Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Nov. 2016 - 4 StR 413/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 24. November 2016 gemäß § 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen :
1. Auf die Revision des Angeklagten W. gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 19. April 2016 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen III.3. Tatkomplex, Ziffern 51 - 56 der Anklage (Erhalt einer Lieferung von 1.000 Ecstasy-Tabletten im Januar 2015), Ziffern 74, 62 - 64 der Anklage (Kauf von 3.000 Ecstasy-Tabletten am 20. Juni 2015) und Ziffer 71 der Anklage (Bezug von „knapp“ 900 Ecstasy-Tabletten am 23. Juli 2015) verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 41 Fällen und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen verurteilt ist. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 41 Fällen und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und zehn Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass zwei Jahre und fünf Monate der Freiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollziehen sind. Außerdem hat es den Wertersatzverfall von 20.000 Euro angeordnet. Hiergegen wendet sich die Revision des Angeklagten mit der allgemeinen Sachrüge.
- 2
- 1. Der Senat hat das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts aus verfahrensökonomischen Gründen gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen III.3. Tatkomplex, Ziffern 51 - 56 der Anklage (Erhalt einer Lieferung von 1.000 Ecstasy-Tabletten im Januar 2015), Ziffern 74, 62 - 64 der Anklage (Kauf von 3.000 Ecstasy-Tabletten am 20. Juni 2015) und Ziffer 71 der Anklage (Bezug von „knapp“ 900 Ecstasy-Tabletten am 23. Juli 2015) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt worden ist. Die vom Landgericht hierzu getroffenen Feststellungen beschränken sich auf eine Mitteilung der Anzahl der von dem Angeklagten zu Handelszwecken erworbenen Ecstasy-Tabletten. Dies reicht unter den hier gegebenen Umständen nicht aus, um ein unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu belegen. Die Wirkstoffkonzentrationen und -kombinationen bei den als Ecstasy vertriebenen Mitteln schwanken in der Praxis sehr. Allein aus der Anzahl der erworbenen Tabletten lassen sich daher in der Regel keine zuverlässigen Rückschlüsse auf den Wirkstoffgehalt ziehen (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Mai 2016 – 3 StR 138/16, Rn. 4; Beschluss vom 5. August 2010 – 2 StR 296/10, StraFo 2010, 472 jeweils mwN).
- 3
- 2. Die Verfahrenseinstellung hat eine Änderung des Schuldspruchs zur Folge. Die Gesamtstrafe bleibt davon unberührt. Angesichts der Höhe und der Vielzahl der verbleibenden Einzelstrafen kann der Senat ausschließen, dass die Strafkammer ohne die eingestellten Fälle eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe festgesetzt hätte. Die Unterbringungs- und die Verfallsentscheidung bleiben von der Teileinstellung ebenfalls unberührt.
- 4
- 3. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat im verbleibenden Umfang keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Bender Quentin
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(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,
- 1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder - 2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.
(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.
(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.
(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.
(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.