Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2016 - 3 StR 166/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 23. August 2016 gemäß § 349 Abs. 2, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in 16 Fällen, wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in drei Fällen, wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in 26 Fällen und wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten ist unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- Das Landgericht hat es allerdings unterlassen, in den Fällen 44, 45 und 46 der Urteilsgründe Einzelstrafen festzusetzen. Aus den Urteilsgründen ergibt sich indes, dass das Landgericht in den Fällen 27 bis 43, die den Fällen 44, 45 und 46 in jeder Hinsicht entsprechen, jeweils auf Einzelfreiheitsstrafen von zwei Jahren und drei Monaten erkannt hat. Es ist somit auszuschließen, dass das Landgericht in den Fällen 44, 45 und 46 abweichende Einzelstrafen verhängt hätte. Der Senat setzt deshalb in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO in diesen Fällen selbst jeweils Einzelfreiheitsstrafen von zwei Jahren und drei Monaten fest. Das Verbot der Schlechterstellung (§ 358 Abs. 2 StPO) steht dem nicht entgegen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 16. September 2010 - 4 StR 433/10, NStZ-RR 2010, 384; vom 27. September 2011 - 3 StR 283/11, juris; vom 15. September 2015 - 5 StR 343/15, juris). Der Ausspruch über die Gesamtstrafe bleibt unberührt; denn es ist auszuschließen, dass das Landgericht auf eine mildere Gesamtstrafe erkannt hätte, wenn es auch in den Fällen 44, 45 und 46 der Urteilsgründe Einzelstrafen festgesetzt hätte.
- 3
- Zu der von dem Beschwerdeführer erhobenen Verfahrensrüge, dass er entgegen § 257 Abs. 1 StPO nach den einzelnen Beweiserhebungen nicht befragt worden sei, ob er dazu etwas zu erklären habe, bemerkt der Senat ergänzend zu der Antragsschrift des Generalbundesanwalts:
- 4
- Die Rüge ist jedenfalls unbegründet, weil ausgeschlossen werden kann, dass das Urteil auf dem behaupteten Verfahrensverstoß beruht. Es ist weder vom Beschwerdeführer vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass er daran gehindert war, seine Erklärungen zu den einzelnen Beweiserhebungen zu einem späteren Zeitpunkt, insbesondere im Zusammenhang mit den Schlussvorträgen oder seinem letzten Wort (§ 258 StPO) nachzuholen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2006 - 1 StR 503/06, NStZ 2007, 234, 235; LR/Stuckenberg, StPO, 26. Aufl., § 257 Rn. 40). Schäfer RiBGH Hubert befindet Gericke sich im Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben. Schäfer Spaniol Tiemann
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.
(1) Nach der Vernehmung eines jeden Mitangeklagten und nach jeder einzelnen Beweiserhebung soll der Angeklagte befragt werden, ob er dazu etwas zu erklären habe.
(2) Auf Verlangen ist auch dem Staatsanwalt und dem Verteidiger nach der Vernehmung des Angeklagten und nach jeder einzelnen Beweiserhebung Gelegenheit zu geben, sich dazu zu erklären.
(3) Die Erklärungen dürfen den Schlußvortrag nicht vorwegnehmen.
(1) Nach dem Schluß der Beweisaufnahme erhalten der Staatsanwalt und sodann der Angeklagte zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort.
(2) Dem Staatsanwalt steht das Recht der Erwiderung zu; dem Angeklagten gebührt das letzte Wort.
(3) Der Angeklagte ist, auch wenn ein Verteidiger für ihn gesprochen hat, zu befragen, ob er selbst noch etwas zu seiner Verteidigung anzuführen habe.