Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Nov. 2007 - 1 StR 539/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in drei Fällen und wegen versuchten schweren Bandendiebstahls sowie wegen Verschaffens von falschen Ausweisen in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen und unerlaubter Einreise zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf Verfahrensrügen sowie auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
- 2
- Die auf § 338 Nr. 8 StPO gestützte Verfahrensrüge, mit der Rechtsanwalt S. die Behinderung von Rechtsanwalt E. , der sich als Wahlverteidiger legitimiert hatte, behauptet, ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
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- Dazu trägt er vor, Rechtsanwalt E. habe mit Schriftsatz vom 9. Juli 2007 dem Landgericht seine Mandatierung als Wahlverteidiger angezeigt. Das Gericht habe es unterlassen, Rechtsanwalt E. danach eine Ladung zu den Hauptverhandlungsterminen vom 24. und 31. Juli 2007 zukommen zu lassen. Weiterhin habe das Gericht dessen Antrag ignoriert, den Termin vom 24. Juli 2007 aufgrund einer Verhinderung durch andere Gerichtstermine zu verlegen. Dem Hauptverhandlungsprotokoll sei zu entnehmen: "Es wurde bekannt gegeben , dass der frühere Verteidiger, Rechtsanwalt E. , sein Mandat niedergelegt hat".
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- Dieser Vortrag ist unvollständig und daher - zumindest - irreführend. Tatsächlich liegt folgender - auch durch eine sachgerechte Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft Kempten belegter - Verfahrensgang zugrunde.
- 5
- Am 4. Juli 2007 beraumte der Vorsitzende der Strafkammer die Hauptverhandlung auf den 24. und 31. Juli 2007 an. Zugleich wurde Rechtsanwalt S. als Pflichtverteidiger bestellt. Fünf Tage danach, mit Schriftsatz vom 9. Juli 2007, zeigte Rechtsanwalt E. seine Beauftragung als Wahlverteidiger an. Am 12. Juli 2007 erhielt er die Akten - aus denen sich die Hauptverhandlungstermine ergaben - zur Einsicht für einen Tag; am 18. Juli 2007 gab er die Akten zurück. Nur einen Tag vor Beginn der Hauptverhandlung, am 23. Juli 2007, stellte er per Telefax um 11.35 Uhr den Antrag, den Termin vom 24. Juli 2007 aufzuheben, da er anderweitige Gerichtstermine habe. Mit einem weiteren Fax um 16.19 Uhr teilte er mit, dass er "aus Gründen, die nicht in der Sache selbst liegen", das Mandat niedergelegt habe.
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- Damit hat Rechtsanwalt S. wesentliche Umstände verschwiegen, die - was ihm bekannt sein musste - zur Beurteilung der Begründetheit der Verfahrensrüge unerlässlich waren. Das gilt zumindest für den Umstand, dass die Mandatsanzeige erst nach der Terminsbestimmung erfolgte, das Datum des Terminsverlegungsantrags - nur einen Tag vor Beginn der Hauptverhandlung - und die gleichfalls noch an diesem Tag mitgeteilte Mandatsniederlegung. Ein vollständiger Vortrag dieses leicht überschaubaren Sachverhalts hätte - was unschwer zu erkennen ist - seiner Rüge den Boden entzogen. Eine Verfahrensrüge , die auf einem derart unvollständigen und irreführenden Vortrag gestützt wird, ist rechtsmissbräuchlich (vgl. EGMR NJW 2007, 2097) und daher unzulässig.
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- Im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Nack Wahl Kolz Hebenstreit Graf
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Ein Urteil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; war nach § 222a die Mitteilung der Besetzung vorgeschrieben, so kann die Revision auf die vorschriftswidrige Besetzung nur gestützt werden, wenn - a)
das Gericht in einer Besetzung entschieden hat, deren Vorschriftswidrigkeit nach § 222b Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 Satz 4 festgestellt worden ist, oder - b)
das Rechtsmittelgericht nicht nach § 222b Absatz 3 entschieden hat und - aa)
die Vorschriften über die Mitteilung verletzt worden sind, - bb)
der rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form geltend gemachte Einwand der vorschriftswidrigen Besetzung übergangen oder zurückgewiesen worden ist oder - cc)
die Besetzung nach § 222b Absatz 1 Satz 1 nicht mindestens eine Woche geprüft werden konnte, obwohl ein Antrag nach § 222a Absatz 2 gestellt wurde;
- 2.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war; - 3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nachdem er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt war und das Ablehnungsgesuch entweder für begründet erklärt war oder mit Unrecht verworfen worden ist; - 4.
wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat; - 5.
wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, stattgefunden hat; - 6.
wenn das Urteil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 7.
wenn das Urteil keine Entscheidungsgründe enthält oder diese nicht innerhalb des sich aus § 275 Abs. 1 Satz 2 und 4 ergebenden Zeitraums zu den Akten gebracht worden sind; - 8.
wenn die Verteidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt worden ist.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.