Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Jan. 2017 - 1 StR 520/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 11. Januar 2017 beschlossen :
Die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 31. Mai 2016 wird als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet (§ 63 StGB). Seine hiergegen mit der allgemeinen Sachrüge geführte Revision hat keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- Die durch das Landgericht vorgenommene Schuldfähigkeitsbeurteilung des Beschuldigten hält sachlich-rechtlicher Prüfung noch stand. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt: "Die Kammer ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Beschuldigte aufgrund seiner paranoiden Schizophrenie – die das Gericht zutreffend unter das erste Eingangsmerkmal eingeordnet hat – bei der Tatausführung im Zustand der Schuldunfähigkeit im Sinne von § 20 StGB handelte. Das Gericht hat allerdings zu den Auswirkungen des Krankheitsbildes (lediglich) ausgeführt, die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten sei zur Tatzeit 'beeinträchtigt' bzw. 'erheblich eingeschränkt' gewesen (siehe UA Seite 3, 9, 30, 31), ohne sich im Weiteren explizit dazu zu verhalten, ob diese Beeinträchtigung dazu geführt hat, dass dem Beschuldigten die Einsicht in das Unrecht seines Handelns tatsächlich fehlte oder nicht. Dies ist aber grundsätzlich erforderlich, denn eine verminderte Einsichtsfähigkeit ist strafrechtlich erst dann von Bedeutung, wenn sie das Fehlen der Einsicht zur Folge hat (BGH, Beschluss vom 20. November 2012 – 1 StR 504/12, NJW 2013, 246 f.). Dem Gesamtzusammenhang der Ur- teilsausführungen zur Schuldfähigkeit lässt sich indes zureichend sicher entnehmen, dass das Gericht von einem Zustand ausgegangen ist, in dem dem Beschuldigten die Einsicht, Unrecht zu tun, während der Tatbegehung tatsächlich fehlte. Die Kammer hat sich den Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen angeschlossen, wonach der Beschuldigte sich zur Tatzeit in einer 'hochakuten Phase seiner Krankheit befunden habe' (UA Seite 30) und – auch wenn nicht eindeutig festgestellt werden könne, auf welche Art und Weise sein psychotischer Zustand Einfluss auf die Tatbegehung gehabt habe – jedenfalls eine sichere Eingrenzung dahingehend möglich sei, dass entweder krankheitsbedingte Wahnvorstellungen oder krankheitsbedingte Halluzinationen ursächlich für die Tathandlung gewesen seien (ebd.). Damit hat die Kammer – unabhängig davon, dass akute Schübe einer Schizophrenie in der Re- gel zur Schuldunfähigkeit führen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 16. Januar 2003 – 1 StR 531/02, juris) – zwei Zustände, in denen jeweils von nicht vorhandener Unrechtseinsicht auszugehen ist, als allein mögliche Tatauslöser sicher festgestellt." Raum Bellay RinBGH Cirener ist krankheitsbedingt an der Unterschriftsleistung gehindert. Raum Fischer Bär
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.