Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2013 - 1 StR 234/13
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Der Angeklagte wurde wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Hinsichtlich eines Geldbetrages wurde erweiterter Verfall angeordnet.
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- Seine auf eine Verfahrensrüge und die nicht ausgeführte Sachrüge gestützte Revision führt zu einer Änderung des Schuldspruchs (§ 349 Abs. 4 StPO), bleibt aber im Übrigen erfolglos (§ 349 Abs. 2 StPO).
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- 1. Zur Verfahrensrüge:
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- Im Laufe der Hauptverhandlung kam es zu einer Verständigung (§ 257c StPO). Soweit die Revision geltend macht, dabei sei der Angeklagte "nicht in der nach § 257c Abs. 4 StPO gebotenen Weise belehrt worden", ist nicht erkennbar , was damit gemeint ist. § 257c Abs. 4 StPO begründet keine eigenständige Belehrungspflicht. Soweit die Revision geltend macht, darüber hinaus ("ebenfalls") sei auch die gemäß § 257c Abs. 5 StPO gebotene Belehrung (über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichts von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach § 257c Abs. 4 StPO) unterblieben, trifft ihr Vortrag zu.
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- Auch wenn häufig ein Beruhen des Urteils auf diesem Verfahrensfehler bei verfassungskonformer Gewichtung dieses Mangels nicht auszuschließen sein wird (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 - 2 BvR 2883/10 u.a.), bleibt die Rüge hier erfolglos:
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- a) Nachdem der Angeklagte im Rahmen der zunächst angestrebten Verständigung eine Erklärung abgegeben hatte, wurde die Sitzung unterbrochen. Nach Wiedereintritt gab der Vorsitzende ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung folgendes bekannt:
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- "Der Vorsitzende gibt den rechtlichen Hinweis, dass die Kammer nicht von einem Geständnis gemäß der Verfahrensabsprache ausgeht und dass damit die Verfahrensabsprache gegenstandslos ist. Alle Beteiligten, insbesondere die ehrenamtlichen Richter, wurden darauf hingewiesen, dass die Einlassung des Angeklagten S. damit nicht als verwertbar anzusehen ist …".
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- Zu einer Verfahrensabsprache kam es im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht mehr. Die Verteidigerin gab jedoch für den Angeklagten eine von diesem ausdrücklich gebilligte Sacheinlassung ab. Zuvor hatte der Vorsitzende ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung - nochmals - Folgendes erklärt :
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- "Der Vorsitzende gab erneut die qualifizierte Belehrung dahingehend ab, dass er den Angeklagten S. darauf hinwies, dass das, was er bis jetzt gesagt habe, nicht verwertet werden kann …".
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- b) Diese beiden Hinweise sind in der Revisionsbegründung, mit der die Revision im Ergebnis vorträgt, die im Urteil berücksichtigte (zweite) Erklärung des Angeklagten beruhe darauf, dass er vor deren Abgabe im Rahmen der dann gescheiterten Absprache nicht ordnungsgemäß belehrt worden sei, verschwiegen.
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- Damit ist die Revision ihrer Verpflichtung nicht nachgekommen, auch solche Umstände vorzutragen, die ihrem Vorbringen erkennbar zuwider laufen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juli 1994 - 5 StR 98/94, BGHSt 40, 218, 240).
- 12
- Selbst wenn man aber davon ausginge, dass sich unmittelbar im Anschluss an die Revisionsbegründung deshalb nochmals das gesamte Urteil und das gesamte Hauptverhandlungsprotokoll einschließlich aller Anlagen in der Akte befinden (SA Bd. 9 Bl. 3611-3715), würde dies nicht zur Annahme eines ordnungsgemäßen Revisionsvortrags führen, weil diese Unterlagen - dann jedenfalls ohne Hinweis in der Revisionsbegründung - der Revisionsbegründung unkommentiert beigefügt gewesen waren (vgl. zusammenfassend Kuckein in KK-StPO, 6. Aufl., § 344 Rn. 39 mwN).
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- c) Unabhängig davon ist aber auch ausgeschlossen, dass das Urteil darauf beruhen kann, dass die allein verwertete Angabe des Angeklagten, die er abgegeben hat, nachdem er mehrfach über die Unverwertbarkeit der früheren Aussage belehrt worden war, davon beeinflusst worden sein kann, dass er vor Abgabe der nicht verwerteten Aussage nicht ordnungsgemäß belehrt worden war.
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- 2. Hinsichtlich der Änderung des Schuldspruchs verweist der Senat auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts. Ebenso nimmt der Senat auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts Bezug, soweit dieser darlegt, dass und warum ein Einfluss dieser Änderung auf den Strafausspruch ausgeschlossen ist.
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- Auch sonst sind den Angeklagten beschwerende Rechtsfehler nicht ersichtlich.
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- 3. Der geringe Teilerfolg der Revision gibt zu einer Entscheidung gemäß § 473 Abs. 4 StPO keine Veranlassung. Wahl Graf Jäger Radtke Mosbacher
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.
(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.
(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.
(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.
(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.
(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.
(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.
(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.
(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.
(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.
(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag
- 1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder - 2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.