Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Juli 2014 - 3 StR 204/14
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren Bandendiebstahls in sechs Fällen, des versuchten schweren Bandendiebstahls, sowie des Diebstahls schuldig ist;
b) mit den Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in acht Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, sowie wegen Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg, im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Der Schuldspruch war wie geschehen zu berichtigen, weil die Verurteilung wegen "schweren Bandendiebstahls in acht Fällen" offensichtlich unrichtig ist und ausweislich der Ausführungen des Landgerichts in der rechtlichen Würdigung auf einem Rechenfehler beim Zusammenzählen der festgestellten Taten beruht. Aus den Urteilsgründen im Übrigen ergibt sich, dass - neben der ersten, vor der Bandenabrede liegenden Diebstahlstat - nur sechs vollendete und eine versuchte Tat des schweren Bandendiebstahls festgestellt worden sind, nur diese abgeurteilt werden sollten und auch nur insoweit Einzelstrafen gegen ihn verhängt worden sind. Der Senat kann den aufgetretenen Zählfehler entsprechend § 354 Abs. 1 StPO korrigieren, weil er für alle Verfahrensbeteiligten offensichtlich war und seine Behebung auch nicht den entfernten Verdacht einer inhaltlichen Änderung des Urteils begründen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Januar 2012 - 3 StR 408/11, juris Rn. 4 mwN).
- 3
- Der - rechtsfehlerfreie - Strafausspruch wird von der Schuldspruchberichtigung nicht berührt, weil die Strafkammer - wie dargelegt - nur für die tatsächlich festgestellten und ausgeurteilten sieben Fälle des - einmal nur versuchten - schweren Bandendiebstahls, und den einen weiteren Fall des Dieb- stahls Einzelstrafen festgesetzt und aus diesen die Gesamtfreiheitsstrafe gebildet hat.
- 4
- 2. Soweit das Landgericht keine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB getroffen hat, kann das Urteil keinen Bestand haben.
- 5
- Nach den Feststellungen kam der Angeklagte bereits im Jahr 2003 mit Kokain in Kontakt. Nach seiner Eheschließung im Jahr 2008 habe er zwar "weitgehend drogenfrei" gelebt, nach der Trennung von seiner Frau und der Entlassung aus der Strafhaft im Jahr 2011 jedoch "gelegentlich" Kokain konsumiert , vor allem an den Wochenenden, die er in "stetigem Drogen- und Alkoholkonsum" durchgefeiert habe. Der Angeklagte habe sich den Mitangeklagten M. und T. und deren Vorhaben, Einbruchsdiebstähle zu begehen, angeschlossen, um sich diesen Lebensstil, insbesondere auch den Kokainkonsum , erhalten zu können. In der Beweiswürdigung ist die Strafkammer auf der Grundlage der Angaben des Angeklagten davon ausgegangen, dass bei ihm "eine gewisse Betäubungsmittelabhängigkeit" vorgelegen, diese indes nicht zu einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit geführt habe. In der Strafzumessung hat das Landgericht zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er die Taten "aufgrund einer gewissen, jedoch nicht ausgeprägten Betäubungsmittelabhängigkeit begangen" habe und auch eine akute Kokainund /oder Alkoholintoxikation zum jeweiligen Tatzeitpunkt nicht ausgeschlossen werden könne.
- 6
- Diese Ausführungen hätten die Strafkammer zu der Prüfung drängen müssen, ob bei dem Angeklagten die Voraussetzungen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gegeben sind. Dass sie von einer "gewissen Betäubungsmittelabhängigkeit" ausgegangen ist, machte die Auseinandersetzung damit erforderlich, ob bei dem Angeklagten ein Hang im Sinne von § 64 StGB vorliegt, mithin eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit oder zumindest eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Alkohol oder andere Rauschmittel zu sich zu nehmen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2011 - 3 StR 421/11, NStZ-RR 2012, 204 mwN). Die Feststellung , dass er die Straftaten "aufgrund" dieser "gewissen" Betäubungsmittelabhängigkeit begangen habe, legt zudem nahe, dass auch ein symptomatischer Zusammenhang zwischen einem gegebenenfalls anzunehmenden Hang und der Begehung der Straftaten im Sinne einer Beschaffungskriminalität bestand (vgl. BGH aaO, S. 205).
- 7
- Über die Frage der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt muss deshalb neu verhandelt und entschieden werden. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO), er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen (st. Rspr.; siehe nur BGH, Beschluss vom 11. Juli 2013 - 3 StR 193/13, juris Rn. 6 mwN).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.