Bundesgerichtshof Beschluss, 19. März 2013 - 3 StR 7/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte Z. wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt wird;
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, aa) soweit es die Angeklagten Z. und C. betrifft , hinsichtlich der Einzelstrafe im Fall II. 5. der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe, bb) soweit es den Angeklagten D. betrifft, im Ausspruch über die Jugendstrafe. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten Z. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten Z. wegen Betrugs und wegen "unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt. Gegen den Mitangeklagten C. hat es wegen einer Serie von Betäubungsmitteltaten auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten erkannt und gegen den Mitangeklagten D. aus gleichem Grund unter Einbeziehung von vier Verurteilungen eine Einheitsjugendstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verhängt. Die auf eine Verfahrensrüge sowie auf sachlichrechtliche Beanstandungen gestützte Revision des Angeklagten Z. hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
- 2
- 1. Soweit sich die Revision gegen die Feststellung wendet, Gegenstand der Einfuhr und des Handeltreibens sei eine nicht geringe Menge von Betäubungsmitteln gewesen, bleibt sie ohne Erfolg. Zwar hat das Landgericht rechtsfehlerhaft (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juni 1996 - 3 StR 233/96, NStZ 1996, 498, 499; Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 4 StR 517/11, NStZ 2012, 339) keine Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des in den Niederlanden erworbenen Marihuanas getroffen. Dies gefährdet den Schuldspruch hier indes nicht, da es wegen der Gesamtmenge von eineinhalb Kilogramm und dem gezahlten Kilo- preis von 4.600 € außer Frage steht, dass der Grenzwert von 7,5 Gramm THC überschritten worden ist.
- 3
- 2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen (in Tateinheit zur Einfuhr stehenden) mittäterschaftlich begangenen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln im Fall II. 5. der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 4
- Nach den Feststellungen verabredeten der Angeklagte und die beiden Mitangeklagten den Kauf von Marihuana in den Niederlanden und das gemeinsame Verbringen des Rauschgifts in die Bundesrepublik, um es hier gewinnbringend weiterzuverkaufen. Der Angeklagte war weder an der Entscheidung hinsichtlich der zu erwerbenden Menge, noch an der Finanzierung des Betäubungsmittels beteiligt, noch sollte er davon einen Anteil oder eine finanzielle Entlohnung oder eine Beteiligung am erwarteten Verkaufserlös erhalten. Er begleitete die Mitangeklagten nach Amsterdam lediglich zu dem Zweck, den Kontakt mit dem nur ihm bekannten Lieferanten herzustellen. Sein Motiv bestand allein darin, dem Mitangeklagten D. , den er - von diesem unerkannt - bei einem früheren Rauschgiftgeschäft um 2.750 € betrogen hatte, die Möglichkeit zu geben, durch den Weiterverkauf des Rauschgifts diesen Verlust wieder auszugleichen. Nachdem der Lieferant erschienen war, übernahm absprachegemäß der Mitangeklagte C. die Abwicklung des Kaufs. Danach fuhren alle drei Angeklagten nach Venlo. Von dort aus transportierte der Mitangeklagte D. das Rauschgift in einem Taxi nach Deutschland, während die beiden anderen im Auto vorausfuhren, um die Betäubungsmittel sicher ohne Kontrolle über die Grenze bringen zu können.
- 5
- Täter oder Mittäter des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln kann nur sein, wer selbst eigennützig handelt. Die bloße Förderung fremden Eigennutzes genügt nicht (Weber, BtMG, 3. Aufl., § 29 Rn. 579 mwN). Eigennütziges Tun des Angeklagten ist nicht festgestellt. Damit ist lediglich belegt, dass der Angeklagte zum Handelsgeschäft der beiden Nichtrevidenten Beihilfe geleistet hat. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Verhandlung Feststellungen zu einem eigennützigen Handeln des Angeklagten getroffen werden können. Er hat deshalb den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte gegen den Tatvorwurf in seiner abweichenden rechtlichen Bewertung nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
- 6
- Die Verurteilung wegen mittäterschaftlicher Einfuhr der Betäubungsmittel weist dagegen keinen Rechtsfehler auf. Die Einfuhr lag im Interesse des Angeklagten. Mit der Absicherung des Transports aus dem vorausfahrenden Begleitfahrzeug hat er einen sich in die Tatbeiträge der Mittäter einfügenden Tatbeitrag geleistet.
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- 3. Die für die Tat zu II. 5. der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe kann, unabhängig davon, ob der Senat das Beruhen des Strafausspruchs auf der rechtsfehlerhaften Einordnung als in Tateinheit zur Einfuhr stehendem täterschaftlichen Handeltreiben ausschließen könnte, nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hat den Wirkstoffgehalt des Rauschgifts nicht festgestellt. Hierauf kann aber wegen der Bedeutung der Wirkstoffmenge für eine sachgerechte, schuldangemessene Festsetzung der Strafe im Betäubungsmittelstrafrecht nicht verzichtet werden (BGH, Beschluss vom 14. Juni 1996 - 3 StR 233/96, NStZ 1996, 498, 499). Die Aufhebung der Einzelstrafe entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage.
- 8
- Die für den Betrug verhängte dreimonatige Einzelfreiheitsstrafe bleibt von dem Fehler unberührt. Zwar hat das Landgericht die Voraussetzungen von § 47 Abs. 1 StGB nicht erörtert; angesichts der einschlägigen Vorstrafen ist das Landgericht indes erkennbar davon ausgegangen, die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe sei zur Einwirkung auf den Angeklagten unerlässlich.
- 9
- 4. Die auf die Sachrüge veranlasste Aufhebung der Einzelstrafe im Fall II. 5. der Urteilsgründe sowie der Gesamtstrafe erstreckt sich auch auf die entsprechende Einzelstrafe und die Gesamtstrafe des Mitangeklagten C. sowie auf den Ausspruch über die einheitliche Jugendstrafe des Mitangeklag- ten D. (§ 357 StPO), denn die fehlende Grundlage für die Zumessung der Einzelstrafe betrifft alle Angeklagten in gleicher Weise. PräsBGH Prof. Dr. Tolksdorf Pfister Schäfer ist wegen Urlaubs gehindert, seine Unterschrift beizufügen. Pfister Mayer Gericke
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.
(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe.
Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.