Bundesgerichtshof Beschluss, 20. März 2018 - 2 StR 504/17
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu Ziffer 3. auf dessen Antrag – am 20. März 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
a) im Schuldspruch in den Fällen II.2 und II.3 der Urteilsgründe
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den jeweiligen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „bewaffnetenunerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Amphetamin und Ecstasy) in einem Fall sowie wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Haschisch und Marihuana) in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäu- bungsmitteln (Kokain und Ecstasy)“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen.
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- Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg und führt zur Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen II.2 und II.3 der Urteilsgründe. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
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- 1. Nach den Feststellungen bestellte der Angeklagte am 17. Januar 2016 im Darknet von einem unbekannt gebliebenen Lieferanten zwischen 12.24 Uhr und 12.57 Uhr fünf Gramm Kokain und 50 Ecstasytabletten sowie 200 Gramm Marihuana zum Preis von insgesamt 1.680 €; den Kaufpreis entrichtete der Angeklagte gegen 13 Uhr im Voraus. Das Marihuana war zum Eigenkonsum bestimmt , während der Angeklagte das Kokain und die Ecstasytabletten gewinnbringend weiterverkaufen wollte. Die Lieferung der Betäubungsmittel erfolgte spätestens am 21. Januar 2016 (Fall II.2 der Urteilsgründe).
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- Wenig später – zwischen 13.40 Uhr und 13.44 Uhr am 17. Januar 2016 – bestellte der Angeklagte bei demselben Lieferanten weitere 500 Gramm Marihuana zum Preis von insgesamt 3.250 €. Auch diese Rauschgiftmenge war nach den vom Tatgericht als unwiderlegt erachteten Angaben des Angeklagten zum Eigenkonsum bestimmt (Fall II.3 der Urteilsgründe). Feststellungen zum Zeitpunkt dieser Lieferung sind den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Bei einer am 26. Januar 2016 erfolgten Wohnungsdurchsuchung wurden eine Restmenge von 309 Gramm Marihuana aufgefunden und sichergestellt. Der Angeklagte bewahrte das Marihuana teils in Einmach- und Einweckgläsern im Büro und teils tiefgefroren in der Küche der Wohnung auf.
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- 2. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte im Fall II.2 der Urteilsgründe den Tatbestand des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowie im Fall II.3 der Urteilsgründe den Tatbestand des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verwirklicht hat. Darüber hinaus hat es angenommen, dass die beiden Taten im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB) zueinander stehen.
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- Diese konkurrenzrechtliche Einordnung der Taten wird von den Feststellungen nicht getragen. Sie lassen offen, ob der Angeklagte zum Zeitpunkt der Lieferung des Marihuanas im Fall II.3 der Urteilsgründe das aus der Tat II.2 der Urteilsgründe herrührende Marihuana bereits vollständig verbraucht hatte. Dies versteht sich unter Berücksichtigung des engen zeitlichen Zusammenhangs beider Lieferungen sowie der Sicherstellung einer Teilmenge von 309 Gramm aus der Tat II.3 der Urteilsgründe nicht von selbst. Der Angeklagte erhielt die dem Fall II.2 zugrunde liegenden Betäubungsmittel spätestens am 21. Januar 2016; von den 500 Gramm Marihuana, die der Lieferung im Fall II.3 der Urteilsgründe zugrunde lagen, konnten bei der am 26. Januar 2016 und damit wenige Tage später durchgeführten Wohnungsdurchsuchung rund 309 Gramm Marihuana mit unterschiedlichen Wirkstoffkonzentrationen sichergestellt werden. Vor diesem Hintergrund hätte sich das Tatgericht zu einer näheren Prüfung und Erörterung der Frage veranlasst sehen müssen, ob der Angeklagte das jeweils zum Eigenkonsum bestimmte Marihuana in den Fällen II.2 und II.3 der Urteilsgründe gleichzeitig in Besitz hatte und damit den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal verwirklichte (BGH, Beschluss vom 14. Februar 2017 – 4 StR 580/16, StraFo 2017, 128 f.; Beschluss vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 430/15, NStZ-RR 2016, 82 f.; Beschluss vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14, NStZ-RR 2015, 174 f.; Senat, Beschluss vom 17. März 2010 – 2 StR 67/10, juris).
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- Bei dieser Sachlage können die Schuldsprüche in den Fällen II.2 und II.3 der Urteilsgründe nicht bestehen bleiben. Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
- 8
- Die Aufhebung der Schuldsprüche entzieht dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage. Demgegenüber kann die Einziehungsentscheidung bestehen bleiben.
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.