Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Jan. 2020 - 1 StR 595/19
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 28. Januar 2020 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung in Tatmehrheit mit schwerem Bandendiebstahl in vier tatmehrheitlichen Fällen, jeweils in Tateinheit mit Sachbeschädigung , zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und neben weiteren Einziehungsentscheidungen auch die Einziehung zweier in seinem Eigentum stehender Kraftfahrzeuge als Tatmittel nach § 74 Abs. 1 StGB angeordnet.
- 2
- Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 3
- 1. Bei der Einziehung von Tatmitteln nach § 74 Abs. 1 StGB handelt es sich um eine Ermessensentscheidung (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 12. Juni 2018 – 1 StR 159/18, Rn. 2). Ein Ermessen hat die Strafkammer nicht ausgeübt, sondern ihre Begründung lediglich auf die Verwendung der Fahrzeuge zur Vorbereitung und Ausführung der Taten und das Eigentum des Angeklagten gestützt (UA S. 86). Dies lässt besorgen, dass sie sich entweder nicht bewusst war, dass es sich bei der Einziehung als Tatmittel um eine Ermessensentscheidung handelt oder sie von ihrem Ermessen keinen Gebrauch gemacht hat. Beides ist rechtsfehlerhaft.
- 4
- 2. Die Anordnung einer Einziehung von Tatmitteln gemäß § 74 Abs. 1 StGB hat den Charakter einer Nebenstrafe und stellt damit eine Strafzumessungsentscheidung dar (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juni 2018 – 1 StR 159/18, Rn. 3 mwN). Wird dem Täter auf diese Weise eine Sache von nicht unerheblichem Wert entzogen, ist dies ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter betreffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen.
- 5
- Die Strafkammer hat zwar zugunsten des Angeklagten bei allen Taten gewertet, dass dieser mit der formlosen Einziehung „sämtlicher sichergestellter und in seinem Eigentum stehender Gegenstände, insbesondere seiner beiden bei den Taten verwendeten Fahrzeuge einverstanden war“ (UA S. 67, 71, 75). Allerdings hat sie den Wert der Kraftfahrzeuge nicht festgestellt.
- 6
- Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Berücksichtigung des Wertes der Fahrzeuge dem Einverständnis des Angeklagten mit deren Einziehung ein höheres Gewicht beigemessen und die verwirkten Einzelfreiheitsstrafen und damit auch die Gesamtstrafe deshalb milder bemessen hätte.
- 7
- 3. Im Rahmen der Strafzumessung zu Fall C V. wird die Strafkammer eine mögliche Strafrahmenverschiebung nach § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 49 Abs. 1 StGB zu erörtern haben; denn eine Aufklärungshilfe scheidet nicht etwa bereits deshalb aus, weil bei dieser Tat – neben dem Angeklagten und C. – M. mitgewirkt hat anstelle des Bandenmitglieds I. , den der Angeklagte den sich darüber in Unkenntnis befindenden Ermittlungsbehörden als Mittäter der vorangegangenen vier Taten (Fälle C I. bis IV.) benannt hatte. Es genügt, dass die eigene und die offenbarte Tat Teil eines kriminellen Gesamtgeschehens sind, bei dem ein inhaltlicher Bezug zwischen beiden Taten besteht (zum Konnexitätserfordernis, BT-Drucks. 17/9695, S. 8 f.; BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2017 – 1 StR 15/17, Rn. 4).
- 8
- 4. Die dem Strafausspruch und der betroffenen Einziehungsentscheidung zu Grunde liegenden Feststellungen werden von den Rechtsfehlern nicht berührt und können bestehen bleiben. Ergänzende – den bisherigen nicht widersprechende – Feststellungen können getroffen werden.
Vorinstanz:
Augsburg, LG, 17.05.2019 - 210 Js 124179/17 3 KLs
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.
(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.
(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.
(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.
(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.
(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,
- 1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder - 2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie - 2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.
(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.