Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Aug. 2007 - 1 StR 233/07
Gericht
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Der Senat hat die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 15. Dezember 2006 mit Beschluss vom 17. Juli 2007 gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Dabei hat der Senat weder Tatsachen noch sonstige Umstände verwertet, zu denen der Verurteilte nicht gehört worden wäre, noch hat er zu berücksichtigendes Vorbringen übergangen. Auch sonst wurde der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt.
- 2
- Der Angeklagte trägt zur Begründung seiner Gehörsrüge - wie schon in der Revisionsgegenerklärung vom 10. Juni 2007 - vor, der Generalbundesanwalt habe sich in seiner Antragsschrift vom 14. Mai 2007 mit zwei Verfahrensrügen (Nr. XII und XIII) nicht auseinandergesetzt.
- 3
- Dies trifft nicht zu.
- 4
- 1. Zur Rüge Nr. XII:
- 5
- Mit der Rüge Nr. XII (Rdn. 221 bis 229) behauptete der Beschwerdeführer eine Verletzung des § 261 StPO. Das Gericht habe seine Überzeugung, dass die Schuldfähigkeit des Angeklagten weder aufgehoben noch erheblich vermindert gewesen sei, nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft. Denn die Zeugin A. und der Zeuge Ac. , auf deren richterliche Vernehmungen der Sachverständige Dr. P. in seiner - verlesenen - ergänzenden Stellungnahme Bezug nimmt, seien - was zutrifft - in der Hauptverhandlung nicht gehört worden.
- 6
- Die fehlende Vernehmung dieser Zeugen (Kinder der Nebenklägerin und Stiefkinder des Angeklagten) wurde schon mit der Rüge Nr. XI (Rdn. 182 bis 220) beanstandet unter dem Gesichtspunkt der Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) „wegen der nicht erfolgten Vernehmung A. und Ac. zu den Verhaltensauffälligkeiten des Angeklagten sowie der nicht erfolgten Einholung eines Sachverständigengutachtens eines erfahrenen Psychiaters mit besonderen Kenntnissen und Erfahrungen der Beurteilung von Menschen aus dem türkisch-kurdischen Kulturkreis“.
- 7
- Mit dieser Rüge Nr. XI setzte sich der Generalbundesanwalt unter Nr. 11 (auf Seite 8) seiner Antragschrift ausführlich auseinander. In diesem Zusammenhang verwies er auch - ergänzend zu seinen Ausführungen zur Unzulässigkeit der Rüge - darauf, dass das Landgericht dem von ihm bestellten Sachverständigen zur Vorbereitung seiner ergänzenden Äußerungen die Niederschriften über die richterlichen Vernehmungen der Zeugin A. und des Zeugen Ac. übersandt hat und diese Grundlage der zusätzlichen sachverständigen Stellungnahme wurden. Damit gab der General- bundesanwalt zugleich eine Antwort in der Sache auf die Rüge Nr. XII (Rdn. 221 bis 230), die im Übrigen mangels Mitteilung des Inhalts der ergänzenden Stellungnahme des Dr. P. vom 2. November 2006 ebenfalls nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügte und deshalb schon unzulässig war. Der Generalbundesanwalt verneinte so auch - zutreffend - die Notwendigkeit einer Vernehmung dieser Zeugen in der Hauptverhandlung, um die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen zu der Frage, „ob sich in Kenntnis dieser Vernehmungen eine abweichende Einschätzung zum nervenärztlichen Gutachten vom 31.08.2006 ergibt“, verwerten zu können.
- 8
- 2. Zur Rüge Nr. XIII:
- 9
- Die Rüge Nr. XIII (Rdn. 231 bis 237), ebenfalls - wie Nr. XII - eine Inbegriffsrüge (§ 261 StPO), wird in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts auf Seite 9 unter 12. abgehandelt, wenn auch wegen eines - aufgrund des Inhalts offensichtlichen - Schreibversehens unter der Überschrift „Rüge XII. Inbegriffsrüge (Rdn. 221 bis 230)“.
- 10
- Der am 21. August 2007 beim Bundesgerichtshof eingegangene Schriftsatz - datiert auf den 30. Juli 2007 - lag dem Senat vor. Ein weiteres Zuwarten mit der Entscheidung war nicht angezeigt, nachdem die mit Senatsschreiben vom 2. August 2007 gesetzte Zweiwochenfrist mit dem 21. August 2007 (Eingansbestätigung des Beschwerdeführers vom 7. August 2007) abgelaufen ist. Die Gehörsrüge eröffnet nur dann den Weg zu einer neuen Sachentscheidung, wenn das Recht auf Gehör verletzt wurde und deshalb Widereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird. Das Recht auf Gehör wurde bei der Beschlussfassung des Senats am 17. Juli 2007 jedoch nicht verletzt, auch nicht mit einer Überraschungsentscheidung. Der Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO bedarf keiner Begründung. Eine Begründungspflicht für letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbare Entscheidungen besteht nicht (vgl. BVerfG - Kammer - Beschluss vom 17. Juli 2007 - 2 BvR 496/07 - m.w.N.). Nack Wahl Boetticher Kolz Hebenstreit
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Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.
(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.
(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.
Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.