Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Juli 2009 - 3 StR 251/09

published on 02/07/2009 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Juli 2009 - 3 StR 251/09
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 251/09
vom
2. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 2. Juli
2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 11. Dezember 2008 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in zwei Fällen sowie wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Nach den Feststellungen kam es von Mitte des Jahres 2001 bis Ende des Jahres 2005 an nicht näher bestimmbaren Tagen zu sexuellen Übergriffen des Angeklagten auf den am 28. April 1995 geborene F. , von denen fünf individualisierbar waren; diese sind Gegenstand der Verurteilung. Das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung sowohl bei den Einzelstrafen als auch bei der Gesamtstrafe zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass der Junge zu Beginn der Übergriffe gerade eingeschult und damit noch sehr jung gewesen sei. Die Übergriffe hätten sich, was ebenfalls nicht unberücksichtigt bleiben dürfe, über einen sehr langen Zeitraum hingezogen.
3
Diese strafschärfenden Erwägungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, denn sie sind durch die getroffenen Feststellungen nicht belegt. Das Landgericht vermochte die innerhalb des angegebenen Zeitraums von immerhin viereinhalb Jahren bestimmbaren und abgeurteilten Straftaten zeitlich nicht näher einzugrenzen. Es durfte deshalb bei der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten weder davon ausgehen, dass diese Übergriffe bereits kurz nach Beginn der Schulzeit des F. begonnen hatten, noch dass sie sich über einen langen Zeitraum erstreckten. Die Begründung des Landgerichts wird auch nicht durch die pauschale Feststellung weiterer, nicht angeklagter sexueller Übergriffe des Angeklagten auf den Jungen getragen. Zwar ist es grundsätzlich zulässig, bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, dass der Angeklagte noch sonstige - bisher nicht abgeurteilte - Straftaten begangen hat; dies gilt allerdings nur, wenn diese Taten prozessordnungsgemäß und so bestimmt festgestellt sind, dass sie in ihrem wesentlichen Unrechtsgehalt abzuschätzen sind und eine unzulässige Berücksichtigung des bloßen Verdachts weiterer Straftaten ausgeschlossen werden kann (vgl. BGHR StGB § 54 Serienstraftaten 2; BGH NStZ-RR 2004, 359 Nr. 37). Diesen Anforderungen genügen die nur rudimentären Angaben der Strafkammer nicht; ihnen lässt sich ins- besondere eine die Erwägungen zur Strafzumessung stützende zeitliche Einordnung der weiteren Übergriffe nicht entnehmen.
4
Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch insgesamt auf den rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht; die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe können deshalb nicht bestehen bleiben. Der Senat weist für die Bildung der neuen Gesamtstrafe darauf hin, dass der Seriencharakter von Taten im Allgemeinen einen eher engeren Zusammenzug der Einzelstrafen nahe legt; wird die Einsatzstrafe dennoch deutlich erhöht, so bedürfen die dafür maßgeblichen Gründe näherer Darlegung.
Becker Pfister von Lienen
Schäfer Mayer
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.

(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.

(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.