Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Nov. 2015 - 1 StR 555/15
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung sowie wegen sexueller Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt.
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- Seine dagegen gerichtete, auf die ausgeführte Sachrüge gestützte Revision bleibt ohne Erfolg. Das Urteil enthält keine dem Angeklagten im Ergebnis nachteiligen Rechtsfehler. Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende:
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- 1. Der Schuldspruch im Fall A.II.1. der Urteilsgründe (Tat vom 20. Dezember 2014) wird durch die auf sehr knapper Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen auch insoweit getragen, als der Angeklagte wegen versuchter Vergewaltigung verurteilt worden ist. Den Feststellungen lässt sich entnehmen, dass der Angeklagte nach dem Einsatz von Gewalt als Nötigungsmittel, aber bereits vor der Vornahme einer sexuellen Handlung (im Sinne von § 177 Abs. 1 StGB) wegen des unerwartet heftigen Widerstands der Geschädigten an der weiteren Tatausführung der geplanten Vergewaltigung gehindert war. In einer solchen Konstellation hat der Schuldspruch - wie geschehen - auf versuchte Vergewaltigung zu lauten (BGH, Beschluss vom 27. Mai 1998 - 3 StR 204/98, NStZ 1998, 510, 511).
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- 2. Im Ergebnis enthält auch der auf die vorgenannte Tat bezogene Strafausspruch keine solchen Rechtsfehler, die sich im Ergebnis nachteilig für den Angeklagten ausgewirkt haben.
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- a) Das Tatgericht hat den Strafrahmen des § 177 Abs. 2 StGB als Ausgangspunkt für die konkrete Strafzumessung gewählt. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs soll jedoch der erhöhte Strafrahmen des § 177 Abs. 2 StGB bei lediglich versuchter Verwirklichung des Regelbeispiels (hier desjenigen aus § 177 Abs. 2 Nr. 1 StGB) nicht zur Anwendung gelangen (BGH, Beschluss vom 7. Januar 2003 - 3 StR 425/02, NStZ 2003, 602; siehe auch Renzikowski in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 177 Rn. 94). Ob dies anders sein kann, wenn - wie hier - auch das Grunddelikt der sexuellen Nötigung lediglich versucht ist (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 1998 - 3 StR 204/98, NStZ 1998, 510, 511; Hörnle in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 177 Rn. 253 mwN), bedarf keiner Entscheidung. Denn selbst wenn das Landgericht vom Strafrahmen des § 177 Abs. 1 StGB hätte ausgehen müssen, kann der Senat angesichts der vorgenommenen dreifachen, jeweils auf vertypte Milderungsgründe gestützten Verschiebung des Strafrahmens aus § 177 Abs. 2 StGB ausschließen, dass der Tatrichter bei Berücksichtigung der von ihm sonst herangezogenen Strafzumessungsgesichtspunkte - insbeson- dere der erheblichen Folgen für das Tatopfer - zu einer noch milderen Einzelstrafe gelangt wäre. Aus denselben Gründen beruht der Strafausspruch auch nicht darauf, dass das Landgericht nicht erkennbar in Erwägung gezogen hat, von der Regelwirkung des § 177 Abs. 2 StGB wegen des Vorliegens einer oder mehrerer vertypter Milderungsgründe abzusehen.
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- b) Die Vornahme einer Strafrahmenverschiebung gemäß § 46a Nr. 2 StGB (i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB), obwohl die Feststellungen nicht den dafür erforderlichen Ausdruck von Verantwortungsübernahme (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2014 - 2 StR 496/13 Rn. 8; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 46a Rn. 11 mwN) belegen, beschwert den Angeklagten ersichtlich nicht.
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- c) Entsprechendes gilt für die Annahme einer alkoholbedingt verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) und die darauf beruhende (weitere) Strafrahmenverschiebung. Der insoweit rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung des Tatgerichts lässt sich aufgrund des dort dargestellten rechtsmedizinischen Sachverständigengutachtens eine durch den vorherigen Konsum von Alkohol hervorgerufene erhebliche Einschränkung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten entnehmen (UA S. 14). Die vom Tatrichter nachfolgend der Strafzumessung zugrunde gelegte Annahme, die Fähigkeit der Angeklagten, das Unrecht der Tat einzusehen, sei zwar nicht aufgehoben, jedoch stark gemindert gewesen (UA S. 17), findet dagegen in den übrigen Urteilsgründen keinerlei Stütze. Insoweit dürfte es sich im Hinblick auf die eindeutigen Ausführungen in der Beweiswürdigung um eine Unsorgfältigkeit beim Abfassen des schriftlichen Urteils handeln.
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- 3. Aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 4. November 2015 genannten Gründen wird der Bestand des Gesamtstrafenausspruchs nicht deshalb in Frage gestellt, weil sich das angefochtene Urteil nicht ausdrücklich zu dem Vollstreckungsstatus der durch rechtskräftigen Strafbefehl vom 4. April 2014 gegen den Angeklagten verhängten Geldstrafe von 30 Tagessätzen verhält.
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- 4. Auch die auf das Fehlen eines Hangs gestützte Ablehnung einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hält rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand. Die sehr knappen Feststellungen tragen den Schluss des Landgerichts, die Angaben des Angeklagten über seinen Alkoholkonsum seien „maßvoll übertrieben“. Dieauf UA S. 4 festgestellten Ein- kommensverhältnisse des Angeklagten lassen sich dagegen mangels weiterer Erkenntnisse zu seinen Ausgaben (Miete etc.) nicht ohne Weiteres mit der An- nahme vereinbaren, die „bescheidenen finanziellen Verhältnisse“ legten nicht nahe, monatlich mehrere hundert Euro für den Bezug von Alkoholika auszugeben.
Radtke Bär
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn
- 1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern, - 2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert, - 3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt, - 4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder - 5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.
(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet, - 2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder - 3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.
(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
- 1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder - 2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.
(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - 2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder - 3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.
(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter
- 1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder - 2.
das Opfer - a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder - b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.
(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.
Hat der Täter
- 1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder - 2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.