Bundesfinanzhof Beschluss, 24. Okt. 2011 - XI B 28/11

published on 24/10/2011 00:00
Bundesfinanzhof Beschluss, 24. Okt. 2011 - XI B 28/11
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Tatbestand

1

I. Das Finanzgericht (FG) hat mit Zustimmung der Beteiligten durch Berichterstatter-Beschluss vom 11. August 2010 das Ruhen des Verfahrens 7 K 1018/06 bis zum rechtskräftigen Abschluss der beim Bundesfinanzhof (BFH) unter den Az. V R 51/09, V R 52/09 und V R 57/09 sowie XI R 34/09 und XI R 36/09 anhängigen Revisionsverfahren nach § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 251 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) angeordnet.

2

Die Verfahrensruhe wurde auf Drängen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) hin vom FG durch Berichterstatter-Beschluss vom 10. Februar 2011 beendet und das Klageverfahren unter dem bisherigen Aktenzeichen fortgesetzt. Im Hinblick auf die Entscheidungen des BFH über die nicht gegebene Durchbrechung der Bestandskraft eines Steuerbescheids bei nachträglich erkanntem Verstoß gegen das Unionsrecht (Urteile vom 16. September 2010 V R 57/09, BFHE 230, 504, BStBl II 2011, 151; vom 1. Dezember 2010 XI R 39/09, BFH/NV 2011, 411; Beschluss vom 26. November 2010 V B 59/10, BFH/NV 2011, 409) sei das ruhende Verfahren wieder aufzunehmen gewesen. Ungeachtet dessen, dass einzelne der im Berichterstatter-Beschluss vom 11. August 2010 bezeichneten Revisionsverfahren beim BFH noch anhängig seien, sei eine weitere Verfahrensruhe nicht mehr damit zu rechtfertigen, eine Entscheidung des BFH zu der durch den Rechtsstreit der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) aufgeworfenen Rechtsfrage in parallelen Revisionsverfahren abzuwarten.

3

Die Klägerin erhob gegen den Berichterstatter-Beschluss über die Wiederaufnahme des Verfahrens Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat. Sie bringt vor, zwar habe der BFH einige die Durchbrechung der Bestandskraft eines Steuerbescheids bei nachträglich erkanntem Verstoß gegen das Unionsrecht betreffende Revisionsverfahren abschlägig beschieden. Hiergegen seien jedoch Verfassungsbeschwerden erhoben worden. Es sei nicht auszuschließen, dass sich hieraus eine andere, für sie, die Klägerin, günstigere Rechtslage ergeben könne. Eine fortdauernde Verfahrensruhe sei wegen der noch fehlenden Rechtssicherheit geboten. Aus prozessökonomischer Sicht sei nicht ersichtlich, warum das FG vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts den Rechtsstreit verhandeln und entscheiden müsse.

4

Die Klägerin beantragt sinngemäß, den Berichterstatter-Beschluss vom 10. Februar 2011 aufzuheben.

5

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

6

Das FG, das durch Berichterstatter-Beschluss vom 28. Februar 2011 ferner eine einstweilige Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses über die Wiederaufnahme des Verfahrens 7 K 1018/06 nach § 131 Abs. 1 Satz 2 FGO abgelehnt hatte, hat die Klage aufgrund mündlicher Verhandlung vom 30. März 2011 inzwischen abgewiesen. Es ließ die Revision nicht zu. Hiergegen erhob die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde (XI B 43/11).

Entscheidungsgründe

7

II. Die Beschwerde der Klägerin gegen den die Verfahrensruhe beendenden Berichterstatter-Beschluss vom 10. Februar 2011 ist zwar statthaft (vgl. BFH-Beschluss vom 16. September 1999 VI B 346/98, BFH/NV 2000, 220; Thürmer in Hübschmann/Hepp/ Spitaler --HHSp--, § 74 FGO Rz 210, m.w.N.), aber mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

8

1. Nachdem der beschließende Senat im Verfahren XI B 43/11 die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin mit Beschluss vom 24.10.2011 (nicht veröffentlicht) als unbegründet zurückgewiesen hat und das Urteil des FG vom 30. März 2011 somit rechtskräftig geworden ist, fehlt der Klägerin das Rechtsschutzbedürfnis für ihre Beschwerde.

9

Eine Beschwerde gegen einen die Aussetzung des Verfahrens ablehnenden Beschluss wird im Nachhinein unzulässig, sobald der Rechtsstreit in der Sache durch Urteil rechtskräftig abgeschlossen worden ist. In einem solchen Fall der prozessualen Überholung ist es dem Beschwerdegericht unmöglich geworden, den die Aussetzung ablehnenden Beschluss, sofern er rechtsfehlerhaft sein sollte, aufzuheben und das Verfahren bei der Vorinstanz in den Stand vor Ergehen des ablehnenden Beschlusses zurückzuversetzen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. Oktober 1988 IX B 111/86, BFH/NV 1989, 447; vom 9. Dezember 1992 IV B 155/90, BFH/NV 1993, 426; vom 10. Oktober 2002 VI B 269/01, BFH/NV 2003, 77; Thürmer in HHSp, § 74 FGO Rz 213). Nichts anderes gilt --wie im Streitfall-- für eine Beschwerde gegen einen Beschluss über die Wiederaufnahme eines nach § 155 FGO i.V.m. § 251 Satz 1 ZPO ruhenden Verfahrens.

10

Eine Überprüfung der Entscheidung des FG über die Wiederaufnahme des Verfahrens ist dem Senat mithin verwehrt.

11

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Die Kosten eines erfolglosen Beschwerdeverfahrens, das die Wiederaufnahme eines ruhenden Verfahrens betrifft, sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 9. August 2000 VI B 289/98, BFH/NV 2000, 1496, m.w.N.; vom 29. Juni 2011 III B 122/11, nicht veröffentlicht, juris, m.w.N.).

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz
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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

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Annotations

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

Das Gericht hat das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist. Die Anordnung hat auf den Lauf der im § 233 bezeichneten Fristen keinen Einfluss.

(1) Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie die Festsetzung eines Ordnungs- oder Zwangsmittels zum Gegenstand hat. Das Finanzgericht, der Vorsitzende oder der Berichterstatter, dessen Entscheidung angefochten wird, kann auch sonst bestimmen, dass die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung einstweilen auszusetzen ist.

(2) Die §§ 178 und 181 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleiben unberührt.

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

Das Gericht hat das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, wenn beide Parteien dies beantragen und anzunehmen ist, dass wegen Schwebens von Vergleichsverhandlungen oder aus sonstigen wichtigen Gründen diese Anordnung zweckmäßig ist. Die Anordnung hat auf den Lauf der im § 233 bezeichneten Fristen keinen Einfluss.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.