Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2018 - 4 StR 328/17

bei uns veröffentlicht am10.04.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 328/17
vom
10. April 2018
in dem Sicherungsverfahren
gegen
hier: Anhörungsrüge
ECLI:DE:BGH:2018:100418B4STR328.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. April 2018 einstimmig beschlossen :
Der Antrag des Verurteilten auf Nachholung rechtlichen Gehörs gegen den Beschluss des Senats vom 21. November 2017 wird zurückgewiesen.
Der Verurteilte hat die Kosten des Rechtsbehelfs zu tragen.

Gründe:


1
1. Der Senat hat die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 21. Februar 2017 am 21. November 2017 gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Dagegen wendet sich der Verurteilte mit der Anhörungsrüge. Er macht geltend, der Senat habe 70 Seiten handschriftlicher Aufzeichnungen , die von ihm im Rahmen des Revisionsverfahrens zur Akte gereicht worden seien, nicht gewürdigt.
2
2. Die Anhörungsrüge ist jedenfalls unbegründet. Der Senat hat kein zu berücksichtigendes entscheidungserhebliches Vorbringen des Verurteilten übergangen. Die von ihm benannten handschriftlichen Aufzeichnungen lagen vor. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs ergibt sich auch nicht daraus, dass der Senat die Revision ohne Begründung gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen hat.
Einer Begründung bedurfte es nicht. Das Grundgesetz gebietet bei letztinstanzlichen Entscheidungen regelmäßig keine Begründung (vgl. BVerfG [Kammer], Beschluss vom 30. Juni 2014 – 2 BvR 792/11, wistra 2014, 434; BGH, Beschluss vom 19. Februar 2018 – 1 StR 224/17, Rn. 4). Auch die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention verlangen eine Begründung der Entscheidung des Revisionsgerichts nicht (EGMR, Entscheidung vom 13. Februar 2007 – 15073/03, EuGRZ 2008, 274, 276; BGH, Beschluss vom 12. November 2013 – 3 StR 135/13, StraFo 2014, 121).
3
3. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 465 Abs. 1 StPO.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2018 - 4 StR 328/17

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2018 - 4 StR 328/17

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 465 Kostentragungspflicht des Verurteilten


(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im
Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Apr. 2018 - 4 StR 328/17 zitiert 2 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

4
b) Der Senat hat bei seiner Entscheidung im Übrigen weder zum Nachteil der Verurteilten Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet, zu denen diese nicht gehört worden ist, noch hat er zu berücksichtigendes entscheidungserhebliches Vorbringen der Verurteilten übergangen oder in sonstiger Weise deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs ergibt sich auch nicht daraus, dass der Senat die Revision der Verurteilten ohne Begründung gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen hat. Einer Begründung bedurfte es bei der hier einstimmig gemäß § 349 Abs. 2 StPO ergangenen Entscheidung nicht. Das Grundgesetz gebietet bei letztinstanzlichen Entscheidungen regelmäßig keine Begründung (vgl. nur BVerfG [Kammer], Beschluss vom 30. Juni 2014 – 2 BvR 792/11 mwN, wistra 2014, 434). Auch die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention verlangen eine Begründung der Entscheidung des Revisionsgerichts nicht (EGMR, Entscheidung vom 13. Februar 2007 – 15073/03, EuGRZ 2008, 274, 276; siehe auch BGH, Beschluss vom 12. November 2013 – 3 StR 135/13, StraFo 2014, 121). Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Beteiligtenvorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben (vgl. BVerfG aaO mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 135/13
vom
12. November 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
hier: Anhörungsrüge
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. November 2013 beschlossen
:
Die Anhörungsrüge des Verurteilten vom 28. Oktober 2013 gegen
den Senatsbeschluss vom 1. Oktober 2013 wird verworfen.
Der Verurteilte hat die Kosten seines Rechtsbehelfs zu tragen.

Gründe:

1
Der Senat hat die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 19. Oktober 2012 mit Beschluss vom 1. Oktober 2013 gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Dagegen wendet sich der Verurteilte mit der durch seinen Verteidiger erhobenen Anhörungsrüge.
2
Diese ist als unbegründet zu verwerfen. Der Senat hat über die Revision des Angeklagten unter Berücksichtigung der Gegenerklärung seines Verteidigers vom 17. Juni 2013 zu dem ausführlich begründeten Antrag des Generalbundesanwalts vom 21. Mai 2013 beraten und auf der Grundlage dieser Beratung dem genannten Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO entschieden. Dabei hat der Senat weder Verfahrensstoff verwertet, zu dem der Verurteilte nicht gehört worden wäre, noch hat er zu berücksichtigendes Vorbringen des Verurteilten übergangen.
3
Dass der Senat der Rechtsauffassung der Revision auch unter Berücksichtigung ihrer Ausführungen in der Gegenerklärung vom 17. Juni 2013 nicht gefolgt ist, begründet ebenso wenig eine Gehörsverletzung, wie der Umstand, dass die Entscheidung durch nicht näher begründeten Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO ergangen ist. Die Vorschrift des § 34 StPO ist - entgegen der Auffassung des Verurteilten - auf letztinstanzliche Entscheidungen nicht anwendbar , insoweit besteht eine Begründungspflicht nach einfachem Recht nicht (BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2008 - 1 StR 510/08, NStZ-RR 2009, 119). Den von Art. 103 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Einflussnahmemöglichkeiten eines Revisionsführers ist im Verfahren nach § 349 Abs. 2 StPO durch die gesetzlich zwingend vorgeschriebene Übermittlung der mit Gründen versehenen Antragsschrift der Staatsanwaltschaft bei dem Revisionsgericht (§ 349 Abs. 3 Satz 1 StPO) sowie durch die Möglichkeit einer - hier wahrgenommenen - Gegenerklärung (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO) Genüge getan (BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2007 - 2 BvR 746/07, StraFo 2007, 370; siehe auch bereits BVerfG, Beschluss vom 21. Januar 2002 - 2 BvR 1225/01, NStZ 2002, 487, 489). Darüber hinausgehend zwingt Art. 103 Abs. 1 GG die Gerichte nicht dazu, jedes Vorbringen eines Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden (vgl. BVerfG, aaO; siehe auch etwa BGH, Beschluss vom 2. Juli 2013 - 2 StR 99/13). Die Begründung einer Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofes ist auch nicht aufgrund der Europäischen Menschenrechtskonvention geboten (EGMR, Entscheidung vom 13. Februar 2007 - Beschwerde Nr. 15073/03, EuGRZ 2008, 274, 276).
4
Schließlich besteht bei Vorliegen der hier gegebenen Voraussetzungen des § 349 Abs. 2 StPO kein Anspruch aus Art. 103 Abs. 1 GG auf Durchführung einer mündlichen Revisionshauptverhandlung (BVerfG, Beschlüsse vom 2. Mai 2007 - 2 BvR 2655/06, juris Rn. 19 - und vom 21. Januar 2002 - 2 BvR 1225/01, NStZ 2002, 487, 488).
Becker Hubert Schäfer Gericke Spaniol

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.