Bundesgerichtshof Beschluss, 19. Okt. 2010 - 4 StR 465/10
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Soweit es sich gegen den Schuldspruch richtet, ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Hingegen hat es zum Strafausspruch Erfolg.
I.
- 2
- Nach den Feststellungen lauerte der Angeklagte der Geschädigten, die er für das durch sie und ihre Mutter, seine ehemalige Lebensgefährtin, vermeintlich erlittene Unrecht verantwortlich machte, gezielt am frühen Morgen hinter einer Hausecke in der Nähe ihrer Arbeitsstelle auf und versetzte ihr, für sie völlig überraschend, mit einer gusseisernen Armlehne mehrere Schläge auf Kopf und Oberkörper, bis Passanten auf den Vorfall aufmerksam wurden und der Angeklagte von der Geschädigten abließ. Diese erlitt eine Beule am Kopf, eine Prellung des linken Handgelenks sowie Hämatome an den Armen und am Rücken. Das Landgericht hat angenommen, der Angeklagte habe die Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) und eines hinterlistigen Überfalls (§ 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB) begangen.
II.
- 3
- 1. Der Strafausspruch hat schon deshalb keinen Bestand, weil das Landgericht bei der Strafrahmenwahl zu Lasten des Angeklagten seine hohe kriminelle Energie berücksichtigt hat, die darin zum Ausdruck komme, dass er bei der Tatplanung und -ausführung die Dunkelheit sowie die Vereinzelung der Geschädigten ausgenutzt habe. Damit hat die Strafkammer entgegen § 46 Abs. 3 StGB ein Merkmal des Tatbestandes bei der Strafzumessung zum Nachteil des Angeklagten herangezogen, das der Gesetzgeber bereits bei der Bestimmung des Strafrahmens als maßgeblich angesehen hat. Die Strafvorschrift der gefährlichen Körperverletzung in der Begehungsweise des hinterlistigen Überfalls (§ 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB) setzt einen für das Tatopfer unvorhergesehenen Angriff voraus, der von einem planmäßigen, auf Verdeckung der wahren Absichten berechneten Vorgehen – etwa durch Auflauern – gekennzeichnet ist (BGH, Beschluss vom 17. Juni 2004 – 1 StR 62/04, NStZ 2005, 40; SSWStGB /Momsen § 224 Rn. 22). Dass sich der Angeklagte zur Ausführung der Tat im Schutz der Dunkelheit hinter einer Mauer an einer unbelebten Stelle verbarg, also hinterlistig handelte, durfte das Landgericht daher für sich genommen nicht straferschwerend berücksichtigen. Die Urteilsgründe lassen auch nicht erkennen , dass mit dieser Erwägung lediglich die „Art der Tatausführung“ im Sinne des § 46 Abs. 2 StGB gewertet worden ist.
- 4
- Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne den aufgezeigten Rechtsfehler zu einer anderen Rechtsfolgenentscheidung gekommen wäre, zumal es bei der Strafzumessung im engeren Sinne auf seine Erwägungen zur Wahl des Strafrahmens Bezug genommen und darüber hinaus die Verwirklichung von zwei Begehungsweisen des § 224 StGB ausdrücklich straferschwerend gewertet hat.
- 5
- 2. Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat ergänzend darauf hin, dass auch die Erwägung, gegen den Angeklagten spreche seine in der Vielzahl der ausgeführten Schläge zum Ausdruck kommende erhebliche Gewaltbereitschaft, rechtlichen Bedenken begegnet. Sie steht insbesondere im Widerspruch zu der Begründung, mit der die Strafkammer den bedingten Tötungsvorsatz verneint hat (UA 19). Ernemann Solin-Stojanović Roggenbuck Cierniak Franke
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.