzung zum Nachteil des Polizeibeamten S. sei der Aufprall des Dienstfahrzeugs des Geschädigten S. auf den Pkw des Angeklagten gewesen, ist mit den Urteilsgründen nicht vereinbar. Danach hat das Landgericht im Zusammenhang mit diesem (ersten) Geschehensabschnitt ein fahrlässiges oder gar vorsätzliches Verhalten des Angeklagten in Bezug auf eine Verkehrsstraftat oder eine Körperverletzung gerade nicht als erwiesen angesehen (UA 58). Den strafrechtlichen Vorwurf leitet die Strafkammer vielmehr aus dem anschließenden, durch das versehentliche Einlegen des Rückwärtsganges durch den Angeklagten hervorgerufenen (zweiten) Kollisionsgeschehen her, bei dem das Fahrzeug des Geschädigten S. mit diesem am Steuer durch einen vom Angeklagten verursachten Aufprall ruckartig weggeschoben wurde (UA 45). Die mit der Anhörungsrüge in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen waren Gegenstand der Senatsberatung am 27. Februar 2014.
8
Dass der Angeklagte nach den Feststellungen in Panik handelte und sich dem polizeilichen Zugriff entziehen wollte, stellt die für den Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung erforderliche subjektive Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts hier nicht in Frage. Sein Erregungszustand erfüllt auch keines der in § 20 StGB genannten Eingangsmerkmale (vgl. BGH, Urteile vom 26. Oktober 1993 – 5 StR 493/93, BGHSt 39, 374 und vom 30. August 2000 – 2 StR 204/00, Rn. 31, insoweit in NStZ 2001, 29 nicht abgedruckt).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 105/10
vom
4. August 2010
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. August 2010 beschlossen:
Der Antrag des Verurteilten auf Nachholung rechtlichen Gehörs gegen den Beschluss des Senats vom 11. Mai 2010 wird zurückgewiesen. Der Verurteilte hat die Kosten seines Rechtsbehelfs zu tragen. Von der Erhebung der Gerichtsgebühr wird abgesehen (§ 21 GKG).

Gründe:

1
1. Mit Beschluss vom 11. Mai 2010 hat der Senat die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 17. Dezember 2009 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Dabei hat ihm der Schriftsatz des vor dem Landgericht aufgetretenen Verteidigers, Rechtsanwalt P. , vom 18. Dezember 2009, mit dem dieser die Revision eingelegt und mit der allgemeinen Sachrüge begründet hatte, ebenso vorgelegen wie der Schriftsatz von Rechtsanwalt Dr. en jur. (BOL) K. vom 29. März 2010, mit dem dieser die Revision "weiter" begründet und einzelne sachlichrechtliche Beanstandungen erhoben hatte. Der Schriftsatz vom 23. März 2010, mit dem sich Rechtsanwalt Dr. en jur. (BOL) K. beim Landgericht gemeldet und ebenfalls mit Einzelausführungen die Verletzung sachlichen Rechts gerügt hatte, war hingegen nicht zum Senat gelangt, da das Landgericht eine Weiterleitung zu den wegen der Revision versandten Akten erst zwei Monate verspätet veranlasst hatte. Er ist erst nach Erlass der Revisionsentscheidung beim Bundesgerichtshof eingegangen.
2
Mit Schriftsatz vom 27. Juli 2010 hat der Verurteilte durch seinen neuen Verteidiger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und eine Gegenvorstellung gegen die Revisionsentscheidung erhoben.
3
2. Die beantragte Wiedereinsetzung ist schon deshalb ausgeschlossen, weil das Verfahren durch die Sachentscheidung des Revisionsgerichts nach § 349 Abs. 2 StPO rechtskräftig abgeschlossen ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 44 Rn. 1, § 349 Rn. 25 mwN). Der Wiedereinsetzungsantrag ist indes als Antrag auf nachträgliche Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 356a StPO) auszulegen. Denn der Verurteilte rügt, der Senat habe bei seiner Entscheidung seinen Revisionsvortrag nicht zur Kenntnis genommen.
4
Der Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs ist zulässig. Der Verteidiger des Verurteilten hat ihn binnen einer Woche ab Zugang der Mitteilung des Senats gestellt, dass sein Schriftsatz erst nach der Verwerfung der Revision hier eingegangen sei (§ 356a Satz 2 und 3 StPO).
5
3. Der Antrag ist im Ergebnis unbegründet:
6
Zwar hat der Senat den Anspruch des Verurteilten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) objektiv verletzt. Er hat den Schriftsatz vom 23. März 2010 mit dem Vortrag zur Sachrüge nicht zur Kenntnis genommen, weil sich dieser nicht bei den ihm vorliegenden Akten befand. Dies verhilft der Anhörungsrüge jedoch nicht zum Erfolg; denn die unterbliebene Kenntnisnahme hat sich auf das Ergebnis der Revisionsentscheidung nicht ausgewirkt, so dass der Anspruch des Verurteilten auf rechtliches Gehör hierdurch nicht "in entscheidungserheblicher Weise" verletzt worden ist (vgl. Meyer-Goßner, aaO § 356a Rn. 3).
7
Hätte der Senat den Schriftsatz vom 23. März 2010 vor seiner Entscheidung über die Revision zur Kenntnis genommen, wäre dem Rechtsmittel gleichwohl der Erfolg versagt geblieben. Die Beanstandungen zeigen, soweit sie nicht im Schriftsatz vom 29. März 2010 wiederholt und daher schon vor der Senatsentscheidung erörtert worden sind, keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Verurteilten auf: Dass der Verurteilte den Teleskopschlagstock nicht selbst geführt hat, hat ihm das Landgericht bei der Strafzumessung ausdrücklich zugute gehalten (UA S. 24). Die vermisste Untersuchung, ob es sich dabei um eine Waffe oder einen frei käuflichen Gegenstand gehandelt hat, war schon deshalb nicht geboten, weil der Teleskopschlagstock dem strafrechtlichen Waffenbegriff unterfällt (vgl. Fischer, StGB, 57. Aufl., § 250 Rn. 4a mwN). Der Senat hätte daher über die Revision des Verurteilten im Ergebnis nicht anders entschieden als geschehen.
Becker Pfister Sost-Scheible Hubert Mayer

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.