Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Nov. 2019 - 3 StR 342/19

published on 13/11/2019 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Nov. 2019 - 3 StR 342/19
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 342/19
vom
13. November 2019
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes
ECLI:DE:BGH:2019:131119B3STR342.19.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. November 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 18. April 2019, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über die Einziehung des Wertes des Tatertrages dahin geändert, dass die Anordnung nur in Höhe von 150 € ergeht. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Außerdem hat es die Einziehung des Wertes des Tatertrages in Höhe von 200 € gegen den Angeklagten und die nicht revidierenden Mitangeklagten D. und M. als Gesamtschuldner angeordnet. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Nachprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die Einziehungsentscheidung hält rechtlicher Überprüfung demgegenüber nicht stand, soweit gegen den Angeklagten die Einziehung eines über 150 € hinausgehenden Betrages angeordnet worden ist.
3
a) Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen hielten sich der Angeklagte und die nicht revidierenden Mitangeklagten D. und M. ebenso wie die Zeugen H. und Z. am Abend des 27. Oktober 2017 auf einer Kirmes auf. Als H. den ihm flüchtig bekannten M. fragte, ob er ihm ein Gramm Marihuana verkaufen könne, hielt M. kurz Rücksprache mit dem Angeklagten und D. und stellte H. den Verkauf anschließend in Aussicht. Die Angeklagten sowie H. und Z. begaben sich sodann in einen Park, wobei H. davon ausging , dass er dort das Marihuana erhalten werde. Tatsächlich wollten ihm die Angeklagten aber kein Marihuana verkaufen, sondern ihn und Z. "abrippen" , das heißt ihnen unter Gewaltandrohung Wertsachen abnehmen, um diese für sich zu behalten. M. führte an dem Abend einen Schlagring mit sich. Die drei Angeklagten waren dahin übereingekommen, dass der Schlagring bei der Tat zumindest als Drohmittel zum Einsatz kommen sollte. Den Schlagring hatte schließlich der Angeklagte an sich genommen.
4
Auf dem Weg in den Park hinein ging M. mit H. und Z. voraus und unterhielt sich mit ihnen, während der Angeklagte und D. mit etwas Abstand folgten. Als M. auf eine Bluetooth-Musikbox aufmerksam wurde, die H. bei sich hatte, bat er ihn, ihm die Musikbox zu geben, damit er sie sich ansehen könne. H. übergab M.
daraufhin die Musikbox. M. reichte sie anschließend an D. weiter, der sie in seine Jackentasche steckte.
5
Im Park kam Z. sodann auf die in Aussicht gestellten Betäubungsmittel zu sprechen. Er öffnete im Hinblick auf den beabsichtigten Kauf sein Portmonee und nahm 10 oder 20 € heraus, die D. daraufhin an sich nahm. Als H. und Z. nunmehr ihren Unmut darüber äußerten, dass sie nicht das in Aussicht gestellte Marihuana erhielten, zog der Angeklagte den Schlagring über die Finger seiner rechten Hand und hielt ihn mit geballter Faust H. und Z. vor. Dabei standen die drei Angeklagten in einem Halbkreis um H. und Z. herum, hinter denen ein Bach verlief, der ihnen den Weg nach hinten abschnitt. Einer der Angeklagten sagte nun sinngemäß zu H. und Z. : "Macht jetzt keinen Scheiß, sonst gibt´s was auf die Fresse." Im Anschluss daran ließen H. und Z. es aus Angst vor Schlägen mit dem Schlagring geschehen, dass die Angeklagten eine Bauchtasche von H. und das Portmonee von Z. an sich nahmen, in dem sich mindestens 150 € befanden. Die Bluetooth -Musikbox verkaufte D. später für 50 €.
6
b) Die Annahme des Landgerichts, dass auch hinsichtlich der BluetoothMusikbox ein besonders schwerer Raub vorlag, wird von den Feststellungen nicht getragen. Der Generalbundesanwalt hat insoweit in seiner Antragsschrift ausgeführt: "Ausweislich der Urteilsgründe übergab der Geschädigte H. auf dem Weg zum Park die Musikbox zunächst freiwilig dem Mittäter M. , damit dieser sie ansehen könne. M. reichte sie an den Mitangeklagten D. weiter, der sie in seine Jackentasche steckte (UA S. 20 f.). Erst im Park, wo es zur Abwicklung des Betäubungsmittelge- schäfts kommen sollte, zog der Angeklagte N. den Schlagring über die Finger seiner Hand, hielt diesen den Geschädigten H. und Z. vor und kam es zur Wegnahme der Levis Bauchtasche und des Portmonee. Zu welchem genauen Zeitpunkt der Mitangeklagte D. die Musikbox in seine Jackentasche gesteckt hatte, ergibt sich aus dem Urteil nicht.
Nach der Verkehrsauffassung wird bei leicht beweglichen Sachen geringen Umfangs neuer Gewahrsam durch das Einstecken in die eigene Kleidung begründet (vgl. Senat, Beschluss vom 16. September 2014 - 3 StR 373/14, NStZ 2015, 276). Danach wurde hier der Gewahrsam des Geschädigten H. zwar noch nicht dadurch gebrochen, dass M. mit dessen Einverständnis die Musikbox unter dem Vorwand in die Hand nahm, sich das Gerät anschauen zu wollen (vgl. zur Gewahrsamslockerung bei - scheinbar kurzfristiger - Übergabe von Gegenständen an den Täter BGH, Beschluss vom 24. April 2018, 5 StR 606/17, Rn. 6, 11, juris). In dem er aber die Musikbox ohne Absprache mit dem Geschädigten dem Mitangeklagten D. übergab, der diese in seine Jackentasche steckte, wurde der Gewahrsam des Geschädigten gebrochen. Da der Zeitpunkt, wann dies erfolgte, unklar bleibt, ist nicht ausgeschlossen, dass die Wegnahme zum Zeitpunkt der Gewalthandlungen gegen die Geschädigten bereits vollendet, wenn auch nicht beendet war und auf Grund der eingetretenen Vollendung des Diebstahls ein Raub der Musikbox (§ 249 Abs. 1 StGB) durch die anschließende Gewaltanwendung gegen den Geschädigten nicht mehr in Betracht kam (vgl. Senat, NStZ 2015, 276; BGH, Beschl. v. 24. September1990 - 4 StR 384/90, Rn. 2, juris).
Die Feststellungen tragen auch nicht eine Verurteilung wegen räuberischen Diebstahls gemäß § 252 StGB (vgl. zur Möglichkeit des räuberischen Diebstahls auch für den nicht unmittelbar besitzenden Mittäter Senat , NStZ 2015, 276), weil offen bleibt, ob der Angeklagte N. vor der Übergabe der Musikbox an M. und dem Einstecken des Geräts in die Jackentasche durch D. bis zur Beendigung der Tat überhaupt Kenntnis hatte."
7
Dem schließt sich der Senat an.
8
c) Der vom Landgericht angenommene zu hohe Schuldumfang lässt den Strafausspruch aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift genannten Gründen unberührt. Soweit die Strafkammer hinsichtlich des Angeklagten auch die Einziehung des durch den Verkauf der Bluetooth-Musikbox erzielten Geldbetrags von 50 € angeordnet hat, ist der Angeklagte indes nicht als Beteiligter an einer rechtswidrigen Tat festgestellt, so dass eine Einziehung ihm gegenüber nicht in Betracht kommt. Der Senat ändert die Einziehungsanordnung dementsprechend dahin, dass sie gegen den Angeklagten nur in Höhe von 150 € ergeht.
9
2. Der geringe Teilerfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten des Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird m
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.