Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Mai 2017 - 4 StR 84/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 10. Mai 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
a) in den Fällen II. 3, II. 4 und II. 5 der Urteilsgründe und
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Sichverschaffens jugendpornographischer Schriften in Tateinheit mit Nötigung, Sichverschaffens jugendpornographischer Schriften in Tateinheit mit Nötigung und mit sexuellem Missbrauch eines Jugendlichen, versuchter Erpressung und Bedrohung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchter Erpressung gemäß § 253 Abs. 1 und 3, § 22 StGB im Fall II. 3 der Urteilsgründe hat keinen Bestand.
- 3
- a) Nach den hierzu getroffenen Feststellungen drohte der Angeklagte dem Geschädigten, von dem er zuvor gegen dessen Willen Nacktaufnahmen angefertigt hatte, deren Veröffentlichung und Verbreitung im Internet an. Durch Zahlung eines Geldbetrages von 1.000 Euro könne der Geschädigte dies abwenden. Der Geschädigte kam der Forderung nicht nach.
- 4
- b) Die Urteilsgründe weisen insoweit einen Erörterungsmangel auf, als sich aus ihnen nicht hinreichend ergibt, ob der Angeklagte von der versuchten Erpressung strafbefreiend zurückgetreten ist. Zwar hat das Landgericht in der rechtlichen Würdigung – ohne nähere Begründung – ausgeführt, Anhaltspunkte für einen strafbefreienden Rücktritt seien nicht ersichtlich (UA S. 32). Das Urteil verhält sich jedoch nicht zur Vorstellung des Angeklagten nach dem Ende seiner letzten Ausführungshandlung (sog. Rücktrittshorizont; vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 1993 – GSSt 1/93, BGHSt 39, 221, 227) und zu einem etwaigen freiwilligen Verzicht durch ihn auf die weitere Tatausführung. Ohne diese Angaben kann der Senat nicht überprüfen, ob das Landgericht einen Rücktritt des Angeklagten von dem Erpressungsversuch zu Recht verneint hat.
- 5
- 2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Bedrohung gemäß § 241 Abs. 1 StGB in den Fällen II. 4 und II. 5 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung ebenfalls nicht stand.
- 6
- a) Nach den Feststellungen des Landgerichts zu diesen Fällen rief der Angeklagte den Geschädigten an und hinterließ, als dieser den Anruf nicht entgegennahm , auf dessen Mailbox eine Nachricht mit Todesdrohungen gegen den Geschädigten (Fall II. 4). Drei Minuten später rief er ihn erneut an und sprach eine weitere Todesdrohung auf die Mailbox (Fall II. 5).
- 7
- b) Die Urteilsgründe tragen in diesen beiden Fällen die Annahme einer Bedrohung nicht. Der Tatbestand der Bedrohung setzt voraus, dass die Ankündigung des Verbrechens den Bedrohungsadressaten erreicht (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juli 2013 – 4 StR 168/13, NStZ-RR 2013, 375, 377). Dies war nicht bereits dadurch der Fall, dass die vom Angeklagten geäußerten Bedrohungen auf der Mailbox des Geschädigten aufgezeichnet wurden, sondern hätte eine tatsächliche Kenntnisnahme der Bedrohungen durch den Geschädigten vorausgesetzt. Hierzu hat das Landgericht indes keine Feststellungen getroffen. Auch aus dem Geständnis des Angeklagten, auf das es seine Überzeugungsbildung ausschließlich gestützt hat, ergibt sich dies nicht.
- 8
- c) Für den Fall einer erneuten Verurteilung wegen Bedrohung wird das neu erkennende Tatgericht zu erwägen haben, ob die beiden vom Angeklagten kurz nacheinander geäußerten Bedrohungen – jedenfalls bei gleichzeitiger Kenntnisnahme durch den Geschädigten – tateinheitlich verwirklicht wurden.
- 9
- 3. Die Aufhebung der Verurteilung in den Fällen II. 3, II. 4 und II. 5 der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich. Im Übrigen weist das Urteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
Quentin Feilcke
moreResultsText
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.
(1) Wer einen Menschen mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(3) Ebenso wird bestraft, wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, daß die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe.
(4) Wird die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen, ist in den Fällen des Absatzes 1 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe und in den Fällen der Absätze 2 und 3 auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder auf Geldstrafe zu erkennen.
(5) Die für die angedrohte Tat geltenden Vorschriften über den Strafantrag sind entsprechend anzuwenden.