Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2010 - 1 StR 595/09

bei uns veröffentlicht am14.01.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 595/09
vom
14. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes u.a.
hier: nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2010 beschlossen
:
Die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts
Baden-Baden vom 18. August 2009 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu
tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die nachträgliche Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66b Abs. 2 StGB angeordnet. Hiergegen richtet sich die Revision des Verurteilten, mit der er eine Verletzung formellen und sachlichen Rechts geltend macht. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist der Verurteilte mehrfach wegen schwerer Sexualdelikte vorbestraft.
3
a) Am 14. Dezember 1973 wurde er vom Landgericht Berlin wegen Vergewaltigung in fünf Fällen, in zwei Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern und wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexueller Nötigung in sieben weiteren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Der Verurteilte hatte in einem Zeitraum von nahezu drei Jahren in insgesamt zwölf Fällen Mädchen im Alter zwischen neun und 18 Jahren , überwiegend Elf- bis Dreizehnjährige, an abgelegenen Orten, zumeist im Wald, in seine Gewalt gebracht. Er versetzte sie durch den Einsatz eines Messers in Todesangst, zwang sie dazu, sich zu entkleiden, und führte anschließend verschiedene massive sexuelle Handlungen an ihnen aus, indem er etwa mit seinen Fingern in ihre Scheide eindrang oder den Geschlechts- bzw. Oralverkehr bis zum Samenerguss ausübte.
4
b) Am 8. März 1988 wurde er vom Landgericht Hannover wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit sexueller Nötigung, sexuellen Missbrauchs von Kindern und Entführung gegen den Willen der Entführten zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt und es wurde seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB angeordnet. Der Verurteilte war am 20. März 1987, drei Monate nach seiner Haftentlassung, gemeinsam mit einem früheren Mitgefangenen in Hannover unterwegs und suchte wegen seines "inneren, sexuellen Drucks" nach Kindern. Der Verurteilte und sein Begleiter zerrten auf offener Straße zwei achtjährige Mädchen in ihr Auto. Eines dieser Mädchen wurde von dem Verurteilten auf schwerste Weise sexuell missbraucht, indem er es unter anderem dazu zwang, an ihm den Oralverkehr durchzuführen. Außerdem versuchte er, mit seinem Penis in die Scheide des Mädchens einzudringen, was ihm nur bis zum Scheidenvorhof gelang. Deshalb drang er anschließend mit seinem Finger in die Scheide des Mädchens ein, wobei dieses Schmerzenslaute von sich gab. Schließlich fesselte er das Mädchen mit Handschellen und zeigte ihm ein Pornoheft mit kinderpornographischen Abbildungen.
5
c) Anlassverurteilung für die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung ist vorliegend das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 2. Februar 1990, durch das gegen den Verurteilten wegen versuchter Vergewaltigung und wegen Mordes eine Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren verhängt wurde. Außerdem ordnete das Landgericht Baden-Baden in der damaligen Verurteilung erneut die Unterbringung des Verurteilten in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB an.
6
aa) Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
7
Der Verurteilte war am 18. Juni 1988 aus der Unterbringung in dem psychiatrischen Landeskrankenhaus M. in N. entkommen und in den Raum Ettlingen bei Karlsruhe geflüchtet. Am 22. Juni 1988 hielt sich der Angeklagte zunächst in der Fußgängerzone, dann auf einem Kinderspielplatz und später in einem Freibad auf, um junge Mädchen zu betrachten, denen sein sexuelles Interesse galt. Am 23. Juni 1988 folgte er einem Mädchen von einer Wohnsiedlung aus bis in die Innenstadt von Ettlingen. Am Abend desselben Tages überfiel er in einem Waldgebiet, in dem er sein Lager aufgeschlagen hatte , die 28 Jahre alte, von ihrer Erscheinung her noch mädchenhaft wirkende K. , die mit ihrem Fahrrad auf dem Heimweg war. Er bedrohte sie mit einem Messer oder einem anderen lebensbedrohlichen Gegenstand und zwang sie, mit zu seinem Lagerplatz zu kommen. Dort versuchte er, gegen ihren Willen den Geschlechtsverkehr durchzuführen. Um die junge Frau zu "infantilisieren" , nötigte er sie entweder dazu, sich die Schamhaare bis in den Bereich der Schamlippen zu rasieren, oder er nahm die Rasur des Schambereichs eigenhändig vor. Anschließend verklebte er K. die Augen mit Klebeband und brachte sie tiefer in den Wald. Dort erwürgte er sie, entweder um einen Fluchtversuch zu verhindern oder um ihren Widerstand gegen weitere sexuelle Handlungen des Verurteilten zu brechen.
8
bb) Hinsichtlich der angeordneten Maßregel hat das sachverständig beratene Landgericht in seinem Urteil vom 2. Februar 1990 ausgeführt, dass die Steuerungsfähigkeit des Verurteilten infolge einer durch eine sadomasochistische sexuelle Perversion verursachte Persönlichkeitsstörung bei der Tatbegehung erheblich beeinträchtigt gewesen sei; aufgrund seines pathologischen Zustandes müsse die Gefahr weiterer schwerer sexueller Straftaten und von Tötungsdelikten ohne eine therapeutische Behandlung als sehr hoch eingestuft werden. Das Landgericht hat damals auch die Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 StGB für gegeben angesehen. Von einer Unterbringung in der Sicherungsverwahrung hat es aber dennoch gemäß § 72 Abs. 1 StGB abgesehen. Gestützt auf die Ausführungen des Sachverständigen hat es die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB angesichts einer vorhandenen Therapierbarkeit des Verurteilten und eines voraussichtlichen Behandlungszeitraumes von deutlich mehr als zehn Jahren, der die damals geltende Höchstdauer der erstmaligen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 67d Abs. 1 StGB (in der bis zum 30. Januar 1998 geltenden Fassung ) überstiegen hätte, als geeigneter angesehen, um den Maßregelzweck zu erreichen und um die Allgemeinheit vor dem Verurteilten zu schützen.
9
d) Mit Beschluss vom 1. April 1993 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen die Unterbringung des Verurteilten gemäß § 63 StGB wegen dessen Therapieunfähigkeit für erledigt erklärt und die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafen aus den Urteilen des Landgerichts Hannover vom 8. März 1988 und des Landgerichts Baden-Baden vom 2. Februar 1990 (Anlassverurteilung) angeordnet.
10
2. Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die formellen Voraussetzungen des § 66b Abs. 2 StGB bejaht. Neue Tatsachen, die auf eine fortbestehende Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit hinweisen, hat es darin gesehen, dass erst während der Unterbringung des Verurteilten in einem psychiatrischen Krankenhaus erkennbar geworden sei, dass dieser entgegen der Prognose des die Maßregel anordnenden Gerichts nicht behandlungsfähig sei. Zudem sei auch das manipulative Verhalten des Verurteilten, der während des Strafvollzugs einige Semester Psychologie an der Fernuniversität in H. studiert hatte, erst nachträglich bekannt geworden. So habe der Verurteilte erstmals im Jahr 2001 zugegeben, dass er in der Vergangenheit mehrfach gegenüber Gutachtern hinsichtlich seiner Biographie und seiner Sexualanamnese bewusst gelogen habe. In Bezug auf die Anlassverurteilung habe er die Unwahrheit gesagt, um einer lebenslangen Freiheitsstrafe sowie der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zu entgehen. Im Maßregelvollzug habe er gelogen, um eine Erledigung der Unterbringung herbeizuführen. Auf der Grundlage der Gutachten der psychiatrischen Sachverständigen Kr. und B. sowie der Anstaltspsychologin L. ist das Landgericht nach einer Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Straftaten und seiner Entwicklung im Straf- und Maßregelvollzug zu der Überzeugung gelangt, dass der Verurteilte auch weiterhin "hochgradig" gefährlich sei und dass er schon kurz nach seiner Entlassung schwerste Sexualstraftaten begehen würde.

II.


11
Die Revision hat keinen Erfolg.
12
1. Die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen sind aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 16. November 2009 dargelegten Gründen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
13
2. Die rechtliche Nachprüfung des Urteils auf die Sachrüge hin hat ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Verurteilten aufgezeigt. http://www.juris.de/jportal/portal/t/2ibm/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=27&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001270871BJNE014302307&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 7 -
14
a) Das Landgericht hat die Eingangsvoraussetzung für die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66b Abs. 2 StGB zutreffend bejaht. Der Verurteilte ist durch das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 2. Februar 1990 wegen zwei der in § 66b Abs. 2 StGB aufgeführten Katalogtaten , nämlich wegen versuchter Vergewaltigung ("Verbrechen gegen die sexuelle Selbstbestimmung") und wegen Mordes ("Verbrechen gegen das Leben"), zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt worden, die die nach dem Gesetz erforderliche Mindesthöhe von fünf Jahren übersteigt.
15
b) Die Annahme des Landgerichts, dass nach der Anlassverurteilung "neue" Tatsachen im Sinne des § 66b Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 StGB erkennbar geworden sind, ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
16
aa) Zutreffend ist das Landgericht bei seiner Beurteilung davon ausgegangen , dass es in der vorliegenden Konstellation, bei der in der Anlassverurteilung nicht nur auf eine Freiheitsstrafe erkannt, sondern - beruhend auf der Prognose, dass von dem Verurteilten aufgrund seines Zustandes auch in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind - auch die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB angeordnet worden ist, nicht darauf abgestellt werden darf, ob nach der letzten Verhandlung in der Tatsacheninstanz und vor dem Ende des Vollzugs der verhängten Freiheitsstrafe Tatsachen erkennbar werden, die erstmals auf eine erhebliche Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit hinweisen. Vielmehr kann es nur darauf ankommen, ob die fortbestehende (qualifizierte) Gefährlichkeit aus anderen Tatsachen herzuleiten ist als denjenigen, die im Anlassurteil zur Begründung des länger andauernden Zustands herangezogen wurden, die zur positiven Feststellung mindestens erheblich verminderter Schuldfähigkeit bei der Tatbegehung und zur Anordnung nach § 63 StGB geführt haben (BGHSt 52, 379, 390). Die neuen Tatsachen dürfen sich dabei nicht darin erschöpfen, dass die der Persönlichkeitsstörung bzw. -akzentuierung des Verurteilten zu Grunde liegenden Tatsachen lediglich neu beschrieben oder umbewertet werden. Sie können sich etwa aus dem - bisher nicht näher erörterten - Vollzugsverhalten des Verurteilten ergeben (BGH, Beschl. vom 10. Februar 2009 - 4 StR 314/07; insoweit nicht abgedruckt in NStZ-RR 2009, 201).
17
bb) Gemessen an diesen Maßstäben begegnet es keinen Bedenken, dass das Landgericht die im Verlauf des Straf- und Maßregelvollzugs zu Tage getretene Therapieunfähigkeit des Verurteilten als "neue" Tatsache im Sinne des § 66b Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 StGB bewertet hat, die auf die fortbestehende Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit hinweist.
18
Nach den Feststellungen des Landgerichts erwiesen sich sämtliche Bemühungen , die Persönlichkeitsstörung des Verurteilten - zunächst während der Unterbringung gemäß § 63 StGB und später in der Strafhaft - zu behandeln, als erfolglos. Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus - dem LKH G. - wurde vor dem Erreichen eines Behandlungserfolges für erledigt erklärt, weil bei dem Verurteilten weder ein Leidensdruck, eine Krankheitseinsicht noch eine "echte" Behandlungsmotivation erkennbar waren und eine Fortsetzung der Therapie deshalb als aussichtslos erachtet wurde. Von Juli 2002 bis Dezember 2003 nahm der Verurteilte an einem Behandlungsprogramm für Sexualstraftäter in der Sozialtherapeutischen Anstalt der Justizvollzugsanstalt T. teil. Auch hier stellte sich ein Behandlungserfolg nicht ein, da eine "wirkliche" Bearbeitung der schweren Sexual- und Persönlichkeitsstörung durch den Verurteilten nicht stattfand. Sein Verhalten wurde vielmehr - zur Erlangung von Vollzugslockerungen - als manipulativ und taktierend beschrieben. Von September 2006 bis März 2009 wurde der Verurteilte erneut in der Sozialtherapeu- tischen Anstalt der Justizvollzugsanstalt T. behandelt. Auch hier gelang es nicht, einen Therapieerfolg herbeizuführen, da der Verurteilte noch immer nicht in der Lage war, seine Straftaten aufzuarbeiten und sich mit seiner Persönlichkeitsstörung differenziert auseinanderzusetzen.
19
Die - nunmehr - festgestellte Therapieunfähigkeit des Verurteilten stellt damit eine "neue" Tatsache dar, auf die das Landgericht seine Überzeugung von der fortbestehenden qualifizierten Gefährlichkeit des Verurteilten stützen konnte. Das für die Aburteilung der Anlasstat zuständige Gericht ist in dem Ausgangsverfahren aufgrund der Ausführungen des damaligen psychiatrischen Sachverständigen noch von einer Therapierbarkeit des Verurteilten ausgegangen. Es hat daraufhin von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen und den Verurteilten gemäß § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Für das damalige Tatgericht war dabei nicht erkennbar, dass das von einer Therapierbarkeit des Verurteilten ausgehende Sachverständigengutachten auf einer unwahren Tatsachengrundlage beruhte. Der Verurteilte hatte gegenüber dem damaligen Sachverständigen hinsichtlich seiner Biographie und seiner Sexualanamnese gelogen, um eine Anwendung des § 21 StGB zu erreichen. Durch dieses Verhalten gelang es ihm, einer Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe und der Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zu entgehen. Die Täuschung des Sachverständigen - und des damaligen Tatgerichts - gab der Verurteilte erst im Laufe des Strafvollzuges im Jahr 2001 zu. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das Gericht die Täuschung bei gebotener Sorgfalt schon damals im Ausgangsverfahren hätte erkennen müssen, sind nicht ersichtlich.
20
c) Das Landgericht hat im angefochtenen Urteil schließlich auch eine umfassende Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Straftaten und seiner Ent- wicklung im Straf- und Maßregelvollzug vorgenommen. Es ist - gestützt auf die Gutachten von zwei psychiatrischen Sachverständigen und die Angaben einer sachverständigen Zeugin - in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, dass der Verurteilte mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in Freiheit weitere erhebliche Straftaten der in § 66b Abs. 2 StGB genannten Art begehen wird. Seine negative Prognose hat es unter anderem mit der Vielzahl der von dem Verurteilten begangenen Sexualdelikte begründet, der hohen Brutalität bei der Tatausführung, der hohen Rückfallgeschwindigkeit, der zufälligen Auswahl seiner Opfer und der Dauer seiner Delinquenz über einen Zeitraum von 18 Jahren hinweg, der nur durch längere Inhaftierungen durchbrochen wurde. Besonderes Gewicht hat das Landgericht hierbei der erst im Verlauf des Straf- und Maßregelvollzugs erkennbar gewordenen Therapieunfähigkeit des Verurteilten beigemessen, da bei diesem ein tiefgreifender, über die Jahre gefestigter Einstellungswandel nicht festgestellt werden konnte und er in der Haft keine Strategien und Kontrollmechanismen entwickelte, um mit seiner schwerwiegenden Persönlichkeitsstörung und seiner Rückfallgefährdung umzugehen.
21
3. Ob der Verurteilte von dem Kammerurteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 17. Dezember 2009 (Beschwerde Nummer 19359/04) betroffen sein könnte, braucht der Senat nicht zu entscheiden , da die vorgenannte Entscheidung noch nicht endgültig ist (Art. 43 Abs. 1, Art. 44 Abs. 2b EMRK).
Nack Rothfuß Elf
Graf Sander

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2010 - 1 StR 595/09

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Jan. 2010 - 1 StR 595/09

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Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

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Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und
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Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Feb. 2009 - 4 StR 314/07

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Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Mai 2010 - 4 StR 577/09

bei uns veröffentlicht am 12.05.2010

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Bundesverfassungsgericht Urteil, 04. Mai 2011 - 2 BvR 2333/08, 2 BvR 2365/09, 2 BvR 571/10, 2 BvR 740/10, 2 BvR 1152/10

bei uns veröffentlicht am 04.05.2011

Tenor I. Die Verfahren werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. II. 1. a) § 67d Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuchs

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Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Unterbringung nach § 63 noch eine daneben angeordnete Freiheitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Sind die Voraussetzungen für mehrere Maßregeln erfüllt, ist aber der erstrebte Zweck durch einzelne von ihnen zu erreichen, so werden nur sie angeordnet. Dabei ist unter mehreren geeigneten Maßregeln denen der Vorzug zu geben, die den Täter am wenigsten beschweren.

(2) Im übrigen werden die Maßregeln nebeneinander angeordnet, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt.

(3) Werden mehrere freiheitsentziehende Maßregeln angeordnet, so bestimmt das Gericht die Reihenfolge der Vollstreckung. Vor dem Ende des Vollzugs einer Maßregel ordnet das Gericht jeweils den Vollzug der nächsten an, wenn deren Zweck die Unterbringung noch erfordert. § 67c Abs. 2 Satz 4 und 5 ist anzuwenden.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.

(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Gleiches gilt, wenn das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung feststellt, dass die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig wäre, weil dem Untergebrachten nicht spätestens bis zum Ablauf einer vom Gericht bestimmten Frist von höchstens sechs Monaten ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c Absatz 1 Nummer 1 angeboten worden ist; eine solche Frist hat das Gericht, wenn keine ausreichende Betreuung angeboten wird, unter Angabe der anzubietenden Maßnahmen bei der Prüfung der Aussetzung der Vollstreckung festzusetzen. Mit der Aussetzung nach Satz 1 oder 2 tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(5) Das Gericht erklärt die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt, wenn die Voraussetzungen des § 64 Satz 2 nicht mehr vorliegen. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Dauert die Unterbringung sechs Jahre, ist ihre Fortdauer in der Regel nicht mehr verhältnismäßig, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder in die Gefahr einer schweren körperlichen oder seelischen Schädigung gebracht werden. Sind zehn Jahre der Unterbringung vollzogen, gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Unterbringung nach § 63 noch eine daneben angeordnete Freiheitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Unterbringung nach § 63 noch eine daneben angeordnete Freiheitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 314/07
vom
10. Februar 2009
in der Strafsache
gegen
wegen nachträglicher Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 10. Februar 2009 gemäß
§ 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Verurteilten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 28. Februar 2007 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht Bielefeld hat gegen den Verurteilten die nachträgliche Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 b Abs. 3 StGB angeordnet. Mit seiner Revision gegen dieses Urteil rügt er die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
Der jetzt 63jährige Verurteilte war durch Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 20. Dezember 2002 wegen vorsätzlichen Vollrausches zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Zugleich wurde gegen ihn - zunächst - die Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 1 StGB angeordnet. Nach den Feststellungen hatte er in erheblich alkoholisiertem Zustand (Tatzeit-BAK 4,02 Promille) einen Zechgenossen durch Schläge mit der Faust und einer Taschenlampe sowie durch Fußtritte misshandelt, so dass die- ser u.a. ein Schädelhirntrauma und mehrere Gesichtsfrakturen erlitt. Das Landgericht ging davon aus, dass der Verurteilte die Rauschtat (gefährliche Körperverletzung ) im Zustand erheblich verminderter, möglicherweise sogar völlig aufgehobener Schuldfähigkeit begangen hatte, während er bei Trinkbeginn (im Zeitpunkt des "Sichberauschens") voll schuldfähig war. Nach den Feststellungen des Landgerichts lag beim Verurteilten eine dissoziale Persönlichkeitsstörung vor, die zwar seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit hinsichtlich der Alkoholaufnahme beeinträchtigte, die jedoch nicht so erheblich war, dass sie in den Anwendungsbereich des § 21 StGB fiel. Deshalb lehnte das Landgericht eine Unterbringung gemäß § 63 StGB ab. Von der Unterbringung des Verurteilten nach § 64 StGB sah es wegen mangelnder Erfolgsaussichten ab.
3
Auf die Revision des Angeklagten hob der Senat das Urteil durch Beschluss vom 8. Januar 2004 (= NStZ 2004, 384) im Maßregelausspruch mit den Feststellungen auf und verwarf die Revision im Übrigen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass dem Angeklagten kein Nachteil daraus erwachsen dürfe, dass er nicht wegen der Rauschtat (gefährliche Körperverletzung), sondern (weil seine Steuerungsfähigkeit möglicherweise aufgehoben war) in Anwendung des Zweifelssatzes wegen Vollrausches verurteilt worden sei. In erneuter Anwendung des Zweifelssatzes (diesmal zum Rechtsfolgenausspruch) habe das Landgericht die Voraussetzungen des § 63 StGB prüfen und nach § 72 Abs. 1 StGB der Maßregel den Vorzug geben müssen, die den Angeklagten am wenigsten beschwere.
4
Durch Urteil des Landgerichts vom 17. Juni 2004, rechtskräftig seit 11. August 2004, wurde gegen den Verurteilten - neben der bereits rechtskräftig verhängten Freiheitsstrafe - die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB angeordnet. Nach den Feststellungen in diesem Urteil litt der Verurteilte an einer schweren dissozialen Persönlichkeitsstörung. Diese habe zwar für sich betrachtet seine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit nicht erheblich beeinträchtigt. Jedoch habe zwischen der dissozialen Persönlichkeitsstörung und der Alkoholsucht des Verurteilten eine Wechselwirkung bestanden; die Persönlichkeitsstörung sei für das Fortbestehen der Alkoholsucht kausal. Zur Tatzeit sei der Verurteilte entweder gar nicht oder nur erheblich vermindert in der Lage gewesen, sein Verhalten im Hinblick auf die von ihm begangene gefährliche Körperverletzung zu steuern. Von ihm seien infolge seines weiter andauernden Zustandes auch in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten; von ihm gehe deshalb eine Gefahr für die Allgemeinheit aus.
5
Ab dem 16. November 2004 wurde die Maßregel vollzogen. Durch Beschluss des Landgerichts Paderborn vom 22. September 2006, rechtskräftig seit dem 17. Oktober 2006, wurde die Unterbringung gemäß § 67 d Abs. 6 Satz 1 StGB für erledigt erklärt, weil bei dem Verurteilten eine Persönlichkeitsstörung nicht vorliege, so dass - obwohl er weiterhin gefährlich sei - die Voraussetzung für den weiteren Vollzug der Maßregel entfalle. Die noch offene Restfreiheitsstrafe von 116 Tagen aus dem Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 20. Dezember 2002 wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt. Der Verurteilte verbüßte die Restfreiheitsstrafe in der Zeit vom 18. Oktober 2006 bis zum 25. Januar 2007. Seit dem 26. Januar 2007 wird der nach § 275 a Abs. 5 StPO erlassene Unterbringungsbefehl des Landgerichts Bielefeld gegen ihn vollzogen.
6
Die Staatsanwaltschaft hat am 26. Oktober 2006 die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung gegen den Verurteilten gemäß § 66 b Abs. 3 StGB beantragt. Dem ist das Landgericht Bielefeld gefolgt.
7
Nach den Feststellungen des nunmehr angefochtenen Urteils ist der Verurteilte seit nahezu 45 Jahren alkoholabhängig. Außerdem bestehe bei ihm eine Persönlichkeitsfehlentwicklung mit dissozialen und narzisstischen Strukturen, die lediglich als eine Persönlichkeitsakzentuierung zu werten sei und daher nicht die Kriterien einer schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne der §§ 20, 21 StGB erfülle. Das Landgericht nimmt an, dass der Verurteilte wegen seiner therapieresistenten Alkoholabhängigkeit und seiner Persönlichkeitsfehlentwicklung mit dissozialen und narzisstischen Anteilen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in Freiheit sehr rasch wieder alkoholrückfällig und unter alkoholischer Beeinflussung erneut Straftaten begehen werde, wobei Delikte zu erwarten seien, die zumindest schwere körperliche Schäden der davon betroffenen Personen zur Folge haben werden (UA 29).
8
Das Landgericht stützt seine Prognose insbesondere auf zwei - der insgesamt 19 im Urteil näher ausgeführten - Vorverurteilungen: Zum einen war gegen den Verurteilten am 5. Februar 1986 wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verhängt worden. Unter Einbeziehung von Strafen aus einem vorangegangenen Urteil war eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren festgesetzt, ferner war die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden. Die zu Grunde liegende Tat hatte der Verurteilte während eines mehrtägigen Zechgelages am 25. Januar 1985 begangen. Er wurde am 25. Juni 1993 - ohne Therapieerfolg - aus Haft und Unterbringung entlassen. Zum anderen war der Verurteilte am 21. März 1997 wegen vorsätzlichen Vollrausches zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Zugleich war abermals die Unterbringung nach § 64 StGB angeordnet worden. Der Verurteilte hatte am 5. April 1996 einen Zechgenossen durch Schläge gegen den Kopf mit einem Hammer oder Brech- eisen getötet. Der Vollzug von Strafe und Maßregel endete am 15. März 2001, wobei die Unterbringung im Jahre 1999 nicht weiter vollzogen wurde, weil nicht zu erwarten war, dass das Maßregelziel erreicht werden konnte.

II.


9
Der Senat hat im Hinblick auf die Entscheidung des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 28. August 2007 - 1 StR 268/07 (= BGHSt 52, 31), nach der bei einem Verurteilten, der - wie hier - im Anschluss an die Erledigungserklärung nach § 67 d Abs. 6 StGB noch Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, auf die zugleich mit der Unterbringung erkannt worden war, die nachträgliche Sicherungsverwahrung nicht nach § 66 b Abs. 3 StGB, sondern regelmäßig nur unter den Voraussetzungen von § 66 b Abs. 1 StGB oder § 66 b Abs. 2 StGB angeordnet werden kann, mit Beschluss vom 19. Juni 2008 (= NJW 2008, 2661) dem Großen Senat für Strafsachen des Bundesgerichtshofs gemäß § 132 Abs. 2 und 4 GVG folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt: Steht es der Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung nach § 66 b Abs. 3 StGB entgegen, dass der Betroffene nach Erklärung der Erledigung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 67 d Abs. 6 StGB) noch Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, auf die zugleich mit der Unterbringung erkannt worden ist?
10
Der Große Senat für Strafsachen hat in seinem Beschluss vom 7. Oktober 2008 - GSSt 1/08 - die Rechtsauffassung des 1. Strafsenats bestätigt. Für die Annahme neuer Tatsachen im Sinne des § 66 b Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 StGB genüge allerdings, dass vor dem Hintergrund der nicht (mehr) vor- handenen Voraussetzungen der Unterbringung nach § 63 StGB die qualifizierte Gefährlichkeit des Verurteilten auf abweichender Grundlage belegt werde.

III.


11
Nach der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen steht der nachträglichen Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung auf der Grundlage des § 66 b Abs. 3 StGB entgegen, dass der Verurteilte nach der Erklärung der Erledigung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus noch Freiheitsstrafe zu verbüßen hatte, auf die zugleich mit der Unterbringung erkannt worden war. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben. Da nach den Feststellungen jedoch eine Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung unter den Voraussetzungen des § 66 b Abs. 1 StGB in Betracht kommt, ist die Sache unter Aufhebung der Feststellungen an das Landgericht zurückzuverweisen.
12
1. Der Senat erachtet den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung gemäß § 66 b Abs. 3 StGB (Bd. II Bl. 303 f. d.A.) als Voraussetzung zur Durchführung des Verfahrens für noch genügend, weil der Verfahrensgegenstand hinreichend genau bestimmt und dem Verurteilten nach der Antragstellung ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden ist (Bd. II Bl. 308, 323, 325, 331, 351 ff. d.A.). Das Fehlen einer Begründung des Antrags dahin, dass die Voraussetzungen des § 66 b Abs. 1 StGB vorliegen, macht den Antrag ausnahmsweise nicht unzulässig, da erst durch die Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen dieser Vorschrift Bedeutung zukommt. Insoweit ist hinzunehmen, dass dem Verurteilten die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 66 b Abs. 1 StGB, insbesondere die konkreten neuen Tatsachen im Sinne des § 66 b Abs. 1 Satz 1 StGB, erst in der neuen Hauptverhandlung mitgeteilt werden (vgl. BGHSt 50, 284, 292; 50, 373, 376).
13
2. Eines näheren Eingehens auf die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen bedarf es nicht, da die Sachrüge durchgreift. Soweit die Revision geltend macht, § 66 b StGB verstoße gegen europäisches Recht, teilt der Senat diese Auffassung nicht (vgl. BGHSt 50, 373, 377 ff.; s. auch BVerfG [Kammer] JR 2006, 474, 475 ff.; BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2008 - 2 BvR 749/08; BGHSt 50, 284, 295; BGH StV 2008, 304, 306 [zur Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift]).
14
3. In dem angefochtenen Urteil sind die Voraussetzungen für eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 b Abs. 1 StGB nicht im Einzelnen dargetan. Damit musste sich das Landgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung auch nicht befassen.
15
a) Nach den bisherigen Feststellungen liegen allerdings die formellen Voraussetzungen des § 66 b Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 66 Abs. 1 StGB vor (vgl. hierzu BGH NStZ 2006, 178, 179). Der Verurteilte wurde mit Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 20. Dezember 2002 wegen einer vorsätzlichen Straftat im Sinne des § 66 Abs. 3 Satz 1 StGB323 a i.V.m. § 224 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Vor dieser Tat wurde bereits zweimal jeweils eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr gegen ihn verhängt (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 StGB). Das Landgericht Bielefeld erkannte mit Urteil vom 5. Februar 1986 wegen sexueller Nötigung u.a. auf eine Einzelstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten und mit Urteil vom 21. März 1997 wegen vorsätzlichen Vollrausches auf eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten. Wegen dieser Taten befand sich der Verurteilte mehr als zwei Jahre sowohl in Strafhaft als auch im Maßregelvollzug (§ 66 Abs. 1 Nr. 2 StGB). Rückfallverjährung (§ 66 Abs. 4 Sätze 3 und 4 StGB) ist - soweit ersichtlich - nicht eingetreten.
16
b) Das Landgericht Bielefeld hat in seinem Urteil vom 20. Dezember 2002, in dem es gegen den Verurteilten - zunächst - die Sicherungsverwahrung angeordnet hatte, festgestellt, dass der Verurteilte einen Hang zu erheblichen Straftaten hat (UA 22). Die materielle Voraussetzung des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB wird der nunmehr entscheidende Tatrichter neu zu prüfen haben (§ 66 b Abs. 1 Satz 1 a.E. StGB). Festzustellen wird er auch haben, ob vor Ende des Vollzugs der (Rest-)Freiheitsstrafe Tatsachen erkennbar waren, die auf eine erhebliche Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit hinweisen (§ 66 b Abs. 1 Satz 1 1. HS StGB). Hierbei wird er mit sachverständiger Hilfe Folgendes zu berücksichtigen haben:
17
aa) Wegen der schwer wiegenden Folgen, die mit der Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung nach einer Erledigungserklärung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus für den Verurteilten verbunden sind, muss über das Beschlussverfahren der Strafvollstreckungskammer nach § 67 d Abs. 6 StGB hinaus in der Hauptverhandlung nach § 66 b StGB geprüft werden, ob die (mögliche) qualifizierte Gefährlichkeit des Verurteilten (weiterhin) auf der (dauerhaften) psychischen Störung des Verurteilten beruht, die in der Anlassverurteilung zur Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus geführt hat (vgl. hierzu BGHSt 50, 373, 385 [Sachnähe des nach § 74 f GVG zuständigen Gerichts]). Ist dies der Fall, so kommt - für § 66 b Abs. 1 und 2 StGB schon mangels neuer Erkenntnisse - eine Unterbringung nach § 66 b StGB nicht in Betracht (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 66 b Rdn. 14). Für eine etwaige "Rückverweisung" des Verurteilten in den Maßregelvollzug nach § 63 StGB gibt es keine Rechtsgrundlage (vgl. BGH StV 2006, 413; NStZ-RR 2007, 301, 303; BGH, Urteil vom 23. März 2006 - 1 StR 476/05 Rdn. 30, 31; Fischer aaO § 66 b Rdn. 46, § 67 a Rdn. 6).
18
bb) Im Hinblick auf die erforderlichen neuen Tatsachen ("Nova"), die auf eine erhebliche Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit hinweisen müssen (§ 66 b Abs. 1 Satz 1 StGB), wird die nunmehr entscheidende Strafkammer unter Beachtung der Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen zu prüfen haben, ob die möglicherweise fortbestehende (qualifizierte) Gefährlichkeit des Verurteilten aus anderen Tatsachen herzuleiten ist als denjenigen, die im Anlassurteil zur Begründung des länger andauernden Zustands herangezogen wurden, die zur positiven Feststellung mindestens erheblich verminderter Schuldfähigkeit bei der Tatbegehung und zur Anordnung nach § 63 StGB geführt haben (BGH - GS - Rdn. 34). Die neuen Tatsachen dürfen sich nicht darin erschöpfen, dass die der Persönlichkeitsstörung bzw. -akzentuierung des Verurteilten zu Grunde liegenden Tatsachen lediglich neu beschrieben oder umbewertet werden. Sie können sich etwa aus dem - bisher nicht näher erörterten - Vollzugsverhalten des Verurteilten ergeben. Die strafrechtlichen Vorbelastungen des Verurteilten können zur Stützung neuer Tatsachen Berücksichtigung finden (vgl. BGH - GS - Rdn. 35). Soweit zur Gefährlichkeitsbeurteilung Tests herangezogen werden (vgl. UA 26, 28), wird zu beachten sein, dass eine bloß abstrakte, auf statistische Wahrscheinlichkeiten gestützte Prognoseentscheidung nicht ausreichend ist (vgl. BVerfG NStZ 2007, 87, 88; BVerfG, Beschluss vom 22. Oktober 2008 - 2 BvR 749/08; BGHSt 50, 121, 130 f.; BGH NStZ 2007, 464, 465; s. auch BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 - 3 StR 350/08).
Tepperwien Maatz Kuckein
Solin-Stojanović Mutzbauer

Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Unterbringung nach § 63 noch eine daneben angeordnete Freiheitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn

1.
die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
2.
die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.
Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Unterbringung nach § 63 noch eine daneben angeordnete Freiheitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist.