Bundesgerichtshof Beschluss, 13. März 2013 - 2 StR 60/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Freiheitstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.
- 2
- 1. Die Überprüfung des Schuldspruchs hat Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben.
- 3
- 2. Dagegen hält der Rechtsfolgenausspruch rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
- 4
- Nach den Feststellungen des Landgerichts konsumiert der Angeklagte seit vielen Jahren in erheblichem Umfang Alkohol. Bis Ende der 1990er Jahre trank er mehrere Flaschen Schnaps täglich, danach reduzierte er zwar seinen Konsum. Nach seinen Angaben in der Hauptverhandlung will er aber bis zu seiner Verhaftung in dieser Sache immer noch 10 bis 20 Flaschen Bier täglich getrunken haben (UA S. 3). Vor der verfahrensgegenständlichen Tat nahm der Angeklagte ebenfalls Alkohol zu sich; er trank zusammen mit dem Tatopfer Mixgetränke aus Cola und Korn bzw. Wodka. Das Landgericht ist von einer Blutalkoholkonzentration von 1,13 Promille ausgegangen, ohne dass dadurch die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt worden sei (UA S. 5). Der Angeklagte ist seit 1998 mindestens in vier Fällen wegen Straftaten verurteilt worden, die er im alkoholisierten Zustand begangen hat. Zuletzt hat ihn das Amtsgericht Erfurt im Jahre 2011 wegen einer unter erheblichem Alkoholeinfluss begangenen Körperverletzung (unter Einbeziehung einer weiteren Strafe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist (UA S. 4 f.).
- 5
- Angesichts dieser Feststellungen liegt es nicht fern, dass die abgeurteilte Tat auf einen (seit Jahrzehnten bestehenden) Hang des Angeklagten zurückgeht , alkoholische Getränke im Übermaß zu sich zu nehmen. Dies gilt ungeachtet der in den Urteilsgründen mitgeteilten (wenig plausiblen) Einschätzung des Angeklagten, "jederzeit aufhören zu können" (UA S. 3). Das Landgericht hätte sich daher gedrängt sehen müssen, die Voraussetzungen für die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB zu prüfen und in den Urteilsgründen näher zu erörtern.
- 6
- Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; vgl. BGH, Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5). Der Beschwerdeführer hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen.
- 7
- Die unterlassene Prüfung der Voraussetzungen des § 64 StGB führt zur Aufhebung des Urteils auch im Strafausspruch. Der Senat kann nicht ausschließen , dass die zuerkannte Strafe niedriger ausgefallen wäre, hätte die Strafkammer die Voraussetzungen des § 64 StGB bejaht und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Auf diese Weise wird eine sachgerechte Abstimmung von Maßregel und Strafe ermöglicht (BGH, Beschluss vom 12. April 2012 - 5 StR 87/12).
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Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.