Bundesfinanzhof Beschluss, 27. Juli 2010 - IX B 174/09

published on 27/07/2010 00:00
Bundesfinanzhof Beschluss, 27. Juli 2010 - IX B 174/09
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Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig; denn sie ist nicht innerhalb der dafür bestimmten Frist begründet worden und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden.

2

1. Nach § 116 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bundesfinanzhof (BFH) unter Darlegung der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO schriftlich zu begründen. Im Streitfall ist das angefochtene Urteil dem Prozessbevollmächtigten der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) am 24. August 2009 zugestellt worden; die Frist von zwei Monaten endete danach mit Ablauf des 26. Oktober 2009 (der 24. und 25. Oktober 2009 waren ein Sonnabend und ein Sonntag; vgl. § 54 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1, 2 der Zivilprozessordnung --ZPO-- und § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Eine Beschwerdebegründung ist jedoch beim BFH erst am 24. November 2009 und damit verspätet eingegangen.

3

2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO wegen der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist kommt im Streitfall nicht in Betracht. Das eigene Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ist den Klägern zuzurechnen (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO).

4

Zwar ist die dargelegte Organisation des Fristenwesens (Erfassung und Kontrolle) im Büro des Prozessbevollmächtigten im Übrigen (s. aber nachstehend) nicht zu beanstanden. Auch darf sich ein Angehöriger der rechts- und steuerberatenden Berufe grundsätzlich darauf verlassen, dass entsprechend ausgebildete und bisher zuverlässig arbeitende Büroangestellte eine konkrete Einzelanweisung (betr. Fristerfassung), auch wenn sie nur mündlich erteilt wurde, befolgen und ordnungsgemäß ausführen. Er ist daher im Allgemeinen auch nicht verpflichtet, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 XI R 62/03, BFHE 205, 9, BStBl II 2004, 564; BFH-Beschlüsse vom 25. November 2009 II B 94/09, BFH/NV 2010, 457; Beschlüsse des Bundesgerichtshofes --BGH-- vom 26. Januar 2009 II ZB 6/08, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2009, 647, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2009, 1083; vom 9. Dezember 2009 XII ZB 154/09, Monatsschrift für Deutsches Recht --MDR-- 2010, 400).

5

Indes kann sich der Prozessbevollmächtigte im Streitfall nicht auf mögliche Büroversehen seiner ansonsten zuverlässigen Angestellten exkulpierend berufen. Denn spätestens, als der Prozessbevollmächtigte anlässlich der "Vorbereitung des Termins zur Akteneinsicht" am 7. September 2009 --zum dritten Mal-- bemerkt hatte, dass der Vorgang --trotz zweier vorangehender Einzelanweisungen-- nicht fristenmäßig erfasst war, hätte der Prozessbevollmächtigte von sich aus dafür Sorge tragen müssen, dass die angeordnete Fristenerfassung nunmehr auch tatsächlich durchgeführt wird, bzw. anlässlich der gegebenen dritten Einzelanweisung deren Durchführung kontrollieren müssen. Zudem hätte der Prozessbevollmächtigte bei Unterzeichnung der Beschwerdeschrift (vom 8. September 2009) eine weitere Gelegenheit gehabt, für die (bislang unterbliebene) Fristenerfassung dieses Vorgangs zu sorgen; denn ihm obliegt bei Fertigung der Rechtsmittelschrift neben der Kontrolle der Frist zur Einlegung des jeweiligen Rechtsmittels (hier: Beschwerde) eigenverantwortlich auch die Prüfung, ob die jeweilige Begründungsfrist notiert ist (vgl. BFH-Urteil vom 29. April 2008 I R 67/06, BFHE 221, 201, BFH/NV 2008, 1621 Rz 20; BGH-Beschluss vom 6. Februar 2007 VI ZB 41/06, MDR 2007, 747, NJW 2007, 1599 Rz 6). Darüber hinaus hat der Prozessbevollmächtigte nichts dazu vorgetragen, welche organisatorischen Maßnahmen dagegen getroffen wurden, dass eine solche nur mündlich erteilte Weisung in Vergessenheit gerät und die angeordnete Eintragung der Frist --sogar mehrfach, wie im Streitfall-- unterbleibt (vgl. BGH-Beschlüsse in DStR 2009, 647; vom 4. März 2008 VI ZB 69/05, MDR 2008, 654, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - Rechtsprechungs-Report 2008, 928; vom 2. April 2008 XII ZB 189/07, MDR 2008, 814, NJW 2008, 2589 Rz 13).

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
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published on 06/02/2007 00:00

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Annotations

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts oder der Entscheidung oder mit dem Zeitpunkt, an dem die Bekanntgabe als bewirkt gilt.

(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozessordnung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

Das Prozessgericht kann zusätzlich anordnen, dass die Benachrichtigung einmal oder mehrfach im Bundesanzeiger oder in anderen Blättern zu veröffentlichen ist.

Das Schriftstück gilt als zugestellt, wenn seit dem Aushang der Benachrichtigung ein Monat vergangen ist. Das Prozessgericht kann eine längere Frist bestimmen.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen; bei Versäumung der Frist zur Begründung der Revision oder der Nichtzulassungsbeschwerde beträgt die Frist einen Monat. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder ohne Antrag bewilligt werden, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.