Bundesgerichtshof Beschluss, 29. März 2001 - 3 StR 46/01

published on 29/03/2001 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 29. März 2001 - 3 StR 46/01
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 46/01
vom
29. März 2001
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 29. März 2001 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 29. September 2000 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit versuchtem schweren Raub mit Todesfolge, mit gefährlicher Körperverletzung und mit schwerem Raub zu einer Jugendstrafe von vier Jahren verurteilt. Seine Revision, die Verfahrensrügen und s achliche Beanstandungen erhebt, bleibt ohne Erfolg, da die Überprüfung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Ergänzender Erörterung bedarf nur der Schuldspruch wegen versuchten schweren Raubes mit Todesfolge: Nach den Feststellungen haben der Angeklagte und ein Mittäter einen stark angetrunkenen Mann nachts zu einem Geldautomaten zu schleppen versucht , um dort unter Verwendung von dessen Scheckkarte an Geld zu gelangen. Als sich das Opfer widersetzte, schlug der Angeklagte zuerst mit einem dicken Ast zweimal wuchtig auf dessen Kopf ein. Das Opfer erlitt als Abwehrverletzungen Brüche des rechten Mittelhandknochens und des rechten Ellenschaftes sowie Kopfverletzungen und fiel zu Boden, worauf ihm der Mittäter die
Geldbörse aus der Jacke zog. Sodann schlug der Angeklagte mit dem Ast ein drittes Mal auf den Kopf des Opfers ein und trat mehrfach mit dem Fuß von oben auf und ebenfalls mehrfach von der Seite gegen dessen Kopf. Bei den Schlägen und Tritten nahm er den Tod des Opfers billigend in Kauf. Auf Aufforderung des Mittäters hörte der Angeklagte mit den Mißhandlungen auf. Sie ließen das Opfer schwerverletzt zurück in dem Bewußtsein, daß es sterben könne. Sie erzählten alsbald Freunden von der Tat. Als die vorschlugen, telefonisch einen Krankenwagen herbeizurufen, widersetzte sich der Angeklagte aus Furcht vor Entdeckung erfolgreich diesem Vorschlag. Das Opfer überlebte trotz schwerster Verletzungen mit einer dauerhaften Hirnschädigung, die zukünftig epileptische Anfälle befürchten läßt. Zutreffend hat das Landgericht den Angeklagten auch wegen versuchten schweren Raubes mit Todesfolge verurteilt. Für die Anwendbarkeit des § 251 StGB ist es ohne Bedeutung, daß die mit bedingtem Tötungsvorsatz (vgl. BGHSt 39, 100) ausgeführten Schläge teilweise und die Tritte vollständig erst nach der Vollendung der Wegnahmehandlung erfolgt sind, denn der Tatbestand des Raubes mit Todesfolge kann auch verwirklicht sein, wenn der Räuber Gewalt gegen eine Person nach Vollendung des noch nicht beendeten Raubes anwendet (BGHSt 38, 295). Wesentlich ist, daß sich hierin die einem Raub eigentümliche besondere Gefährlichkeit verwirklicht hat, was die Annahme eines Zusammenhangs zwischen Raub und Todesfolge im Sinne des § 251 StGB rechtfertigt (vgl. BGHR StGB § 251 Todesfolge 3, 4 m.w.Nachw.). So liegt es hier: Der Angeklagte hat die der Ermöglichung der Wegnahme dienenden Mißhandlungen nur kurz unterbrochen ; unmittelbar nach der Wegnahme hat er sie fortgesetzt, noch ehe der (schwere) Raub beendet war.
§ 251 StGB ist ein erfolgsqualifiziertes Delikt, dessen Versuch nicht nur in der Form begangen werden kann, daß der Täter durch eine in finaler Verknüpfung mit der Wegname stehende räuberische Nötigungshandlung den Tod des Opfers verursacht, es aber nicht zur Vollendung der Wegnahme kommt - sog. erfolgsqualifizierter Versuch -, sondern auch dadurch, daß der Einsatz der i.S.d. § 249 StGB tatbestandsmäßigen Gewalt zugleich (bedingt) vorsätzlich vorgenommene Tötungshandlung ist, die aber den qualifizierenden Erfolg nicht bewirkt - sog. versuchte Erfolgsqualifizierung (Herdegen in LK 11. Aufl. § 251 Rdn. 15; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. § 251 Rdn. 4). Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, daß der Versuch der schweren Körperverletzung in Betracht kommt, wenn der Täter die Körperverletzung vorsätzlich begeht und dabei bezüglich der schweren Folge mit bedingtem Vorsatz handelt und diese schwere Folge dann aber nicht eintritt; der Versuch der schweren Körperverletzung steht sodann mit der vollendeten Körperverletzung in Tateinheit (BGHSt 21, 194). Diese Grundsätze gelten auch für den Fall des versuchten (schweren) Raubes mit Todesfolge. Auch hier ist der Versuch in Form der versuchten Erfolgsqualifizierung möglich. Kutzer Miebach Pfister von Lienen RiBGH Becker ist durch Urlaub an der Unterschrift verhindert. Kutzer

Nachschlagewerk: ja BGHSt: nein Veröffentlichung: ja __________________

StGB § 251
Auch bei § 251 StGB ist der Versuch in Form der "versuchten Erfolgsqualifizierung" möglich (im Anschluß an BGHSt 21, 194).
BGH, Beschl. vom 29. März 2001 - 3 StR 46/01 - LG Hannover
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird m

Verursacht der Täter durch den Raub (§§ 249 und 250) wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird m

Verursacht der Täter durch den Raub (§§ 249 und 250) wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.
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published on 29/03/2001 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 46/01 vom 29. März 2001 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 29. März
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Verursacht der Täter durch den Raub (§§ 249 und 250) wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Verursacht der Täter durch den Raub (§§ 249 und 250) wenigstens leichtfertig den Tod eines anderen Menschen, so ist die Strafe lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.