Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Juli 2014 - 3 StR 276/14

published on 08/07/2014 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Juli 2014 - 3 StR 276/14
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 2 7 6 / 1 4
vom
8. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 3. auf dessen Antrag - am 8. Juli
2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 7. Februar 2014
a) im Strafausspruch aufgehoben; die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten,
b) dahin ergänzt, dass von einer weiteren Entscheidung über die Schmerzensgeldforderung des Adhäsionsklägers abgesehen wird. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten der gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen und deshalb gegen ihn eine Freiheitsstrafe von drei Jahren verhängt. Weiter hat es ihn im Adhäsionsverfahren verurteilt, an den Ne- benkläger ein Schmerzensgeld von 10.000 € nebst Zinsen hieraus zu bezahlen.
Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Strafausspruch hat keinen Bestand.
3
Das Landgericht ist bei der Bemessung der Strafe vom Regelstrafrahmen des § 224 Abs. 1 Halbsatz 1 StGB ausgegangen und hat diesen wegen einer zur Tatzeit alkoholbedingt erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit des Angeklagten gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB auf Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu sieben Jahren und sechs Monaten gemildert.
4
Einen minder schweren Fall nach § 224 Abs. 1 Halbsatz 2 StGB, der einen Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe eröffnet hätte, hat das Landgericht demgegenüber unter Abwägung der bestimmenden allgemeinen Strafzumessungsgründe verneint. Dagegen ist für sich gesehen noch nichts zu erinnern. Nicht bedacht hat das Landgericht jedoch, dass nach Ablehnung eines minder schweren Falles auf der Grundlage der allgemeinen Strafzumessungsumstände zunächst weitergehend zu prüfen ist, ob der mildere Sonderstrafrahmen bei zusätzlicher Heranziehung eventuell gegebener gesetzlich vertypter Strafmilderungsgründe eröffnet ist. Erst wenn der Tatrichter danach weiterhin keinen minder schweren Fall für gerechtfertigt hält, darf er seiner konkreten Strafzumessung den - wegen des gegebenen gesetzlich vertypten Milderungsgrundes gemilderten - Regelstrafrahmen zugrunde legen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2010 - 3 StR 106/10, juris Rn. 2).
5
Dazu, ob bei zusätzlicher Heranziehung der zur Tatzeit alkoholbedingt erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit des Angeklagten ein minder schwerer Fall der gefährlichen Körperverletzung anzunehmen gewesen wäre, verhält sich das Urteil nicht. Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Bemessung der Strafe hierauf beruht.
6
2. Zur Adhäsionsentscheidung hat der Generalbundesanwalt ausgeführt: "Der Adhäsionskläger hat … eine bezifferte Schmerzensgeldforderung von nicht unter 20.000 Euro erhoben (PB Bl. 9). Aufgrund der Zuerkennung des Schmerzensgeldanspruchs von lediglich 10.000 Euro im Adhäsionsverfahren handelt es sich bei der Entscheidung um ein Teilendurteil , so dass im Hinblick auf § 406 Abs. 3 Satz 2 StPO das teilweise Absehen von einer Entscheidung zur Verdeutlichung nach § 406 Abs. 1 Satz 3 StPO ausdrücklich zu tenorieren ist (BGH StPO § 406 Teilentscheidung 1)."
7
Dem schließt sich der Senat an und ergänzt das Urteil entsprechend.
Becker Schäfer Mayer Gericke Spaniol
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Das Gericht gibt dem Antrag in dem Urteil statt, mit dem der Angeklagte wegen einer Straftat schuldig gesprochen oder gegen ihn eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird, soweit der Antrag wegen dieser Straftat begründet ist. Die Entscheidung kann sich auf den Grund oder einen Teil des geltend gemachten Anspruchs beschränken; § 318 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Das Gericht sieht von einer Entscheidung ab, wenn der Antrag unzulässig ist oder soweit er unbegründet erscheint. Im Übrigen kann das Gericht von einer Entscheidung nur absehen, wenn sich der Antrag auch unter Berücksichtigung der berechtigten Belange des Antragstellers zur Erledigung im Strafverfahren nicht eignet. Der Antrag ist insbesondere dann zur Erledigung im Strafverfahren nicht geeignet, wenn seine weitere Prüfung, auch soweit eine Entscheidung nur über den Grund oder einen Teil des Anspruchs in Betracht kommt, das Verfahren erheblich verzögern würde. Soweit der Antragsteller den Anspruch auf Zuerkennung eines Schmerzensgeldes (§ 253 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) geltend macht, ist das Absehen von einer Entscheidung nur nach Satz 3 zulässig.

(2) Erkennt der Angeklagte den vom Antragsteller gegen ihn geltend gemachten Anspruch ganz oder teilweise an, ist er gemäß dem Anerkenntnis zu verurteilen.

(3) Die Entscheidung über den Antrag steht einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Urteil gleich. Das Gericht erklärt die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar; die §§ 708 bis 712 sowie die §§ 714 und 716 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Soweit der Anspruch nicht zuerkannt ist, kann er anderweit geltend gemacht werden. Ist über den Grund des Anspruchs rechtskräftig entschieden, so findet die Verhandlung über den Betrag nach § 304 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung vor dem zuständigen Zivilgericht statt.

(4) Der Antragsteller erhält eine Abschrift des Urteils mit Gründen oder einen Auszug daraus.

(5) Erwägt das Gericht, von einer Entscheidung über den Antrag abzusehen, weist es die Verfahrensbeteiligten so früh wie möglich darauf hin. Sobald das Gericht nach Anhörung des Antragstellers die Voraussetzungen für eine Entscheidung über den Antrag für nicht gegeben erachtet, sieht es durch Beschluss von einer Entscheidung über den Antrag ab.