Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juli 2013 - 2 StR 150/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
a) soweit der Angeklagte wegen Erpressung in sechs Fällen verurteilt worden ist (Fälle II. 2.-7. der Urteilsgründe);
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
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- 1. Die Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen § 265 Abs. 1 StPO ist begründet. Dem Angeklagten war in der unverändert zugelassenen Anklage vom 2. November 2011 vorgeworfen worden, er habe sich der Erpressung in 10 Fällen jeweils in mittäterschaftlicher Begehung (§ 25 Abs. 2 StGB) schuldig gemacht. Verurteilt worden ist der Angeklagte wegen Erpressung in sechs Fällen als Alleintäter, ohne dass er auf diese Änderung zuvor hingewiesen wurde. Das war rechtsfehlerhaft (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 1990 – 1 StR 157/90, NStZ 1990, 449; Urteil vom 24. Oktober 1995 – 1 StR 474/95, StV 1997, 64; Beschluss vom 17. Januar 2001 – 2 StR 438/00, StV 2002, 236; Beschluss vom 14. Oktober 2008 – 4 StR 260/08, NStZ 2009, 105; Beschluss vom 22. März 2012 – 4 StR 651/11, StV 2012, 710); das Beruhen der Verurteilung in diesen sechs Fällen auf dem Rechtsfehler lässt sich nicht ausschließen. Dies führt zur Aufhebung in diesen Fällen und im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
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- 2. Die Verfahrensvoraussetzung einer wirksamen Anklage ist entgegen dem Revisionsvorbringen gegeben. Die Verurteilung wegen Raubs inFall II. 1. der Urteilsgründe ist rechtsfehlerfrei und kann bestehen bleiben.
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- 3. Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass die bisherigen Feststellungen zu den Taten II. 2.-7. die Verurteilung wegen Erpressung nicht tragen. Es fehlt durchweg bereits an hinreichend genauen Feststellungen der Nötigungsmittel. Soweit das Landgericht Drohungen angenommen hat, bleibt deren genauer Inhalt unklar; auch die Kausalität der Drohung für die jeweilige Übergabe gewünschter Mengen von Marihuana ist nicht hinreichend dargetan.
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- Selbst wenn eine Nötigung festgestellt würde, wäre im Übrigen das Merkmal des Vermögensschadens genauer zu prüfen. Dass der Verlust des illegalen Besitzes an Betäubungsmitteln ein vom Recht anerkannter Vermögensschaden ist, ist jedenfalls nicht unbestritten (vgl. etwa Hillenkamp in Festschrift für Achenbach, 2011, S. 1989 ff.; Fischer, StGB 60. Aufl. § 253 Rn. 13a mwN).
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- Schließlich hat der Generalbundesanwalt zu Recht darauf hingewiesen, dass das Urteil die Anklageschrift vom 2. November 2011 nicht erschöpft. Von den zehn angeklagten Erpressungstaten sind drei Fälle eingestellt (Ziffer 1., 9. und 10.) und sechs abgeurteilt worden; ein Fall ist daher beim Landgericht anhängig geblieben.
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Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.
(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn
- 1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen, - 2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder - 3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.
(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.
(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.