Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Sept. 2009 - 3 StR 178/09

published on 01/09/2009 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Sept. 2009 - 3 StR 178/09
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 178/09
vom
1. September 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 4. auf dessen Antrag - am
1. September 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 16. Dezember 2008 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen Untreue (Tat vom 7. April 2005) verurteilt ist,
b) im Ausspruch über die beiden Gesamtstrafen. 2. Der Schuldspruch des vorbezeichneten Urteils wird im Übrigen dahin berichtigt, dass die Bezeichnung der Taten als "gewerbsmäßig" entfällt. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "gewerbsmäßigen Betruges sowie wegen gewerbsmäßiger Untreue in 27 Fällen" unter Einbeziehung weiterer Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie wegen "gewerbsmäßigen Betruges in 4 Fällen und gewerbsmäßiger Untreue in einem weiteren Fall" unter Einbeziehung einer weiteren Einzelstrafe zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit Verfahrensrügen sowie der allgemeinen Sachbeschwerde. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Eine Untreuetat zum Nachteil der Frau G. vom 7. April 2005, für die das Landgericht eine Einzelstrafe von einem Jahr verhängt hat, ist in der Aufstellung der Taten in den Urteilsgründen (UA S. 29, 30) nicht enthalten und damit nicht festgestellt. Dies kann nur der neue Tatrichter nachholen.
3
2. Die gewerbsmäßige Begehungsweise der Betrugs- und der übrigen Untreuetaten (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB i. V. m. § 266 Abs. 2 StGB) ist rechtsfehlerfrei festgestellt. Sie findet indes, da es sich um ein Regelbeispiel für die Annahme eines besonders schweren Falls handelt, keine Aufnahme in die Urteilsformel (Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 260 Rdn. 25 m. w. N.). Der Senat hat den Schuldspruch insoweit berichtigt.
4
3. Während die Zumessung der verbleibenden Einzelstrafen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufweist, hält die Gesamtstrafenbildung rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat bei der Bildung zweier Gesamtstrafen verkannt, dass der Verurteilung durch das Landgericht Kleve vom 21. Juli 2006 keine Zäsurwirkung zukommt.

5
Die hier abzuurteilenden Taten beging der Angeklagte überwiegend vor, teilweise auch nach der Verurteilung durch das Landgericht Kleve vom 21. Juli 2006. In diesem Urteil war der Angeklagte wegen fünf Betrugstaten und wegen einer Unterschlagung verurteilt worden. Auf die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hatte der Senat dieses Urteil mit Beschluss vom 9. Januar 2007 bezüglich der Verurteilung wegen Unterschlagung sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Erst nach Begehung sämtlicher hier verfahrensgegenständlicher Taten hat das Landgericht Kleve sodann im zweiten Verfahrensdurchgang durch Urteil vom 25. Juni 2007 - erkennbar nach Einstellung des Verfahrens wegen des Vorwurfs der Unterschlagung - aufgrund der verbliebenen fünf Einzelstrafen wegen Betrugs auf eine neue Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren erkannt. Danach ist in einer weiteren Sache durch Urteil des Landgerichts Kleve (vom 23. November 2007 oder vom 18. Dezember 2007) aus diesen fünf Einzelstrafen sowie einer Einzelstrafe von acht Monaten wegen einer bereits im November/Dezember 1997 begangenen Betrugstat eine neue Gesamtstrafe von zwei Jahren und drei Monaten gebildet worden.
6
Nach diesen Feststellungen liegen die Voraussetzungen dafür vor, dass aus sämtlichen Einzelstrafen der hier abzuurteilenden Taten sowie aus den Einzelstrafen für die vorbezeichneten früheren Taten (unter Auflösung der im Urteil des Landgerichts Kleve vom 23. November 2007 oder vom 18. Dezember 2007 gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe) eine einzige Gesamtstrafe gebildet werden muss. Voraussetzung für die nachträgliche Gesamtstrafenbildung ist gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB, dass die später abzuurteilenden Taten "vor der früheren Verurteilung" begangen worden sind. Für die Auslegung der Worte "vor der früheren Verurteilung" begangen kommt es auf die letzte tatrichterliche Entscheidung zur Schuld- oder Straffrage an (vgl. Rissing-van Saan in LK 12. Aufl. § 55 Rdn. 6). Dies war in dem ersten vor dem Landgericht Kleve gegen den Angeklagten geführten Strafverfahren das nach Teilaufhebung ergangene zweite Urteil vom 25. Juni 2007, da dieses eine Sachentscheidung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB enthielt. Hierfür genügt auch eine Entscheidung über die Bildung einer Gesamtstrafe, wenn sie - wie hier - aufgrund einer tatrichterlichen Verhandlung ergangen ist (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 55 Rdn. 7).
7
Bei der vom Tatrichter vorzunehmenden Bildung einer einheitlichen Gesamtstrafe wird auch zu klären sein, ob die Einzelstrafe von acht Monaten wegen der Betrugstat im November/Dezember 1997 durch Urteil des Landgerichts Kleve vom 18. Dezember 2007 (so die Entscheidungsformel der angegriffenen Entscheidung) oder vom 23. November 2007 (so UA S. 12) verhängt worden ist.
Sost-Scheible Pfister Hubert Schäfer Mayer
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.