Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Nov. 2011 - 2 StR 353/11
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
- 1
- 1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Hausfriedensbruch zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Gegen dieses Urteil hat der Verteidiger des Angeklagten fristgerecht Revision eingelegt und diese am 3. Juni 2011 begründet. Mit seinem am 25. Juli 2011 bei der Staatsanwaltschaft Limburg und am 8. August 2011 beim Revisionsgericht eingegangenen eigenhändigen Schreiben vom 25. Juli 2011 hat der Angeklagte erklärt: "Nach reiflicher Überlegung stelle ich immer mehr fest, dass ich die Revision zurück ziehen möchte und so schnell wie möglich die Therapie § 64 antreten möchte. Möchten Sie bitte die nötigen Schritte in die Wege leiten." Das Schreiben enthielt die Angabe des Aktenzeichens des Schwurgerichtsverfahrens. Als Betreff war angegeben "Revision zurück ziehen".
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- Der Verteidiger vertritt in seinem Schriftsatz vom 17. August 2011 die Auffassung, eine rechtswirksame Rücknahme der Revision sei nicht erfolgt. Der Wortlaut der Erklärung sei nicht eindeutig. Der Angeklagte habe nur zum Ausdruck bringen wollen, dass die Revision bereits lange andauern würde und er zeitnah in Therapie möchte.
- 3
- 2. Die Revision ist wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Dass das Rechtsmittel von seinem Verteidiger eingelegt worden war, ist für die Wirksamkeit der Rücknahme durch den Angeklagten ohne Belang, da der erklärte Wille des Angeklagten stets vorgeht (vgl. BGHR StPO, § 302 Abs. 1 Satz 1 Rechtsmittelverzicht 7 mwN; vgl. auch Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 302 Rn. 4 mwN). Die Rücknahmeerklärung des Angeklagten wahrt die für die Zurücknahme des Rechtsmittels erforderliche Form (vgl. Meyer-Goßner aaO Rn. 7) und ist eindeutig und zweifelsfrei.
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- Der Angeklagte war sich der Bedeutung und Tragweite seiner Erklärung bewusst; es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass er bei Abgabe seiner Erklärung verhandlungsunfähig war. Die vom Landgericht in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen festgestellte eingeschränkte strafrechtliche Verantwortlichkeit beruhte auf einer auf die Tatzeit beschränkte, nicht ausschließbaren erheblichen Alkohol- und Betäubungsmittelintoxikation des Angeklagten (UA S. 35 f.). Der Senat hat daher keinen Zweifel an der Wirksamkeit der Revisionsrücknahme. Diese ist unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StPO, § 302 Abs. 1 Rücknahme 2, 5; BGHSt 10, 245, 247).
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- Da der Verteidiger des Angeklagten die Wirksamkeit der Revisionsrücknahme in Zweifel zieht, stellt der Senat die eingetretene Rechtsfolge förmlich fest. Nach wirksamer Rücknahme der Revision hat der Angeklagte die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen (§ 473 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO).
Fischer Appl Schmitt Krehl Ott
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Annotations
(1) Die Zurücknahme eines Rechtsmittels sowie der Verzicht auf die Einlegung eines Rechtsmittels können auch vor Ablauf der Frist zu seiner Einlegung wirksam erfolgen. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen. Ein von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten eingelegtes Rechtsmittel kann ohne dessen Zustimmung nicht zurückgenommen werden.
(2) Der Verteidiger bedarf zur Zurücknahme einer ausdrücklichen Ermächtigung.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
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auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.