Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Sept. 2015 - 2 StR 309/15

published on 29/09/2015 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Sept. 2015 - 2 StR 309/15
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 3 0 9 / 1 5
vom
29. September 2015
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Nötigung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 29. September 2015 gemäß § 349
Abs. 4, § 357 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17. März 2015, auch soweit es die Nichtrevidenten R. und C. betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter Nötigung zu
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einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je zehn Euro verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt auch zur Revisionserstreckung auf die Nichtrevidenten.

I.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts verdächtigte der Ange2 klagte den Geschädigten, ihm Haschisch im Wert von 30.000 bis 50.000 Euro
entwendet zu haben. Der Angeklagte bestellte den Geschädigten mehrmals zu sich, um ihn nach dem Verbleib der Drogen zu befragen. Der Geschädigte hatte Angst vor dem Angeklagten, der ihn am 27. April 2014 erneut in seine Wohnung bestellte. Der Geschädigte bat deshalb den Zeugen K. , ihn zu begleiten. Beide fuhren zur Wohnung des Angeklagten, der Zeuge K. wartete im Auto, während der Geschädigte die Wohnung des Angeklagten betrat. Dort wurde der Geschädigte vom Mitangeklagten C. auf einen Stuhl gedrückt. Der weitere Mitangeklagte R. fuchtelte mit einem Schlagring vor seinem Gesicht herum und fragte nach dem Verbleib des Rauschgifts. Der Angeklagte trug zu der Drohkulisse durch seine Anwesenheit bei. Der Geschädigte stritt einen Rauschgiftdiebstahl ab. R. drohte
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damit, ihm die Zähne einzuschlagen. Außerdem wies er darauf hin, dass im Nebenzimmer „Männer aus Holland“ seien, die ihm die Hose herunterziehen und es „mit ihm treiben“ würden. Als der Geschädigte weiter bestritt, den Dieb- stahl begangen zu haben, gab ihm R. einen Schlag ins Gesicht; dadurch wurde seine Zahnspange verbogen. Der Schlag ins Gesicht war mit dem Angeklagten nicht abgesprochen.
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Dieser brach die Befragung ab und erklärte dem Geschädigten, er solle einem Zeugen für die Wegnahme des Rauschgifts gegenübergestellt werden. Daraufhin verließen alle gemeinsam die Wohnung. Der Geschädigte und R. stiegen in das Fahrzeug des Geschädigten, in dem der Zeuge K. saß. Die beiden anderen benutzen ein weiteres Fahrzeug. Sie fuhren nach O. und hielten auf einem Parkplatz. Dort warteten sie vergeblich auf den Zeugen, mit welchem der Geschädigte konfrontiert werden sollte. Daraufhin wurde dem Geschädigten gesagt, er könne gehen.
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2. Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten in der Wohnung als versuchte Nötigung beurteilt. Es hat ihm die Drohungen des Mitangeklagten R. zugerechnet. Der Angeklagte sei Mittäter, weil er das vorrangige Interesse an dem Nötigungsversuch gehabt und die Drohungen durch den Nichtrevidenten veranlasst habe. Durch seine Anwesenheit am Tatort habe er bewusst zur Verstärkung der Drohkulisse beigetragen. Die zusätzlich angeklagte Freiheitsberaubung hat das Landgericht als verdrängt angesehen, weil sie ausschließlich ein Mittel zur Begehung des Nötigungsversuchs gewesen sei. Den Schlag des Mitangeklagten in das Gesicht des Geschädigten hat das Landgericht als Mittäterexzess behandelt. Auf das Verbringen des Geschädigten nach O. auf den Park6 platz und die Ankündigung, er werde dort mit einer anderen Person konfrontiert werden, ist das Landgericht nicht eingegangen.

II.

Die Revision gegen dieses Urteil ist begründet.
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Das Landgericht hat nicht erörtert, ob ein Rücktritt des Angeklagten
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vom Versuch der Nötigung darin lag, dass er die Befragung abgebrochen hat. Ein Rücktritt wäre für die Mittäter durch bloßes Aufgeben der weiteren Tatausführung möglich gewesen, wenn kein fehlgeschlagener Versuch vorgelegen hätte. Ein Versuch ist fehlgeschlagen, wenn der Täter nach der letzten Tathandlung erkennt, dass mit den bereits eingesetzten oder den ihm sonst zur Verfügung stehenden Mitteln der erstrebte Taterfolg nicht mehr herbeigeführt werden kann, ohne dass er eine neue Handlungs- und Kausalkette in Gang setzt. Die subjektive Sicht des Täters ist auch dann maßgeblich, wenn der Versuch zwar objektiv fehlgeschlagen ist, der Täter dies aber nicht erkennt (vgl. BGH, Beschluss vom 27. November 2014 - 3 StR 458/14, NStZ-RR 2015, 105). Nach diesem Maßstab hätte sich das Landgericht mit dem Vorstel9 lungsbild des Angeklagten auseinandersetzen müssen. Daran fehlt es hier. Auch wenn für den Angeklagten eine Erhöhung des Nötigungsdrucks
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durch Gewaltanwendung und Verletzung des Geschädigten nicht in Betracht gekommen sein sollte, wäre beim Abbruch der Befragung in der Wohnung der Versuch der Nötigung noch nicht unbedingt fehlgeschlagen gewesen, zumal der Angeklagte die Möglichkeit einer erzwungenen Konfrontation des Geschädigten mit einem Dritten für erfolgversprechend hielt. Ob die bisherigen Drohungen dafür noch eine Rolle spielten oder weitere Drohungen vom Angeklagten in Betracht gezogen wurden, hat das Landgericht nicht erörtert. Ausführungen zu seinem Vorstellungsbild zur Zeit der letzten Ausführungshandlung der Tat fehlen im angefochtenen Urteil.

III.

Die Urteilsaufhebung ist gemäß § 357 StPO auf die Nichtrevidenten zu
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erstrecken. Soweit der Nichtrevident R. wegen versuchter Nötigung in Tateinheit mit Körperverletzung und der Nichtrevident C. wegen Beihilfe zur versuchten Nötigung verurteilt wurden, stellt sich die Frage eines Rücktritts vom Nötigungsversuch bei ihnen in gleicher Weise. Appl Eschelbach Ott Zeng Bartel
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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu
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Erfolgt zugunsten eines Angeklagten die Aufhebung des Urteils wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes und erstreckt sich das Urteil, soweit es aufgehoben wird, noch auf andere Angeklagte, die nicht Revision eingelegt haben, so ist zu erkennen, als ob sie gleichfalls Revision eingelegt hätten. § 47 Abs. 3 gilt entsprechend.