Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2014 - 5 StR 20/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und versuchter Nötigung verurteilt ist,
b) im Strafausspruch aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und versuchter Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Seine Revision führt zu einer Schuldspruchänderung, die die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich zieht. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- Nach den Feststellungen wollte der Angeklagte bei dem Geschädigten O. Schulden aus einem Drogengeschäft eintreiben. Mit einem Zeu- gen, der die Adresse des Geschädigten kannte, begab er sich zu dessen Wohnung und forderte O. zunächst im Treppenhaus und sodann in dessen Wohnung zur Zahlung auf. Er drückte den Geschädigten gegen die Wand, beschimpfte und schlug ihn, ohne dadurch Schmerzen oder Verletzungen zu verursachen. Schließlich packte er ihn am Hals und „drückte so stark zu, dass O. Luftnot verspürte und den Angeklagten mit seinen Händen zurückstieß , um Luft holen zu können.“ Unter dem Eindruck „der zuvor erlittenen Gewalt“ übergab O. sein Smartphone dem Angeklagten. Um ihn von einer Anzeige abzuhalten, drohte der Angeklagte dem Geschädigten, ihn abzustechen , wenn er zur Polizei ginge. Dennoch erstattete O. am nächsten Morgen Strafanzeige.
- 3
- Das Landgericht hat eine lebensgefährdende Behandlung nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB angenommen, da der Angeklagte den Geschädigten bis zum Eintritt von Luftnot würgte. Die Feststellungen tragen die Annahme einer das Leben gefährdenden Behandlung indessen nicht. Diese setzt zwar nicht voraus, dass das Opfer der Körperverletzung tatsächlich in Lebensgefahr geraten ist. Erforderlich ist aber, dass die nach den konkreten Umständen des Einzelfalls als Körperverletzung zu beurteilende Handlung geeignet war, eine Lebensgefahr herbeizuführen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juni 2006 – 4 StR 123/06, BGHR StGB § 224 Abs. 1 Nr. 5 Lebensgefährdung 1). Ein kurz- fristiges Würgen, das der Geschädigte durch einfaches Zurückstoßen beenden konnte und das keine Würgemale, sondern allenfalls eine leichte Rötung hinterließ , erfüllt diese Voraussetzungen nicht (vgl. Fischer, StGB, 61. Aufl., § 224 Rn. 12c).
- 4
- Darüber hinaus hält auch die Annahme von Tateinheit zwischen versuchter Nötigung und Bedrohung der sachlich-rechtlichen Prüfung nicht stand. Das Landgericht hat übersehen, dass die Bedrohung auch hinter der nur versuchten Nötigung zurücktritt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2005 – 1 StR 455/05, NStZ 2006, 342; Beschluss vom 24. Januar 1990 – 3 StR477/89, BGHR StGB § 240 Abs. 3 Konkurrenzen 2; Rissing-van Saan in LK, StGB, 12. Aufl., Vor § 52 Rn. 105).
- 5
- Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. Er hält es für ausgeschlossen, dass in einer neuen Verhandlung noch weitergehende Feststellungen zu den konkreten Umständen des Falles getroffen werden können, die eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung rechtfertigen würden.
- 6
- Die Schuldspruchänderung zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung zu einer noch milderen Strafe gelangt wäre, deren – etwa mögliche – Aussetzung zur Bewährung bei den Vorbelastungen des An- geklagten freilich fernläge. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es bei dem bloßen Subsumtionsfehler nicht. Das neue Tatgericht hat die Strafe auf der Grundlage des geänderten Schuldspruchs und der bisherigen Feststellungen, die allenfalls durch neue ihnen nicht widersprechende Feststellungen zu ergänzen wären, festzusetzen.
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Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter