Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Okt. 2009 - 3 StR 303/09
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren Raubes in Tateinheit mit schwerer Vergewaltigung schuldig ist;
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben im Rechtsfolgenausspruch und soweit von einer Anordnung nach § 64 StGB abgesehen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes und wegen Vergewaltigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die allgemeine Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erbracht.
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- 1. Die Annahme zweier selbständiger Straftaten hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen des Landgerichts brach der Angeklagte auf der Suche nach Geld in den frühen Morgenstunden maskiert in das Haus der Nebenklägerin, seiner 72jährigen Stiefgroßmutter, ein. Er überwältigte die Frau, drückte sie auf ihr Bett zurück, fesselte ihr die Hände mit einem Kabelbinder und nahm ihren Geldbeutel, in dem sich ca. 15 Euro befanden, an sich. Als er der Nebenklägerin, die nur mit einem Nachthemd bekleidet war, die Füße fesseln wollte, geriet er in sexuelle Erregung. Seinem spontan gefassten Entschluss folgend, drang er zuerst mit dem Finger in Scheide und Anus des sich vergeblich wehrenden Opfers ein und vollzog sodann den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss. Danach löste er die Fesseln an den Händen und verließ mit dem Geldbeutel das Haus.
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- Das Landgericht ist von einem schweren Raub gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB sowie von einer schweren Vergewaltigung gemäß § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB ausgegangen und hat die Qualifikation jeweils zutreffend durch die Verwendung des Kabelbinders als Fesselungswerkzeug als erfüllt angesehen. Dabei hat es indes verkannt, dass diese durchgängige Gewaltanwendung beide Tatbestände zur Tateinheit verbindet. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend abgeändert. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der im Wesentli- chen geständige Angeklagte gegen den Vorwurf tateinheitlicher Tatbegehung nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Bei der Schuldspruchänderung war auch die qualifizierte Begehung der Vergewaltigung mit der Bezeichnung als "schwere Vergewaltigung" zum Ausdruck zu bringen (vgl. Fischer , StGB 56. Aufl. § 177 Rdn. 78 m. w. N.).
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- 2. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Die Gesamtstrafe kann als Einzelstrafe nicht bestehen bleiben. Zwar wird der Schuldumfang durch die geänderte Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses im Grundsatz nicht entscheidend bestimmt; indes kann der Senat nicht ausschließen , dass die Gesamtstrafe, die durch eine deutliche Erhöhung der Einsatzstrafe gebildet worden ist, auf der vom Landgericht angenommenen tatmehrheitlichen Begehungsweise beruht.
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- Die Gesamtstrafe hält zudem aus einem weiteren Grund rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die verfahrensgegenständliche Tat hat der Angeklagte am 30. März 2008 begangen. Am 16. Juli 2008 ist er zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden wegen eines am 17. Juli 2007 begangenen versuchten schweren Diebstahls. Am 18. Juli 2007, 22. Oktober 2007 und 18. März 2008 ist er jeweils zu Geldstrafen verurteilt worden. Das angefochtene Urteil teilt lediglich hinsichtlich der Vorverurteilung vom 22. Oktober 2007 mit, dass die Vollstreckung der Geldstrafe durch Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafe erledigt ist. Der Senat kann deshalb nicht überprüfen, ob das Landgericht rechtsfehlerfrei davon abgesehen hat, mit der Freiheitsstrafe von sechs Monaten nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden.
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- 3. Zuletzt hat auch die Entscheidung des Landgerichts, von einer Unterbringung des Angeklagten nach § 64 StGB abzusehen, keinen Bestand. Nach den Feststellungen konsumierte der Angeklagte seit seinem 18. Lebensjahr regelmäßig und in steigenden Dosen Amphetamin und Ecstasy und benutzte jeweils Cannabis, um sich danach wieder zu beruhigen. Im Jahr 2006 entgiftete er sich selbst und blieb längere Zeit drogenfrei, bis er nach dem Ende einer Beziehung zu einer Freundin im Jahr 2007 einen Rückfall erlitt und zuletzt etwa 2 bis 3 Gramm Amphetamin pro Tag sowie gelegentlich Cannabis und Ecstasy konsumierte. Zur Tatzeit stand der wohnungslose Angeklagte unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln, mit denen er sich vor der nächtlichen Kälte schützen wollte.
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- Das Landgericht hat die hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg verneint und dies auch damit begründet, der Angeklagte habe sich bislang noch in keiner Weise mit seiner Sucht auseinandergesetzt, sich nicht um Hilfe bemüht, eine Beratungsstelle aufgesucht oder eine Entwöhnungsbehandlung beantragt; zu einer längeren Abstinenzphase sei es nicht gekommen. Danach ist zu besorgen, dass das Landgericht den Selbstentzug des Angeklagten und dessen ca. einjährige Abstinenz außer Betracht gelassen hat. Dass der Angeklagte danach rückfällig geworden ist, belegt ein Fehlen der hinreichenden Erfolgsaussicht nicht.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn
- 1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern, - 2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert, - 3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt, - 4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder - 5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.
(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet, - 2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder - 3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.
(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
- 1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder - 2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.
(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - 2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder - 3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder - 2.
das Opfer - a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.