Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Juli 2016 - 1 StR 256/16
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 3. auf dessen Antrag – am 27. Juli 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten, einen selbständig tätigen Steuerberater , wegen versuchter Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe ist zur Bewährung ausgesetzt worden.
- 2
- Seine auf mehrere Verfahrensbeanstandungen und die Sachrüge gestützte Revision führt lediglich zur Aufhebung des Strafausspruchs in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen erweist sie sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
- 3
- 1. Die Rüge der Verletzung von § 261 StPO ist erfolglos. Die Revision hatte dazu ursprünglich beanstandet, es seien (insgesamt) neun im Urteil verwertete Urkunden nicht Gegenstand der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung gewesen. Mit Schriftsatz vom 9. Juli 2016 hat sie an dieser Beanstandung bezüglich eines Teils der Urkunden bereits nicht mehr festgehalten.
- 4
- Der Rüge insgesamt bleibt der Erfolg versagt. Denn die Revision hatte bei der Erhebung der Rüge vorgetragen, „keine dieser Urkunden“ sei „Gegen- stand von Vorhalten im Rahmen der Vernehmungen von Zeugen und des Sachverständigen“ gewesen. Sie seien auch nicht auf andere Weise ordnungs- gemäß in die Hauptverhandlung eingeführt worden (Seite 3 der Revisionsbegründung vom 15. Februar 2016). Dieser Vortrag der Revision hat ausweislich der dienstlichen Stellungnahmen der Berufsrichter der Strafkammer und des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft so gerade keine Bestätigung gefunden.
- 5
- Die übrigen Verfahrensrügen dringen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen, die durch die Ausführungen im Schriftsatz der Revision vom 9. Juli 2016 nicht ausgeräumt worden sind, nicht durch.
- 6
- 2. Der Schuldspruch weist keine Rechtsfehler auf. Den ihn tragenden Feststellungen liegt eine außerordentlich sorgfältige Beweiswürdigung zugrunde. Die Strafkammer hat aus den erhobenen Beweisen durchgängig mögliche Schlüsse gezogen und eine umfassende Gesamtwürdigung vorgenommen.
- 7
- 3. Der Strafausspruch hält dagegen rechtlicher Überprüfung nicht stand.
- 8
- Das Landgericht hat im Rahmen seiner Strafzumessungserwägungen nicht erkennbar die dem Angeklagten als Steuerberater drohenden berufsrechtlichen Folgen in den Blick genommen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 11. April 2013 – 2 StR 506/12, NStZ 2013, 522 mwN). Die Begehung einer – hier versuchten – Steuerhinterziehung durch einen Steuerberater kann gemäß § 89 Abs. 1, § 90 Abs. 1 Nr. 5 Steuerberatungsgesetz als Berufspflichtverletzung sogar zu einem Ausschluss aus dem Beruf führen (Kuhls in Kuhls u.a., Steuerberatungsgesetz , 3. Aufl., § 90 Rn. 47 mwN). Steht die Möglichkeit eines Verlustes der beruflichen oder wirtschaftlichen Existenz aufgrund berufsrechtlicher Folgen aus Anlass der Begehung einer Straftat im Raum, handelt es sich regelmäßig um einen zu berücksichtigenden Strafzumessungsgrund (BGH aaO). Dem hat die Strafkammer nicht entsprochen, sondern lediglich außerhalb der Strafzumessung die Maßregel des § 70 StGB erörtert und die Anordnung des Berufsverbots im Ergebnis abgelehnt.
- 9
- Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Tatgericht zu einer geringeren Freiheitsstrafe gelangt wäre, wenn es die aufgezeigten, möglichen berufsrechtlichen Folgen bei der Bemessung der Strafe bedacht hätte.
- 10
- Da es sich lediglich um einen Wertungsfehler handelt, bleiben die zum Strafausspruch getroffenen Feststellungen bestehen (§ 353 Abs. 2 StPO).
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er unter Mißbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so kann ihm das Gericht die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren verbieten, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und der Tat die Gefahr erkennen läßt, daß er bei weiterer Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges erhebliche rechtswidrige Taten der bezeichneten Art begehen wird. Das Berufsverbot kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht.
(2) War dem Täter die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges vorläufig verboten (§ 132a der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Verbotsfrist um die Zeit, in der das vorläufige Berufsverbot wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.
(3) Solange das Verbot wirksam ist, darf der Täter den Beruf, den Berufszweig, das Gewerbe oder den Gewerbezweig auch nicht für einen anderen ausüben oder durch eine von seinen Weisungen abhängige Person für sich ausüben lassen.
(4) Das Berufsverbot wird mit der Rechtskraft des Urteils wirksam. In die Verbotsfrist wird die Zeit eines wegen der Tat angeordneten vorläufigen Berufsverbots eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten. Die Zeit, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist, wird nicht eingerechnet.