Bundesfinanzhof Beschluss, 23. Apr. 2012 - I B 100/11

published on 23/04/2012 00:00
Bundesfinanzhof Beschluss, 23. Apr. 2012 - I B 100/11
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Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin), eine GmbH, schloss am 16. November 2007 mit ihrer alleinigen Gesellschafterin einen notariell beurkundeten Ergebnisabführungsvertrag (EAV), in dem sie sich verpflichtete, erstmals für das ab dem 1. Januar 2007 laufende Geschäftsjahr ihren ganzen Gewinn an ihre Gesellschafterin abzuführen. Der EAV wurde nebst Zustimmungsbeschlüssen der beteiligten Gesellschaften, Handelsregisteranmeldung und Begleitschreiben am 10. Dezember 2007 durch den beurkundenden Notar im Wege der elektronischen Registeranmeldung zur Eintragung in das Handelsregister des Amtsgerichts (AG) A übermittelt und ist dort am selben Tag auf dem Server des … Ministeriums der Justiz eingegangen. Aufgrund einer technischen Panne bei der Weiterverarbeitung der eingegangenen Daten wurden die Anmeldedokumente zunächst nicht an das zuständige Registergericht weitergeleitet. Erst am 7. Januar 2008 wurde der Abschluss des EAV schließlich im Handelsregister des AG A eingetragen. Die Eintragungsvoraussetzungen für den EAV lagen ausweislich eines ergänzenden Hinweises zum Handelsregistereintrag bereits am 13. Dezember 2007 vor.

2

Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) lehnte den Antrag der Klägerin auf Herabsetzung der Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer und des Gewerbesteuermessbetrags für Vorauszahlungszwecke für das Streitjahr (2007) auf 0 € ab. Als Begründung wurde angeführt, dass der EAV erst mit der Eintragung im Jahr 2008 wirksam geworden sei. Nachdem der Einspruch erfolglos geblieben war, erhob die Klägerin hiergegen Klage vor dem Finanzgericht Düsseldorf (FG). Erstmals im Klageverfahren hat die Klägerin hilfsweise auch einen Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 der Abgabenordnung (AO) gestellt. Dieser Antrag wurde vom FA ebenfalls abgelehnt. Die hiergegen zulässig erhobene Sprungklage wurde vom FG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit dem bereits anhängigen Verfahren verbunden.

3

Das FG gab der Klage mit Urteil vom 17. Mai 2011 (Az. 6 K 3100/09 K,G,AO) statt. Es hat dabei offengelassen, ob es noch vor Ablauf des Streitjahres zu einer wirksamen Eintragung des EAV gekommen ist. Jedenfalls könne die Klägerin eine abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 AO beanspruchen, da sie die verspätete Eintragung in das Handelsregister nicht zu vertreten habe und die Zurechnung der sich hierdurch ergebenden nachteiligen Rechtsfolgen den Wertungen des Gesetzgebers eindeutig widersprechen würde.

4

Mit der Beschwerde beantragt das FA, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) sowie zur Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision des FA ist als unbegründet zurückzuweisen. Weder kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), noch dient sie der Sicherung der Rechtseinheit (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).

6

1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist (so z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. März 2009 VI B 105/08, BFH/NV 2009, 1140). Die klärungsbedürftige Rechtsfrage kann jedoch nur dann zur Zulassung der Revision führen, wenn eine Aussage zu dieser Rechtsfrage erforderlich ist, um das Entscheidungsergebnis zu begründen; sie muss für die Entscheidung des Streitfalles rechtserheblich sein (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 15. März 2011 VI B 151/10, BFH/NV 2011, 1003; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 30; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 53, m.w.N.). Daran fehlt es im Streitfall.

7

a) Wenn das FA die Rechtsfrage formuliert, es sei zu klären, ob bei der Frage der sachlichen Unbilligkeit das Fehlverhalten bzw. der Fehler einer anderen Behörde --außerhalb der Finanzverwaltung-- zugunsten des Steuerpflichtigen im Rahmen einer Billigkeitsmaßnahme berücksichtigt werden kann, ist diese Rechtsfrage für den zu entscheidenden Fall nicht rechtserheblich. Denn diese Rechtsfrage stellt sich in dieser Allgemeinheit im zu entscheidenden Streitfall nicht.

8

aa) Nach § 163 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Das FG ist davon ausgegangen, dass eine solche Situation dann gegeben sein kann, wenn die Finanzverwaltung steuerrechtliche Folgen an die Entscheidung anderer Behörden (hier des Registergerichts) knüpft und diese Entscheidung (hier Eintragung in das Handelsregister) für das betroffene Unternehmen zu einer höheren Steuerbelastung führt. Dies entspricht im Kern einer verbreiteten Auffassung, nach der sich die Unbilligkeit der Steuererhebung u.a. aus einem Fehlverhalten einer Behörde ergeben kann, wenn dieses ohne hinzutretendes Verschulden des Steuerpflichtigen zur Entstehung oder Erhöhung einer Steuer geführt hat (Senatsbeschluss vom 4. November 2004 I B 43/04, BFH/NV 2005, 707; Loose in Tipke/ Kruse, a.a.O., § 227 AO Rz 70, m.w.N.).

9

bb) Die Inanspruchnahme einer Billigkeitsmaßnahme hängt jedoch --worauf die Klägerin zutreffend hinweist-- nicht allein davon ab, ob ein behördliches Fehlverhalten vorliegt. Sachliche Billigkeitsgründe sind gegeben, wenn die Besteuerung eines Sachverhalts, der unter einen gesetzlichen Besteuerungstatbestand fällt, im Einzelfall mit dem Sinn und Zweck des Steuergesetzes nicht vereinbar ist, wenn also ein Überhang des gesetzlichen Tatbestandes über die Wertungen des Gesetzgebers feststellbar ist (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 25. November 1980 VII R 17/78, BFHE 132, 159, BStBl II 1981, 204; vom 12. Januar 1989 IV R 67/87, BFHE 155, 484, BStBl II 1990, 259; vom 21. Januar 1992 VIII R 51/88, BFHE 168, 500, BStBl II 1993, 3; Senatsurteil vom 8. März 1984 I R 44/80, BFHE 140, 421, BStBl II 1984, 415, m.w.N.; Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 163 Rz 32). Das FA geht in seiner Beschwerde insofern von einem Wertungswiderspruch aus, den die Vorinstanz unrichtig eingeschätzt habe. Der beschließende Senat lässt es dahinstehen, ob Letzteres zutrifft. Selbst wenn es sich so verhielte und das FA die Rechtsfrage auch hinreichend deutlich herausgestellt hätte, wäre die Revision nicht zuzulassen. Denn der von der Vorinstanz gewährte Billigkeitserweis trägt den besonderen tatsächlichen Gegebenheiten des Streitfalles --verspätete Weiterverarbeitung der eingegangenen Daten infolge einer technischen Panne beim Registergericht-- Rechnung. Diese Gegebenheiten sind ebenso wie der Billigkeitserweis nicht verallgemeinerungsfähig und die aufgeworfene Rechtsfrage ist deswegen nicht klärungsbedürftig.

10

b) Das FA kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, dass auch das FG bei seiner Entscheidung weder auf die gesetzgeberische Wertung in § 14 des Körperschaftsteuergesetzes noch auf einen möglichen Schadensersatzanspruch aus § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangen ist. Mag der Einzelfall vom FG auch sachlich unrichtig entschieden worden sein, genügt dies allein noch nicht, um das für den Zulassungsgrund erforderliche Allgemeininteresse zu indizieren (BFH-Beschluss vom 22. Februar 2007 VI B 29/06, BFH/NV 2007, 969).

11

2. Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert. Eine die Rechtseinheit gefährdende Abweichung liegt nur vor, wenn das FG bei gleichem oder vergleichbarem festgestellten Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH oder ein anderes FG. Das FG muss seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 53, m.w.N.).

12

Aus den Ausführungen des FA ist bereits nicht zu entnehmen, dass den genannten Entscheidungen abweichende Rechtssätze zugrunde liegen. Zudem wird nicht herausgearbeitet, dass es sich um vergleichbare Sachverhalte handelt. Die Beschwerde entspricht insoweit nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO und ist insoweit unzulässig.

13

3. Soweit die Beschwerdebegründung sich darüber hinaus gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung des FG richtet, wird damit kein Zulassungsgrund geltend gemacht. Wegen etwaiger inhaltlicher Mängel der finanzgerichtlichen Entscheidung ist die Revision nur dann gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen, wenn die angefochtene Entscheidung derart schwerwiegende Fehler bei der Auslegung des revisiblen Rechts aufweist, dass die Entscheidung des FG "objektiv willkürlich" erscheint oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 4. August 2010 X B 198/09, BFH/NV 2010, 2102). Dies ist weder vorgetragen noch erkennbar.

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu
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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu
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published on 15/03/2011 00:00

Gründe 1 Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeu
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published on 27/05/2015 00:00

Tatbestand 1 A. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte verpflichtet ist, Säumniszuschläge, die wegen einer verspäteten Zahlung auf Grunderwerbsteuerforderungen verwirkt wurden, wegen sachlicher Unbilligkeit in voller Höhe und nicht
published on 21/04/2015 00:00

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.Die Revision wird zugelassen. Tatbestand 1 Streitig ist, ob wegen des Umstands, dass ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag im Jahr des Vertragsschlusses aufgrund
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Annotations

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Steuern können niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden.

(2) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 kann mit der Steuerfestsetzung verbunden werden, für die sie von Bedeutung ist.

(3) Eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1 steht in den Fällen des Absatzes 2 stets unter Vorbehalt des Widerrufs, wenn sie

1.
von der Finanzbehörde nicht ausdrücklich als eigenständige Billigkeitsentscheidung ausgesprochen worden ist,
2.
mit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 verbunden ist oder
3.
mit einer vorläufigen Steuerfestsetzung nach § 165 verbunden ist und der Grund der Vorläufigkeit auch für die Entscheidung nach Absatz 1 von Bedeutung ist.
In den Fällen von Satz 1 Nummer 1 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs, wenn die Festsetzungsfrist für die Steuerfestsetzung abläuft, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 2 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Aufhebung oder Entfallen des Vorbehalts der Nachprüfung der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist. In den Fällen von Satz 1 Nummer 3 entfällt der Vorbehalt des Widerrufs mit Eintritt der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung, für die die Billigkeitsmaßnahme Grundlagenbescheid ist.

(4) Ist eine Billigkeitsmaßnahme nach Absatz 1, die nach Absatz 3 unter Vorbehalt des Widerrufs steht, rechtswidrig, ist sie mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. § 130 Absatz 3 Satz 1 gilt in diesem Fall nicht.

Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.

(1)1Verpflichtet sich eine Europäische Gesellschaft, Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Geschäftsleitung im Inland und Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens (Organgesellschaft) durch einen Gewinnabführungsvertrag im Sinne des § 291 Abs. 1 des Aktiengesetzes, ihren ganzen Gewinn an ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen abzuführen, ist das Einkommen der Organgesellschaft, soweit sich aus § 16 nichts anderes ergibt, dem Träger des Unternehmens (Organträger) zuzurechnen, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

1.
1Der Organträger muss an der Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschaftsjahrs an ununterbrochen in einem solchen Maße beteiligt sein, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht (finanzielle Eingliederung).2Mittelbare Beteiligungen sind zu berücksichtigen, wenn die Beteiligung an jeder vermittelnden Gesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte gewährt.3Satz 2 gilt nicht, wenn bereits die unmittelbare Beteiligung die Mehrheit der Stimmrechte gewährt.
2.
1Organträger muss eine natürliche Person oder eine nicht von der Körperschaftsteuer befreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse sein.2Organträger kann auch eine Personengesellschaft im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Einkommensteuergesetzes sein, wenn sie eine Tätigkeit im Sinne des § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Einkommensteuergesetzes ausübt.3Die Voraussetzung der Nummer 1 muss im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst erfüllt sein.4Die Beteiligung im Sinne der Nummer 1 an der Organgesellschaft oder, bei mittelbarer Beteiligung an der Organgesellschaft, die Beteiligung im Sinne der Nummer 1 an der vermittelnden Gesellschaft, muss ununterbrochen während der gesamten Dauer der Organschaft einer inländischen Betriebsstätte im Sinne des § 12 der Abgabenordnung des Organträgers zuzuordnen sein.5Ist der Organträger mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften an der Organgesellschaft beteiligt, gilt Satz 4 sinngemäß.6Das Einkommen der Organgesellschaft ist der inländischen Betriebsstätte des Organträgers zuzurechnen, der die Beteiligung im Sinne der Nummer 1 an der Organgesellschaft oder, bei mittelbarer Beteiligung an der Organgesellschaft, die Beteiligung im Sinne der Nummer 1 an der vermittelnden Gesellschaft zuzuordnen ist.7Eine inländische Betriebsstätte im Sinne der vorstehenden Sätze ist nur gegeben, wenn die dieser Betriebsstätte zuzurechnenden Einkünfte sowohl nach innerstaatlichem Steuerrecht als auch nach einem anzuwendenden Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung der inländischen Besteuerung unterliegen.
3.
1Der Gewinnabführungsvertrag muss auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden.2Eine vorzeitige Beendigung des Vertrags durch Kündigung ist unschädlich, wenn ein wichtiger Grund die Kündigung rechtfertigt.3Die Kündigung oder Aufhebung des Gewinnabführungsvertrags auf einen Zeitpunkt während des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft wirkt auf den Beginn dieses Wirtschaftsjahrs zurück.4Der Gewinnabführungsvertrag gilt auch als durchgeführt, wenn der abgeführte Gewinn oder ausgeglichene Verlust auf einem Jahresabschluss beruht, der fehlerhafte Bilanzansätze enthält, sofern
a)
der Jahresabschluss wirksam festgestellt ist,
b)
die Fehlerhaftigkeit bei Erstellung des Jahresabschlusses unter Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht hätte erkannt werden müssen und
c)
ein von der Finanzverwaltung beanstandeter Fehler spätestens in dem nächsten nach dem Zeitpunkt der Beanstandung des Fehlers aufzustellenden Jahresabschluss der Organgesellschaft und des Organträgers korrigiert und das Ergebnis entsprechend abgeführt oder ausgeglichen wird, soweit es sich um einen Fehler handelt, der in der Handelsbilanz zu korrigieren ist.
5Die Voraussetzung des Satzes 4 Buchstabe b gilt bei Vorliegen eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks nach § 322 Absatz 3 des Handelsgesetzbuchs zum Jahresabschluss, zu einem Konzernabschluss, in den der handelsrechtliche Jahresabschluss einbezogen worden ist, oder über die freiwillige Prüfung des Jahresabschlusses oder der Bescheinigung eines Steuerberaters oder Wirtschaftsprüfers über die Erstellung eines Jahresabschlusses mit umfassenden Beurteilungen als erfüllt.
4.
Die Organgesellschaft darf Beträge aus dem Jahresüberschuss nur insoweit in die Gewinnrücklagen (§ 272 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs) mit Ausnahme der gesetzlichen Rücklagen einstellen, als dies bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet ist.
5.
Negative Einkünfte des Organträgers oder der Organgesellschaft bleiben bei der inländischen Besteuerung unberücksichtigt, soweit sie in einem ausländischen Staat im Rahmen der Besteuerung des Organträgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person berücksichtigt werden.
2Das Einkommen der Organgesellschaft ist dem Organträger erstmals für das Kalenderjahr zuzurechnen, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet, in dem der Gewinnabführungsvertrag wirksam wird.

(2)1Der ganze Gewinn gilt auch dann als abgeführt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn über den mindestens zugesicherten Betrag im Sinne des § 304 Absatz 2 Satz 1 des Aktiengesetzes hinausgehende Ausgleichszahlungen vereinbart und geleistet werden.2Dies gilt nur, wenn die Ausgleichszahlungen insgesamt den dem Anteil am gezeichneten Kapital entsprechenden Gewinnanteil des Wirtschaftsjahres nicht überschreiten, der ohne Gewinnabführungsvertrag hätte geleistet werden können.3Der über den Mindestbetrag nach § 304 Absatz 2 Satz 1 des Aktiengesetzes hinausgehende Betrag muss nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet sein.

(3)1Mehrabführungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, gelten als Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger.2Minderabführungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, sind als Einlage durch den Organträger in die Organgesellschaft zu behandeln.3Mehrabführungen nach Satz 1 und Minderabführungen nach Satz 2 gelten in dem Zeitpunkt als erfolgt, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet.4Der Teilwertansatz nach § 13 Abs. 3 Satz 1 ist der vororganschaftlichen Zeit zuzurechnen.

(4)1Minderabführungen der Organgesellschaft, die ihre Ursache in organschaftlicher Zeit haben, sind als Einlage durch den Organträger in die Organgesellschaft zu behandeln.2Mehrabführungen der Organgesellschaft, die ihre Ursache in organschaftlicher Zeit haben, gelten als Einlagenrückgewähr der Organgesellschaft an den Organträger.3Die Einlage erhöht und die Einlagenrückgewähr mindert den Buchwert der Beteiligung an der Organgesellschaft; dabei darf dieser nicht negativ werden.4In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 2 ist Satz 3 auf den Buchwert der Beteiligung an jeder vermittelnden Gesellschaft entsprechend anzuwenden.5Soweit die Einlagenrückgewähr die Summe aus Buchwert und Einlage übersteigt, liegt ein Ertrag vor, auf den die Regelungen des § 8b Absatz 2, 3, 6, 7 und 8 dieses Gesetzes sowie § 3 Nummer 40 Buchstabe a und § 3c Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes anzuwenden sind.6Minder- oder Mehrabführungen im Sinne der Sätze 1 und 2 liegen insbesondere vor, wenn der an den Organträger abgeführte Gewinn von dem Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft abweicht und diese Abweichung in organschaftlicher Zeit verursacht ist.7Minder- und Mehrabführungen nach den Sätzen 1 und 2 gelten in dem Zeitpunkt als erfolgt, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet.

(5)1Das dem Organträger zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft und damit zusammenhängende andere Besteuerungsgrundlagen werden gegenüber dem Organträger und der Organgesellschaft gesondert und einheitlich festgestellt.2Die Feststellungen nach Satz 1 sind für die Besteuerung des Einkommens des Organträgers und der Organgesellschaft bindend.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für von der Organgesellschaft geleistete Steuern, die auf die Steuer des Organträgers anzurechnen sind.4Zuständig für diese Feststellungen ist das Finanzamt, das für die Besteuerung nach dem Einkommen der Organgesellschaft zuständig ist.5Die Erklärung zu den gesonderten und einheitlichen Feststellungen nach den Sätzen 1 und 3 soll mit der Körperschaftsteuererklärung der Organgesellschaft verbunden werden.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder Abschrift des Urteils, gegen das Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht im Falle der elektronischen Beschwerdeeinlegung.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen. In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 dargelegt werden. Die Begründungsfrist kann von dem Vorsitzenden auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Der Bundesfinanzhof entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch den Bundesfinanzhof wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Liegen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann der Bundesfinanzhof in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(7) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht der Bundesfinanzhof das angefochtene Urteil nach Absatz 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt für den Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, für die übrigen Beteiligten die Revisions- und die Revisionsbegründungsfrist. Auf Satz 1 und 2 ist in dem Beschluss hinzuweisen.