Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Okt. 2011 - 2 StR 344/11

published on 20/10/2011 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Okt. 2011 - 2 StR 344/11
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 344/11
vom
20. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 20. Oktober 2011 gemäß
§ 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 11. März 2011 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 14 Fällen sowie wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die hiergegen mit einer Verfahrensrüge und der Sachrüge gerichtete Revision des Angeklagten ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
Allerdings tragen die Feststellungen in den Fällen 11 und 12 der Urteilsgründe nicht die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe tateinheitlich mit sexuellem Missbrauch von Kindern (§ 176 Abs. 1 StGB) auch den Tatbestand des Vorzeigens pornographischer Abbildungen oder Darstellungen (§ 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB) erfüllt.
3
Pornographische Darstellungen im Sinne des § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB sind solche, die sexuelles Verhalten unter weitgehender Ausklammerung emotional -individualisierter Bezüge vergröbernd darstellen, die den Menschen zum bloßen (auswechselbaren) Objekt geschlechtlicher Begierde oder Betätigung macht (vgl. Fischer StGB 58. Aufl. § 184 Rn. 7, BGHSt 37, 55, 60). Alleine die verallgemeinernde Beschreibung in den Urteilsgründen als "Pornofilme, in denen heterosexuelle Kontakte dargestellt wurden", ist keine hinreichende Feststellung für ein sexualbezogenes Verhalten in diesem Sinne (vgl. BGH 3 StR 177/10 vom 22. Juni 2010 und 4 StR 193/11 vom 15. Juni 2011).
4
Danach muss in den Fällen 11 und 12 die tateinheitliche Verurteilung wegen § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB entfallen. Die Strafaussprüche können jedoch bestehen bleiben. Der Senat schließt aus, dass der Tatrichter niedrigere Einzelstrafen verhängt hätte. Das Landgericht hat - ohne das zusätzliche Vorliegen des § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB ausdrücklich strafschärfend zu werten - in den Fällen 11 und 12 mit jeweils 11 Monaten lediglich um einen Monat höhere Einzelstrafen als für die Fälle 9 und 10 (mit jeweils 10 Monaten Einzelstrafe) verhängt, die hinsichtlich der die Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs (§ 176 Abs. 1 StGB) tragenden sexuellen Handlungen identisch sind. Der Angeklagte hat eingeräumt , dass er dem Kind in den Fällen 11 und 12 die "Pornofilme" "aus einer sexuellen Motivation heraus" gezeigt habe. Die darin zum Ausdruck kommenden besonderen Umstände und die Einstellung des Angeklagten dazu durften bei der Strafzumessung angemessen - wenn auch wie geschehen in geringem Umfang - strafschärfend berücksichtigt werden.
Fischer Schmitt Berger Krehl Eschelbach
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer d
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer d
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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.