Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Aug. 2013 - 4 StR 249/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in drei Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich mit besonders schwerem Raub, zu der Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt, dass zwei Jahre der Gesamtfreiheitsstrafe vor der Maßregel zu vollziehen sind. Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entschei- dungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
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- 1. Die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand, weil ein symptomatischer Zusammenhang zwischen dem Hang des Angeklagten und den Anlasstaten nicht belegt und zudem die nach § 64 Satz 2 StGB erforderliche konkrete Erfolgsaussicht der Unterbringung nicht nachvollziehbar dargetan ist.
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- a) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt setzt nach § 64 Satz 1 StGB – neben einem Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und der aus dem Hang resultierenden Gefahr erheblicher rechtswidriger Taten – voraus, dass die Begehung der Anlasstaten zumindest mitursächlich auf den Hang zurückzuführen ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Mai 2009 – 3 StR 191/09, NStZ 2010, 83, 84; vom 21. Oktober 2008 – 3 StR 275/08, NStZ-RR 2009, 48). Während die Strafkammer einen Hang des Angeklagten zum übermäßigen Konsum von Cannabis festgestellt und die sich hieraus ergebende Gefahr künftiger Beschaffungstaten bejaht hat, fehlen in dem angefochtenen Urteil jegliche Ausführungen zu einem symptomatischen Zusammenhang zwischen den verübten Raubüberfällen und dem sich auf den Konsum von Cannabis beziehenden Hang des Angeklagten. Ein solcher Zusammenhang lässt sich auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht entnehmen. Nach den Feststellungen dienten die Raubüberfälle auf Passanten der Beschaffung von Bargeld, um in einem Lokal in der E. Innenstadt, das für billige alkoholische Getränke bekannt ist, gemeinsam zu feiern. Dass in dem Lokal Cannabis konsumiert werden sollte, hat das Landgericht nicht festgestellt, so dass offen bleibt, ob die Anlasstaten auf die Beschaffung von Geld auch für den Konsum von Cannabis abzielten. Ebenso wenig kann dem Urteil entnommen werden, dass der Angeklagte die Taten unter dem Einfluss von Cannabis begangen hat.
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- b) Die gemäß § 64 Satz 2 StGB erforderliche konkrete Erfolgsaussicht der Behandlung in der Unterbringung hat die Strafkammer trotz einer erfolglos gebliebenen früheren Maßregelunterbringung nach § 64 StGB bejaht und sich zur Begründung ohne nähere Ausführungen der Bewertung der Sachverständigen angeschlossen, wonach weitere, ausreichend positive Faktoren vorhanden seien, die eine hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolgs erwarten ließen. Dies reicht nicht aus, um die konkrete Erfolgsaussicht der Unterbringung nachvollziehbar darzutun. Beschränkt sich das Tatgericht darauf, sich der Beurteilung eines Sachverständigen anzuschließen, muss es dessen wesentliche Anknüpfungspunkte und Darlegungen im Urteil so wiedergeben, wie dies zum Verständnis des Gutachtens und zur Beurteilung seiner Schlüssigkeit erforderlich ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2012 – 5 StR 52/12, NStZ 2012, 650, 651 mwN). Danach hätte es hier einer näheren, für das Revisionsgericht nachvollziehbaren Darstellung derjenigen tatsächlichen Umstände bedurft, die von der Sachverständigen als positive Faktoren gewertet worden sind.
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- 2. Die Aufhebung der Unterbringungsanordnung nach § 64 StGB entzieht der Entscheidung nach § 67 Abs. 2 StGB die Grundlage.
Bender Quentin
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.
(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt neben einer zeitigen Freiheitsstrafe von über drei Jahren soll das Gericht bestimmen, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist. Dieser Teil der Strafe ist so zu bemessen, dass nach seiner Vollziehung und einer anschließenden Unterbringung eine Entscheidung nach Absatz 5 Satz 1 möglich ist. Das Gericht soll ferner bestimmen, dass die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn die verurteilte Person vollziehbar zur Ausreise verpflichtet und zu erwarten ist, dass ihr Aufenthalt im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe beendet wird.
(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 nachträglich treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. Eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 kann das Gericht auch nachträglich treffen. Hat es eine Anordnung nach Absatz 2 Satz 4 getroffen, so hebt es diese auf, wenn eine Beendigung des Aufenthalts der verurteilten Person im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes während oder unmittelbar nach Verbüßung der Strafe nicht mehr zu erwarten ist.
(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.
(5) Wird die Maßregel vor der Strafe oder vor einem Rest der Strafe vollzogen, so kann das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 zur Bewährung aussetzen, wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.
(6) Das Gericht bestimmt, dass eine Anrechnung nach Absatz 4 auch auf eine verfahrensfremde Strafe erfolgt, wenn deren Vollzug für die verurteilte Person eine unbillige Härte wäre. Bei dieser Entscheidung sind insbesondere das Verhältnis der Dauer des bisherigen Freiheitsentzugs zur Dauer der verhängten Strafen, der erzielte Therapieerfolg und seine konkrete Gefährdung sowie das Verhalten der verurteilten Person im Vollstreckungsverfahren zu berücksichtigen. Die Anrechnung ist in der Regel ausgeschlossen, wenn die der verfahrensfremden Strafe zugrunde liegende Tat nach der Anordnung der Maßregel begangen worden ist. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.