Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2002 - 2 StR 225/02

published on 17/07/2002 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2002 - 2 StR 225/02
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 225/02
vom
17. Juli 2002
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubs u. a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 17. Juli 2002 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 4. März 2002 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die Sachbeschwerde des Angeklagten führt zur Aufhebung des Urteils. Die Annahme des Landgerichts, dieser habe sich des vollendeten schweren Raubs schuldig gemacht, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand:
Nach den Feststellungen drang der Angeklagte in die Wohnung der Zeugin R. ein, um gewaltsam an deren Schmuck und Geld zu gelangen. Er bedrohte sie mit einem ca. 15 cm langen Sprungmesser und drückte es ihr mit der stumpfen Seite an den Hals. Als sie erklärte, sie habe weder Schmuck noch Geld, wollte er ihr ein Schlafmittel einflößen. Da dies mißlang, drückte er der am Boden liegenden Frau zweimal ein Kissen fest auf das Gesicht, anschließend fesselte er sie. In ihrer Todesangst erklärte sie dem Angeklagten dann,
das Geld befände sich im Keller, den Schlüssel dafür verwahre eine Nachbarin. Daraufhin lieû der Angeklagte die Zeugin aus der Wohnung gehen und verfolgte sie bis in die Nähe der Wohnung der Nachbarin W. Diese lieû das Tatopfer ein und alarmierte die Polizei. Während des Tatgeschehens oder unmittelbar , nachdem die Geschädigte die Wohnung verlassen hatte, entnahm der Angeklagte ca. 80 DM aus einem Geldbeutel und ca. 400 DM aus einer Mappe.
Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen vollendeten schweren Raubs nicht. Aus ihnen läût sich nicht ausreichend entnehmen, daû der Angeklagte Gewalt als Mittel zur Wegnahme des Geldes angewendet hat.
Der Tatbestand des Raubs setzt voraus, daû der Täter zum Zweck der Wegnahme Gewalt gegen eine Person anwendet oder mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht. Nicht ausreichend ist, daû die Wegnahme der Gewalt zeitlich nachfolgt, ohne daû eine finale Verknüpfung besteht. Eine solche Verknüpfung kann in Betracht kommen, wenn die zuvor ausgeübte Gewalt als aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung fortwirkt. Erfolgt die Wegnahme dagegen nur "gelegentlich" der Nötigungshandlung oder folgt sie der Nötigung nur zeitlich nach, ohne daû eine finale Verknüpfung besteht, kommt ein Schuldspruch wegen vollendeten Raubs nicht in Betracht (vgl. BGH NStZ 1999, 510; NStZ-RR 1997, 298; BGHR StGB § 249 Abs. 1 Gewalt 3, 5 und 7; BGH, Beschl. vom 17. Januar 1995 - 4 StR 738/94 - und vom 20. Juni 2001 - 3 StR 176/01).
Nach den bisherigen Feststellungen ist nicht auszuschlieûen, daû der Angeklagte das Geld erst wegnahm, als das Tatopfer die Wohnung bereits
verlassen hatte. Daû in diesem Zeitpunkt die Gewalteinwirkung fortgewirkt hat, belegen die Urteilsgründe nicht, zumal es dem Willen der Zeugin R. entsprach, die Wohnung zu verlassen. Das Landgericht hat auch nicht festgestellt, daû der Angeklagte die Zeugin R. zum Verlassen der Wohnung gezwungen hat, um das Geld an sich nehmen zu können. Der ursprünglich geplante Raub von Schmuck und Geld war vielmehr nach der Flucht des Tatopfers gescheitert. Neben dem somit nur versuchten schweren Raub kann die Wegnahmehandlung nur noch als Diebstahl bewertet werden.
Die Verurteilung wegen vollendeten schweren Raubs kann daher keinen Bestand haben. Das führt auch zur Aufhebung des an sich rechtsfehlerfreien Schuldspruchs wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung. Da nicht ausgeschlossen erscheint, daû weitere Feststellungen getroffen werden können, kommt eine Umstellung des Schuldspruchs nicht in Betracht ; die Sache bedarf insgesamt erneuter Verhandlung und Entscheidung.
Vors. Richterin am BGH Detter Bode Dr. Rissing-van Saan und Richterin am BGH Elf sind wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert. Detter Otten
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(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird m
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(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird m
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(1) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.