Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Okt. 2016 - 4 StR 282/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 12. Oktober 2016 gemäß § 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bankrotts in fünf Fällen, wegen vorsätzlicher Verletzung der Insolvenzantragspflicht und wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
- 2
- 1. Die Überprüfung des Schuldspruchs hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
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- 2. Der nicht rechtsfehlerfrei begründete Strafausspruch kann bestehen bleiben, weil der Senat die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe gemäß § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO für angemessen hält.
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- a) Der Strafausspruch ist rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht bei der Bestimmung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe zum Nachteil des Angeklagten gewertet hat, dass er bei Begehung der in den Jahren 2008 bis 2009 verübten Taten aufgrund einer Verurteilung durch das Amtsgericht Meiningen vom 1. März 2004 unter laufender Bewährung gestanden habe. Dafür findet sich in den Feststellungen keine Stütze. Mitgeteilt ist insoweit lediglich, dass die Strafe nach Ablauf der Bewährungszeit am 10. August 2010 erlassen wurde. Damit kann, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 30. Juni 2016 zutreffend ausgeführt hat, vom Revisionsgericht nicht beurteilt werden, ob die Taten, wie vom Landgericht angenommen, während der Bewährungszeit begangen wurden.
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- b) Der Rechtsfehler nötigt jedoch unter den hier gegebenen Umständen nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs, weil die verhängte Rechtsfolge angemessen ist (§ 354 Abs. 1a Satz 1 StPO).
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- Die bei verfassungskonformer Auslegung erforderlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung des Revisionsgerichts liegen vor (vgl. BVerfGE 118, 212). Auf den Umstand, dass es an Feststellungen zum Ablauf der Bewährungszeit fehlt, kommt es nicht an. Der Senat kann auf der Grundlage des zutreffend ermittelten, im Übrigen vollständigen und aktuellen Strafzumessungssachverhalts selbst entscheiden, dass die vom Landgericht verhängten Einzelstrafen und die Gesamtstrafe angemessen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 29. April 2014 – 4 StR 23/14, Rn. 8). Hierbei sind die sorgfältige Tatplanung, das gesamte Tatbild und die einschlägige Vorstrafe maßgeblich. Einer umfassenden neuen Gesamtabwägung mit eigener Gewichtung aller bedeutsamen Strafzumessungsgesichtspunkte, was einer Sachentscheidung des Revisionsgerichts entgegenstehen könnte, bedarf es nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2009 – 5 StR 347/09, NStZ-RR 2010, 21). Auch unter Berücksichtigung der Gegenerklärung der Verteidigung ergeben sich keine Anhaltspunkte für neue strafzumessungsrelevante Umstände.
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- Ein Hinweis auf die Vorgehensweise gemäß § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO war nicht erforderlich, weil wegen des mit Gründen versehenen Antrags des Generalbundesanwalts angenommen werden kann, dass der Angeklagte Kenntnis von einer im Raum stehenden Strafzumessungsentscheidung des Revisionsgerichts erlangt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Mai 2014 – 4 StR 144/14).
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.