Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2014 - 4 StR 231/14

published on 24/09/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2014 - 4 StR 231/14
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR231/14
vom
24. September 2014
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 24. September 2014
gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 154 Abs. 2 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Detmold vom 5. Dezember 2013 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte wegen gewerbsmäßiger Hehlerei im Fall B.II.3 der Urteilsgründe verurteilt ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last;
b) der Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren Bandendiebstahls in elf Fällen, des versuchten schweren Bandendiebstahls in drei Fällen, der gewerbsmäßigen Hehlerei in zwei Fällen und der Beihilfe zur Urkundenfälschung schuldig ist.
Die gegen den Angeklagten in den Fällen B.I.5 und B.I.16 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen entfallen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „schweren Bandendieb- stahls in 16 Fällen, wobei es in fünf Fällen beim Versuch blieb, wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in drei Fällen und wegen Beihilfe zur Urkundenfäl- schung“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich seine auf eine Verfahrensrüge und auf die Sachrüge gestützte Revision. Diese führt zu einer Verfahrenseinstellung gemäß § 154 Abs. 2 StPO sowie zu einer Änderung des Schuldspruchs und dadurch zum Wegfall dreier Einzelstrafen; im Übrigen hat sie keinen Erfolg.
2
1. Der Senat stellt im Fall B.II.3 der Urteilsgründe aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. Juni 2014 das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein.
3
2. Die Annahme real konkurrierender Taten in den Fällen B.I.4 und B.I.5 sowie B.I.15 und B.I.16 der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
4
a) Nach den Feststellungen fuhr der Angeklagte die Mitangeklagten T. A. und D. A. am 13. Januar 2013 in ein Wohngebiet in S. , um dort Wohnungseinbrüche zu begehen. In der Folge drangen die Mitangeklagten durch das aufgehebelte Küchenfenster in das Haus des Geschädigten H. in der N. Straße 16 ein und entwendeten Bargeld und Schmuck im Wert von ca. 5.000 €, während der Angeklagte in unmittelbarer Tatortnähe umherfuhr (Fall B.I.4 der Urteilsgründe). T. A. und D. A. versuchten sodann, in das in unmittelbarer Nähe gelegene Haus des Geschädigten Hä. , N. Straße 12, einzudringen (Fall B.I.5 der Urteilsgründe). Da der Zeuge Hä.
unerwartet nach Hause zurückkehrte, brachen sie die weitere Tatausführung ab. Der Angeklagte nahm die beiden sodann in den Wagen auf und man entfernte sich gemeinsam. Am 8. Februar 2013 fuhr der Angeklagte die Mitangeklagten T. A. und D. A. in ein Wohngebiet in B. . Hier hebelten T. A. und D. A. abredegemäß in dem Mehrfamilienhaus Am Sü. zunächst eine Terrassentür zur Wohnung des Geschädigten K. auf und entwendeten daraus eine Winterjacke sowie Schmuck und Parfüm im Gesamtwert von 600 € (Fall B.I.15 der Urteilsgründe). Sodann hebelten T. A. und D. A. im gleichen Haus die Eingangstür zur Wohnung der Geschädigten Kr. im erstenStock auf (Fall B.I.16 der Urteilsgründe). Da sie kein stehlenswertes Gut vorfanden, verließen sie anschließend das Mehrfamilienhaus, um mit dem Angeklagten ihre Fahrt fortzusetzen.
5
b) Sind an einer Deliktserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter , Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob die einzelnen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, bei jedem Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des erbrachten Tatbeitrags. Leistet ein Mittäter für alle oder einige Einzeltaten einen individuellen , nur je diese fördernden Tatbeitrag, so sind ihm diese Taten – soweit keine natürliche Handlungseinheit vorliegt – als tatmehrheitlich begangen zuzurechnen. Fehlt es an einer solchen individuellen Tatförderung, erbringt der Täter aber im Vorfeld oder während des Laufs der Deliktserie Tatbeiträge, durch die alle oder mehrere Einzeltaten seiner Tatgenossen gleichzeitig gefördert werden , sind ihm die gleichzeitig geförderten einzelnen Straftaten als tateinheitlich begangen zuzurechnen, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer Handlung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft werden. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die Mittäter die einzelnen Delikte tatmehrheitlich be- gangen haben (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 3. Juli 2014 – 4 StR 191/14, Rn. 4 mwN, juris).
6
c) Da nach den Feststellungen der Angeklagte nicht selbst in die Wohnungen und Häuser eingedrungen ist, sondern an den von seinen Mittätern ausgeführten Einbrüchen durch die Fahrten zu den Tatorten und das Absichern der Umgebung mitgewirkt hat, hat er in Bezug auf die beiden Taten in S. und die beiden Taten in B. jeweils keinen individuellen, sondern jeweils nur einen einheitlichen Tatbeitrag erbracht, so dass insoweit (gleichartige) Tateinheit gemäß § 52 Abs. 1 StGB gegeben ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Juli 2014 – 4 StR 191/14, Rn. 5, juris, und vom 30. Juli 2013 – 4 StR 29/13, Rn. 5).
7
3. Der Senat ändert den Schuldspruch unter Verzicht auf eine ausdrückliche Kennzeichnung der gleichartigen Tateinheit entsprechend ab (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 1996 – 4 StR 166/96, Rn. 17). § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
8
Infolge der Schuldspruchänderung entfallen die Einzelstrafen von neun Monaten Freiheitsstrafe im Fall B.I.5 der Urteilsgründe und von einem Jahr Freiheitsstrafe im Fall B.I.16 der Urteilsgründe. Die Einzelstrafen von einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe im Fall B.I.4 der Urteilsgründe und von einem Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe im Fall B.I.15 der Urteilsgründe können als alleinige Einzelstrafen bestehen bleiben. Durch die Verfahrenseinstellung entfällt weiterhin die Einzelstrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe im Fall B.II.3 der Urteilsgründe.
9
Einer Aufhebung der Gesamtstrafe bedarf es nicht. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht vor dem Hintergrund der verbleibenden Einzelstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe, zwei Mal zwei Jahren Freiheitsstrafe, zwei Mal einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe, acht Mal einem Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe, ein Mal einem Jahr Freiheitsstrafe und zwei Mal neun Monaten Freiheitsstrafe sowie der Geldstrafe von 20 Tagessätzen auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Franke Quentin
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.