Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2019 - 1 StR 608/18

published on 23/01/2019 00:00
Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2019 - 1 StR 608/18
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Gericht


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 608/18
vom
23. Januar 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Untreue u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:230119B1STR608.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 23. Januar 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 17. Juli 2018 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte der Untreue in 93 Fällen sowie der Urkundenfälschung in vier Fällen schuldig ist. Die Einzelstrafen für die Taten A. 1. 1.1. Ziffern 8, 19, 31, 35, 45, 60, 61, 83, 85, 91 und 97 entfallen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in 104 Fällen und Urkundenfälschung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Korrektur des Schuldspruchs und dem Entfallen von elf Einzelstrafen, bleibt aber im Übrigen erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
1. Das Urteil begegnet durchgreifenden Bedenken, soweit das Landgericht den Angeklagten auch in den Fällen A. 1. 1.1. Ziffern 8, 19, 31, 35, 45, 60, 61, 83, 85, 91 und 97 der Urteilsgründe jeweils wegen selbständiger Straftaten nach § 266 Abs. 1 StGB verurteilt hat.
4
Der Generalbundesanwalt hat zu der konkurrenzrechtlichen Bewertung der Untreuetaten unter A. 1. 1.1. der Urteilsgründe in seiner Antragsschrift ausgeführt : „Die konkurrenzrechtliche Einordnung der Taten unter A. 1. 1.1. Ziffern 8, 19, 31, 35, 45, 60, 83, 85, 91 und 97 hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Nach den Feststellungen (UA S. 6 ff.) hob der Angeklagte vom Konto Nr. bei der D. bank am 14. Dezember 2012 Geld zum persönlichen Verbrauch ab (Tat Ziffer 7) und veranlasste am selben Tag eine Überweisung (Tat Ziffer 8). Am 14. Januar 2014 veranlasste er zwei Überweisungen zu eigenen Zwecken (Taten Ziffer 18 u. 19). Zu taggleichen Barabhebungen des Angeklagten kam es am 18. Juli 2014 (Taten Ziffer 30 u. 31), 13. August 2014 (Taten Ziffer 34 u. 35), 16. Oktober 2014 (Taten Ziffer 44 u. 45), 13. Januar 2015 (Taten Ziffer 59 u. 60), 6. Oktober 2015 (Taten Ziffer 82 u. 83), 12. Oktober 2015 (Taten Ziffer 84 u. 85), 26. Oktober 2015 (Taten Ziffer 90 u. 91) sowie am 29. Dezember 2015 (Taten Ziffer 96 u. 97). Es liegt nahe, dass der Angeklagte die am selben Tag vorgenommenen Überweisungen und Barabhebungen jeweils zusammen erledigte. Diese stehen folgerichtig in natürlicher Handlungseinheit. Eine solche liegt vor, wenn zwischen einer Mehrheit strafrechtlich relevanter Verhaltensweisen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht , dass das gesamte Handeln des Täters auch für einen Dritten objektiv als einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint, und wenn die einzelnen Betätigungen auf einer einzigen Willensentschließung beruhen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 24. März 2015 - 4 StR 52/15, BeckRS 2015, 07386). So liegt der Fall hier.
Der Senat kann den Schuldspruch entsprechend ändern. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Die Einzelstrafen von acht Monaten (Tat Ziffer 8), zehn Monaten (Tat Ziffer 19) sowie acht mal sechs Monaten (Taten Ziffer 31, 35, 45, 60, 83, 85, 91 und 97; UA S. 28) müssen entfallen. Dies erfordert nicht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten (UA S. 29). Angesichts der Einsatzstrafe von einem Jahr und drei Monaten sowie weiterer 97 Einzelstrafen von sechs Monaten bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe ist auszuschließen, dass die Kammer eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe ausgeurteilt hätte.“
5
Dem schließt sich der Senat mit der Maßgabe an, dass am 13. Januar 2015 nicht nur zwei Barabhebungen vom Angeklagten vorgenommen wurden, sondern drei (Taten A. 1. 1.1. Ziffer 59, 60 und 61 der Urteilsgründe ), weshalb hinsichtlich dieser drei Abhebungsvorgänge zu Gunsten des Angeklagten von einer natürlichen Handlungseinheit auszugehen ist, so dass der Schuldspruch entsprechend zu korrigieren war (93 Untreuetaten) und auch die für Tat Ziffer 61 verhängte Einzelstrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe entfällt. Den Ausführungen des Generalbundesanwalts zur Gesamtfreiheitsstrafe tritt der Senat auch insoweit bei.
6
Dass nicht in allen Fällen der abweichenden konkurrenzrechtlichen Beurteilung der Untreuetaten die geringere der vom Landgericht gegen den Angeklagten verhängten Einzelstrafen in Wegfall gekommen ist, beschwert den Angeklagten nicht.
7
2. Im Übrigen hat die Überprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsbegründung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Raum Bär Hohoff
Leplow Pernice
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder ein
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published on 24/03/2015 00:00

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Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.