Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Nov. 2000 - 4 StR 493/00
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
II. Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
III. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten T. und den Mitangeklagten R. jeweils der schweren räuberischen Erpressung und des schweren Raubes für schuldig befunden; den Angeklagten T. hat es zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren, den Mitangeklagten R. z u einer solchen von acht Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte T. mit seiner Revision. Das auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Rechtsmittel hat zum Strafausspruch Erfolg. Dies führt gemäß § 357 StPO auch zur Aufhebung des den Mitangeklagten R. betreffenden Straf-
ausspruchs. Im übrigen erweist sich das Rechtsmittel als im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
1. Nach den Feststellungen überfielen die Angeklagten zunächst eine Spielothek und wenige Tage darauf einen Supermarkt. In beiden Fällen führte der Mitangeklagte R. eine mit Schreckschußmunition bestückte, nicht durchgeladene Schreckschußpistole, Kaliber 9 mm, mit sich, die so beschaffen war, daß bei Schußabgabe die Explosionsgase aus dem Lauf nach vorne austreten. Mit dieser Pistole bedrohte R. die jeweils anwesenden Mitarbeiter, um an das vorhandene Bargeld zu gelangen; bei dem Überfall auf die Spielothek richtete er die Waffe “aus einer Entfernung von 1 – 2 Metern direkt auf ... [den] Kopf” der Aufsichtskraft, bei dem Tatgeschehen im Supermarkt wurde die Pistole “aus einer Entfernung von 1 - 2 Metern direkt auf das Gesicht” einer Angestellten gerichtet.
2. Das Landgericht ist zur Auffassung gelangt , daß die Angeklagten in beiden Fällen den Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB erfüllt haben, und hat daher bei der Straffindung jeweils den Strafrahmen dieser Bestimmung zugrunde gelegt. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Allerdings steht einer Anwendung des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht bereits entgegen, daß die bei den beiden Taten eingesetzte Schreckschußpistole (noch) nicht durchgeladen war (vgl. BGHSt 45, 249, 251; BGH, Beschlüsse vom 9. November 1999 – 1 StR 501/99 und vom 16. Mai 2000 - 4 StR 89/00). Jedoch setzt eine “Waffe” im Sinne dieser Vorschrift voraus, daß sie nach ihrer objektiven Beschaffenheit und nach der Art ihrer Verwendung im konkreten Einzelfall geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen
(st. Rspr.; vgl. nur BGH NStZ 1998, 567; NStZ-RR 1998, 294; StV 1998, 422, 486). Dies kann bei Verwendung einer Schreckschußpistole - wie der Bundesgerichtshof wiederholt entschieden hat - dann der Fall sein, wenn sie dem Opfer (unmittelbar) an den Körper gehalten wird, da ein aufgesetzter Schuß mit einer Platzpatrone aufgrund der austretenden Explosionsgase und der mitgerissenen Munitionspartikel regelmäßig zu erheblichen Verletzungen führt (vgl. BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Waffe 2; BGH NStZ-RR 1999, 102 jeweils m.w.N.); er kann sogar tödlich sein. Wird jedoch eine geladene Schreckschußwaffe dem Opfer aus einer Entfernung – wovon hier nach den getroffenen Feststellungen zugunsten des Angeklagten auszugehen ist – von zwei Metern vorgehalten, so versteht sich dies nicht von selbst. Vielmehr hätte die nicht weiter begründete Auffassung des Landgerichts, daß eine aus einer solchen Distanz auf den Kopf oder das Gesicht des Opfers gerichtete Schreckschußpistole “objektiv gefährlich” ist und ein aus dieser Entfernung aus ihr abgegebener Schuß zu erheblichen Körperverletzungen führen kann, näherer Darlegung bedurft.
3. Der aufgezeigte Rechtsfehler zwingt zur Aufhebung der gegen den Angeklagten T. und den Mitangeklagten R. (§ 357 StPO) festgesetzten Einzel- und Gesamtstrafen. Eine Erstreckung auch auf die weitere Mit-
angeklagte S. kam nicht in Betracht, da das Landgericht insoweit bei der Strafzumessung den Strafrahmen des § 250 Abs. 1 StGB zugrunde gelegt hat.
Meyer-Goßner Kuckein Athing
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn
- 1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub - a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, - c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
- 2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.
(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet, - 2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder - 3.
eine andere Person - a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn
- 1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub - a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, - c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
- 2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.
(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet, - 2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder - 3.
eine andere Person - a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.