Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Dez. 2013 - 4 StR 461/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und den Verfall von 6.000 € angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
- 2
- 1. In der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklageschrift wird dem Angeklagten zur Last gelegt, "in der Zeit vom 01.01.2011 bis zum 20.06.2011 … wöchentlich, mithin in mindestens 25 Fällen, jeweils eine Tüte mit mindestens 500 Gramm Marihuana … in die Wohnung des Zeugen B. " gebracht und von dort aus - hinsichtlich der letzten Betäubungsmittelmenge allerdings nur teilweise - verkauft zu haben.
- 3
- In der Hauptverhandlung vom 2. Juli 2013 beantragte der Staatsanwalt, "die Strafbarkeit auf 15 Taten im Tatzeitraum der Anklage mit Blick auf die Strafbarkeit im Übrigen gemäß § 154 II StPO zu beschränken". Dem kam die Strafkammer nach; sie beschloss, dass "das Verfahren … betreffend 10 vorgeworfener Taten im Tatzeitraum gem. § 154 II StPO" eingestellt wird.
- 4
- Nach den im Urteil mitgeteilten Feststellungen erwarb der Angeklagte zwischen 1. Januar und 31. Mai 2011 "mindestens dreimal im Monat, mithin in mindestens 15 Fällen, jeweils 500 Gramm Marihuana" und verbrachte die jeweiligen Betäubungsmittelmengen in die Wohnung des Zeugen B. , der hierfür jeweils etwa 35 Gramm Marihuana erhielt; die Restmengen verkaufte der Angeklagte bis auf einen Teil der Mailieferung.
- 5
- 2. Danach kann dem Einstellungsbeschluss auch in Verbindung mit der Anklageschrift und dem Antrag der Staatsanwaltschaft nicht zweifelsfrei entnommen werden, welche der angeklagten Taten eingestellt und welche abgeurteilt wurden. Dies hat den - vorläufigen - Erfolg des Rechtsmittels zur Folge (vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung: BGH, Beschluss vom 29. Juli 2008 - 4 StR 210/08 mwN).
- 6
- Denn bei einer Einstellung nach § 154 Abs. 2 StPO darf kein Zweifel daran bestehen, auf welche Taten sie sich bezieht. Daher sind sowohl bei der Beschränkung nach § 154 Abs. 1 bzw. § 154a Abs. 1 StPO durch die Staatsanwaltschaft , als auch bei solchen Einstellungen durch das Gericht die ausgeschiedenen Taten, Tatteile oder Strafbestimmungen konkret ("positiv") zu bezeichnen (vgl. zur Einstellung durch die Staatsanwaltschaft: BGH, Beschlüsse vom 7. Oktober 2011 - 1 StR 321/11, NStZ-RR 2012, 50, 51; vom 16. Juli 1980 - 3 StR 232/80, NStZ 1981, 23; zur Einstellung durch das Gericht: BGH, Be- schlüsse vom 23. März 1996 - 1 StR 685/95, NStZ 1997, 249, 250; vom 29. Juli 2008 - 4 StR 210/08 mwN). Dies war hier nicht der Fall.
Mutzbauer Quentin
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Annotations
(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,
- 1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder - 2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.
(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.