Bundesgerichtshof Beschluss, 12. März 2019 - 2 StR 333/18
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts – zu Ziff. 2 auf seinen Antrag – und des Beschwerdeführers am 12. März 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
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- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren sowie wegen Diebstahls in zwei weiteren Fällen und versuchten Diebstahls „unter Einbeziehung der von dem Amtsgericht Dieburg mit Urteil vom 16. September 2016 verhängten Einzelgeldstrafen unter Auflösung der gebildeten Gesamtgeldstrafe“ zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts.
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- 1. Während der Schuldspruch und die Bemessung der gegen den Angeklagten verhängten Einzelstrafen keinen diesen benachteiligenden Rechtsfehler erkennen lassen, können die Gesamtstrafenaussprüche keinen Bestand haben.
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- a) Das Landgericht hat aus den für die Fälle b) bis l) der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren (Tatzeiten zwischen 13./14. Dezember 2016 und 21. Januar 2017) und mit den in den Fällen m) bis o) der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafen (Tatzeiten zwischen 10. Februar 2017 und 23./24. Februar 2017) und den gegen den Angeklagten durch Urteil des Amtsgerichts Dieburg vom 16. September 2016 nach Maßgabe des Berufungsurteils des Landgerichts Darmstadt vom 7. Februar 2017 rechtskräftig verhängten Einzelgeldstrafen eine nachträgliche Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten gebildet. Die Bildung von zwei Gesamtstrafen hat das Landgericht damit begründet, dass das ergänzende Feststellungen und Strafzumessungserwägungen enthaltende Berufungsurteil des Landgerichts Darmstadt vom 7. Februar 2017 Zäsurwirkung entfalte.
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- b) Dies hält in zweifacher Hinsicht der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
- 5
- (1) Das Landgericht hat zum einen versäumt, den Vollstreckungsstand der Verurteilung durch das Amtsgericht Dieburg vom 16. September 2016 zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung festzustellen. Da eine erledigte Strafe keine Zäsurwirkung entfaltet (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Januar 2017 – 3 StR 497/16, NStZ-RR 2017, 169 mwN), kann der Senat nicht überprüfen, ob das Landgericht rechtlich zutreffend zwei Gesamtstrafen gegen den Angeklagten gebildet hat.
- 6
- (2) Selbst wenn das genannte Urteil Zäsurwirkung hätte, hätte das Landgericht zum anderen eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung nicht mit den für die Fälle m) bis o) der Urteilsgründe festgesetzten Einzelstrafen vornehmen dürfen. Da die Gesamtstrafe gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB mit den vor der früheren Verurteilung begangenen Straftaten zu bilden ist, wären die Einzelstrafen für die Fälle b) bis l) der Urteilsgründe einzubeziehen gewesen. Frühere Verurteilung in diesem Sinne ist das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 7. Februar 2017.
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- 2. Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Angeklagte durch die fehlerhafte Gesamtstrafenbildung beschwert ist. Die Sache bedarf daher insoweit der erneuten Verhandlung und Entscheidung.
Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.