Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 02. Mai 2018 - 22 B 17.2245

bei uns veröffentlicht am02.05.2018

Tenor

I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 20. März 2017 wird abgeändert.

II. Aus dem Bescheid der Beklagten vom 7. März 2016 werden aufgehoben

1. die Nummer 2;

2. die Nummer 6 insofern, als in deren Satz 1 eine den Betrag von 400,- Euro übersteigende Gebühr festgesetzt wurde.

III. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

IV. Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen fallen zu drei Vierteln der Klägerin, zu einem Viertel der Beklagten zur Last.

V. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die jeweilige Vollstreckungsschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Vollstreckungsgläubigerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1. Die Klägerin erwarb am 29. August 2001 als Abschluss des von ihr mit dem Studienschwerpunkt „künstlerisch/ästhetisches Kommunikations-Design“ absolvierten Studiengangs „Kommunikations-Design“ den akademischen Grad einer Diplom-Designerin (FH).

2. Mit Schreiben an die Beklagte vom 26. Mai 2015 regte das Finanzamt München an, der Klägerin die Ausübung des Gewerbes „Grafikdesignerin“ zu untersagen und diesen Ausspruch auf alle in § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO aufgeführten Betätigungen zu erstrecken. Zur Begründung verwies das Finanzamt darauf, dass die Klägerin dem Freistaat Bayern Einkommen- und Umsatzsteuer einschließlich steuerlicher Nebenleistungen im Gesamtbetrag von 45.038,49 € schulde; die ältesten dieser Forderungen wurden nach Darstellung des Finanzamtes am 10. Juni 2013 fällig. Zudem habe die Klägerin für das Jahr 2013 weder eine Einkommen- noch eine Umsatzsteuererklärung abgegeben. Forderungspfändungen hätten nicht zum Erfolg geführt; ein am 14. Oktober 2014 unternommener Pfändungsversuch in das bewegliche Vermögen sei gleichfalls fruchtlos verlaufen. Aus einer von der Klägerin abgegebenen Vermögensauskunft gehe hervor, dass sie vermögenslos sei.

Da die im Gebiet der Beklagten wohnende Klägerin nach Aktenlage damals dort kein Gewerbe angemeldet hatte, ordnete eine Amtsträgerin des Kreisverwaltungsreferats behördenintern an, die Klägerin sei entweder zu einer Gewerbeanmeldung oder zu der Darlegung aufzufordern, ob die von ihr ausgeübte Tätigkeit künstlerischer Art sei. Diese Anordnung wurde in der Weise umgesetzt, dass die Beklagte am 8. Juni 2015 gegenüber der Klägerin schriftlich ausführte, ihr sei durch eine Mitteilung des Finanzamtes bekannt geworden, dass die Klägerin das Gewerbe „Grafikdesignerin“ betreibe. Gleichzeitig wurde die Klägerin unter Hinweis auf die bußgeldrechtlichen Folgen einer unterbliebenen Gewerbeanmeldung und darauf, dass gegen sie im Weigerungsfall Zwangsmaßnahmen angewendet werden könnten, aufgefordert, die Gewerbeanmeldung mittels eines ihr übersandten Formblatts nachzuholen.

In einem Schreiben an die Klägerin vom 23. Juli 2015 bezog sich die Beklagte auf ein nach Aktenlage am 12. Juni 2015 mit der Klägerin geführtes Telefonat, in dem diese geltend gemacht habe, ihre Tätigkeit sei „freiberuflicher“ Art. Die Klägerin wurde aufgefordert, entweder diesbezügliche Unterlagen des Finanzamtes vorzulegen oder die Gewerbeanmeldung nachzuholen.

Mit formblattmäßiger Erklärung vom 29. Juli 2015 nahm die Klägerin bei der Beklagten rückwirkend ab dem 1. Januar 2013 eine Gewerbeanmeldung vor, wobei sie hinsichtlich der Art der ausgeübten Tätigkeit auf ein dem Formblatt beigefügtes Schreiben Bezug nahm. Darin führte sie aus, ihre Tätigkeit sei vor dem Jahr 2013 „klar künstlerischer“ Art gewesen. Sie habe Illustrationen für Kinder- und Sachbücher erstellt und nebenbei Bilder gemalt, die auf Messen und in Galerien ausgestellt worden seien. Da der hierdurch erzielte Verdienst „nicht so gut“ gewesen sei, habe sie versucht, Aufträge als Grafikdesignerin zu erhalten; der Übergang sei „fließend“ gewesen. Sie sei immer noch der Meinung, ihre Tätigkeit sei mehr als künstlerisch zu beurteilen, weswegen sie nicht daran gedacht habe, ein Gewerbe anmelden zu müssen.

Ermittlungen der Beklagten ergaben, dass ein am 18. Januar 2013 gegen die Klägerin erlassener Haftbefehl am 1. September 2015 nach wie vor in das Schuldnerverzeichnis eingetragen war; das Vollstreckungsportal enthielt am 18. August 2015 in Bezug auf die Klägerin den Vermerk „Gläubigerbefriedigung ausgeschlossen“. Der Beklagten schuldete sie am 27. August 2015 Gewerbesteuer und steuerliche Nebenleistungen im Gesamtbetrag von 12.173,99 €; eine seitens der Stadtkasse der Beklagten unternommene Kontopfändung verlief erfolglos.

Mit Schreiben vom 29. September 2015 setzte die Beklagte die Klägerin davon in Kenntnis, dass beabsichtigt sei, ihr gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO die Ausübung des Gewerbes „Grafikdesignerin“ zu untersagen; einen Abdruck hiervon übersandte die Beklagte der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern. Diese führte am 20. Oktober 2015 gegenüber der Beklagten aus, aufgrund des im Schreiben vom 29. September 2015 mitgeteilten Sachverhalts würden mit dem Vorbehalt, dass „entkräftende Unterlagen“ vorgelegt würden, keine Einwendungen gegen eine Gewerbeuntersagung erhoben.

Nachdem die Klägerin mit Schreiben ihres damaligen Bevollmächtigten vom 31. Oktober 2015 vorgetragen hatte, sie habe mit der Schuldtilgung begonnen, setzte die Beklagte das Gewerbeuntersagungsverfahren am 18. Dezember 2015 bis zum 1. März 2016 aus und forderte die Klägerin auf, bis dahin Bestätigungen über die Einreichung aller ausstehenden Einkommen- und Umsatzsteuererklärungen beim Finanzamt, über die Begleichung der Steuerforderungen sowohl des Freistaates Bayern als auch der Beklagten selbst oder über das Zustandekommen von Ratenzahlungsvereinbarungen mit diesen Gläubigern sowie über die Löschung der sie betreffenden Eintragung im Vollstreckungsportal (bzw. eine Bescheinigung des Gerichtsvollziehers über die Tilgung der dieser Eintragung zugrunde liegenden Forderung) vorzulegen. Auf diese Aufforderung ging der Beklagten nach Aktenlage keine Äußerung der Klägerin zu.

Die Verbindlichkeiten der Klägerin gegenüber der Beklagten verringerten sich bis zum 4. März 2016 auf 10.919,99 €, nachdem sie im Oktober 2015 1.000,- € und im Dezember des gleichen Jahres 700,- € freiwillig entrichtet hatte. Eine Ratenzahlungsvereinbarung mit der Beklagten bestand im letztgenannten Zeitpunkt nicht.

Durch Bescheid vom 7. März 2016 untersagte die Beklagte der Klägerin die Ausübung des Gewerbes „Grafikdesignerin“ als selbständiger Gewerbetreibenden im stehenden Gewerbe (Nummer 1 des Bescheidstenors), ferner Tätigkeiten als Vertretungsberechtigte eines Gewerbetreibenden und als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person sowie „die Ausübung jeglicher selbständigen Tätigkeit“ (Nummer 2 des Bescheidstenors). Gleichzeitig wurde ihr unter Androhung unmittelbaren Zwangs aufgegeben, ihre Tätigkeit spätestens zehn Tage nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Untersagungsverfügung einzustellen.

Den Bescheidsgründen zufolge beliefen sich die aus der gewerblichen Tätigkeit der Klägerin stammenden, beim Finanzamt München aufgelaufenen vollstreckbaren Steuerrückstände am 4. März 2016 auf 36.915,72 €; der Gesamtsteuerrückstand wurde mit 45.483,98 € angegeben. Eine Ratenzahlungsvereinbarung habe nicht bestanden; zwei freiwillig erbrachte Zahlungen hätten keine nennenswerte Verringerung der Steuerschulden bewirkt.

3. Im Rahmen der Begründung der gegen diesen Bescheid erhobenen Anfechtungsklage machte die Klägerin u. a. geltend, sie habe in den Jahren 2015 und 2016 Zahlungen auf ihre Umsatz- und Gewerbesteuerschulden geleistet; wegen der von ihr angegebenen Beträge wird auf die Aufstellungen in Abschnitt II.2 der Klagebegründungsschrift vom 31. Mai 2016 sowie in der Anlage zu jenem Schriftsatz verwiesen. Außerdem entrichte sie die laufend fällig werdenden Steuern in vollem Umfang.

Nach Darstellung der Beklagten hat die Klägerin vor dem 29. Juni 2016 die die Jahre 2013 und 2014 betreffenden steuerlichen Unterlagen beim Finanzamt eingereicht. Ihr dort bestehender Steuerrückstand habe sich damals auf 46.634,61 € belaufen. Die Gewerbesteuerschulden der Klägerin bezifferte die Beklagte am 29. Juni 2016 auf 10.343,00 €.

Durch Urteil vom 20. März 2017 wies das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet ab. Das dem Bescheid vom 7. März 2016 vorausgegangene Verwaltungsverfahren sei allerdings insofern fehlerhaft gewesen, als sowohl die Klägerin selbst als auch die Industrie- und Handelskammer nur zur Untersagung des konkret ausgeübten Gewerbes, nicht aber zur Möglichkeit einer erweiterten Gewerbeuntersagung angehört worden seien. Dieser Verfahrensmangel ziehe indes nicht die Aufhebung des angefochtenen Bescheids nach sich, da es im Sinn von Art. 46 BayVwVfG offensichtlich sei, dass er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe. Es sei nicht erkennbar, dass die Beklagte das ihr nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO eingeräumte Ermessen in Anbetracht der Steuerrückstände der Klägerin, der von ihr nicht erfüllten steuerlichen Erklärungspflichten und der Eintragung im Vollstreckungsportal anders ausgeübt hätte, wenn die Klägerin und die Industrie- und Handelskammer vor der Entscheidung ordnungsgemäß angehört worden wären. Auf die weiteren Darlegungen in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 20. März 2017 wird Bezug genommen.

4. Auf den von der Klägerin gestellten Antrag hin, gegen dieses Urteil die Berufung zuzulassen, hat der Verwaltungsgerichtshof sie aufgefordert, die Gesamtheit der Tätigkeiten, die sie im ersten Quartal 2016 ausgeübt hat, schriftlich substantiiert darzustellen sowie Unterlagen einzureichen, die die Vollständigkeit und Richtigkeit ihrer Angaben belegen, ferner Augenscheinsobjekte vorzulegen, die Aufschluss darüber ermöglichen, ob die von ihr im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit erstellten Objekte als „Kunst“ verstanden werden können.

In Erledigung dieses Ersuchens hat die Klägerin Fotografien übersandt, die von ihr geschaffene „Lichtobjekte“ sowie von ihr gestaltete Metall- und Holzplatten sowie deren Präsentation auf Ausstellungen zeigen würden (Anlagen 1.d bis 1.f zum Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 27.6.2017). Sie habe ferner die Bildfigur des „Hector“ zu den Büchern des französischen Autors L* … geschaffen, an der ihr das Urheberrecht zustehe und die zum Erkennungszeichen einer (Hör-)Buchreihe geworden sei (vgl. das letzte Blatt der Anlage 1.c zum Schreiben der Klagebevollmächtigten vom 27.6.2017). Diese Betätigungen würden zweifelsfrei dem Kunstbegriff unterfallen.

Dies gelte aber auch für die von ihr erstellten Gebrauchsgrafiken, wie sie in der Anlage 1.c zum Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 27. Juni 2017 (mit Ausnahme des dortigen letzten Blatts) abgebildet seien. Diese Gebrauchsgrafiken und Werbefotografien seien nicht lediglich aus Versatzstücken zusammengestellt, sondern individuell gestaltet, wobei künstlerische Gestaltungshöhe erreicht werde. Der gewerbliche Verwendungszweck eines Objekts stehe nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte der Bejahung eines Kunstgegenstandes dann nicht entgegen, wenn der Kunstwert den Gebrauchswert übersteige.

Vorgelegt hat die Klägerin u. a. ferner von ihr ausgestellte, an eine l* … GmbH gerichtete Rechnungen über von ihr in den Monaten September 2015 bis April 2016 auf der Grundlage eines Stundenhonorars von 24,00 € netto (ab dem 15.2.2016 von 26,00 € netto) durchgeführte Auftragsarbeiten im Umfang von jeweils 80 (in einem Fall von 79,61) Stunden. Ausweislich des von ihr am 10./11. Februar 2014 mit diesem Unternehmen geschlossenen Vertrags übernahm sie damals als freie Mitarbeiterin die Tätigkeit „Grafik“ im Bereich bzw. in der Abteilung „CRM/Grafik“ der l* … GmbH. Auf die in diesem Vertrag im Einzelnen getroffenen Regelungen wird Bezug genommen.

Die Klägerin verwies ferner darauf, dass sie bei der Künstlersozialkasse renten- und krankenversichert sei, und dass sie Tantiemen der Verwertungsgesellschaft „Bild - Kunst“ erhält. Zur Gewerbeanmeldung sei es aufgrund der durch ihre ausländische Herkunft bedingten Unkenntnis sowie wegen des auf sie diesbezüglich ausgeübten Drucks gekommen.

Mit ihrer durch Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 6. November 2017 (22 ZB 17.828) zugelassenen Berufung beantragt die Klägerin,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 20. März 2017 nach ihren erstinstanzlich gestellten Anträgen zu erkennen,

hilfsweise,

unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Untersagung auf die Gewerbetätigkeit als Grafikdesignerin als selbständige Gewerbetreibende zu beschränken.

Das Verwaltungsgericht habe den doppelten Verfahrensmangel, der in der unterlassenen Anhörung sowohl ihrer eigenen Person als auch der Industrie- und Handelskammer zur erweiterten Gewerbeuntersagung liege, unzutreffend als unerheblich beurteilt. Zudem sei ihre gesamte Tätigkeit als künstlerisch zu qualifizieren, so dass das Gewerberecht vorliegend unanwendbar und der angefochtene Bescheid zur Gänze aufzuheben sei. Unabhängig hiervon habe das Verwaltungsgericht unbeachtet gelassen, dass der Bescheid nicht dem Bestimmtheitsgebot Rechnung trage, da er nicht erkennen lasse, ob der Klägerin nur die Ausübung von als gewerblich einzustufenden Betätigungen untersagt worden sei. Diese Unbestimmtheit sei im Hinblick auf die sich aus § 146 und § 148 GewO ergebenden bußgeld- bzw. strafrechtlichen Sanktionen nicht hinnehmbar. Seitens der l* … GmbH erhalte sie keine Aufträge mehr.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Tätigkeit der Klägerin für die l… GmbH sei nicht künstlerischer, sondern gewerblicher Art gewesen. Von einer eigenschöpferischen, sich nicht in einer funktionalen bzw. dekorativen Gestaltung erschöpfenden Leistung, wie das für Einstufung dieser Betätigung als „Kunst“ erforderlich sei, könne nicht gesprochen werden.

Der Ausspruch über die erweiterte Gewerbeuntersagung trage dem Bestimmtheitsgebot Rechnung. Bereits die in der Betreffzeile des angefochtenen Bescheids enthaltene Wendung „Vollzug der Gewerbeordnung; Gewerbeuntersagungsverfahren“ lasse erkennen, dass sich der Bescheid nur auf die Untersagung eines Gewerbes habe richten können. Außerdem ergebe die gebotene Heranziehung der Bescheidsgründe, dass der Klägerin nur jegliche gewerbliche Tätigkeit habe untersagt werden sollen. Die Tatsache, dass sie Tätigkeiten ausübe, die von der Malerei bis zum gewerblichen Grafikdesign reichten, ändere an der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung ebenso wenig etwas wie der Umstand, dass die Einordnung dieser Tätigkeiten als „gewerblich“ oder „künstlerisch“ schwierig sein könne.

Die unterbliebene Anhörung der Klägerin zur erweiterten Gewerbeuntersagung ziehe deshalb nicht die Aufhebung des angefochtenen Bescheids nach sich, weil offensichtlich sei, dass dieser Umstand die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe. Im Rahmen der erfolgten Anhörung zur Untersagung des konkret ausgeübten Gewerbes habe die Klägerin geltend gemacht, eine solche Maßnahme gefährde ihre Existenz. Da diesem Gesichtspunkt auch bei einer erweiterten Gewerbeuntersagung maßgebliche Bedeutung zukomme, sei offensichtlich, dass sie hinsichtlich des auf § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO gestützten behördlichen Ausspruchs keine weiteren Aspekte hätte vortragen können, die sich auf die Entscheidung der Beklagten hätten auswirken können.

Die unterbliebene Anhörung der Industrie- und Handelskammer zur erweiterten Gewerbeuntersagung könne u. a. nach der Nummer 6.4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Vollzug des § 35 GewO dann unterbleiben, wenn sie offensichtlich nicht sachdienlich sei. Das sei dann der Fall, wenn eine Anhörung keine weitere Sachaufklärung erwarten lasse. Da sich die Industrie- und Handelskammer für den Fall der Beibringung von Unterlagen, die den ihr zur Kenntnis gebrachten Sachverhalt entkräften würden, eine Modifizierung ihrer Stellungnahme vorbehalten habe, die Steuerrückstände der Klägerin jedoch festgestanden hätten, liege auf der Hand, dass eine erneute Anhörung der Industrie- und Handelskammer eine bloße Förmelei dargestellt hätte. Eine solche Verfahrenshandlung sei deshalb ermessensfehlerfrei unterblieben. Unabhängig hiervon lägen auch insoweit die Voraussetzungen des Art. 46 BayVwVfG vor.

Wegen des Verfahrensgangs und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und den vom Verwaltungsgericht beigezogenen Vorgang der Beklagten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung bleibt insoweit ohne Erfolg, als sich die Klägerin gegen den auf § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO gestützten Ausspruch in der Nummer 1 des Bescheids vom 7. März 2016 wendet (1.). Die unter der Nummer 2 des Tenors des gleichen Bescheids getroffene Regelung kann demgegenüber keinen Bestand haben (2.). Als Folge hiervon war auch der im Satz 1 der Nummer 6 des Bescheidstenors vorgenommene Kostenansatz insofern aufzuheben, als dort eine 400 € übersteigende Gebühr festgesetzt wurde (3.).

1. Die Beklagte hat der Klägerin zu Recht die weitere Ausübung des Gewerbes „Grafikdesignerin“ untersagt, da sie bei Einleitung des Gewerbeuntersagungsverfahrens eine derartige gewerbliche Tätigkeit ausgeübt hat (1.1), sie im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Untersagungsbescheids gewerberechtlich unzuverlässig war (1.2), und die Tatsache, dass eine Betätigung auf dem Gebiet des Grafikdesigns fallweise als „Kunst“ anzusehen sein kann und sie unter dieser Voraussetzung nicht gemäß § 35 Abs. 1 GewO verboten werden darf, der Rechtmäßigkeit der Nummer 1 des streitgegenständlichen Bescheids nicht entgegensteht (1.3).

1.1 Die Tätigkeit, die die Klägerin für die l* … GmbH ausgeübt hat, stellte sich als Ausübung eines Gewerbes dar. Von den Tatbestandsmerkmalen des Gewerbebegriffs bedürfen im gegebenen Fall nur das Erfordernis einer „selbständigen“ Tätigkeit (1.1.1) sowie das Nichtvorliegen einer „höheren“ – hier: künstlerischen – Betätigung (1.1.2) näherer Erörterung.

1.1.1 Dass die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit für die l* … GmbH als Selbständige anzusehen war, folgt nicht bereits daraus, dass sie in dem am 10./11. Februar 2014 geschlossenen Vertrag als „freie Mitarbeiterin“ bzw. „Auftragnehmerin“ bezeichnet wurde und in dieser Vereinbarung von einer freiberuflichen Tätigkeit unter ausdrücklichem Ausschluss eines Arbeitsverhältnisses die Rede ist. Da die an die Arbeitnehmereigenschaft anknüpfende Geltung der Schutzvorschriften des Arbeitsrechts nicht durch Parteivereinbarung abbedungen werden kann (BAG, U.v. 9.6.1993 – 5 AZR 123/92 – juris Rn. 12), würde die bloße Deklarierung einer Beschäftigung als selbständige Tätigkeit, die in Widerspruch zu den tatsächlichen Umständen der Leistungserbringung (vgl. zu deren Maßgeblichkeit z.B. BAG, U.v. 19.11.1997 – 5 AZR 653/96 – BAGE 87, 129/136; U.v. 19.1.2000 – 5 AZR 644/98 – BAGE 93, 218/222) stünde, nicht ausreichen, um eine Anstellung in persönlicher Abhängigkeit – und damit das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses – zu verneinen. Die gebotene Betrachtung des Gesamtbilds der Tätigkeit (vgl. Eisenmenger in Landmann/Rohmer, GewO, Stand März 2018, § 1 Rn. 9) bzw. die erforderliche Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände (BAG, U.v. 19.1.2000 – 5 AZR 644/98 – BAGE 93, 218/223; B.v. 26.9.2002 – 5 AZB 19/01 – juris Rn. 70) führt jedoch zu dem Ergebnis, dass die Klägerin gegenüber der l* … GmbH als selbständige Werkunternehmerin oder Auftragnehmerin tätig wurde, ohne dort in abhängiger Stellung beschäftigt gewesen zu sein.

Hierbei wird nicht verkannt, dass der Vertrag vom 10./11. Februar 2014 Elemente aufweist, die für einen Arbeitsvertrag typisch sind. Das gilt namentlich für das vereinbarte feste Stundenhonorar und die Regelung, dass pro Monat höchstens 80 Stunden in Ansatz gebracht werden dürfen; beide Klauseln weisen in ihrer Zusammenschau Parallelen zu einer Beschäftigung im Umfang der Hälfte der weithin üblichen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden auf. Nicht von vornherein außer Betracht bleiben darf ferner, dass es in der Nummer 1 Buchst. a des Vertrages heißt, die Klägerin übernehme die Tätigkeit Grafik „im Bereich/in der Abteilung CRM/Grafik“ der l* … GmbH.

Die letztgenannte Regelung würde jedoch nur dann den Schluss auf die Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin rechtfertigen, wenn sie in die betriebliche Arbeitsorganisation der l* … GmbH eingebunden gewesen wäre (vgl. zur Bedeutung dieses Merkmals für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses z.B. BAG, U.v. 9.6.1993 – 5 AZR 123/92 – juris Rn. 13; U.v. 19.11.1997 – 5 AZR 21/97 – juris Rn. 24; U.v. 19.11.1997 – 5 AZR 653/96 – BAGE 87, 129/135; U.v. 19.1.2000 – 5 AZR 644/98 – BAGE 93, 218/222; B.v. 26.9.2002 – 5 AZB 19/01 – juris Rn. 70). Einer solchen Annahme steht vor allem entgegen, dass sie nach der Nummer 2 des Vertrages vom 10./11. Februar 2014 hinsichtlich der Durchführung ihrer Tätigkeit, insbesondere hinsichtlich der Zeit und des Orts ihrer Leistungserbringung, keinen Weisungen dieses Unternehmens unterlag. Wer aber im Wesentlichen seine Tätigkeit frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann, gilt nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB als selbständig; diese Vorschrift enthält eine über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinausgehende gesetzliche Wertung (BAG, U.v. 19.1.2000 – 5 AZR 644/98 – BAGE 93, 218/223).

Der Bejahung einer selbständigen Tätigkeit stünde es nicht entgegen, wenn die Klägerin – wovon nach Sachlage auszugehen ist – verpflichtet gewesen sein sollte, Vorgaben der l* … GmbH hinsichtlich des Inhalts der grafisch umzusetzenden Werbebotschaften sowie des Zeitpunkts der Ablieferung ihrer Produkte zu beachten. Denn derartigen Weisungen können nach § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB auch Werkunternehmer und gemäß § 665 Satz 1 BGB auch selbständige Auftragnehmer unterliegen. Dass die Klägerin hinsichtlich der fachlichen Umsetzung der ihr erteilten Aufträge frei war, hat sie im letzten Absatz des Schreibens ihrer Bevollmächtigten vom 31. August 2017 im Übrigen ausdrücklich vorgetragen.

Bestätigt wird der selbständige Charakter der von ihr ausgeübten Tätigkeit durch den Umstand, dass der Klägerin nach der Nummer 1 Buchst. b Satz 1 des Vertrages vom 10./11. Februar 2014 kein Anspruch auf die Erteilung von Aufträgen durch die l* … GmbH zustand; eine solche Regelung wäre mit der Pflicht von Arbeitgebern, einen Arbeitnehmer entsprechend der vereinbarten Tätigkeit zu beschäftigen (BAG – GS – B.v. 27.2.1985 – GS 1/84 – BAGE 48, 122/130 - 142), nicht vereinbar. Gegen das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses spricht ferner, dass die Klägerin nach der Nummer 1 Buchst. b Satz 2 des Vertrages ihrerseits berechtigt war, Aufträge der l* … GmbH abzulehnen, und dass sie die vertraglich geschuldeten Leistungen – wenn auch unter dem Vorbehalt der Zustimmung dieses Unternehmens – durch eigene Mitarbeiter oder Dritte erbringen lassen konnte (vgl. zu letzterem die Nummer 6 des Vertrages). Da nach § 613 Satz 1 BGB ein zu Dienstleistungen Verpflichteter im Zweifel in eigener Person tätig zu werden hat, stellt die Befugnis, die geschuldete Leistung auf Dritte zu delegieren, im Rahmen der anzustellenden Gesamtwürdigung ebenfalls ein Indiz dar, das gegen die Arbeitnehmereigenschaft spricht (BAG, U.v. 19.11.1997 – 5 AZR 653/96 – BAGE 87, 129/137 f.). Die Regelung in der Nummer 1 Buchst. a des Vertrages kann vor dem Hintergrund all dieser Gegebenheiten nur als Ausdruck der Tatsache verstanden werden, dass die Klägerin Aufgaben wahrgenommen hat, die aus der Abteilung „Grafik“ der l* … GmbH ausgegliedert und auf Selbständige übertragen wurden.

Wenn die Klägerin in den der l* … GmbH ausgestellten Rechnungen die auf ihre Entgeltforderung entfallende Mehrwertsteuer jeweils gesondert ausgewiesen und die l* … GmbH diese Beträge, die zu dem in der Nummer 4 Buchst. a Satz 1 des Vertrages genannten Honorar hinzutraten, an sie überwiesen hat, so zeigt das, dass der Vertrag vom 10./11. Februar 2014 auch tatsächlich in Übereinstimmung mit seinem Wortlaut (vgl. die umsatzsteuerrechtliche Regelung in der dortigen Nummer 4 Buchst. b) vollzogen wurde.

1.1.2 Der Einordnung der von der Klägerin für die l* … GmbH erbrachten Leistungen als gewerblich steht es nicht entgegen, dass Tätigkeiten „höherer Art“, zu denen u. a. die Schaffung von Kunstwerken gehört, nicht dem Gewerbebegriff unterfallen. Denn den von ihr für dieses Unternehmen erstellten Werbegrafiken kommt nicht der Charakter von Kunst zu.

Die Unmöglichkeit, den Begriff der Kunst abschließend zu definieren, entbindet den Rechtsanwender nicht von der Pflicht, im Einzelfall darüber zu befinden, ob die Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vorliegen, da der aus diesem Grundrecht folgende Schutzauftrag andernfalls leerlaufen könnte (vgl. BVerfG, B.v. 17.7.1984 – 1 BvR 816/82 – BVerfGE 67, 213/225). Im vorliegenden Fall genügt die Feststellung, dass die von der Klägerin für die l* … GmbH erstellten Erzeugnisse keinem der Erfordernisse genügen, die in der Rechtsprechung und der Rechtswissenschaft entwickelt wurden, um den Begriff der „Kunst“ so weit zu konturieren, dass er in der Praxis handhabbar wird. Ein dergestalt topischer Ansatz trägt zugleich dem Umstand Rechnung, dass keiner der im juristischen Diskurs unternommenen Versuche, den Bedeutungsgehalt des Kunstbegriffs zu bestimmen, frei von Schwächen und Einseitigkeiten ist und nur ein kumulativer Rekurs auf die in Erwägung zu ziehenden Kriterien dem Facettenreichtum künstlerischen Tuns in Vergangenheit und Gegenwart gerecht wird.

1.1.2.1 In der Mehrzahl seiner zu Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ergangenen Entscheidungen hat das Bundesverfassungsgericht das Wesen der künstlerischen Betätigung in der freien schöpferischen Gestaltung erblickt, in der Eindrücke, Erfahrungen oder Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden (BVerfG, B.v. 24.2.1971 – 1 BvR 435/68 – BVerfGE 30, 173/188 f.; B.v. 17.7.1984 – 1 BvR 816/82 – BVerfGE 67, 213/226; B.v. 3.6.1987 – 1 BvR 313/85 – BVerfGE 75, 369/377; B.v. 27.11.1990 – 1 BvR 402/87 – BVerfGE 83, 130/138; B.v. 13.6.2007 – 1 BvR 1783/05 – BVerfGE 119, 1/20 f.). Das Vorliegen eines Kunstwerks setzt danach eine Schöpfung voraus, die „primär nicht Mitteilung, sondern Ausdruck, und zwar unmittelbarster Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers“ ist (BVerfG, B.v. 24.2.1971 – 1 BvR 435/68 – BVerfGE 30, 173/189; B.v. 17.7.1984 – 1 BvR 816/82 – BVerfGE 67, 213/226).

Die Werbegrafiken, die die Klägerin auf den Blättern 1 bis 5 der Anlage 1c zum Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 27. Juni 2017 vorgelegt hat, genügen diesem „materialen Kunstbegriff“ offensichtlich nicht. Denn sie beschränken sich auf die Übermittlung der Information, Waren von welcher Art innerhalb welcher Preisgruppen bzw. mit welcher (maximalen) Preisermäßigung bei der l* … GmbH erworben werden konnten; teilweise wurde auch nur ein prozentualer Ermäßigungssatz oder ein Ermäßigungsbetrag, ggf. verbunden mit der Erwähnung der „Anknüpfungstatsache“ für die Reduzierung, genannt. Eine – wie auch immer geartete – Konnotation mit einer spezifischen Vorstellungs- oder Erlebniswelt der Klägerin, in der ihre höchstpersönliche, unverwechselbare „Handschrift“ sichtbar wird, lässt sich in keiner der von ihr zur Verfügung gestellten Arbeiten erkennen. Dieser Befund liegt derart klar zutage, dass das Gericht die vorbezeichnete Feststellung ohne sachverständige Unterstützung treffen kann. Nur in „Grenz- und Übergangsfällen“ setzt die Bejahung bzw. Verneinung der Einstufung eines Erzeugnisses als Kunst die Einholung eines Gutachtens voraus (BFH, U.v. 14.12.1976 – VIII R 76/75 – juris Rn. 24 f.; B.v. 1.6.2006 – IV B 200/04 – juris Rn. 21), sofern das Gericht nicht ausnahmsweise auch insofern über die für die Beurteilung derartiger Konstellationen erforderliche Sachkunde verfügt (vgl. zu einer solchen Fallgestaltung FG München, U.v. 10.7.2014 – 15 K 2275/11 – juris Rn. 28),

1.1.2.2 Im Beschluss vom 17. Juli 1984 (1 BvR 816/82 – BVerfGE 67, 213/226 f.) hat das Bundesverfassungsgericht die vorgenannten Kriterien um den Hinweis darauf ergänzt, dass die Einstufung eines Objekts als Kunstwerk auch dann geboten sein kann, wenn „bei formaler, typologischer Betrachtung die Gattungsanforderungen eines bestimmten Werktyps erfüllt sind“. Auch wenn Werbegrafiken fallweise die Grenze zur Kunst überschreiten können, so kann doch keine Rede davon sein, in Kunstfragen kompetente Personen (vgl. zu diesem Erfordernis z.B. Wendt in v. Münch/Kunig, GG, 6. Aufl. 2012, Art. 5 Rn. 92) sähen derartige bildliche Darstellungen als eine typische, tradierte Erscheinungsform künstlerischen Schaffens an. Der „formale Kunstbegriff“ (BVerfG, B.v. 17.7.1984 – 1 BvR 816/82 – BVerfGE 67, 213/227) versagt hier in ähnlicher Weise wie bei Fotografien oder bei Bauwerken: Auch insoweit lässt sich über die Kunsteigenschaft eines Objekts nicht bereits aus seiner Zugehörigkeit zu einer Gattung, sondern erst unter Hinzunahme weiterer Kriterien befinden (vgl. von Arnauld in Bonner Kommentar zum GG, Stand Mai 2017, Art. 5 Abs. 3 Rn. 52).

1.1.2.3 Im Beschluss vom 17. Juli 1984 (1 BvR 816/82 – BVerfGE 67, 213/227) hat sich das Bundesverfassungsgericht im Übrigen ebenfalls nicht mit der Zugehörigkeit der seinerzeit zu beurteilenden Bühnenaufführung zur Gattung „Theater“ begnügt, sondern zusätzlich danach gefragt, ob dem zu beurteilenden Werk „im Wege einer fortgesetzten Interpretation immer weiterreichende Bedeutungen zu entnehmen“ sind, „so dass sich eine praktisch unerschöpfliche, vielstufige Informationsvermittlung“ ergebe. Auch auf der Grundlage dieses „kommunikativen Kunstbegriffs“ (von Arnauld in Bonner Kommentar zum GG, Stand Mai 2017, Art. 5 Abs. 3 Rn. 54 – 59) lässt sich ein künstlerischer Charakter der von der Klägerin geschaffenen Werbegrafiken nicht bejahen. Denn sie sind zweifelsfrei weder geeignet noch auch nur darauf angelegt, in der Person des Betrachters Prozesse auszulösen, die auf eine über die Rezeption der offen zutage liegenden kommerziellen Botschaft hinausgehende Entschlüsselung der bildlichen Darstellung abzielen; dass ihnen eine oder mehrere den vordergründigen Informationsgehalt transzendierende Bedeutungsebenen innewohnen, kann mit Sicherheit ausgeschlossen werden.

1.1.3 Wie im Umkehrschluss aus § 35 Abs. 1 Satz 3 GewO folgt, setzt ein auf § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO gestützter Ausspruch voraus, dass das untersagte Gewerbe im Zeitpunkt der Einleitung des Gewerbeuntersagungsverfahrens tatsächlich ausgeübt wurde (BVerwG, U.v. 16.3.1982 – 1 C 124.80 – juris Rn. 14; B.v. 19.2.1993 – 1 B 20.93 – GewArch 1995, 117; U.v. 14.7.2003 – 6 C 10.03 – DVBl 2004, 129/130). „Eingeleitet“ ist ein Gewerbeuntersagungsverfahren dann, wenn die Behörde eine nach außen wirkende Tätigkeit im Sinn von Art. 9 BayVwVfG entfaltet hat, die auf die Prüfung der Voraussetzungen eines auf § 35 Abs. 1 Satz 1 oder auf § 35 Abs. 7a GewO gestützten Verwaltungsakts gerichtet ist. Das dem Bescheid vom 7. März 2016 vorausgehende Verwaltungsverfahren wurde danach am 25. August 2015 in Gang gesetzt, da die Beklagte damals Auskunftsersuchen an die Staatsanwaltschaft München sowie zwei Abteilungen des Amtsgerichts München richtete, um Informationen über Umstände zu erlangen, die für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit der Klägerin von Bedeutung sein konnten. Derartige Maßnahmen der Sachverhaltsaufklärung stellen auch dann eine „nach außen wirkende Tätigkeit“ im Sinn von Art. 9 BayVwVfG dar, wenn sie sich an Stellen innerhalb der öffentlichen Gewalt richten, sofern diese sich hinreichend deutlich von derjenigen verwaltungsorganisatorischen Einheit unterscheiden, die für den Erlass der Untersagungsverfügung zuständig ist (vgl. Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 9 Rn. 117 f.; im Ergebnis ähnlich Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, Stand März 2018, § 35 Rn. 97). Da der Vertrag zwischen der Klägerin und der l* … GmbH bereits im Februar 2014 geschlossen wurde und sie diesem Unternehmen jedenfalls bis Ende April 2016 Rechnungen über erbrachte Leistungen ausgestellt hat, ist nicht zweifelhaft, dass sie Ende August 2015 das Gewerbe „Grafikdesign“ tatsächlich ausgeübt hat.

1.2 Die Klägerin war im insoweit maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt (nämlich beim Erlass bzw. bei der am 9.3.2016 erfolgten Bekanntgabe des Bescheids vom 7.3.2016; vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 146.80 – BVerwGE 65, 1/2 f.) unzuverlässig, da sie zuvor über eine beträchtliche Zeit hinweg ihrer Steuerentrichtungspflicht nicht nachgekommen war und sie zudem, wie aus den erfolglos gebliebenen Vollstreckungsversuchen und der sie betreffenden Eintragung im Vollstreckungsportal folgt, wirtschaftlich nicht leistungsfähig war. Hinzu kam, dass sie hinsichtlich des Jahrs 2013 ihre Steuererklärungspflicht nicht erfüllt hat, und dass es ihr an der erforderlichen Rechtstreue fehlte. Letzteres folgt daraus, dass sie entgegen der sich aus § 802c Abs. 1 Satz 1 ZPO oder § 284 Abs. 1 Satz 1 AO ergebenden Verpflichtung der Aufforderung des Gerichtsvollziehers oder der Vollstreckungsbehörde, eine Vermögensauskunft abzugeben, jedenfalls zunächst nicht nachgekommen ist, so dass zu diesem Zweck die Anordnung der Erzwingungshaft (§ 802g ZPO bzw. § 284 Abs. 8 AO) erforderlich wurde.

Die Zahlungen, die sie bis zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt an das Finanzamt und die Beklagte erbracht hat, vermögen an diesem Befund nichts zu ändern, da sie angesichts der nur begrenzten Höhe dieser Leistungen und der unsystematischen Art der Versuche, die insoweit bestehenden Schulden zu verringern, nicht die Prognose rechtfertigten, die Klägerin werde ihren Pflichten als Gewerbetreibende künftig ordnungsgemäß nachkommen. Letzteres wäre nur der Fall, wenn die Zahlungen den Schluss erlaubt hätten, es werde ihr gelingen, jedenfalls den größten Teil der bestehenden Verbindlichkeiten innerhalb eines überschaubaren Zeitraums wegzufertigen. Hiervon kann angesichts der Höhe der im Zeitpunkt der Zustellung des Untersagungsbescheids weiterhin bestehenden Steuerrückstände keine Rede sein. Da nach dem 9. März 2016 liegende Verhaltensweisen der Klägerin bei der Beurteilung ihrer gewerberechtlichen Zuverlässigkeit außer Betracht bleiben müssen (BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 146.80 – BVerwGE 65, 1/2 f.), ist lediglich nachrichtlich anzumerken, dass die von ihr nach Bescheidserlass abgegebenen Steuererklärungen und die seither geleisteten Zahlungen ebenfalls zu keiner effektiven Reduzierung der Gesamtheit der gegen sie gerichteten Steuerforderungen geführt haben. Nach glaubhafter Darstellung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof hat die Klägerin nunmehr zwar die Forderungen des Stadtsteueramtes vollständig getilgt; dem steht jedoch ein Anstieg der Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt auf 53.028,55 € gegenüber.

Dahinstehen kann, ob die Behauptung der Klägerin zutrifft, ein Teil ihrer Steuerschulden beruhe darauf, dass sie gemeinsam mit ihrem Ehemann veranlagt worden sei. Sollte diese Einlassung zutreffen, käme ihr hinsichtlich dieser Forderungen gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 AO die Rechtsstellung einer Gesamtschuldnerin zusammen mit ihrem Ehemann zu. Dies hätte nach § 44 Abs. 1 Satz 2 AO zur Folge, dass in der Person ihres Ehegatten entstandene steuerliche Verbindlichkeiten eigenen Steuerschulden der Klägerin gleichstehen.

1.3 Wie vor allem die Rechtsprechung der Gerichte der Finanzgerichtsbarkeit zur Abgrenzung zwischen gewerbesteuerpflichtigen und – wegen des künstlerischen Charakters der erstellten Werke – nicht gewerbesteuerpflichtigen Betätigungen von Gebrauchs- oder Werbegrafikern zeigt (vgl. z.B. BFH, B.v. 1.6.2006 – IV B 200/04 – juris; FG Düsseldorf, U.v. 5.11.2004 – 1 K 3118/02 G – juris; FG Köln, U.v. 15.2.2006 – 14 K 7867/98 – juris; FG RhPf, U.v. 24.10.2013 – 6 K 1301/10 – juris; FG München, U.v. 10.7.2014 – 15 K 2275/11 – juris), kann auch eine Tätigkeit als Grafikdesigner je nach Lage des einzelnen Falles nichtgewerblichen Charakter aufweisen. Dieser Umstand lässt die Rechtmäßigkeit der Nummer 1 des Tenors des Bescheids vom 7. März 2016 jedoch unberührt.

Dass es der Klägerin hierdurch selbst dann nicht verboten wird, als „Kunst“ einzustufende Objekte wirtschaftlich zu verwerten, wenn diese dem Gattungsbegriff des „Grafikdesigns“ zuzuordnen sind, folgt daraus, dass die Nummer 1 des Bescheidstenors ausdrücklich nur die Untersagung des „Gewerbes“ einer Grafikdesignerin „als selbständiger Gewerbetreibenden im stehenden Gewerbe“ zum Gegenstand hat. Damit sind Betätigungen, die wegen ihres künstlerischen Charakters nicht dem Gewerbebegriff unterfallen, zweifelsfrei aus dem Geltungsbereich des der Klägerin durch diesen Teil des streitgegenständlichen Bescheids erteilten Rechtsbefehls ausgenommen.

Der Verwaltungsgerichtshof verkennt hierbei nicht, dass diese – formal gesehen eindeutige – Regelung wegen der hochgradigen Unbestimmtheit des Kunstbegriffs dann Schwierigkeiten aufwerfen kann, wenn entweder die Klägerin selbst oder die Beklagte oder aber ein Gericht darüber zu befinden haben, ob eine Betätigung von der in der Nummer 1 des streitgegenständlichen Bescheids getroffenen Regelung erfasst wird. Gesteigertes Gewicht erlangt diese Unsicherheit durch die Tatsache, dass bereits ein einmaliger Verstoß gegen eine vollziehbare Gewerbeuntersagung (diese Voraussetzung erfüllt der Bescheid vom 7.3.2016 gemäß § 80b Abs. 1 Satz 1 VwGO seit dem 29.8.2017) nach § 146 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a GewO eine Ordnungswidrigkeit darstellt, und dass § 148 Nr. 1 GewO die beharrliche Begehung derartiger Taten mit Kriminalstrafe bedroht.

Möglichkeiten, dem gesetzlichen Bestimmtheitserfordernis (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) in noch größerem Maß Rechnung zu tragen, als dies durch die mehrfach zum Ausdruck gebrachte Beschränkung der Nummer 1 des Bescheidstenors auf gewerbliche Betätigungen (und die damit implizit erfolgte Ausklammerung künstlerischer Tätigkeiten aus dem Anwendungsbereich dieser Regelung) bereits erfolgt ist, sind indes nicht ersichtlich. Namentlich hätte die Aufnahme einer Aussage in den Bescheidstenor oder die Bescheidsgründe, der zufolge die wirtschaftliche Verwertung eigener Erzeugnisse der Klägerin, die als „Kunst“ einzustufen sind, auch dann nicht von dem auf § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO gestützten Ausspruch erfasst wird, wenn solche Werke mit den Mitteln des Grafikdesigns geschaffen wurden (vgl. die im Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 31.7.1990 – Bf VI 71/90 – juris Rn. 18 referierte Vorgehensweise der dortigen Gewerbebehörde in einer vergleichbaren Fallgestaltung), die Rechtsanwendungssicherheit im Ergebnis in keiner Weise erhöht. Denn durch einen solchen klarstellenden Vermerk würde z.B. die zutreffende Beantwortung der Frage, ob die Klägerin weiterhin zum Zweck der Einnahmeerzielung Bucheinbände in der Weise gestalten darf, wie sie dies ausweislich des letzten Blatts der Anlage 1c zum Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 27. Juni 2017 in der Vergangenheit getan hat, nicht einmal ansatzweise erleichtert: Anders als das bei den von ihr erstellten Werbegrafiken der Fall ist, lässt es sich nach Auffassung des erkennenden Senats nicht eindeutig beantworten, ob diese Erzeugnisse der Klägerin, die sich grafischer Mittel (Bild, Farbe, Zeichnung und Text) bedienen und deshalb wohl als „Grafikdesign“ verstanden werden müssen, künstlerischen Charakter aufweisen oder nicht.

Die bestehende Unsicherheit im „künstlerischen Grenzbereich“ bedeutet jedoch nicht, dass deshalb die von der Beklagten ausgesprochene Untersagung des von der Klägerin konkret ausgeübten Gewerbes hätte unterbleiben müssen. Will die Klägerin bei der Einstufung als Kunst oder Nicht-Kunst kein Risiko eingehen, steht es ihr frei, sich in nicht eindeutigen Fallgestaltungen um eine Klärung vor der kommerziellen Verwertung der betreffenden Werke zu bemühen. Der Senat verweist insoweit auf die vom Freistaat Bayern eingerichteten Gutachterausschüsse (vgl. die Verfügung des Bayerischen Landesamtes für Steuern vom 25.2.2016 – S 2246.1.1-1/6 St32, die über den Internetauftritt dieser Behörde allgemein zugänglich ist); zwei dieser Gremien wurden eigens für Begutachtungen auf dem Gebiet der Gebrauchsgrafik (und des Fotodesigns) gebildet.

Nicht entgegensetzen könnte die Klägerin den Schutz der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, Art. 108 der Verfassung des Freistaates Bayern) dem Geltungsanspruch der ihr gegenüber erlassenen Gewerbeuntersagung allerdings dann, wenn die wirtschaftliche Verwertung von als „Kunst“ einzustufenden Werken in untrennbarem Zusammenhang mit der Ausübung einer vom streitgegenständlichen Bescheid erfassten gewerblichen Betätigung durch sie stünde. Denn der durch § 35 Abs. 1 GewO bezweckte Schutz der Allgemeinheit und von künftigen potenziellen Vertragspartnern vor den Nachteilen, die aus der Teilnahme einer gewerberechtlich unzuverlässigen Person am Wirtschaftsverkehr erwachsen können, gebietet es, dem Betroffenen bei einer nicht auflösbaren Gemengelage zwischen gewerblicher und künstlerischer Tätigkeit eine Berufung auf den Wirkbereich der Kunstfreiheit zu versagen (OVG Hamburg, U.v. 31.7.1990 – Bf VI 71/90 – NJW 1991, 1500/1501 f.; SächsOVG, B.v. 23.8.2011 – 3 B 247/10 – juris Rn. 9).

2. Keinen Bestand kann demgegenüber der auf § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO gestützte Ausspruch in der Nummer 2 des Bescheidstenors haben.

2.1 Die Beklagte ging allerdings zu Recht davon aus, dass im gegebenen Fall die Voraussetzungen einer erweiterten Gewerbeuntersagung vorlagen. Denn die von der Klägerin verwirklichten Unzuverlässigkeitstatbestände beschränken sich nicht auf das Gewerbe „Grafikdesignerin“, sondern sind für alle Arten gewerblicher Betätigungen einschlägig. Ebenfalls erfüllt ist die weitere Voraussetzung, dass keine besonderen Umstände vorliegen dürfen, die die künftige Ausübung eines anderen Gewerbes durch die Klägerin oder ihr Wechseln in eine Vertreter- bzw. Betriebsleiterposition als ausgeschlossen erscheinen lassen (vgl. zu diesem Kriterium BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17.79 – BVerwGE 65, 9/11). Die Wahrscheinlichkeit einer anderweitigen Gewerbeausübung durch sie folgt vielmehr bereits daraus, dass sie trotz eingetretener Unzuverlässigkeit an der Ausübung ihres Gewerbes festgehalten hat (vgl. auch dazu BVerwG, U.v. 2.2.1982 a.a.O. S. 11); ihrem eigenen Bekunden in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof zufolge endete die Tätigkeit für die l* … GmbH erst dadurch, dass sie seitens dieses Unternehmens keine Aufträge mehr erhalten hat.

2.2 Die in der Nummer 2 des streitgegenständlichen Bescheids getroffene Regelung, der Klägerin „die Ausübung jeglicher selbständigen Tätigkeit“ zu untersagen, ist jedoch deshalb nicht rechtens, weil sie sich nicht auf gewerbliche Betätigungen beschränkt. Die insoweit fehlende Begrenzung dieses Ausspruchs im Bescheidstenor wäre allerdings dann unschädlich, wenn sich aus den Bescheidsgründen zweifelsfrei ergäbe, dass der Klägerin nur die Ausübung anderer Gewerbe untersagt werden sollte; denn der Regelungsgehalt eines Bescheids ist auf der Grundlage einer Zusammenschau des Tenors und der Gründe zu bestimmen. Auf den Seiten 6 und 7 des Bescheidsumdrucks (die dortigen Ausführungen dienen der Begründung der Nummer 2 des Tenors) finden sich zwar zahlreiche Wendungen, in denen von einer beabsichtigten Verhinderung der künftigen Ausübung „anderer Gewerbe“ durch die Klägerin die Rede ist; der zweite Absatz auf Seite 6 spricht ausdrücklich von einer Erstreckung der Untersagungsverfügung „auf die Ausübung jeglichen Gewerbes als selbständigem Gewerbetreibenden im stehenden Gewerbe“. Die Aussagekraft dieser Formulierungen wird jedoch dadurch entscheidend relativiert, dass die Bescheidsgründe im vorletzten Absatz auf Seite 7 die Ausdehnung der Untersagung auf „die Ausübung jeglicher selbständigen Tätigkeit“ als zwingend geboten bezeichnen. Die Bescheidsgründe wiederholen damit an hervorgehobener Position (der vorletzte Absatz auf Seite 7 resümiert gleichsam die vorangehenden Erwägungen, ehe die angestellten Ermessenserwägungen dargelegt werden) die „zu weit geratene“ Formulierung, die sich bereits an noch bedeutsamerer Stelle – nämlich in der Nummer 2 des Bescheidstenors – findet.

Es kann dahinstehen, ob ein solcher Umstand in anders gelagerten Fällen die Aufhebung eines auf § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO gestützten Ausspruchs rechtfertigen würde. Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass die Klägerin bereits in der Vergangenheit neben dem nunmehr untersagten Gewerbe künstlerische – und damit nicht dem Gewerbebegriff unterfallende – Tätigkeiten ausgeübt hat (ihre in den Anlagen 1d bis 1f zum Schreiben ihrer Bevollmächtigten abgebildeten Werke genügen jedenfalls dem vorstehend dargestellten „formalen Kunstbegriff“); angesichts ihrer Vorbildung muss konkret damit gerechnet werden, dass sie Interesse daran besitzt, derartigen Betätigungen auch künftig nachgehen zu dürfen. Vor dem Hintergrund der straf- und bußgeldrechtlichen Sanktionen, die die Rechtsordnung auch an die Missachtung einer auf § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO gestützten Regelung knüpft, ist es geboten, jedenfalls in derartigen Sachverhaltsgestaltungen auf einer eindeutigen Fassung des von der Behörde erlassenen Rechtsbefehls zu bestehen.

Dies gilt umso mehr, als sich dies durch eine minimale sprachliche Veränderung der Nummer 2 des Bescheidstenors („Ausübung jeglicher gewerblichen Tätigkeit“ statt „Ausübung jeglicher selbständigen Tätigkeit“) hätte erreichen lassen. Gerade weil die behördliche Praxis nach der Kenntnis des Verwaltungsgerichtshofs nahezu durchgängig auf derartige oder vergleichbare Formulierungen zurückgreift und auch § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO ausdrücklich nur zur Untersagung anderer oder aller „Gewerbe“ ermächtigt, konnte sich für die Klägerin angesichts der ebenfalls nicht eindeutigen Fassung der Bescheidsgründe die Frage stellen, ob die Beklagte ihr Betätigungen auch im nichtgewerblichen Bereich verbieten wollte.

2.3 Unabhängig von alledem war die Nummer 2 des Bescheidstenors (auch insoweit, als der Klägerin darin Tätigkeiten als Vertretungsberechtigte eines Gewerbetreibenden und als Leiterin eines Gewerbebetriebs untersagt wurden) deshalb aufzuheben, weil entgegen § 35 Abs. 4 Satz 1 und 2 GewO die Industrie- und Handelskammer zu diesem Ausspruch nicht angehört wurde. Die Beklagte hat dieser Körperschaft zwar einen Abdruck des an die Klägerin gerichteten Anhörungsschreibens vom 29. September 2015 zur Kenntnis gebracht; darin war jedoch ausschließlich von der beabsichtigten Untersagung des konkret ausgeübten Gewerbes „Grafikdesign“ die Rede. Die ihr übersandte Unterlage gab der Industrie- und Handelskammer deshalb keinen Anlass, sich zu der Frage zu äußern, ob nach ihrer Auffassung die Tatbestandsvoraussetzungen des § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO vorlagen, und welche Gesichtspunkte aus ihrer Sicht im Rahmen der Ausübung des durch diese Vorschrift eröffneten Ermessens ggf. von Bedeutung sind. Keine Kenntnis erlangt hat die Industrie- und Handelskammer durch eine derartige Zuleitung vor allem von der doppelten Problematik, die zum einen darin besteht, dass eine Betätigung auf dem Gebiet des Grafikdesigns sowohl gewerblicher als auch künstlerischer Natur sein kann, und die zum anderen daraus resultiert, dass vor allem bei einem auf § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO gestützten Ausspruch in Rechnung gestellt werden musste, dass die Klägerin bereits in der Vergangenheit Werke erstellt hatte, die jedenfalls dem formalen Kunstbegriff unterfallen, ohne dass sie (wie z.B. bei den in den Anlagen zum Schreiben der Klagebevollmächtigen vom 27.6.2017 abgebildeten „Lichtobjekten“ der Fall) dem Gattungsbegriff „Grafikdesign“ zugeordnet werden können. Da das Ergebnis der Ermittlungen, die die Beklagte nach dem Erhalt der Mitteilung des Finanzamtes vom 26. Mai 2015 über die Art der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit angestellt hatte, im Anhörungsschreiben vom 29. September 2015 keinen Niederschlag fand, hätte sich eine ausreichende Information der Industrie- und Handelskammer zu diesen Aspekten des Rechtsfalles nur durch die – in § 35 Abs. 4 Satz 2 GewO im Übrigen ausdrücklich vorgesehene – Übersendung der insofern einschlägigen Aktenstücke erreichen lassen.

2.3.1 Bei § 35 Abs. 4 Satz 1 GewO handelt es sich zwar um eine Sollvorschrift. Wie alle Sollbestimmungen stellt jedoch auch diese Norm ihren Vollzug nicht in das freie Ermessen der Behörde. Vielmehr hat im Regelfall eine Anhörung stattzufinden; um hiervon in rechtmäßiger Weise absehen zu können, bedarf es eines sachlich tragfähigen Grundes (so zu Recht Heß in Friauf, GewO, Stand April 2016, § 35 Rn. 287; Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, Stand März 2018, § 35 Rn. 168 mit umfangreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Schrifttum). Eine Fallgestaltung, die das Unterbleiben einer Anhörung zu rechtfertigen vermag, gibt das Gesetz in § 35 Abs. 4 Satz 3 GewO selbst vor. Dass vorliegend Gefahr im Verzug gewesen sei, behauptet indes auch die Beklagte nicht. Ermessensfehlerfrei kann die Anhörung der in § 35 Abs. 4 GewO erwähnten Stellen ferner dann unterbleiben, wenn sie offensichtlich nicht sachdienlich sein kann (BVerwG, U.v. 4.11.1965 – I C 6.63 – BVerwGE 22, 286/296). Letzteres setzt allerdings voraus, dass sich bereits auf der Grundlage einer ex-ante-Betrachtung mit der erforderlichen Sicherheit feststellen lässt, die grundsätzlich zu beteiligende Stelle werde zur Vorbereitung einer sachgerechten Entscheidung der Untersagungsbehörde (vgl. zu dieser Funktion der Anhörung BVerwG, U.v. 4.11.1965 a.a.O. S. 296) nichts beitragen können. Dies kann in hochgradig atypisch gelagerten Konstellationen wie der vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 4. November 1965 (a.a.O.) entschiedenen Sachverhaltsgestaltung (sie betraf die Untersagung einer Betätigung als Astrologe, deren Einordnung in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG und deren Beurteilung als gewerblich ausweislich der Ausführungen des Bundesverwaltungsgericht ebenso komplexe rechtliche Erwägungen erforderten wie die Bewertung der Zuverlässigkeit des Betroffenen) u. U. zwar der Fall sein. Vorliegend steht demgegenüber ein Lebenssachverhalt inmitten, der sich hinsichtlich der Umstände, aus denen die Unzuverlässigkeit des Betroffenen resultiert, nicht von der großen Menge der Gewerbeuntersagungsverfahren unterscheidet. Wollte man unterstellen, die Industrie- und Handelskammer könne in einer solchen Konstellation zu der Frage, ob eine erweiterte Gewerbeuntersagung von Rechts wegen ergehen darf und ob (bzw. in welchem Umfang) sie ermessensgerecht ist, nichts beitragen, liefe § 35 Abs. 4 GewO im Widerspruch zur Absicht des Gesetzgebers zu wesentlichen Teilen leer. Eine Besonderheit folgt im gegebenen Fall demgegenüber daraus, dass sich die Klägerin im Grenzbereich zwischen Gewerbe- und Kunstausübung betätigte. Dass die Industrie- und Handelskammer zu der Frage, in welcher Weise dieser Problematik beim Vollzug des § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO Rechnung zu tragen ist, nichts Sachdienliches vorzubringen vermag, kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil es nicht ausgeschlossen erscheint, dass sich ähnlich gelagerte Fragestellungen bei der Beurteilung der Pflichtmitgliedschaft von Grafikdesignern in den Industrie- und Handelskammern sowie im Rahmen des Umfangs ihrer Beitragspflicht zu diesen Körperschaften ergeben können.

2.3.2 Der mithin zu bejahende Anhörungsmangel wurde weder gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 5 BayVwVfG geheilt, noch kann er als unbeachtlich im Sinn von Art. 46 BayVwVfG angesehen werden. Der Annahme, es sei im Sinn der letztgenannten Bestimmung „offensichtlich“, dass die Beklagte die Nummer 2 des Bescheids vom 7. März 2016 auch dann in der geschehenen Weise ausgestaltet hätte, wenn sie die Industrie- und Handelskammer auf ihre Absicht hingewiesen hätte, gegenüber der Klägerin eine Ermessensentscheidung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO zu treffen, steht bereits entgegen, dass mit der Möglichkeit gerechnet werden muss, die Industrie- und Handelskammer könnte in diesem Fall auf die Notwendigkeit hingewiesen haben, einen solchen Ausspruch eindeutig auf gewerbliche Betätigungen zu erstrecken, sonstige (z.B. künstlerische) Tätigkeiten jedoch hiervon auszunehmen.

2.4 Vor diesem Hintergrund kann auf sich beruhen, ob der Verfahrensmangel, der in der ebenfalls unterbliebenen Anhörung der Klägerin zur erweiterten Gewerbeuntersagung liegt, dadurch gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG geheilt wurde, dass sie im Laufe des Berufungsverfahrens Gelegenheit besessen hat, sich zu diesem Gesichtspunkt zu äußern, und dass die Beklagte in Reaktion auf das diesbezügliche Vorbringen zu erkennen gegeben hat, an der getroffenen Entscheidung festhalten zu wollen.

3. Kann nach alledem die Nummer 2 des Bescheidstenors aber keinen Bestand haben, so ist auch die im Satz 1 der Nummer 6 des streitgegenständlichen Bescheids angesetzte Gebühr insoweit aufzuheben, als sie auf die erweiterte Gewerbeuntersagung entfällt. Nach der Tarif-Nr. 5.III.5/15 des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetz darf für eine Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 GewO eine zwischen 50 € und 2.000 € liegende Rahmengebühr erhoben werden. Angesichts des Ermessensspielraums, den Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG der öffentlichen Verwaltung bei der Bemessung der konkreten Gebührenhöhe innerhalb des normativ vorgegebenen Rahmens einräumt, wäre grundsätzlich nichts dagegen zu erinnern, wenn eine Behörde anlässlich eines Bescheids, durch den gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO lediglich das konkret ausgeübte Gewerbe untersagt wird, eine Gebühr von 450 € ansetzen würde, sofern dieser Betrag den beiden in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG vorgegebenen Bemessungskriterien Rechnung trägt. Vorliegend besteht jedoch die Besonderheit, dass die Beklagte ausweislich ihres Vorbringens in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof bei einer „einfachen“ Gewerbeuntersagung in ständiger, gleichförmiger Verwaltungsübung eine Gebühr in Höhe von 400 € ansetzt. Da es im Fall der Klägerin bei dem auf § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO gestützten Ausspruch sein Bewenden hat, kann sie gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV verlangen, in Übereinstimmung mit dieser Praxis der Beklagten behandelt zu werden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO nicht ersichtlich sind.

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 02. Mai 2018 - 22 B 17.2245

Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 02. Mai 2018 - 22 B 17.2245

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 02. Mai 2018 - 22 B 17.2245 zitiert 23 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Gewerbeordnung - GewO | § 35 Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit


(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bez

Abgabenordnung - AO 1977 | § 44 Gesamtschuldner


(1) Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften oder die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind, sind Gesamtschuldner. Soweit nichts anderes bestimmt ist, schuldet jeder Gesamtschuldn

Handelsgesetzbuch - HGB | § 84


(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätig

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 613 Unübertragbarkeit


Der zur Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste im Zweifel in Person zu leisten. Der Anspruch auf die Dienste ist im Zweifel nicht übertragbar.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 802c Vermögensauskunft des Schuldners


(1) Der Schuldner ist verpflichtet, zum Zwecke der Vollstreckung einer Geldforderung auf Verlangen des Gerichtsvollziehers Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zu erteilen sowie seinen Geburtsnamen, sein Geburtsdatum un

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80b


(1) Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage endet mit der Unanfechtbarkeit oder, wenn die Anfechtungsklage im ersten Rechtszug abgewiesen worden ist, drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des gegen die

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 645 Verantwortlichkeit des Bestellers


(1) Ist das Werk vor der Abnahme infolge eines Mangels des von dem Besteller gelieferten Stoffes oder infolge einer von dem Besteller für die Ausführung erteilten Anweisung untergegangen, verschlechtert oder unausführbar geworden, ohne dass ein Umsta

Abgabenordnung - AO 1977 | § 284 Vermögensauskunft des Vollstreckungsschuldners


(1) Der Vollstreckungsschuldner muss der Vollstreckungsbehörde auf deren Verlangen für die Vollstreckung einer Forderung Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften erteilen, wenn er die Forderung nicht binnen zwei Wochen begl

Zivilprozessordnung - ZPO | § 802g Erzwingungshaft


(1) Auf Antrag des Gläubigers erlässt das Gericht gegen den Schuldner, der dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibt oder die Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802c ohne Grund verweigert, zur Erzwingung der Abgabe einen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 665 Abweichung von Weisungen


Der Beauftragte ist berechtigt, von den Weisungen des Auftraggebers abzuweichen, wenn er den Umständen nach annehmen darf, dass der Auftraggeber bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würde. Der Beauftragte hat vor der Abweichung dem Auftr

Gewerbeordnung - GewO | § 146 Verletzung sonstiger Vorschriften über die Ausübung eines Gewerbes


(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig1.einer vollziehbaren Anordnunga)nach § 35 Abs. 1 Satz 1 oder 2,b)nach § 35 Abs. 7a Satz 1, 3 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 oder 2 oderc)nach § 35 Abs. 9 in Verbindung mit den in den Buchst

Gewerbeordnung - GewO | § 148 Strafbare Verletzung gewerberechtlicher Vorschriften


Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.eine in § 144 Abs. 1, § 145 Abs. 1, 2 Nr. 2 oder 6 oder § 146 Abs. 1 bezeichnete Zuwiderhandlung beharrlich wiederholt oder2.durch eine in § 144 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b, A

Referenzen - Urteile

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 02. Mai 2018 - 22 B 17.2245 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 02. Mai 2018 - 22 B 17.2245 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Finanzgericht München Urteil, 10. Juli 2014 - 15 K 2275/11

bei uns veröffentlicht am 10.07.2014

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt. Tatbestand Die Beteiligten streiten über die steuerliche Anerkennung von Verlusten aus Gewerbebetrieb, die der Kläger

Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 24. Okt. 2013 - 6 K 1301/10

bei uns veröffentlicht am 24.10.2013

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen. Tatbestand 1 Streitig ist, ob die Klägerin gewerblich oder freiberuflich tätig ist. 2 Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rec

Referenzen

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
einer vollziehbaren Anordnung
a)
nach § 35 Abs. 1 Satz 1 oder 2,
b)
nach § 35 Abs. 7a Satz 1, 3 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 oder 2 oder
c)
nach § 35 Abs. 9 in Verbindung mit den in den Buchstaben a oder b genannten Vorschriften
zuwiderhandelt,
1a.
einer mit einer Erlaubnis nach § 35 Abs. 2, auch in Verbindung mit Abs. 9, verbundenen vollziehbaren Auflage zuwiderhandelt oder
2.
entgegen einer vollziehbaren Anordnung nach § 51 Satz 1 eine gewerbliche Anlage benutzt.

(2) Ordnungswidrig handelt ferner, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
einer Rechtsverordnung nach § 6c oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
1a.
entgegen § 7 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, oder § 11b Absatz 6 Satz 2 oder 3 eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig macht,
2.
entgegen
a)
§ 13a Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 6 Satz 2,
b)
§ 14 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, Absatz 2 oder einer Rechtsverordnung nach § 14 Absatz 14 Satz 2 Nummer 1, oder
c)
§ 14 Absatz 3 Satz 1
eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet,
3.
entgegen § 14 Absatz 3 Satz 2 oder Satz 3 eine dort genannte Angabe nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig anbringt,
4.
entgegen § 29 Abs. 1, auch in Verbindung mit Abs. 4, jeweils auch in Verbindung mit § 61a Abs. 1 oder § 71b Abs. 1, eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt,
5.
im Wochenmarktverkehr andere als nach § 67 Abs. 1 oder 2 zugelassene Waren feilbietet,
6.
entgegen § 69 Abs. 3 eine Anzeige nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig erstattet,
7.
einer vollziehbaren Auflage nach § 69a Abs. 2, auch in Verbindung mit § 60b Abs. 2 erster Halbsatz, zuwiderhandelt,
8.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 70a Abs. 1, auch in Verbindung mit § 60b Abs. 2, zuwiderhandelt, durch die die Teilnahme an einer dort genannten Veranstaltung
a)
zum Zwecke der Ausübung einer Tätigkeit nach § 34f Absatz 1 Satz 1 oder § 34h Absatz 1 Satz 1 oder
b)
zum Zwecke der Ausübung einer sonstigen gewerbsmäßigen Tätigkeit untersagt wird,
9.
entgegen § 70a Abs. 3 das Versteigerergewerbe auf einer Veranstaltung im Sinne der §§ 64 bis 68 ausübt,
10.
(weggefallen)
11.
einer Rechtsverordnung nach § 71b Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 34a Abs. 2, § 34b Abs. 8, § 34e Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, 4 oder 7, Absatz 2 oder 3 oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund einer solchen Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist,
11a.
einer Rechtsverordnung nach § 71b Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 34c Abs. 3, § 34g Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2 oder Nummer 4 oder Satz 2 oder § 34j oder einer vollziehbaren Anordnung auf Grund dieser Rechtsverordnung zuwiderhandelt, soweit die Rechtsverordnung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist oder
12.
entgegen einer nach § 133 Abs. 2 Satz 1 ergangenen Rechtsverordnung die Berufsbezeichnung "Baumeister" oder eine Berufsbezeichnung führt, die das Wort "Baumeister" enthält und auf eine Tätigkeit im Baugewerbe hinweist.

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 8 Buchstabe a mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro, in den Fällen der Absätze 1 und 2 Nummer 1a und 11a mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 4 und 7 mit einer Geldbuße bis zu zweitausendfünfhundert Euro, in den übrigen Fällen des Absatzes 2 mit einer Geldbuße bis zu eintausend Euro geahndet werden.

Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
eine in § 144 Abs. 1, § 145 Abs. 1, 2 Nr. 2 oder 6 oder § 146 Abs. 1 bezeichnete Zuwiderhandlung beharrlich wiederholt oder
2.
durch eine in § 144 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b, Absatz 2 Nummer 1a oder Nummer 1b, § 145 Abs. 1, 2 Nr. 1 oder 2, oder § 146 Abs. 1 bezeichnete Zuwiderhandlung Leben oder Gesundheit eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

(2) Wer, ohne selbständig im Sinne des Absatzes 1 zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter.

(3) Der Unternehmer kann auch ein Handelsvertreter sein.

(4) Die Vorschriften dieses Abschnittes finden auch Anwendung, wenn das Unternehmen des Handelsvertreters nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

(1) Ist das Werk vor der Abnahme infolge eines Mangels des von dem Besteller gelieferten Stoffes oder infolge einer von dem Besteller für die Ausführung erteilten Anweisung untergegangen, verschlechtert oder unausführbar geworden, ohne dass ein Umstand mitgewirkt hat, den der Unternehmer zu vertreten hat, so kann der Unternehmer einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Teil der Vergütung und Ersatz der in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen. Das Gleiche gilt, wenn der Vertrag in Gemäßheit des § 643 aufgehoben wird.

(2) Eine weitergehende Haftung des Bestellers wegen Verschuldens bleibt unberührt.

Der Beauftragte ist berechtigt, von den Weisungen des Auftraggebers abzuweichen, wenn er den Umständen nach annehmen darf, dass der Auftraggeber bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würde. Der Beauftragte hat vor der Abweichung dem Auftraggeber Anzeige zu machen und dessen Entschließung abzuwarten, wenn nicht mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.

Der zur Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste im Zweifel in Person zu leisten. Der Anspruch auf die Dienste ist im Zweifel nicht übertragbar.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die steuerliche Anerkennung von Verlusten aus Gewerbebetrieb, die der Kläger aus einer Tätigkeit als Typograph und Grafiker in den Streitjahren 2001 - 2007 erzielt hat.

Der 1947 geborene Kläger studierte 1964 – 1968 an der Kunstakademie in …, absolvierte von 1969 – 1971 eine Schriftsetzerlehre in … und arbeitete von 1974 – 1982 als Grafiker in einem Schriften-Atelier in …. 1976 gründete er die „… Handpresse“. Seit dem Jahr 1982 ist er als Typograph und Grafiker selbständig tätig und betreibt die „… Handpresse“ auf einem in seinem Eigentum befindlichen Grundstück in …. Das Grundstück mit Gebäude, das vollständig betrieblich genutzt wurde, wurde vom Kläger im Jahr 1997 für einen Gesamtkaufpreis von 339.174 DM (= 173.416 €) erworben. Der darin enthaltene Grund- und Bodenanteil von 340 m² hat einen unstreitigen Wert von 102.000 DM (= 52.152 €). Im Rahmen eines Umbaus des Anwesens fielen im Jahr 1997 nachträgliche Herstellungskosten von 84.640,22 DM (= 43.276 €) an.

Im Rahmen seines Unternehmens, dessen Einkünfte er durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelte, fertigte der Kläger Plakate, (Hochzeits- und Geburtstags-)Anzeigen, Briefbögen, Visitenkarten, Speise- und Getränkekarten mit der Hand aus Blei- und Holzbuchstaben  und brachte sie mit der Tiegelpresse in kleinen Auflagen für einen kleinen Kundenkreis auf besonderem Papier (z.B. Büttenpapier) auf. Seit dem Jahr 1977 beteiligte er sich an den … Kulturtagen und an weiteren Ausstellungen. Zudem nahm er seitdem an den jährlich stattfindenden Ausstellungen der Sparkasse … teil. Im Jahr 2006 nahm er an der Ausstellung „Brecht in der Buchkunst und Graphik“ im …haus in … und vom

18. Juli – 30. Oktober 2008 an der Ausstellung …-Art in ... teil.

In den Streitjahren wurde der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Die Ehefrau des Klägers erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Gymnasiallehrerin und in den Jahren 2002 – 2003 Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Musikpädagogin. Daneben erzielten die Kläger gemeinsam Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und teilweise Einkünfte aus Kapitalvermögen.

In den Jahren 1987 – 2000 wurden folgende Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Klägers der Einkommensbesteuerung des Klägers zugrunde gelegt (in DM):

   1987   

   1988   

   1989   

   1990   

   1991   

   1992  

   1993   

2.483

2.656

1.692

11.109

   - 9.716

- 10.484

- 9.607

   1994   

   1995   

   1996   

   1997   

   1998   

   1999   

   2000   

Summe

1987 – 2000

- 7.335

- 8.055

- 14.314

- 47.630

- 26.530

- 6.136

- 11.708

     - 133.575 DM (= - 68.296 €)

Im Bericht über die Außenprüfung im Einzelunternehmen des Klägers durch die Betriebsnahe Veranlagungsstelle vom 6. Juli 2000 kam der Prüfer nach Prüfung der Jahre 1996 – 1998 zu dem Ergebnis, dass die Gewinnerzielungsabsicht des Klägers erst nach Ablauf des Jahres 2001 beurteilt werden könne.

Folgende negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden in den Jahren 2001 - 2006 (in €) zunächst der Besteuerung zugrunde gelegt:

   2001   

   2002   

   2003   

   2004   

   2005   

   2006   

    Summe 2001 – 2006

9.270 

11.661

12.055

8.786 

10.877

11.090

- 63.739  €

In den Jahren 2007 – 2012 erklärte der Kläger aus seinem Einzelunternehmen Einkünfte aus Gewerbebetrieb von - 4.329 € (2007), - 2.928 € (2008), - 1.881 € (2009), 2.327 € (2010),

- 465 € (2011) und 294 € (2012). Die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre ergingen nach § 165 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Abgabenordnung (AO) teilweise vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, weil die Gewinnerzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden konnte.

Aus der Gewinnermittlung des Klägers ergaben sich folgende Betriebseinnahmen und

-ausgaben aus Gewerbebetrieb (in €):

        

2001   

2002   

2003   

2004   

2005   

2006   

2007   

Einnahmen (brutto)

8.591

7.345,05

4.537,38

7.171,86

4.850,81

4.772,29

7.476,75

Ausgaben (brutto)

        

        

        

        

        

        

        

Geringwertige Wirtschaftsgüter

1.643

1.076,61

1.208,46

1.195,28

677,31

1.022,67

1.297,78

Bürobedarf

309

552,42

332,48

236,28

179,91

223,83

173,78

Fachzeitschriften

220

115,04

180,30

411,07

145,39

208,45

213,20

Eigenwerbung, Messebeteiligung

423

450,95

315,04

608,23

276,36

565,77

265,37

Raumkosten

2.304

3.246,79

2.690,94

2.820,73

2.999,00

4.195,04

3.748,06

Postwertzeichen und –gebühren

216

179,63

184,70

195,36

183,84

193,96

153,20

Kfz–Kosten

1.213

1.635,12

2.210,49

1.432,35

1.227,69

957,15

1.136,97

Sonstige Kosten

1.811

1.947,67

1.633,72

1.647,02

2.893,58

983,63

1.694,50

Abschreibungen

7.360

7.358,00

7.358

7.358

7.358

7.358

3.031

Finanzierungskosten

2.541

2.394,04

654,31

0

0

0

0

Gebühren/Porto

6

6,12

2,04

0

0

0

0

Jeweils am 30. September 2008 änderte das FA die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO, legte Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb von jeweils 0 € der Besteuerung zu Grunde und setzte die Einkommensteuer auf 12.864,62 € (2001), 10.533 € (2002), 14.808 € (2003), 23.042 € (2004), 34.008 € (2005) und 31.308 € (2006) fest. Dagegen legte der Kläger fristgemäß Einsprüche ein.

Am 29. Mai 2009 erging erstmals für das Jahr 2007 ein Einkommensteuerbescheid. Das FA erkannte darin die negativen Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb nicht an und setzte eine Einkommensteuer von 11.374 € fest. Dagegen legte der Kläger ebenfalls fristgemäß Einspruch ein. Am 4. Februar 2011 wurde der insoweit vorläufige Einkommensteuerbescheid 2007 auf der Grundlage des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom

6. Juli 2010 geändert und die Einkommensteuer auf 10.980 € herabgesetzt.

Nach Verbindung zur gemeinsamen Entscheidung wurden die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre in der Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2011 als unbegründet zurückgewiesen.

In seiner dagegen durch Schriftsatz vom 5. August 2011, eingegangen am 5. August 2011 per Fax, erhobenen Klage macht der Kläger geltend, dass er ein eigenes Atelier mit einer über den Hobbybedarf hinausgehenden Einrichtung besitze und mit seinen künstlerischen Arbeiten erfolgreich und regelmäßig an Veranstaltungen teilnehme, in der örtlichen Presse häufig vertreten sei und seine Tätigkeit hauptberuflich und mit vollem persönlichen Einsatz betreibe. Bei einer hauptberuflichen und gewinnbringend ausgeübten Tätigkeit seien allein langjährige Verluste nicht schädlich. Dass der Kläger nicht darauf angewiesen sei, seinen regelmäßigen Lebensunterhalt aus seiner gewerblichen Tätigkeit zu erwirtschaften, reiche für die Annahme eines privaten Motivs nicht aus. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Verlust der Streitjahre durch erhebliche Abschreibungen und Finanzierungskosten beeinflusst worden sei.

Der Kläger beantragt,

die Einkommensteuerbescheide 2001 - 2006, jeweils vom 30. September 2008, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2011 und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 29. Mai 2009 in Gestalt des Einkommensteueränderungsbescheides 2007 vom 4. Februar 2011 und der Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2011 dahingehend abzuändern, dass Verluste des Klägers bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 9.720 € (2001), 11.666 € (2002), 12.055 € (2003), 8.889 € (2004), 10.877 € (2005), 8.315 € (2006) und 4.329 € (2007) berücksichtigt werden.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA vertritt die Auffassung, dass über eine nunmehr über 18 Jahre andauernde Verlustperiode die Vermutung nahe liege, dass die Betätigung des Klägers nach ihrer Wesensart oder nach der Art ihrer betriebswirtschaftlichen Führung objektiv nicht geeignet sei, einen Totalgewinn zu erwirtschaften. Ein solch langer Zeitraum sei ausreichend, um betriebswirtschaftliche Fehlentwicklungen zu erkennen und so zu beheben, dass aus der Tätigkeit nach anfänglichen Verlusten positive Ergebnisse erwirtschaftet werden können. Die Entwicklung der Ergebnisse der vergangenen Jahre lasse keine Maßnahmen erkennen, die zu einer deutlichen Verbesserung der Einnahmesituation oder zu einer Verminderung der Betriebsausgaben geführt hätten. Die fehlende Reaktion auf die erlittenen Verluste und die unveränderte Fortsetzung der Tätigkeit des Klägers deuteten darauf hin, dass dieser seine Tätigkeit aus persönlichen Gründen und Neigungen ausübe.

Der Senat hat Beweis erhoben über den gemeinen Wert des Grundstücks in … zum 31. Dezember 2012 durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Kfm. und Dipl.-Wirtschaftsingenieurs ….

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Akten des FA die Gerichtsakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2014 nach § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verwiesen.

Gründe

1. Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide der Streitjahre sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Zu Recht hat das FA die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb in den Streitjahren

jeweils mit 0 € angesetzt, weil dem Kläger die Gewinnerzielungsabsicht gefehlt hat.

a. Der Kläger erzielte mit seiner Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in der für die Streitjahre geltenden Fassung in den Streitjahren.

aa. Gewerbebetrieb ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuerrechts anzusehen ist (§ 15 Abs. 2 EStG). Ein freier Beruf liegt nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG vor, wenn eine künstlerische Tätigkeit ausgeübt wird.

Die Rechtsprechung unterscheidet dabei zwischen zweckfreier Kunst einerseits und Gebrauchskunst andererseits. Bei der freien Kunst kann auf die Feststellung einer gewissen künstlerischen Gestaltungshöhe verzichtet werden; es reicht aus, wenn den Werken nach der allgemeinen Verkehrsauffassung das Prädikat des Künstlerischen nicht abgesprochen werden kann. Bei künstlerischen Tätigkeiten, deren Ergebnisse einen praktischen Nützlichkeitszweck haben, verlangt der Bundesfinanzhof - BFH - dagegen eine eigenschöpferische Leistung, in der sich individuelle Anschauungsweise und besondere Geltungskraft widerspiegeln, so dass eine gewisse objektiv festzustellende künstlerische Gestaltungshöhe erreicht wird; lassen die Vorgaben des Auftraggebers keinen nennenswerten Spielraum für eigenschöpferische Leistungen oder überwiegen die handwerklichen Elemente, handelt es sich in der Regel um gewerbliche Einkünfte (vgl. BFH-Urteil vom 15. Oktober 1998 IV R 1/97, BFH/NV 1999, 465). Künstlerisch ist nur eine selbstständige, eigenschöpferische Arbeit, die dem Werk eine über die Darstellung der Wirklichkeit hinausgehende Aussagekraft verleiht. Ist das Werk nicht um seiner selbst willen geschaffen, sondern wird lediglich die Wirklichkeit ohne eigene künstlerische Aussage kopiert, so fehlt es an der der Kunst eigentümlichen Gestaltungshöhe (BFH-Urteil vom 10. September 1998 IV R 70/97, BFH/NV 1999, 456).

Ob im Einzelfall eine Tätigkeit als künstlerisch oder gewerblich einzuordnen ist, hängt im Übrigen von den Umständen des konkreten Falles ab (vgl. BFH-Beschluss vom 24. April 1996 XI B 118/95, BFH/NV 1996, 806 zum Grafik-Designer). Unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls hat die Rechtsprechung die Arbeiten eines Webdesigners (Finanzgericht - FG - Münster, Urteil vom 19. Juni 2008, 8 K 4272/06, EFG 2008, 1975), und eines Werbegrafikers und Werbedesigners (FG Köln, Urteil vom 15. Februar 2006 14 K 7867/98, DStRE 2007, 1312) als künstlerische Tätigkeiten angesehen. Demgegenüber wurden die Arbeiten eines Grafikers zu Werbezwecken (FG Düsseldorf, Urteil vom 5. November 2004 1 K 3118/02 , EFG 2007, 197; FG Nürnberg, Urteil vom 25. April 1995 I 66/94 , juris-Dokument), die Tätigkeit eines Werbesprechers im Radio (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. April 2008, 3 K 2240/04, EFG 2008, 1292), das Entwerfen von Schnittmuster für Bekleidung im Kundenauftrag (FG München, Urteil vom 27. Januar 2012 8 K 4021/08 , EFG 2012, 2282) und die Arbeiten eines "Verpackungsdesigners" (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. September 2002

6 K 2279/00) als nicht künstlerisch und damit als gewerblich eingestuft.

bb. Nach diesen Grundsätzen ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller feststellbaren Umstände die Tätigkeit des Klägers als gewerblich einzuordnen. Die Beurteilung, ob die vom Kläger mittels Bleisatz und Buchdruck erstellten Dokumente als Kunst i.S. von § 18 EStG eingeordnet werden können, erfordert besondere Sachkunde. Über diese Sachkenntnis verfügen die Senatsmitglieder aufgrund ihrer Lebenserfahrung und privater Kontakte zu Künstlern und Graphikern. Das Gericht hat den Beteiligten anheimgestellt, ein Sachverständigengutachten über die künstlerische Betätigung des Klägers zu beantragen. Ein solcher Antrag wurde von den Beteiligten nicht gestellt. Damit konnte die Entscheidung ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens ergehen.

Die zu Werbe- und sonstigen Gebrauchszwecken erstellten Drucksachen des Klägers genügen im Streitfall nicht den hohen Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine Anerkennung der sog. Gebrauchskunst als künstlerisch i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG stellt. Zwar sind eine besondere Kreativität des Klägers und hohe technische Fähigkeiten erkennbar. Zudem fließen in die erstellten Drucksachen auch eigenschöpferische Ideen und Leistungen ein. Es fehlt jedoch an dem für eine gewisse Gestaltungshöhe erforderlichen Abstraktionsgrad. Die zu verwendenden Materialien (z.B. Büttenpapier, u.ä.) und Formen (Buchstaben, Ziffern und Zeichen) sind vorgegeben, ebenso der Zweck (z.B. Hochzeits- oder Geburtstagsanzeigen, Einladungen, Speise- oder Getränkekarten). Die Bindungen durch den vom Kunden vorgegebenen Produkt- und Gebrauchszweck und dessen Vorstellungen sind dabei entscheidend und lassen dem Kläger bei der Erstellung einen geringen künstlerischen Freiraum, der von der handwerklich sauberen Ausführung des Auftrags überwogen wird. Da vor allem die handwerkliche Leistung des Klägers seinen Drucksachen das Gepräge gibt, liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor (vgl. BFH-Urteile vom 30. März 1994 I R 54/93, BStBl II 1994, 864 und vom 4. November 2004 IV R 63/02, BStBl II 2005, 362).

b. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG setzt ein Gewerbebetrieb voraus, dass eine Betätigung mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird. Fehlt das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht, stellen Verluste aus einer solchen Tätigkeit steuerlich nicht relevante negative Einkünfte aus einer Liebhaberei dar (BFH-Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751). Gewinnerzielungsabsicht ist das Bestreben, das Betriebsvermögen zu mehren und auf Dauer einen Totalgewinn zu erzielen (BFH-Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751). Der vom Gewerbetreibenden anzustrebende „Totalgewinn“ stellt das Gesamtergebnis des Betriebs in der Zeit von seiner Gründung bis zur Veräußerung, Aufgabe oder Liquidation dar (BFH-Urteil vom 17. November 2004 X R 62/01, BFH/NV 2005, 755, BStBl II 2005, 336). Die Gewinnerzielungsabsicht ist wie jede innere Tatsache anhand äußerer Merkmale zu beurteilen. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder das Fehlen der Absicht zur Gewinnerzielung geschlossen werden, wobei einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis liefern können. Beweisanzeichen für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht kann eine Betriebsführung sein, bei der der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen dazu geeignet und bestimmt ist, mit Gewinn zu arbeiten. Dies fordert eine in die Zukunft gerichtete und langfristige Beurtei-

lung, wofür die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums wichtige Anhaltspunkte bieten können (vgl. BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 IV R 36/09, BFH/NV 2011, 2092).

Der für die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht maßgebliche erzielbare Totalgewinn setzt sich aus den in der Vergangenheit erzielten und künftig zu erwartenden laufenden Gewinnen/Verlusten und dem sich bei Betriebsbeendigung voraussichtlich ergebenden Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn/-verlust zusammen. Kommt es - wie im Streitfall - nicht zu einer Veräußerung des Betriebes, ist der Schätzung des Totalgewinns ein (fiktiver) Aufgabegewinn/-verlust gemäß § 16 Abs. 3 EStG zugrunde zu legen (BFH-Beschluss vom 13. April 2011 X B 186/10, BFH/NV 2011, 1137). Der Aufgabegewinn, in dem die stillen Reserven des Betriebsvermögens erfasst werden, lässt sich durch Gegenüberstellung des bis zum Aufgabegewinn fortentwickelten letzten Betriebsvermögens als sog. Aufgabe-Anfangsvermögen und des sich durch Ansatz der Werte des § 16 Abs. 3 EStG ergebenden sog. Aufgabe-Endvermögens ermitteln. Im Aufgabe-Anfangsvermögen sind die Wirtschaftsgüter mit ihrem Buchwert auszuweisen, während sie im Aufgabe-Endvermögen mit ihrem gemeinen Wert anzusetzen sind. Der Aufgabegewinn besteht in der Differenz zwischen dem gemeinen Wert und dem Buchwert der einzelnen Wirtschaftsgüter (BFH-Urteil vom 17. Juni 1998 XI R 64/97, BStBl II 1998, 727).

c. Der Kläger hat aus seiner gewerblichen Tätigkeit Verluste in einem Umfang erzielt, dass ein Ausgleich mit künftigen Gewinnen im Sinne einer Totalgewinnprognose ausgeschlossen erscheint. Der Kläger hat in den Jahren 1987 – 2012 ein Gesamtergebnis von ./. 139.017 € erzielt, das nach der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) nicht durch stille Reserven des im notwendigen Betriebsvermögen des Klägers befindlichen Anwesens …, die sich zum 31. Dezember 2012 auf 1.222 € belaufen, ausgeglichen werden kann.

Der geschätzte Wert des Aufgabe-Anfangsvermögen des Einzelunternehmens des Klägers zum 31. Dezember 2012 berechnet sich wie folgt:

        

        

        

        

Grund und Boden …

        

        52.152 €

Gebäude …

        

        

        

        

Anschaffungskosten

 121.264 €

        

        

Nachträgliche Herstellungskosten

       +   43.276 €

        

        

Summe 

 164.540 €

        

        

Afa nach 7h EStG (1997 - 2006)

-    43.275 €

        

        

Afa nach § 7 IV EStG (1997 - 2012)

-    44.469 €

        

        

        

   76.796 €

76.796 €

Buchwert

        

        

128.948 €

Der gemeine Wert des Anwesens in … beträgt zum

31. Dezember 2012 ausweislich des Gutachtens des Gutachters  vom

14. Februar 2014 75.000 €. Es ergibt sich damit ein fiktiver Aufgabeverlust nach § 16 Abs. 3 EStG von (75.000 € ./. 128.948 € =) 53.948 €. Demzufolge ergeben sich im Betriebsvermögen keine stillen Reserven, mit denen die in den Jahren 1997 – 2012 aufgelaufenen Verluste ausgeglichen werden könnten.

d. Bei einem Einzelunternehmen – wie es der Kläger betreibt – spricht der Beweis des ersten Anscheins zunächst dafür, dass es in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird. Denn Unternehmen dieser Art sind nach der Lebenserfahrung nicht typischerweise dazu bestimmt und geeignet, der Befriedigung persönlicher Neigungen des Steuerpflichtigen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen (vgl. BFH-Urteil vom 22. März 1996 III R 49/95, BFH/NV 1996, 812).

Im Streitfall spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine Gewinnerzielungsabsicht des Klägers. . Seit dem Jahr 1982 ist er als Typograph und Grafiker selbständig tätig und betreibt die „… Handpresse“ in seinen eigenen Räumen. Er fertigte in der „… Handpresse“ in … Plakate, Anzeigen, Briefbögen und Visitenkarten mit der Hand unter Zuhilfenahme einer Tiegelpresse. Zwar erzielte er in den Jahren 1991 – 2009 und 2011 jeweils nur Verluste aus seiner Tätigkeit als Einzelunternehmer. Dauernde Verluste reichen aber für die Entkräftung des Anscheinsbeweises und die Annahme, dass die Gewinnerzielungsabsicht fehlt, alleine nicht aus. Bei längeren Verlustperioden muss aus weiteren Anzeichen die Feststellung möglich sein, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt (BFH-Urteile vom 26. Februar 2004 IV R 43/02, BStBl II 2004, 455 und vom 17. November 2004 X R 62/01, BFH/NV 2005, 755, BStBl II 2005, 336).

e. Übt der Steuerpflichtige eine gewerbliche Tätigkeit aus, die nicht typischerweise in der Nähe des Hobbybereichs anzusiedeln ist, so können im Falle einer längeren Verlustperiode die Reaktionen des Steuerpflichtigen auf die Verluste die Bedeutung wichtiger äußerer Beweisanzeichen erlangen. So spricht vor allem das fehlende Bemühen, die Verlustursachen zu ermitteln und ihnen mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen bzw. das fehlende Bemühen um eine Betriebsbeendigung nach Erkennen der fehlenden Eignung des Betriebs zur Erzielung eines Totalgewinns, für sich genommen schon dafür, dass langjährige Verluste aus im persönlichen Bereich liegenden Neigungen und Motiven hingenommen werden. Das Unterlassen geeigneter Umstrukturierungsmaßnahmen oder eine Betriebsbeendigung ist jedoch im Hinblick auf das darin liegende nicht marktgerechte Verhalten als ein gewichtiges Beweisanzeichen für eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht zu werten. Denn es lässt den Schluss zu, dass die Betriebsführung nicht ernstlich auf eine am Markt erfolgreiche Tätigkeit gerichtet war (BFH-Urteile vom 17. November 2004 X R 62/01, BStBl II 2005, 336 und vom 12. Mai 2011 IV R 36/09, BFH/NV 2011, 2092). Ein solcher Rückschluss allein von der unveränderten Fortsetzung einer verlustbringenden Tätigkeit auf das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht, setzt allerdings voraus, dass sich die negativen Betriebsergebnisse bereits über einen längeren Zeitraum verstetigt haben. Als betriebsspezifische Anlaufzeit bis zum Erforderlichwerden größerer Korrektur- und Umstrukturierungsmaßnahmen kommt ein Zeitraum von weniger als fünf Jahren nur im Ausnahmefall in Betracht. Daneben ist die Dauer der Anlaufphase vor allem vom Gegenstand und von der Art des jeweiligen Betriebs abhängig (BFH-Urteil vom 23. Mai 2007 X R 33/04, BStBl II 2007, 874).

Im Streitfall hat der Kläger sein Einzelunternehmen trotz langjähriger anhaltender Verluste in stets gleichbleibender Form weiter betrieben und keine innerbetrieblichen Umstrukturierungsmaßnahmen zur Erzielung positiver Ergebnisse ergriffen. Trotz der in den Jahren 1991 – 2009 und 2011 erzielten Verluste hat der Kläger keine Maßnahmen ergriffen, um seine Einnahmen so zu steigern oder seine Ausgaben so zu reduzieren, dass ein Totalgewinn erzielt werden kann. Der Kläger hat also weder Maßnahmen zur Erzielung positiver Ergebnisse ergriffen noch den verlustbringenden Betrieb nach § 16 EStG durch Überführung der Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen endgültig aufgegeben. Dies allein stellt ein gewichtiges Beweisanzeichen dafür dar, dass sein Einzelunternehmen als Liebhabereibetrieb einzustufen ist. Das fehlende Bemühen des Klägers, die Verlustursachen zu ermitteln und ihnen mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen bzw. das fehlende Bemühen um eine Betriebsbeendigung nach Erkennen der fehlenden Eignung des Betriebs zur Erzielung eines Totalgewinns, spricht deshalb im Streitfall dafür, dass der Kläger die über zehn Jahre andauernden Verluste aus im persönlichen Bereich liegenden Neigungen und Motiven hingenommen hat und deshalb nicht mit Gewinnerzielung gehandelt hat.

f. An die Feststellung persönlicher Gründe und Motive, die den Steuerpflichtigen trotz der Verluste zur Weiterführung seines Unternehmens bewogen haben könnten, sind in diesen Fällen keine hohen Anforderungen zu stellen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 23. Mai 2007 X R 33/04, BStBl II 2007, 874 und vom 12. Mai 2011 IV R 36/09, BFH/NV 2011, 2092). Die Tätigkeit des Klägers war nicht die alleinige Existenzgrundlage des Klägers und seiner Ehefrau. Die Ehefrau des Klägers verfügte vielmehr über ein positives Einkommen als Lehrerin. Zu dem persönlichen, im Bereich der privaten Lebensführung liegenden Gründen und Motiven gehört aber auch der Umstand, dass der Kläger wegen anderweitiger hoher Einkünfte seiner Ehefrau in der Lage war, die aus seinem Einzelunternehmen jährlich anfallenden Verluste zu tragen (vgl. BFH-Urteile vom 14. Dezember 2004 XI R 6/02, BStBl II 2005, 392 und vom

15. November 2006 XI R 58/04, BFH/NV 2007, 434). Zudem resultieren die Verluste in den Streitjahren auch aus der Abschreibung des Pkws des Klägers bzw. aus dessen Betriebskosten. Damit eröffnet die gewerbliche Tätigkeit dem Kläger die Möglichkeit, Kosten der privaten Lebensführung in den einkommensteuerlich relevanten Bereich zu verlagern. Die dadurch eintretende Steuerersparnis rechtfertigt ebenfalls den Rückschluss auf die fehlende Absicht, mit dem Verlustbetrieb Gewinne zu erzielen, weil der Steuerpflichtige durch die Verluste tatsächlich wirtschaftlich nicht belastet wird (vgl. BFH-Urteil vom 23. Mai 2007 X R 33/04, BStBl II 2007, 874).

g. Auch bei Annahme einer künstlerischen Tätigkeit des Klägers wäre der Senat zu dem gewonnenen Ergebnis gekommen (BFH-Beschluss vom 10. Mai 2012 X B 57/11, BFH/NV 2012, 1307).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Der Schuldner ist verpflichtet, zum Zwecke der Vollstreckung einer Geldforderung auf Verlangen des Gerichtsvollziehers Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zu erteilen sowie seinen Geburtsnamen, sein Geburtsdatum und seinen Geburtsort anzugeben. Handelt es sich bei dem Vollstreckungsschuldner um eine juristische Person oder um eine Personenvereinigung, so hat er seine Firma, die Nummer des Registerblatts im Handelsregister und seinen Sitz anzugeben.

(2) Zur Auskunftserteilung hat der Schuldner alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände anzugeben. Bei Forderungen sind Grund und Beweismittel zu bezeichnen. Ferner sind anzugeben:

1.
die entgeltlichen Veräußerungen des Schuldners an eine nahestehende Person (§ 138 der Insolvenzordnung), die dieser in den letzten zwei Jahren vor dem Termin nach § 802f Abs. 1 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat;
2.
die unentgeltlichen Leistungen des Schuldners, die dieser in den letzten vier Jahren vor dem Termin nach § 802f Abs. 1 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat, sofern sie sich nicht auf gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke geringen Wertes richteten.
Sachen, die nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2 der Pfändung offensichtlich nicht unterworfen sind, brauchen nicht angegeben zu werden, es sei denn, dass eine Austauschpfändung in Betracht kommt.

(3) Der Schuldner hat zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er die Angaben nach den Absätzen 1 und 2 nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht habe. Die Vorschriften der §§ 478 bis 480, 483 gelten entsprechend.

(1) Der Vollstreckungsschuldner muss der Vollstreckungsbehörde auf deren Verlangen für die Vollstreckung einer Forderung Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften erteilen, wenn er die Forderung nicht binnen zwei Wochen begleicht, nachdem ihn die Vollstreckungsbehörde unter Hinweis auf die Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft zur Zahlung aufgefordert hat. Zusätzlich hat er seinen Geburtsnamen, sein Geburtsdatum und seinen Geburtsort anzugeben. Handelt es sich bei dem Vollstreckungsschuldner um eine juristische Person oder um eine Personenvereinigung, so hat er seine Firma, die Nummer des Registerblatts im Handelsregister und seinen Sitz anzugeben.

(2) Zur Auskunftserteilung hat der Vollstreckungsschuldner alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände anzugeben. Bei Forderungen sind Grund und Beweismittel zu bezeichnen. Ferner sind anzugeben:

1.
die entgeltlichen Veräußerungen des Vollstreckungsschuldners an eine nahestehende Person (§ 138 der Insolvenzordnung), die dieser in den letzten zwei Jahren vor dem Termin nach Absatz 7 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat;
2.
die unentgeltlichen Leistungen des Vollstreckungsschuldners, die dieser in den letzten vier Jahren vor dem Termin nach Absatz 7 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat, sofern sie sich nicht auf gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke geringen Werts richteten.
Sachen, die nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2 der Zivilprozessordnung der Pfändung offensichtlich nicht unterworfen sind, brauchen nicht angegeben zu werden, es sei denn, dass eine Austauschpfändung in Betracht kommt.

(3) Der Vollstreckungsschuldner hat zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er die Angaben nach den Absätzen 1 und 2 nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht habe. Vor Abnahme der eidesstattlichen Versicherung ist der Vollstreckungsschuldner über die Bedeutung der eidesstattlichen Versicherung, insbesondere über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen eidesstattlichen Versicherung, zu belehren.

(4) Der Vollstreckungsschuldner ist innerhalb von zwei Jahren nach Abgabe der Vermögensauskunft nach dieser Vorschrift oder nach § 802c der Zivilprozessordnung nicht verpflichtet, eine weitere Vermögensauskunft abzugeben, es sei denn, es ist anzunehmen, dass sich die Vermögensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners wesentlich geändert haben. Die Vollstreckungsbehörde hat von Amts wegen festzustellen, ob beim zentralen Vollstreckungsgericht nach § 802k Absatz 1 der Zivilprozessordnung in den letzten zwei Jahren ein auf Grund einer Vermögensauskunft des Schuldners erstelltes Vermögensverzeichnis hinterlegt wurde.

(5) Für die Abnahme der Vermögensauskunft ist die Vollstreckungsbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Wohnsitz oder der Aufenthaltsort des Vollstreckungsschuldners befindet. Liegen diese Voraussetzungen bei der Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, nicht vor, so kann sie die Vermögensauskunft abnehmen, wenn der Vollstreckungsschuldner zu ihrer Abgabe bereit ist.

(6) Die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft ist dem Vollstreckungsschuldner selbst zuzustellen; sie kann mit der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 verbunden werden. Der Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft soll nicht vor Ablauf eines Monats nach Zustellung der Ladung bestimmt werden. Ein Rechtsbehelf gegen die Anordnung der Abgabe der Vermögensauskunft hat keine aufschiebende Wirkung. Der Vollstreckungsschuldner hat die zur Vermögensauskunft erforderlichen Unterlagen im Termin vorzulegen. Hierüber und über seine Rechte und Pflichten nach den Absätzen 2 und 3, über die Folgen einer unentschuldigten Terminssäumnis oder einer Verletzung seiner Auskunftspflichten sowie über die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis bei Abgabe der Vermögensauskunft ist der Vollstreckungsschuldner bei der Ladung zu belehren.

(7) Im Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft erstellt die Vollstreckungsbehörde ein elektronisches Dokument mit den nach den Absätzen 1 und 2 erforderlichen Angaben (Vermögensverzeichnis). Diese Angaben sind dem Vollstreckungsschuldner vor Abgabe der Versicherung nach Absatz 3 vorzulesen oder zur Durchsicht auf einem Bildschirm wiederzugeben. Ihm ist auf Verlangen ein Ausdruck zu erteilen. Die Vollstreckungsbehörde hinterlegt das Vermögensverzeichnis bei dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 802k Abs. 1 der Zivilprozessordnung. Form, Aufnahme und Übermittlung des Vermögensverzeichnisses haben den Vorgaben der Verordnung nach § 802k Abs. 4 der Zivilprozessordnung zu entsprechen.

(8) Ist der Vollstreckungsschuldner ohne ausreichende Entschuldigung in dem zur Abgabe der Vermögensauskunft anberaumten Termin vor der in Absatz 5 Satz 1 bezeichneten Vollstreckungsbehörde nicht erschienen oder verweigert er ohne Grund die Abgabe der Vermögensauskunft, so kann die Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, die Anordnung der Haft zur Erzwingung der Abgabe beantragen. Zuständig für die Anordnung der Haft ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Vollstreckungsschuldner im Zeitpunkt der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthaltsort hat. Die §§ 802g bis 802j der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden. Die Verhaftung des Vollstreckungsschuldners erfolgt durch einen Gerichtsvollzieher. § 292 dieses Gesetzes gilt entsprechend. Nach der Verhaftung des Vollstreckungsschuldners kann die Vermögensauskunft von dem nach § 802i der Zivilprozessordnung zuständigen Gerichtsvollzieher abgenommen werden, wenn sich der Sitz der in Absatz 5 bezeichneten Vollstreckungsbehörde nicht im Bezirk des für den Gerichtsvollzieher zuständigen Amtsgerichts befindet oder wenn die Abnahme der Vermögensauskunft durch die Vollstreckungsbehörde nicht möglich ist. Der Beschluss des Amtsgerichts, mit dem der Antrag der Vollstreckungsbehörde auf Anordnung der Haft abgelehnt wird, unterliegt der Beschwerde nach den §§ 567 bis 577 der Zivilprozessordnung.

(9) Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintragung des Vollstreckungsschuldners in das Schuldnerverzeichnis nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung anordnen, wenn

1.
der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist,
2.
eine Vollstreckung nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses offensichtlich nicht geeignet wäre, zu einer vollständigen Befriedigung der Forderung zu führen, wegen der die Vermögensauskunft verlangt wurde oder wegen der die Vollstreckungsbehörde vorbehaltlich der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 und der Sperrwirkung nach Absatz 4 eine Vermögensauskunft verlangen könnte, oder
3.
der Vollstreckungsschuldner nicht innerhalb eines Monats nach Abgabe der Vermögensauskunft die Forderung, wegen der die Vermögensauskunft verlangt wurde, vollständig befriedigt. Gleiches gilt, wenn die Vollstreckungsbehörde vorbehaltlich der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 und der Sperrwirkung nach Absatz 4 eine Vermögensauskunft verlangen kann, sofern der Vollstreckungsschuldner die Forderung nicht innerhalb eines Monats befriedigt, nachdem er auf die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis hingewiesen wurde.
Die Eintragungsanordnung soll kurz begründet werden. Sie ist dem Vollstreckungsschuldner zuzustellen. § 882c Abs. 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(10) Ein Rechtsbehelf gegen die Eintragungsanordnung nach Absatz 9 hat keine aufschiebende Wirkung. Nach Ablauf eines Monats seit der Zustellung hat die Vollstreckungsbehörde die Eintragungsanordnung dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung mit den in § 882b Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung genannten Daten elektronisch zu übermitteln. Dies gilt nicht, wenn Anträge auf Gewährung einer Aussetzung der Vollziehung der Eintragungsanordnung nach § 361 dieses Gesetzes oder § 69 der Finanzgerichtsordnung anhängig sind, die Aussicht auf Erfolg haben.

(11) Ist die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung erfolgt, sind Entscheidungen über Rechtsbehelfe des Vollstreckungsschuldners gegen die Eintragungsanordnung durch die Vollstreckungsbehörde oder durch das Gericht dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung elektronisch zu übermitteln. Form und Übermittlung der Eintragungsanordnung nach Absatz 10 Satz 1 und 2 sowie der Entscheidung nach Satz 1 haben den Vorgaben der Verordnung nach § 882h Abs. 3 der Zivilprozessordnung zu entsprechen.

(1) Auf Antrag des Gläubigers erlässt das Gericht gegen den Schuldner, der dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fernbleibt oder die Abgabe der Vermögensauskunft gemäß § 802c ohne Grund verweigert, zur Erzwingung der Abgabe einen Haftbefehl. In dem Haftbefehl sind der Gläubiger, der Schuldner und der Grund der Verhaftung zu bezeichnen. Einer Zustellung des Haftbefehls vor seiner Vollziehung bedarf es nicht.

(2) Die Verhaftung des Schuldners erfolgt durch einen Gerichtsvollzieher. Der Gerichtsvollzieher händigt dem Schuldner von Amts wegen bei der Verhaftung eine beglaubigte Abschrift des Haftbefehls aus.

(1) Der Vollstreckungsschuldner muss der Vollstreckungsbehörde auf deren Verlangen für die Vollstreckung einer Forderung Auskunft über sein Vermögen nach Maßgabe der folgenden Vorschriften erteilen, wenn er die Forderung nicht binnen zwei Wochen begleicht, nachdem ihn die Vollstreckungsbehörde unter Hinweis auf die Verpflichtung zur Abgabe der Vermögensauskunft zur Zahlung aufgefordert hat. Zusätzlich hat er seinen Geburtsnamen, sein Geburtsdatum und seinen Geburtsort anzugeben. Handelt es sich bei dem Vollstreckungsschuldner um eine juristische Person oder um eine Personenvereinigung, so hat er seine Firma, die Nummer des Registerblatts im Handelsregister und seinen Sitz anzugeben.

(2) Zur Auskunftserteilung hat der Vollstreckungsschuldner alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände anzugeben. Bei Forderungen sind Grund und Beweismittel zu bezeichnen. Ferner sind anzugeben:

1.
die entgeltlichen Veräußerungen des Vollstreckungsschuldners an eine nahestehende Person (§ 138 der Insolvenzordnung), die dieser in den letzten zwei Jahren vor dem Termin nach Absatz 7 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat;
2.
die unentgeltlichen Leistungen des Vollstreckungsschuldners, die dieser in den letzten vier Jahren vor dem Termin nach Absatz 7 und bis zur Abgabe der Vermögensauskunft vorgenommen hat, sofern sie sich nicht auf gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke geringen Werts richteten.
Sachen, die nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe a und Nummer 2 der Zivilprozessordnung der Pfändung offensichtlich nicht unterworfen sind, brauchen nicht angegeben zu werden, es sei denn, dass eine Austauschpfändung in Betracht kommt.

(3) Der Vollstreckungsschuldner hat zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er die Angaben nach den Absätzen 1 und 2 nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht habe. Vor Abnahme der eidesstattlichen Versicherung ist der Vollstreckungsschuldner über die Bedeutung der eidesstattlichen Versicherung, insbesondere über die strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen eidesstattlichen Versicherung, zu belehren.

(4) Der Vollstreckungsschuldner ist innerhalb von zwei Jahren nach Abgabe der Vermögensauskunft nach dieser Vorschrift oder nach § 802c der Zivilprozessordnung nicht verpflichtet, eine weitere Vermögensauskunft abzugeben, es sei denn, es ist anzunehmen, dass sich die Vermögensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners wesentlich geändert haben. Die Vollstreckungsbehörde hat von Amts wegen festzustellen, ob beim zentralen Vollstreckungsgericht nach § 802k Absatz 1 der Zivilprozessordnung in den letzten zwei Jahren ein auf Grund einer Vermögensauskunft des Schuldners erstelltes Vermögensverzeichnis hinterlegt wurde.

(5) Für die Abnahme der Vermögensauskunft ist die Vollstreckungsbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Wohnsitz oder der Aufenthaltsort des Vollstreckungsschuldners befindet. Liegen diese Voraussetzungen bei der Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, nicht vor, so kann sie die Vermögensauskunft abnehmen, wenn der Vollstreckungsschuldner zu ihrer Abgabe bereit ist.

(6) Die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft ist dem Vollstreckungsschuldner selbst zuzustellen; sie kann mit der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 verbunden werden. Der Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft soll nicht vor Ablauf eines Monats nach Zustellung der Ladung bestimmt werden. Ein Rechtsbehelf gegen die Anordnung der Abgabe der Vermögensauskunft hat keine aufschiebende Wirkung. Der Vollstreckungsschuldner hat die zur Vermögensauskunft erforderlichen Unterlagen im Termin vorzulegen. Hierüber und über seine Rechte und Pflichten nach den Absätzen 2 und 3, über die Folgen einer unentschuldigten Terminssäumnis oder einer Verletzung seiner Auskunftspflichten sowie über die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis bei Abgabe der Vermögensauskunft ist der Vollstreckungsschuldner bei der Ladung zu belehren.

(7) Im Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft erstellt die Vollstreckungsbehörde ein elektronisches Dokument mit den nach den Absätzen 1 und 2 erforderlichen Angaben (Vermögensverzeichnis). Diese Angaben sind dem Vollstreckungsschuldner vor Abgabe der Versicherung nach Absatz 3 vorzulesen oder zur Durchsicht auf einem Bildschirm wiederzugeben. Ihm ist auf Verlangen ein Ausdruck zu erteilen. Die Vollstreckungsbehörde hinterlegt das Vermögensverzeichnis bei dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 802k Abs. 1 der Zivilprozessordnung. Form, Aufnahme und Übermittlung des Vermögensverzeichnisses haben den Vorgaben der Verordnung nach § 802k Abs. 4 der Zivilprozessordnung zu entsprechen.

(8) Ist der Vollstreckungsschuldner ohne ausreichende Entschuldigung in dem zur Abgabe der Vermögensauskunft anberaumten Termin vor der in Absatz 5 Satz 1 bezeichneten Vollstreckungsbehörde nicht erschienen oder verweigert er ohne Grund die Abgabe der Vermögensauskunft, so kann die Vollstreckungsbehörde, die die Vollstreckung betreibt, die Anordnung der Haft zur Erzwingung der Abgabe beantragen. Zuständig für die Anordnung der Haft ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Vollstreckungsschuldner im Zeitpunkt der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthaltsort hat. Die §§ 802g bis 802j der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden. Die Verhaftung des Vollstreckungsschuldners erfolgt durch einen Gerichtsvollzieher. § 292 dieses Gesetzes gilt entsprechend. Nach der Verhaftung des Vollstreckungsschuldners kann die Vermögensauskunft von dem nach § 802i der Zivilprozessordnung zuständigen Gerichtsvollzieher abgenommen werden, wenn sich der Sitz der in Absatz 5 bezeichneten Vollstreckungsbehörde nicht im Bezirk des für den Gerichtsvollzieher zuständigen Amtsgerichts befindet oder wenn die Abnahme der Vermögensauskunft durch die Vollstreckungsbehörde nicht möglich ist. Der Beschluss des Amtsgerichts, mit dem der Antrag der Vollstreckungsbehörde auf Anordnung der Haft abgelehnt wird, unterliegt der Beschwerde nach den §§ 567 bis 577 der Zivilprozessordnung.

(9) Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintragung des Vollstreckungsschuldners in das Schuldnerverzeichnis nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung anordnen, wenn

1.
der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachgekommen ist,
2.
eine Vollstreckung nach dem Inhalt des Vermögensverzeichnisses offensichtlich nicht geeignet wäre, zu einer vollständigen Befriedigung der Forderung zu führen, wegen der die Vermögensauskunft verlangt wurde oder wegen der die Vollstreckungsbehörde vorbehaltlich der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 und der Sperrwirkung nach Absatz 4 eine Vermögensauskunft verlangen könnte, oder
3.
der Vollstreckungsschuldner nicht innerhalb eines Monats nach Abgabe der Vermögensauskunft die Forderung, wegen der die Vermögensauskunft verlangt wurde, vollständig befriedigt. Gleiches gilt, wenn die Vollstreckungsbehörde vorbehaltlich der Fristsetzung nach Absatz 1 Satz 1 und der Sperrwirkung nach Absatz 4 eine Vermögensauskunft verlangen kann, sofern der Vollstreckungsschuldner die Forderung nicht innerhalb eines Monats befriedigt, nachdem er auf die Möglichkeit der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis hingewiesen wurde.
Die Eintragungsanordnung soll kurz begründet werden. Sie ist dem Vollstreckungsschuldner zuzustellen. § 882c Abs. 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(10) Ein Rechtsbehelf gegen die Eintragungsanordnung nach Absatz 9 hat keine aufschiebende Wirkung. Nach Ablauf eines Monats seit der Zustellung hat die Vollstreckungsbehörde die Eintragungsanordnung dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung mit den in § 882b Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung genannten Daten elektronisch zu übermitteln. Dies gilt nicht, wenn Anträge auf Gewährung einer Aussetzung der Vollziehung der Eintragungsanordnung nach § 361 dieses Gesetzes oder § 69 der Finanzgerichtsordnung anhängig sind, die Aussicht auf Erfolg haben.

(11) Ist die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung erfolgt, sind Entscheidungen über Rechtsbehelfe des Vollstreckungsschuldners gegen die Eintragungsanordnung durch die Vollstreckungsbehörde oder durch das Gericht dem zentralen Vollstreckungsgericht nach § 882h Abs. 1 der Zivilprozessordnung elektronisch zu übermitteln. Form und Übermittlung der Eintragungsanordnung nach Absatz 10 Satz 1 und 2 sowie der Entscheidung nach Satz 1 haben den Vorgaben der Verordnung nach § 882h Abs. 3 der Zivilprozessordnung zu entsprechen.

(1) Personen, die nebeneinander dieselbe Leistung aus dem Steuerschuldverhältnis schulden oder für sie haften oder die zusammen zu einer Steuer zu veranlagen sind, sind Gesamtschuldner. Soweit nichts anderes bestimmt ist, schuldet jeder Gesamtschuldner die gesamte Leistung.

(2) Die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt für die Aufrechnung und für eine geleistete Sicherheit. Andere Tatsachen wirken nur für und gegen den Gesamtschuldner, in dessen Person sie eintreten. Die Vorschriften der §§ 268 bis 280 über die Beschränkung der Vollstreckung in den Fällen der Zusammenveranlagung bleiben unberührt.


Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Klägerin gewerblich oder freiberuflich tätig ist.

2

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der im Streitjahr Frau S. A. und Herr C. S. zu je 50% beteiligt waren. Die Klägerin ist im Bereich der visuellen Kommunikation tätig. Sie konzipiert und gestaltet Erscheinungsbilder, Imagebroschüren und Geschäftsberichte und setzt Sachverhalte visuell um. Ein Schwerpunkt der Tätigkeit liegt in der Gestaltung von Angebots- und Prospektwerbung für Handelsunternehmen. Arbeitsbeispiele finden sich auf Bl. 47 ff. der Feststellungsakte und der Internetseite der Klägerin (www.....de).

3

Die Gesellschafterin Frau S. A. studierte von 1987 bis 1991 an der Merz-Akademie in Stuttgart Grafik-Design und erwarb den Abschluss "Dipl. Grafik-Designerin (FH)". Anschließend war sie von 1991 bis 1993 als angestellte Grafik-Designerin tätig, bevor sie sich 1993 selbständig machte und im Jahr 1997 zusammen mit Herrn C. S. die Klägerin gründete (Bl. 15 d. Vertragsakte).

4

Der Gesellschafter Herr C. S. studierte von 1984 bis 1986 Photo-Design an der früheren Bayerischen Staatslehranstalt für Photographie, die zwischenzeitlich in die Fachhochschule München integriert ist. Nach einer Assistenzzeit von 1986 bis 1987 arbeitete er seit 1987 selbständig mit einem eigenen Atelier für Photo-Design, bevor er im Jahr 1997 die Klägerin gründete (Bl. 15 d. Vertragsakte).

5

Die Klägerin ermittelte im Streitjahr ihren Gewinn nach Einnahmen-Überschuss-Rechnung und erklärte Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit nach § 18 EStG.

6

Hauptkunde der Klägerin ist eine europaweit agierende Baumarktkette, die Firma X AG. Für sie erstellt die Klägerin das Grafik-Design zur gesamten Prospektwerbung innerhalb Deutschlands wie z.B. Beilagen in Tageszeitungen. Arbeitsbeispiele finden sich auf Blatt 57 ff. d. Feststellungsakte und auf Blatt 14 d. Außenprüfungs-Handakte Band III. Daneben erstellt sie graphische Grundkonzepte für die Prospektwerbung des X-Konzerns europaweit. Die Klägerin gestaltet die Prospekte anhand der Fotos, Texte und Preisangaben der zu bewerbenden Waren. Die technische Weiterverarbeitung, insbesondere die Bildbearbeitung, die Einhaltung drucktechnischer Vorgaben und die Abwicklung mit der Druckerei erfolgt über eine andere Firma, die Firma Z. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Arbeitsbeschreibung der Klägerin für die Erstellung von X-Handzetteln auf Bl. 70 d. BpA verwiesen. Ein Tochtergesellschaft der X AG mit Sitz in der Schweiz, die Firma C Werbeagentur AG, veranlasst den Druck der Werbeprospekte. Über sie erfolgt zugleich die Auftragsdurchführung und Rechnungsbegleichung (Bl. 94 d. BpA).

7

Die anteiligen Umsätze, die die Klägerin mit der Fa. D Werbagentur AG tätig, belaufen sich im Streitjahr auf 363.708,00 Euro und damit 94 % der Umsätze der Klägerin. Der Rest der Umsätze entfällt auf die Gestaltung von Broschüren und Druckvorlagen für andere Unternehmen wie z.B. die Y AG. In den Jahren nach 2004 stiegen die Umsätze im Zusammenhang mit der X-Werbung stetig an, im Jahr 2008 auf 642.650 Euro (Bl. 36 d. Feststellungsakte).

8

Der Beklagte führte vom 21. April 2009 bis 1. Oktober 2009 eine Betriebsprüfung für die Jahre 2004 bis 2006 durch. Im Rahmen der Betriebsprüfung kamen der Prüferin Zweifel, ob die Klägerin mit ihren für die X AG getätigten Arbeiten wie erklärt Einkünfte aus Selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb erzielt. Sie übersandte daher Unterlagen an den Künstlerausschuss der Oberfinanzdirektion Rheinland-Pfalz in Mainz, der in seiner Sitzung am 19. Juni 2009 einstimmig folgenden Beschluss fasste (Bl. 178 d. Akte "Vorgänge Bp" - BpA):

9

"Die Künstlereigenschaft im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz konnte für die Gestaltung der X-Prospekte nicht anerkannt werden, da eine kommerzielle und nicht freischaffend künstlerische Tätigkeit betrieben wird."

10

Der Künstlerausschuss entschied in folgender Besetzung (Bl. 195 d. BpA):

11

Vorsitz: A

ehem. Vorsteher FA ...

Prof. em. B

Universität ...

(Bildende Kunst)

        
                 

Prof. C

Fachhochschule ...

(Design)

        
                 

Prof. D

Fachhochschule ... (Design)

                 

Prof. E

Fachhochschule ... (Design)

                 

Prof. F

Fachhochschule ... (Design)

12

Auf entsprechende Bitte der Klägerin folgte am 18. Oktober 2009 eine ausführliche Stellungnahme des Vorsitzenden des "Künstlerausschusses OFD Rheinland-Pfalz" zu seiner Entscheidung (Bl. 195 d. BpA). Für die Beurteilung sei entscheidend, ob die Tätigkeit der Klägerin in ihrem Entstehungsprozess, in ihrer Zielrichtung und im Ergebnis einer freien künstlerischen Tätigkeit vergleichbar sei. In ihr wird ausgeführt, dass schon in der Laiensphäre Übereinstimmung darüber bestehe dürfte, dass prima vista eine X-Werbung der vorgelegten Art nicht als "künstlerisch" zu beurteilen sei. Gegen eine freie Gestaltung spreche das dauerhafte Vertragsverhältnis, das innerhalb eines vorgegebenen Rahmens mit enger Bindung an die Ziele und Wünsche des Auftragsgebers ein immer ähnliches dem Prinzip des Corporate Identity unterworfenes Produkt hervorbringe, wobei eine gewisse Entwicklung und vorsichtige Variation des Layouts entsprechend den Zeitströmen dieser Beurteilung nicht entgegenstehe, sondern diese geradezu verdeutliche. Die X-AG beschäftige sogar eine Diplom Designerin, Frau S., um die Vorstellungen des Unternehmens an die Klägerin zu vermitteln. Nach der Ausbildung und der Weisungsbefugnis sei Frau S. die eigentliche Sachverständige während Frau A. und Herr S. ausführten, wenn auch mit mehr oder weniger großem Gestaltungsspielraum (Bl. 196 d. PrA.). Ziel der Tätigkeit sei nicht die "künstlerische Gestaltung" der Prospekte, sondern die möglichst nüchterne Vermittlung der Angebotspalette mit dem groß platzierten Hinweis auf günstige Preise. Eine künstlerische Gestaltung der Werbung durch Verfremdung, Überhöhung und Ästhetisierung könne diesem Zweck geradewegs zuwider laufen. Die Rechtsprechung stelle auch auf eine entsprechende Vorbildung ab, also auf das Vorliegen eines abgeschlossenen Hochschulstudiums für Design als Indiz für künstlerische Gestaltungshöhe. Beide Mitgesellschafter der Klägerin verfügten nicht über diese Voraussetzung. Dieses Kriterium sei vorliegend jedoch auch unbedeutend, weil es hier nicht auf den Nachweis von besonderen Fähigkeiten einer künstlerischen Gestaltung ankomme. Eine solche sei bei der Art der Tätigkeit gar nicht erst gewollt. Soweit in den Unterlagen noch ein Prospekt über den Golfclub S enthalten sei, sei unklar, was damit zum Ausdruck gebracht werden solle, da das Design ausweislich der Umschlagseite von ... stamme und nicht von der Klägerin.

13

Die Prüferin erkannte ausweislich des Betriebsprüfungsberichts vom 27. Oktober 2009 die Künstlereigenschaft nicht an (Bl. 90 d. BpA). Der Beklagte erließ in der Folge am 22. Dezember 2009 Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 2002 bis 2007 und geänderte Bescheide für die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2004 bis 2007. In dem hier streitgegenständlichen Gewerbesteuermessbescheid 2004 setzte sie den Gewerbesteuermessbetrag auf 11.720 Euro fest (Bl. 4a d. Gewerbesteuerakte).

14

Am 15. Januar 2010 erhob die Klägerin Einspruch gegen die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2004 bis 2007 vom 22. Dezember 2009 und gegen die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag 2002 bis 2007 vom 22. Dezember 2009 (Bl. 33 d. Feststellungsakte). Sie führte aus, bereits seit 1997 Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärt zu haben. Der Grundsatz von Treu und Glauben stehe einer Umqualifizierung der Einkünfte entgegen (Bl. 34 d. Feststellungsakte). Der Künstlerausschuss habe sich nur oberflächlich und fahrlässig mit dem Gesamtsachverhalt auseinandergesetzt (Bl. 35 d. Feststellungsakte). So sei das Prospekt des Golfclubs S sehr wohl von der Klägerin "designed" worden, lediglich der Golfplatz selbst, also die Ausrichtung der Löcher, Grüns und Bunker sei von Herrn ... erfolgt. Soweit der Vorsitzende des Künstlerausschusses die berufliche Qualifikation der Gesellschafter bezweifle, wird auf das abgeschlossene Grafikstudium von Frau A. und das Studium von Herrn S. an der Bayerischen Staatslehranstalt für Photographie verwiesen. Entgegen der Ansicht der Ausführungen in der Stellungnahme des Künstlerausschusses werde unter Verweis auf das Urteil des FG Köln vom 15. Februar 2006 eine künstlerische Tätigkeit nicht dadurch ausgeschlossen, dass Grafikdesigner ihre Leistung in den Dienst der Werbung stellen. Entscheidend sei, dass die Arbeit ohne Rücksicht auf ihren gewerblichen Verwendungszweck einen künstlerischen Charakter aufweise. Um die Gewerblichkeit zu vermeiden, hätte sich die Klägerin bewusst auf die reine Gestaltung konzentriert und keine Druckaufträge angenommen. Die künstlerische Gestaltungshöhe zeige sich auch in der Wertschätzung der Kunden. Die X AG zahle ab 1.400 Euro für die reine Gestaltung einer Doppelseite. Dies werde für eine einfache "Fließband- oder Setzkastenarbeit" nicht gezahlt.

15

Die Klägerin fügte ihrer Einspruchsbegründung ein Schreiben der Abteilungsleiterin für Werbung der X AG, Frau G. S., vom 13. Januar 2010 bei (Bl. 46 d. Feststellungsakte). Letztere wendet sich hierin u.a. gegen die Beschreibung ihrer Aufgaben in den Ausführungen des Vorsitzenden des Künstlerausschusses und führt aus, dass die Arbeit der Klägerin weit über eine bloße handwerkliche Erstellung des periodisch erscheinenden Handzettels hinausgehe. Die Klägerin habe bei der Entwicklung völlig freie Hand. Die gestalterische Qualität im Bereich der Handelswerbung werde selbst von branchenfremden Fachleuten immer wieder unterschätzt.

16

Die Klägerin führte in ihrer Einspruchsbegründung weiterhin aus, dass hilfsweise im Fall der Annahme von gewerblichen Einkünften die Klägerin nach § 141 Abgabenordnung zur Bilanzierung verpflichtet sei und ihr hier die Bildung einer Gewerbesteuerrückstellung in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen zu gewähren sei (Bl. 37 d. Feststellungsakte).

17

Die Klägerin beantragte im Rahmen ihrer Begründung des Einspruchs gegen die geänderten Feststellungsbescheide 2004 bis 2007 und die Gewerbesteuermessbescheide 2002  bis 2007 aus Kostengründung zunächst eine Entscheidung über den Einspruch für den Veranlagungszeitraum 2004 (Bl. 37 d. Feststellungsakte). Für die Veranlagungszeiträume beantragte sie das Ruhen des Verfahrens 2002, 2003, 2005 bis 2007.

18

Mit Schreiben vom 22. Januar 2010 wies der Beklagte die Klägerin u.a. darauf hin, dass beabsichtigt sei, dem Wunsch der Klägerin zu entsprechen und zunächst nur über den Einspruch bezüglich des Gewerbesteuermessbescheids 2004 zu entscheiden und die übrigen Einspruchsverfahren antragsgemäß ruhen zu lassen (Bl. 70 d. Feststellungsakte).

19

Mit Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2010 wies der Beklagte den Einspruch gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2004 als unbegründet zurück (Bl. 74 d. PrA.). Entsprechend des sog. Abschnittsprinzips sei das Finanzamt berechtigt, jederzeit Angaben in Steuererklärungen zu überprüfen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse zu verwerten. Der Klägerin sei auch keine Auskunft oder eine verbindliche Zusage erteilt worden, so dass der Vorwurf der Treuverletzung haltlos sei. Das Urteil des Finanzgerichts Köln sei eine Einzelfallentscheidung, die nicht generell angewendet werden könne. Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung erbringe die Klägerin die kreative Gestaltung der X Prospekte nach den Vorgaben der Firma. Bei den Prospekten für X falle auch bei laienhafter Betrachtung auf, dass sie sich im Wesentlichen nicht von der Vielzahl der Werbeprospekte anderer Firmen unterscheide oder in besonderer Weise davon abhebe. Bei dieser Massenwerbung stehe der Verkauf von Waren im Vordergrund. Der gestalterische Stil müsse zwar anregend und deshalb ansprechend gestaltet sein, dürfe aber nicht so sehr dominieren, dass die Warenpalette dadurch in den Hintergrund rücke. Die Vorgaben der werbenden Firma seien dabei wohl streng zu beachten, da diese - wenn es sich wie vorliegend um ein festes Vertragsverhältnis handele - stets die Herrschaft über das Projekt behalten wolle (Bl. 82 d. Feststellungsakte). Da sich der Erkennungswert des X-Prospektes darüber hinaus zu einem großen Teil über Schriftstil und Farbe definiere, könnten bereits in diesen Bereichen keine großen Abweichungen vorgenommen werden.

20

Die Klägerin könne auch nicht rückwirkend durch einen Wechsel zum Bestandsvergleich eine Gewerbesteuerrückstellung bilden (Bl. 83 d. Feststellungsakte). Die Klägerin habe bei freiberuflichen Einkünften die Wahl zwischen Einnahme-Überschuss-Rechnung und Bestandsvergleich. Sie habe sich vorliegend für die Einnahme-Überschuss-Rechnung entschieden. An die einmal wirksam getroffene Wahl der Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung sei sie gebunden. Selbst wenn sie zur Buchführung verpflichtet gewesen sei, dies aber nicht getan habe, könne sie nach § 141 Abs. 2 Abgabenordnung nicht rückwirkend von der Einnahme-Überschussrechnung zur Buchführung wechseln (Bl. 84 d. Feststellungsakte).

21

In ihrer Klagebegründung trägt die Klägerin unter Verweis auf Rechtsprechung vor, dass die künstlerische Tätigkeit nicht dadurch ausgeschlossen werde, dass Grafikdesigner ihre Leistung in den Dienst der Werbung stellen. Es sei eine präsente Herausforderung, über viele Doppelseiten der Handzettel mittels Farbgebung, Größenkontrasten und teilweise beruhigenden rhythmischen Elementen einen Spannungsbogen zu erzeugen, die nicht "fliesbandmäßig" erledigt werden könne (Bl. 76 d. PrA.). Der Künstlerausschuss habe sich nicht nachvollziehbar mit der Tätigkeit der Klägerin auseinandergesetzt. Die für die künstlerische Gestaltungshöhe erforderliche Sachkunde liege vor. Diese schlage sich auch in der Höhe der Vergütung durch die X AG nieder.

22

Hilfsweise beruft sich die Klägerin auf Gewährung von Vertrauensschutz (Bl. 151 d. PrA.). Die Verwaltung habe die Klägerin im Glauben gelassen, freiberufliche Einkünfte zu erzielen, und ihre Ermittlungspflicht nach § 88 Abgabenordnung verletzt. Die Zweifel der Außenprüferin könnten daher nicht in die Vergangenheit wirken (Bl. 152 d. PrA.); eine rückwirkende Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrages sei nicht zulässig.

23

Zu beachten sei zudem, dass im Fall der Annahme von gewerblichen Einkünften die Klägerin aufgrund der erzielten Gewinne verpflichtet sei, Bücher zu führen. Ein Wahlrecht zwischen den Gewinnermittlungsarten nach § 4 Abs. 3 EStG bzw. § 5 EStG bestehe gerade nicht. Wäre der Beklagte von Anfang an seiner Ermittlungspflicht nachgekommen, hätte die Klägerin Gewerbesteuerrückstellungen bilden können (Bl. 153 d. PrA.).

24

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2004 vom 22. Dezember 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2010 aufzuheben.

25

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

26

Der Beklagte weist darauf hin, dass die Abgrenzung von gewerblichen zu freiberuflichen Einkünften stets eine Einzelfallbeurteilung sei und insofern das Urteil des FG Köln vom 15. Februar 2006 (14 K 7867/98) nicht herangezogen werden könne. Im Streitjahr liege eine gemischte Tätigkeit der Klägerin vor (Bl. 146 d. PrA.). Da die Arbeiten hinsichtlich des X-Prospektes als nicht künstlerisch anzusehen seien, und diese Einkünfte 94% der erzielten Einkünfte ausmachten, sei die Tätigkeit nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG insgesamt gewerblich. Im Übrigen habe der Beklagte in seiner Entscheidung über den Einspruch gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2004 auch Ausführungen zur rückwirkenden Bilanzierung getroffen, da dies auch Auswirkungen auf den Gewerbeertrag habe (Bl. 170 d. PrA.). Für die Klägerin sei hinsichtlich der Bilanzierung § 141 Abgabenordnung einschlägig (Bl. 171 d. PrA.). Entscheidend sei damit nicht allein das objektive Vorliegen der Merkmale des § 141 Abs. 1 Abgabenordnung, sondern auch die förmliche Mitteilung der Finanzbehörde (Bl. 171 f. d. PrA.). Eine solche Aufforderung bzw. Mitteilung sei bislang gegenüber der Klägerin nicht ergangen.

27

Mit Beweisbeschluss vom 8. November 2012 (Bl. 94 d. PrA.) ist die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens angeordnet worden zu der Frage, ob die Arbeiten der Klägerin im Bereich der Angebots- und Prospektwerbung nach ihrem Gesamtbild eigenschöpferisch sind und über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus eine bestimmte künstlerische Gestaltungshöhe erreichen.

28

Mit der Gutachtenerstellung ist Herr W. B., Geschäftsführer der Akademie ..., beauftragt worden.

29

Am 5. Juni 2013 hat Herr B. sein schriftliches Sachverständigengutachten erstattet (Bl. 131 ff. d. PrA.). Auf das Gutachten wird Bezug genommen. Die Beteiligten haben zu den gutachterlichen Ausführungen Stellung genommen und halten an ihren jeweiligen Anträgen und Begründungen fest.

Entscheidungsgründe

30

Die zulässige Klage führt in der Sache nicht zum Erfolg. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin einen Gewerbebetrieb im Sinne § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG i.V.m.  § 15 Abs. 1 EStG betreibt und ihre Einkünfte insgesamt nach § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG der Gewerbesteuer unterliegen.

I.

31

1. Nach § 2 Abs. 1 GewStG unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen.

32

Gewerbebetrieb ist nach § 15 Abs. 2 S. 1 EStG jede selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs bzw. als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehört nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG u.a. die selbständig ausgeübte künstlerische Tätigkeit. Eine Personengesellschaft wie vorliegend die Gesellschaft bürgerlichen Rechts entfaltet nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur dann eine Tätigkeit, die die Ausübung eines freien Berufs im Sinne des § 18 EStG darstellt, wenn sämtliche Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen (BFH Urteil vom 10. Oktober 2012, VIII R 42/10, BStBl. II 2013, 79).

33

Entgegen der Auffassung der Klägerin sind ihre Gesellschafter nicht hauptsächlich künstlerisch tätig, so dass die Einnahmen aus der Tätigkeit für die Baumarktkette X nicht zu den aus dem Anwendungsbereich des § 15 Abs. 2 S.1 EStG ausgenommenen Einkünften aus selbständiger, künstlerischer Arbeit gehören.

34

a. Ein künstlerische Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG liegt vor, wenn der Steuerpflichtige eine eigenschöpferische Leistung vollbringt, in der seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft zum Ausdruck kommt und die über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus eine gewisse Gestaltungshöhe erreicht (BFH Urteil vom 15. Oktober 1998, IV R 1/97, BFH/NV 1999, 465). Dabei ist es unerheblich, aus welcher Zielsetzung heraus der Künstler sein Werk schafft und wozu das von ihm Geschaffene verwendet wird. Eine künstlerisch gestaltete Leistung verliert daher nicht allein dadurch die Eigenschaft einer künstlerischen Leistung, dass sie dem gewerblichen Zweck der Werbung dient (BFH Urteil vom 14. Dezember 1976, VIII R 76/75, BStBl. II 1977, 474; BFH Urteil vom 15. Oktober 1998, IV R 1/97, BFH/NV 1999, 465). Entscheidend ist, ob die Arbeiten ohne Rücksicht auf ihre Verwendung künstlerischen Charakter aufweisen. Dazu ist nach der Rechtsprechung erforderlich, dass die Arbeiten nicht das Produkt handwerksmäßig erlernter bzw. erlernbarer Tätigkeit darstellen, sondern darüber hinaus etwas Eigenschöpferisches enthalten und eine künstlerische Gestaltungshöhe aufweisen. Andererseits ist eine künstlerische Tätigkeit dann nicht gegeben, wenn sich der Steuerpflichtige an ins einzelne gehende Angaben und Weisungen seines Auftraggebers zu halten hat und ihm infolgedessen kein oder kein genügender Spielraum für eine eigenschöpferische Leistung bleibt (BFH Urteil vom 15. Oktober 1998, IV R 1/97, BFH/NV 1999, 465). An der künstlerischen Eigenschaft von Werbefotos fehlt es nach Ansicht des Bundesfinanzhofs, wenn der Fotograph die genauen Angaben oder die Grundgedanken für seine Aufnahmen von den auftraggebenden Firmen erhält und nur die praktische Ausgestaltung durchzuführen hat (BFH Urteil vom 14. Dezember 1976, VIII R 76/75, BStBl. II 1977, 474).

35

Ob die Voraussetzungen einer künstlerischen Tätigkeit gegeben sind, ist von den tatsächlichen Verhältnissen im Einzelfall abhängig, die das Gericht nach seiner freien Überzeugung zu beurteilen hat (BFH Beschluss vom 24. April 1996, XI B 118/95, BFH/NV 1996, 806). Die subjektive Vorstellung des Steuerpflichtigen ist unbeachtlich (BFH Urteil vom 15. Oktober 1998, IV R 1/97, BFH/NV 1999, 465). Der Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung erfordert vielmehr einen objektiven Kunstbegriff, der eine allgemein nachvollziehbare Abgrenzung der künstlerischen von der gewerblichen Betätigung aufgrund einer konkreten Definition ermöglicht (BFH Urteil vom 15. Oktober 1998, IV R 1/97, BFH/NV 1999, 465). Die Rechtsprechung misst daher der allgemeinen Verkehrsauffassung bei der Beurteilung dessen, was als künstlerisch einzustufen ist, besonderes Gewicht bei (BFH Beschluss vom 24. April 1996, XI B 118/95, BFH/NV 1996, 806; BFH Urteil vom 15. Oktober 1998, IV R 1/97, BFH/NV 1999, 465).

36

Unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls hat die Rechtsprechung die Arbeiten eines Webdesigners (FG Münster, Urteil vom 19. Juni 2008, 8 K 4272/06, EFG 2008, 1975), und eines Werbegrafikers und Werbedesigners (FG Köln, Urteil vom 15. Februar 2006, 14 K 7867/98, DStRE 2007, 1312) als künstlerische Tätigkeiten angesehen. Demgegenüber wurden die Arbeiten eines Grafikers zu Werbezwecken (FG Düsseldorf, Urteil vom 5. November 2004, 1 K 3118/02, EFG 2007, 197; FG Nürnberg, Urteil vom 25. April 1995, I 66/94, juris-Dokument), die Tätigkeit eines Werbesprechers im Radio (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. April 2008, 3 K 2240/04, EFG 2008, 1292), das Entwerfen von Schnittmuster für Bekleidung im Kundenauftrag (FG München, Urteil vom 27. Januar 2012, 8 K 4021/08, EFG 2012, 2282) und die Arbeiten eines "Verpackungsdesigners" (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. September 2002, 6 K 2279/00) als nicht künstlerisch und damit als gewerblich eingestuft.

37

Für die Beurteilung der Frage, ob die Tätigkeit eigenschöpferisch ist und eine künstlerische Gestaltungshöhe erreicht, ist es nicht erforderlich, dass jedes einzelne vom Steuerpflichtigen im Streitjahr geschaffene Werk daraufhin untersucht wird, ob es ein Kunstwerk darstellt oder nicht (FG Köln, Urteil vom 15. Februar 2006, 14 K 7867/98, DStRE 2007, 1312). Es ist vielmehr die vom Steuerpflichtigen im Streitzeitraum ausgeübte Tätigkeit insgesamt zu beurteilen.

38

b. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Sachverständige B. eine Auswahl von Arbeiten der Klägerin beurteilt und auf dieser Grundlage festgestellt, dass einzelne Arbeiten der Klägerin eine eigenschöpferische Leistung darstellen und eine gewisse künstlerische Gestaltungshöhe erreichen, dass aber die Arbeiten im Zusammenhang mit der X-Werbung, die über 90% der Umsätze der Kläger ausmachen, nicht die notwendige Gestaltungshöhe aufweisen. Er führt insoweit in seiner Schlussbeurteilung aus (Bl. 138 d. PrA.):

39

"Für mich liegt die Grenze, ab der man von einer bestimmten Gestaltungshöhe sprechen kann, da, wo die Merkmale künstlerischer Tätigkeit überwiegen und die handwerkliche Tätigkeit überstrahlt. Das bedeutet Gestaltungsmittel wie Farbe- und Formkontraste, Farbwirkung, Raum, Perspektive, verschiedene Gestaltungsebenen, Reduzieren, Überhöhen, Verfremdungen, Bildzitate u.ä. müssen nicht nur erkennbar sein, sie müssen sich auf zu etwas Nichtsichtbaren wie Stimmung, Anmutung, Gefühl, Empfindung verdichten.

Dies ist bei den 4 Doppelseiten X (Punkt 12, Blatt 58, 59, 60, 61) nicht der Fall. Hier überwiegt, bei allen Bemühungen den geringen Freiraum künstlerisch auszufüllen, die sauber gemachte, handwerkliche Arbeit. Die Typografie, die auf Grund des großen Textanteils einen breiten Raum einnimmt, ist sachlich, nüchtern und langweilig. Die Kompositionen der Seiten sind ohne Spannung. Grund sind die durch die Praxis gegebenen Bedingungen, die zu wenig Freiraum lassen."

40

Der Senat schließt sich diesen in sich schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen an. Die Klägerin erhält von X die sachlichen Grundbestandteile wie Bilder, Texte und Produktpreise. Bei der Gestaltung der Handzettel greifen ihre Gesellschafter auf das Visuelle Konzept des X zurück, d.h. sie sind an die Farbgebung und Schriftart etc. gebunden. Die künstlerische Freiheit beschränkt sich vorliegend auf die Komposition der einzelnen Seiten mit Blick auf die Anordnung der zu bewerbenden Ware. Ein Abstrahieren oder Verfremden ist nur in sehr eingeschränktem Maße möglich. Im Mittelpunkt steht nicht der persönliche Stil der Klägerin bzw. ihrer Gesellschafter, sondern der Werbegegenstand als Abbild der Wirklichkeit. Eigene Aussagen der Klägerin bzw. ihrer Gesellschafter  können in den Handzetteln nicht getroffen werden.

41

Ob die Entwicklung des Grundkonzepts der Handzettel eine künstlerische Tätigkeit darstellt, konnte vorliegend jedoch dahinstehen, da diese unstreitig nicht in das Streitjahr fiel, sondern nach dem Vortrag der Klägerin "nur" weiterentwickelt wurde. Die sich an die Gestaltung des Grundkonzepts anschließende Ausführung weist jedoch für den Durchschnittsbetrachter nicht die Gestaltungshöhe einer künstlerischen Arbeit auf. Die Klägerin bzw. ihre Gesellschafter haben keine "freie Hand" mehr mit Blick auf die Anzahl der Bilder und der zu bewerbenden Produkte und auf ihre Gestaltung. Die Klägerin führt insofern selbst aus, dass die Handzettelerstellung im Streitjahr nach einem selbst auferlegten Konzept erfolgt sei.

42

2. Auch wenn der Gutachter zu dem Ergebnis kommt, dass Arbeiten der Klägerin, die nicht im Zusammenhang mit der X-Werbung stehen, durchaus als künstlerisch einzustufen sind, sind vorliegend alle Einkünfte der Klägerin als solche aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren.

43

Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG unterliegt auch die mit Einkünfteerzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeit einer nur zum Teil gewerblich tätigen Personengesellschaft der Gewerbesteuer. Eine solche Tätigkeit gilt nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in vollem Umfang als gewerblich. Als Personengesellschaft in diesem Sinne ist auch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts anzusehen wie vorliegend die Klägerin.

44

Da die Klägerin nicht nur geringfügig gewerblich tätig ist, sondern über 90% der Einnahmen auf der gewerblichen Tätigkeit beruhen, greift die Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ein.

45

3. Die Klägerin kann sich nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben auf eine Gewerbesteuerfreiheit für das Streitjahr berufen. Der Grundsatz von Treu und Glauben gebietet es, dass im Steuerrechtsverhältnis jeder auf die berechtigten Belange des anderen Teils angemessen Rücksicht nimmt und sich mit seinem früheren Verhalten, auf das der andere vertraut und aufgrund dessen er in einer irreparablen Weise disponiert hat, nicht in Widerspruch setzt (BFH Urteil vom 21. Juli 1988, V R 97/83, BFH/NV 1989, 356). Die Finanzbehörden sind verpflichtet, die für die Entstehung und den Umfang des Steueranspruchs maßgebenden Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen durchzuführen. Nur ausnahmsweise können sie nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gehindert sein, Besteuerungsgrundlagen in der dem Gesetz entstehenden Höhe festzustellen. Ein solcher Fall ist gegeben, wenn ein Finanzamt einem Steuerpflichtigen zusagt, einen Sachverhalt bei der Feststellung von Besteuerungsrundlagen in einem bestimmten Sinne zu beurteilen (BFH Urteil vom 21. Juli 1988, V R 97/83, BFH/NV 1989, 356).

46

Eine Bindung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben besteht jedoch nicht, wenn das Finanzamt jahrelang eine andere Einordnung ohne bindende Zusage vorgenommen hat bzw. wenn bestandskräftigen Feststellungen der Vorjahre eine Betriebsprüfung vorausging, anlässlich derer die Einordnung der Einkünfte nicht beanstandet wurden (BFH Urteil vom 11. Februar 1981, I R 128/77, BStBl. II 1981, 448).

47

Vorliegend hat das Finanzamt der Klägerin keine Zusage erteilt und keinen Vertrauenstatbestand geschaffen, so dass auch der Grundsatz von Treu und Glauben dem Erlass des angefochtenen Gewerbesteuermessbescheides nicht entgegensteht.

48

4. Der angefochtene Gewerbesteuermessbescheid 2004 geht auch zutreffend von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 282.965,00 Euro aus (Bl. 4a d. Gewerbesteuerakte). Dies entspricht dem nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten Gewinn der Klägerin (Bl. 61 d. Gewinnermittlungsakte). Entgegen der Auffassung der Klägerin war der Gewinn nicht um etwaige Gewerbesteuerrückstellungen zu mindern, da deren Bildung im Rahmen der Einnahme-Überschusseinkünfte nicht zulässig sind (BFH Urteil vom 19. Juni 2007, VIII R 100/04, BStBl. II 2007, 930), und ein nachträglicher Wechsel auf die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nicht zulässig war.

49

Die Klägerin hat vorliegend keine Bücher geführt und Abschlüsse gemacht. Der Beklagte hat ihr auch unbeschadet des Vorliegens der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale des § 141 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Abgabenordnung die Verpflichtung zur Buchführung nicht mitgeteilt. Die Klägerin ging vielmehr davon aus, Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu erzielen und ein Wahlrecht zwischen der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich und durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zu haben.

50

Einem solchen Wahlrecht steht zwar entgegen, wenn ein Steuerpflichtiger von der Erzielung bloßer Überschusseinkünfte ausgeht (BFH Urteil vom 8. Oktober 2008, VIII R 74/05, BStBl. II 2009, 238). Die Ausübung des Wahlrechts kann jedoch nicht bereits deshalb verneint werden, weil der Steuerpflichtige sich wie vorliegend über die genaue Zuordnung zu einer bestimmten Gewinneinkunftsart nicht im Klaren gewesen ist (BFH Urteil vom 8. Oktober 2008, VIII R 74/05, BStBl. II 2009, 238). Insofern führt der Beklagte zutreffend aus, dass die Klägerin ihr Wahlrecht zugunsten der Einnahmen-Überschussrechnung ausgeübt hat. Ein rückwirkender Wechsel zum Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ist nicht zulässig, zumal die Klägerin nicht zu Beginn des streitigen Wirtschaftsjahres Maßnahmen zur Durchführung desselben in Gestalt von Eröffnungsbilanz und Einrichten einer ordnungsgemäßen kaufmännischen Buchführung getroffen hat (BFH Beschluss vom 8. September 2005, IV B 107/04, BFH/NV 2006, 276; BFH Beschluss vom 9. Dezember 2003, IV B 68/02, BFH/NV 2004, 633). Hat ein Steuerpflichtiger wirksam die Einnahme-Überschussrechnung als Gewinnermittlungsmethode gewählt, kann er nicht später für das betreffende Wirtschaftsjahr diese Wahl rückgängig machen und die Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich wählen (BFH Urteil vom 20. Dezember 2012, III R 33/12, BFH/NV 2013, 816).

51

Entgegen der Auffassung der Klägerin war diese auch trotz Überschreitens der Umsatzschwellen des § 141 Abs. 1 Abgabenordnung nicht verpflichtet, Bücher zu führen. Die Frage, ab wann der Steuerpflichtige nach § 141 Abgabenordnung Bücher führen muss und Abschlüsse zu machen hat, wird nicht nach dem objektiven Überschreiten der in § 141 Abgabenordnung genannten Bezugsgrößen beurteilt. Die Buchführungspflicht setzt vielmehr zwingend die Mitteilung der Finanzbehörde an den Steuerpflichtigen über die Buchführungspflicht durch einen selbständigen und rechtsgestaltenden Verwaltungsakt voraus (Schwarz, in Kommentar zu AO, § 141 Rn. 36). Dieser Verwaltungsakt hat konstitutive Wirkung. Die nachträgliche Feststellung, dass eine Buchführungsgrenze überschritten ist, kann nicht zurückbezogen werden (FG Berlin, Urteil vom 26. April 2001, 4 K 4005/99, EFG 2001, 1311).

II.

52

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nach § 115 Abs. 2 FGO nicht vor.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die steuerliche Anerkennung von Verlusten aus Gewerbebetrieb, die der Kläger aus einer Tätigkeit als Typograph und Grafiker in den Streitjahren 2001 - 2007 erzielt hat.

Der 1947 geborene Kläger studierte 1964 – 1968 an der Kunstakademie in …, absolvierte von 1969 – 1971 eine Schriftsetzerlehre in … und arbeitete von 1974 – 1982 als Grafiker in einem Schriften-Atelier in …. 1976 gründete er die „… Handpresse“. Seit dem Jahr 1982 ist er als Typograph und Grafiker selbständig tätig und betreibt die „… Handpresse“ auf einem in seinem Eigentum befindlichen Grundstück in …. Das Grundstück mit Gebäude, das vollständig betrieblich genutzt wurde, wurde vom Kläger im Jahr 1997 für einen Gesamtkaufpreis von 339.174 DM (= 173.416 €) erworben. Der darin enthaltene Grund- und Bodenanteil von 340 m² hat einen unstreitigen Wert von 102.000 DM (= 52.152 €). Im Rahmen eines Umbaus des Anwesens fielen im Jahr 1997 nachträgliche Herstellungskosten von 84.640,22 DM (= 43.276 €) an.

Im Rahmen seines Unternehmens, dessen Einkünfte er durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelte, fertigte der Kläger Plakate, (Hochzeits- und Geburtstags-)Anzeigen, Briefbögen, Visitenkarten, Speise- und Getränkekarten mit der Hand aus Blei- und Holzbuchstaben  und brachte sie mit der Tiegelpresse in kleinen Auflagen für einen kleinen Kundenkreis auf besonderem Papier (z.B. Büttenpapier) auf. Seit dem Jahr 1977 beteiligte er sich an den … Kulturtagen und an weiteren Ausstellungen. Zudem nahm er seitdem an den jährlich stattfindenden Ausstellungen der Sparkasse … teil. Im Jahr 2006 nahm er an der Ausstellung „Brecht in der Buchkunst und Graphik“ im …haus in … und vom

18. Juli – 30. Oktober 2008 an der Ausstellung …-Art in ... teil.

In den Streitjahren wurde der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Die Ehefrau des Klägers erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Gymnasiallehrerin und in den Jahren 2002 – 2003 Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Musikpädagogin. Daneben erzielten die Kläger gemeinsam Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und teilweise Einkünfte aus Kapitalvermögen.

In den Jahren 1987 – 2000 wurden folgende Einkünfte aus Gewerbebetrieb des Klägers der Einkommensbesteuerung des Klägers zugrunde gelegt (in DM):

   1987   

   1988   

   1989   

   1990   

   1991   

   1992  

   1993   

2.483

2.656

1.692

11.109

   - 9.716

- 10.484

- 9.607

   1994   

   1995   

   1996   

   1997   

   1998   

   1999   

   2000   

Summe

1987 – 2000

- 7.335

- 8.055

- 14.314

- 47.630

- 26.530

- 6.136

- 11.708

     - 133.575 DM (= - 68.296 €)

Im Bericht über die Außenprüfung im Einzelunternehmen des Klägers durch die Betriebsnahe Veranlagungsstelle vom 6. Juli 2000 kam der Prüfer nach Prüfung der Jahre 1996 – 1998 zu dem Ergebnis, dass die Gewinnerzielungsabsicht des Klägers erst nach Ablauf des Jahres 2001 beurteilt werden könne.

Folgende negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden in den Jahren 2001 - 2006 (in €) zunächst der Besteuerung zugrunde gelegt:

   2001   

   2002   

   2003   

   2004   

   2005   

   2006   

    Summe 2001 – 2006

9.270 

11.661

12.055

8.786 

10.877

11.090

- 63.739  €

In den Jahren 2007 – 2012 erklärte der Kläger aus seinem Einzelunternehmen Einkünfte aus Gewerbebetrieb von - 4.329 € (2007), - 2.928 € (2008), - 1.881 € (2009), 2.327 € (2010),

- 465 € (2011) und 294 € (2012). Die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre ergingen nach § 165 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Abgabenordnung (AO) teilweise vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, weil die Gewinnerzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden konnte.

Aus der Gewinnermittlung des Klägers ergaben sich folgende Betriebseinnahmen und

-ausgaben aus Gewerbebetrieb (in €):

        

2001   

2002   

2003   

2004   

2005   

2006   

2007   

Einnahmen (brutto)

8.591

7.345,05

4.537,38

7.171,86

4.850,81

4.772,29

7.476,75

Ausgaben (brutto)

        

        

        

        

        

        

        

Geringwertige Wirtschaftsgüter

1.643

1.076,61

1.208,46

1.195,28

677,31

1.022,67

1.297,78

Bürobedarf

309

552,42

332,48

236,28

179,91

223,83

173,78

Fachzeitschriften

220

115,04

180,30

411,07

145,39

208,45

213,20

Eigenwerbung, Messebeteiligung

423

450,95

315,04

608,23

276,36

565,77

265,37

Raumkosten

2.304

3.246,79

2.690,94

2.820,73

2.999,00

4.195,04

3.748,06

Postwertzeichen und –gebühren

216

179,63

184,70

195,36

183,84

193,96

153,20

Kfz–Kosten

1.213

1.635,12

2.210,49

1.432,35

1.227,69

957,15

1.136,97

Sonstige Kosten

1.811

1.947,67

1.633,72

1.647,02

2.893,58

983,63

1.694,50

Abschreibungen

7.360

7.358,00

7.358

7.358

7.358

7.358

3.031

Finanzierungskosten

2.541

2.394,04

654,31

0

0

0

0

Gebühren/Porto

6

6,12

2,04

0

0

0

0

Jeweils am 30. September 2008 änderte das FA die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO, legte Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb von jeweils 0 € der Besteuerung zu Grunde und setzte die Einkommensteuer auf 12.864,62 € (2001), 10.533 € (2002), 14.808 € (2003), 23.042 € (2004), 34.008 € (2005) und 31.308 € (2006) fest. Dagegen legte der Kläger fristgemäß Einsprüche ein.

Am 29. Mai 2009 erging erstmals für das Jahr 2007 ein Einkommensteuerbescheid. Das FA erkannte darin die negativen Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb nicht an und setzte eine Einkommensteuer von 11.374 € fest. Dagegen legte der Kläger ebenfalls fristgemäß Einspruch ein. Am 4. Februar 2011 wurde der insoweit vorläufige Einkommensteuerbescheid 2007 auf der Grundlage des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom

6. Juli 2010 geändert und die Einkommensteuer auf 10.980 € herabgesetzt.

Nach Verbindung zur gemeinsamen Entscheidung wurden die Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre in der Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2011 als unbegründet zurückgewiesen.

In seiner dagegen durch Schriftsatz vom 5. August 2011, eingegangen am 5. August 2011 per Fax, erhobenen Klage macht der Kläger geltend, dass er ein eigenes Atelier mit einer über den Hobbybedarf hinausgehenden Einrichtung besitze und mit seinen künstlerischen Arbeiten erfolgreich und regelmäßig an Veranstaltungen teilnehme, in der örtlichen Presse häufig vertreten sei und seine Tätigkeit hauptberuflich und mit vollem persönlichen Einsatz betreibe. Bei einer hauptberuflichen und gewinnbringend ausgeübten Tätigkeit seien allein langjährige Verluste nicht schädlich. Dass der Kläger nicht darauf angewiesen sei, seinen regelmäßigen Lebensunterhalt aus seiner gewerblichen Tätigkeit zu erwirtschaften, reiche für die Annahme eines privaten Motivs nicht aus. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Verlust der Streitjahre durch erhebliche Abschreibungen und Finanzierungskosten beeinflusst worden sei.

Der Kläger beantragt,

die Einkommensteuerbescheide 2001 - 2006, jeweils vom 30. September 2008, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2011 und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 29. Mai 2009 in Gestalt des Einkommensteueränderungsbescheides 2007 vom 4. Februar 2011 und der Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2011 dahingehend abzuändern, dass Verluste des Klägers bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 9.720 € (2001), 11.666 € (2002), 12.055 € (2003), 8.889 € (2004), 10.877 € (2005), 8.315 € (2006) und 4.329 € (2007) berücksichtigt werden.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das FA vertritt die Auffassung, dass über eine nunmehr über 18 Jahre andauernde Verlustperiode die Vermutung nahe liege, dass die Betätigung des Klägers nach ihrer Wesensart oder nach der Art ihrer betriebswirtschaftlichen Führung objektiv nicht geeignet sei, einen Totalgewinn zu erwirtschaften. Ein solch langer Zeitraum sei ausreichend, um betriebswirtschaftliche Fehlentwicklungen zu erkennen und so zu beheben, dass aus der Tätigkeit nach anfänglichen Verlusten positive Ergebnisse erwirtschaftet werden können. Die Entwicklung der Ergebnisse der vergangenen Jahre lasse keine Maßnahmen erkennen, die zu einer deutlichen Verbesserung der Einnahmesituation oder zu einer Verminderung der Betriebsausgaben geführt hätten. Die fehlende Reaktion auf die erlittenen Verluste und die unveränderte Fortsetzung der Tätigkeit des Klägers deuteten darauf hin, dass dieser seine Tätigkeit aus persönlichen Gründen und Neigungen ausübe.

Der Senat hat Beweis erhoben über den gemeinen Wert des Grundstücks in … zum 31. Dezember 2012 durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Kfm. und Dipl.-Wirtschaftsingenieurs ….

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Akten des FA die Gerichtsakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 2014 nach § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verwiesen.

Gründe

1. Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Einkommensteuerbescheide der Streitjahre sind nicht rechtswidrig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO). Zu Recht hat das FA die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb in den Streitjahren

jeweils mit 0 € angesetzt, weil dem Kläger die Gewinnerzielungsabsicht gefehlt hat.

a. Der Kläger erzielte mit seiner Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in der für die Streitjahre geltenden Fassung in den Streitjahren.

aa. Gewerbebetrieb ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Tätigkeit im Sinne des Einkommensteuerrechts anzusehen ist (§ 15 Abs. 2 EStG). Ein freier Beruf liegt nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG vor, wenn eine künstlerische Tätigkeit ausgeübt wird.

Die Rechtsprechung unterscheidet dabei zwischen zweckfreier Kunst einerseits und Gebrauchskunst andererseits. Bei der freien Kunst kann auf die Feststellung einer gewissen künstlerischen Gestaltungshöhe verzichtet werden; es reicht aus, wenn den Werken nach der allgemeinen Verkehrsauffassung das Prädikat des Künstlerischen nicht abgesprochen werden kann. Bei künstlerischen Tätigkeiten, deren Ergebnisse einen praktischen Nützlichkeitszweck haben, verlangt der Bundesfinanzhof - BFH - dagegen eine eigenschöpferische Leistung, in der sich individuelle Anschauungsweise und besondere Geltungskraft widerspiegeln, so dass eine gewisse objektiv festzustellende künstlerische Gestaltungshöhe erreicht wird; lassen die Vorgaben des Auftraggebers keinen nennenswerten Spielraum für eigenschöpferische Leistungen oder überwiegen die handwerklichen Elemente, handelt es sich in der Regel um gewerbliche Einkünfte (vgl. BFH-Urteil vom 15. Oktober 1998 IV R 1/97, BFH/NV 1999, 465). Künstlerisch ist nur eine selbstständige, eigenschöpferische Arbeit, die dem Werk eine über die Darstellung der Wirklichkeit hinausgehende Aussagekraft verleiht. Ist das Werk nicht um seiner selbst willen geschaffen, sondern wird lediglich die Wirklichkeit ohne eigene künstlerische Aussage kopiert, so fehlt es an der der Kunst eigentümlichen Gestaltungshöhe (BFH-Urteil vom 10. September 1998 IV R 70/97, BFH/NV 1999, 456).

Ob im Einzelfall eine Tätigkeit als künstlerisch oder gewerblich einzuordnen ist, hängt im Übrigen von den Umständen des konkreten Falles ab (vgl. BFH-Beschluss vom 24. April 1996 XI B 118/95, BFH/NV 1996, 806 zum Grafik-Designer). Unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls hat die Rechtsprechung die Arbeiten eines Webdesigners (Finanzgericht - FG - Münster, Urteil vom 19. Juni 2008, 8 K 4272/06, EFG 2008, 1975), und eines Werbegrafikers und Werbedesigners (FG Köln, Urteil vom 15. Februar 2006 14 K 7867/98, DStRE 2007, 1312) als künstlerische Tätigkeiten angesehen. Demgegenüber wurden die Arbeiten eines Grafikers zu Werbezwecken (FG Düsseldorf, Urteil vom 5. November 2004 1 K 3118/02 , EFG 2007, 197; FG Nürnberg, Urteil vom 25. April 1995 I 66/94 , juris-Dokument), die Tätigkeit eines Werbesprechers im Radio (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. April 2008, 3 K 2240/04, EFG 2008, 1292), das Entwerfen von Schnittmuster für Bekleidung im Kundenauftrag (FG München, Urteil vom 27. Januar 2012 8 K 4021/08 , EFG 2012, 2282) und die Arbeiten eines "Verpackungsdesigners" (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. September 2002

6 K 2279/00) als nicht künstlerisch und damit als gewerblich eingestuft.

bb. Nach diesen Grundsätzen ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller feststellbaren Umstände die Tätigkeit des Klägers als gewerblich einzuordnen. Die Beurteilung, ob die vom Kläger mittels Bleisatz und Buchdruck erstellten Dokumente als Kunst i.S. von § 18 EStG eingeordnet werden können, erfordert besondere Sachkunde. Über diese Sachkenntnis verfügen die Senatsmitglieder aufgrund ihrer Lebenserfahrung und privater Kontakte zu Künstlern und Graphikern. Das Gericht hat den Beteiligten anheimgestellt, ein Sachverständigengutachten über die künstlerische Betätigung des Klägers zu beantragen. Ein solcher Antrag wurde von den Beteiligten nicht gestellt. Damit konnte die Entscheidung ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens ergehen.

Die zu Werbe- und sonstigen Gebrauchszwecken erstellten Drucksachen des Klägers genügen im Streitfall nicht den hohen Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine Anerkennung der sog. Gebrauchskunst als künstlerisch i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG stellt. Zwar sind eine besondere Kreativität des Klägers und hohe technische Fähigkeiten erkennbar. Zudem fließen in die erstellten Drucksachen auch eigenschöpferische Ideen und Leistungen ein. Es fehlt jedoch an dem für eine gewisse Gestaltungshöhe erforderlichen Abstraktionsgrad. Die zu verwendenden Materialien (z.B. Büttenpapier, u.ä.) und Formen (Buchstaben, Ziffern und Zeichen) sind vorgegeben, ebenso der Zweck (z.B. Hochzeits- oder Geburtstagsanzeigen, Einladungen, Speise- oder Getränkekarten). Die Bindungen durch den vom Kunden vorgegebenen Produkt- und Gebrauchszweck und dessen Vorstellungen sind dabei entscheidend und lassen dem Kläger bei der Erstellung einen geringen künstlerischen Freiraum, der von der handwerklich sauberen Ausführung des Auftrags überwogen wird. Da vor allem die handwerkliche Leistung des Klägers seinen Drucksachen das Gepräge gibt, liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor (vgl. BFH-Urteile vom 30. März 1994 I R 54/93, BStBl II 1994, 864 und vom 4. November 2004 IV R 63/02, BStBl II 2005, 362).

b. Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG setzt ein Gewerbebetrieb voraus, dass eine Betätigung mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird. Fehlt das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht, stellen Verluste aus einer solchen Tätigkeit steuerlich nicht relevante negative Einkünfte aus einer Liebhaberei dar (BFH-Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751). Gewinnerzielungsabsicht ist das Bestreben, das Betriebsvermögen zu mehren und auf Dauer einen Totalgewinn zu erzielen (BFH-Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751). Der vom Gewerbetreibenden anzustrebende „Totalgewinn“ stellt das Gesamtergebnis des Betriebs in der Zeit von seiner Gründung bis zur Veräußerung, Aufgabe oder Liquidation dar (BFH-Urteil vom 17. November 2004 X R 62/01, BFH/NV 2005, 755, BStBl II 2005, 336). Die Gewinnerzielungsabsicht ist wie jede innere Tatsache anhand äußerer Merkmale zu beurteilen. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder das Fehlen der Absicht zur Gewinnerzielung geschlossen werden, wobei einzelne Umstände einen Anscheinsbeweis liefern können. Beweisanzeichen für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht kann eine Betriebsführung sein, bei der der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen dazu geeignet und bestimmt ist, mit Gewinn zu arbeiten. Dies fordert eine in die Zukunft gerichtete und langfristige Beurtei-

lung, wofür die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums wichtige Anhaltspunkte bieten können (vgl. BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 IV R 36/09, BFH/NV 2011, 2092).

Der für die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht maßgebliche erzielbare Totalgewinn setzt sich aus den in der Vergangenheit erzielten und künftig zu erwartenden laufenden Gewinnen/Verlusten und dem sich bei Betriebsbeendigung voraussichtlich ergebenden Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn/-verlust zusammen. Kommt es - wie im Streitfall - nicht zu einer Veräußerung des Betriebes, ist der Schätzung des Totalgewinns ein (fiktiver) Aufgabegewinn/-verlust gemäß § 16 Abs. 3 EStG zugrunde zu legen (BFH-Beschluss vom 13. April 2011 X B 186/10, BFH/NV 2011, 1137). Der Aufgabegewinn, in dem die stillen Reserven des Betriebsvermögens erfasst werden, lässt sich durch Gegenüberstellung des bis zum Aufgabegewinn fortentwickelten letzten Betriebsvermögens als sog. Aufgabe-Anfangsvermögen und des sich durch Ansatz der Werte des § 16 Abs. 3 EStG ergebenden sog. Aufgabe-Endvermögens ermitteln. Im Aufgabe-Anfangsvermögen sind die Wirtschaftsgüter mit ihrem Buchwert auszuweisen, während sie im Aufgabe-Endvermögen mit ihrem gemeinen Wert anzusetzen sind. Der Aufgabegewinn besteht in der Differenz zwischen dem gemeinen Wert und dem Buchwert der einzelnen Wirtschaftsgüter (BFH-Urteil vom 17. Juni 1998 XI R 64/97, BStBl II 1998, 727).

c. Der Kläger hat aus seiner gewerblichen Tätigkeit Verluste in einem Umfang erzielt, dass ein Ausgleich mit künftigen Gewinnen im Sinne einer Totalgewinnprognose ausgeschlossen erscheint. Der Kläger hat in den Jahren 1987 – 2012 ein Gesamtergebnis von ./. 139.017 € erzielt, das nach der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) nicht durch stille Reserven des im notwendigen Betriebsvermögen des Klägers befindlichen Anwesens …, die sich zum 31. Dezember 2012 auf 1.222 € belaufen, ausgeglichen werden kann.

Der geschätzte Wert des Aufgabe-Anfangsvermögen des Einzelunternehmens des Klägers zum 31. Dezember 2012 berechnet sich wie folgt:

        

        

        

        

Grund und Boden …

        

        52.152 €

Gebäude …

        

        

        

        

Anschaffungskosten

 121.264 €

        

        

Nachträgliche Herstellungskosten

       +   43.276 €

        

        

Summe 

 164.540 €

        

        

Afa nach 7h EStG (1997 - 2006)

-    43.275 €

        

        

Afa nach § 7 IV EStG (1997 - 2012)

-    44.469 €

        

        

        

   76.796 €

76.796 €

Buchwert

        

        

128.948 €

Der gemeine Wert des Anwesens in … beträgt zum

31. Dezember 2012 ausweislich des Gutachtens des Gutachters  vom

14. Februar 2014 75.000 €. Es ergibt sich damit ein fiktiver Aufgabeverlust nach § 16 Abs. 3 EStG von (75.000 € ./. 128.948 € =) 53.948 €. Demzufolge ergeben sich im Betriebsvermögen keine stillen Reserven, mit denen die in den Jahren 1997 – 2012 aufgelaufenen Verluste ausgeglichen werden könnten.

d. Bei einem Einzelunternehmen – wie es der Kläger betreibt – spricht der Beweis des ersten Anscheins zunächst dafür, dass es in der Absicht der Gewinnerzielung betrieben wird. Denn Unternehmen dieser Art sind nach der Lebenserfahrung nicht typischerweise dazu bestimmt und geeignet, der Befriedigung persönlicher Neigungen des Steuerpflichtigen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre zu dienen (vgl. BFH-Urteil vom 22. März 1996 III R 49/95, BFH/NV 1996, 812).

Im Streitfall spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine Gewinnerzielungsabsicht des Klägers. . Seit dem Jahr 1982 ist er als Typograph und Grafiker selbständig tätig und betreibt die „… Handpresse“ in seinen eigenen Räumen. Er fertigte in der „… Handpresse“ in … Plakate, Anzeigen, Briefbögen und Visitenkarten mit der Hand unter Zuhilfenahme einer Tiegelpresse. Zwar erzielte er in den Jahren 1991 – 2009 und 2011 jeweils nur Verluste aus seiner Tätigkeit als Einzelunternehmer. Dauernde Verluste reichen aber für die Entkräftung des Anscheinsbeweises und die Annahme, dass die Gewinnerzielungsabsicht fehlt, alleine nicht aus. Bei längeren Verlustperioden muss aus weiteren Anzeichen die Feststellung möglich sein, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt (BFH-Urteile vom 26. Februar 2004 IV R 43/02, BStBl II 2004, 455 und vom 17. November 2004 X R 62/01, BFH/NV 2005, 755, BStBl II 2005, 336).

e. Übt der Steuerpflichtige eine gewerbliche Tätigkeit aus, die nicht typischerweise in der Nähe des Hobbybereichs anzusiedeln ist, so können im Falle einer längeren Verlustperiode die Reaktionen des Steuerpflichtigen auf die Verluste die Bedeutung wichtiger äußerer Beweisanzeichen erlangen. So spricht vor allem das fehlende Bemühen, die Verlustursachen zu ermitteln und ihnen mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen bzw. das fehlende Bemühen um eine Betriebsbeendigung nach Erkennen der fehlenden Eignung des Betriebs zur Erzielung eines Totalgewinns, für sich genommen schon dafür, dass langjährige Verluste aus im persönlichen Bereich liegenden Neigungen und Motiven hingenommen werden. Das Unterlassen geeigneter Umstrukturierungsmaßnahmen oder eine Betriebsbeendigung ist jedoch im Hinblick auf das darin liegende nicht marktgerechte Verhalten als ein gewichtiges Beweisanzeichen für eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht zu werten. Denn es lässt den Schluss zu, dass die Betriebsführung nicht ernstlich auf eine am Markt erfolgreiche Tätigkeit gerichtet war (BFH-Urteile vom 17. November 2004 X R 62/01, BStBl II 2005, 336 und vom 12. Mai 2011 IV R 36/09, BFH/NV 2011, 2092). Ein solcher Rückschluss allein von der unveränderten Fortsetzung einer verlustbringenden Tätigkeit auf das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht, setzt allerdings voraus, dass sich die negativen Betriebsergebnisse bereits über einen längeren Zeitraum verstetigt haben. Als betriebsspezifische Anlaufzeit bis zum Erforderlichwerden größerer Korrektur- und Umstrukturierungsmaßnahmen kommt ein Zeitraum von weniger als fünf Jahren nur im Ausnahmefall in Betracht. Daneben ist die Dauer der Anlaufphase vor allem vom Gegenstand und von der Art des jeweiligen Betriebs abhängig (BFH-Urteil vom 23. Mai 2007 X R 33/04, BStBl II 2007, 874).

Im Streitfall hat der Kläger sein Einzelunternehmen trotz langjähriger anhaltender Verluste in stets gleichbleibender Form weiter betrieben und keine innerbetrieblichen Umstrukturierungsmaßnahmen zur Erzielung positiver Ergebnisse ergriffen. Trotz der in den Jahren 1991 – 2009 und 2011 erzielten Verluste hat der Kläger keine Maßnahmen ergriffen, um seine Einnahmen so zu steigern oder seine Ausgaben so zu reduzieren, dass ein Totalgewinn erzielt werden kann. Der Kläger hat also weder Maßnahmen zur Erzielung positiver Ergebnisse ergriffen noch den verlustbringenden Betrieb nach § 16 EStG durch Überführung der Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen endgültig aufgegeben. Dies allein stellt ein gewichtiges Beweisanzeichen dafür dar, dass sein Einzelunternehmen als Liebhabereibetrieb einzustufen ist. Das fehlende Bemühen des Klägers, die Verlustursachen zu ermitteln und ihnen mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen bzw. das fehlende Bemühen um eine Betriebsbeendigung nach Erkennen der fehlenden Eignung des Betriebs zur Erzielung eines Totalgewinns, spricht deshalb im Streitfall dafür, dass der Kläger die über zehn Jahre andauernden Verluste aus im persönlichen Bereich liegenden Neigungen und Motiven hingenommen hat und deshalb nicht mit Gewinnerzielung gehandelt hat.

f. An die Feststellung persönlicher Gründe und Motive, die den Steuerpflichtigen trotz der Verluste zur Weiterführung seines Unternehmens bewogen haben könnten, sind in diesen Fällen keine hohen Anforderungen zu stellen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 23. Mai 2007 X R 33/04, BStBl II 2007, 874 und vom 12. Mai 2011 IV R 36/09, BFH/NV 2011, 2092). Die Tätigkeit des Klägers war nicht die alleinige Existenzgrundlage des Klägers und seiner Ehefrau. Die Ehefrau des Klägers verfügte vielmehr über ein positives Einkommen als Lehrerin. Zu dem persönlichen, im Bereich der privaten Lebensführung liegenden Gründen und Motiven gehört aber auch der Umstand, dass der Kläger wegen anderweitiger hoher Einkünfte seiner Ehefrau in der Lage war, die aus seinem Einzelunternehmen jährlich anfallenden Verluste zu tragen (vgl. BFH-Urteile vom 14. Dezember 2004 XI R 6/02, BStBl II 2005, 392 und vom

15. November 2006 XI R 58/04, BFH/NV 2007, 434). Zudem resultieren die Verluste in den Streitjahren auch aus der Abschreibung des Pkws des Klägers bzw. aus dessen Betriebskosten. Damit eröffnet die gewerbliche Tätigkeit dem Kläger die Möglichkeit, Kosten der privaten Lebensführung in den einkommensteuerlich relevanten Bereich zu verlagern. Die dadurch eintretende Steuerersparnis rechtfertigt ebenfalls den Rückschluss auf die fehlende Absicht, mit dem Verlustbetrieb Gewinne zu erzielen, weil der Steuerpflichtige durch die Verluste tatsächlich wirtschaftlich nicht belastet wird (vgl. BFH-Urteil vom 23. Mai 2007 X R 33/04, BStBl II 2007, 874).

g. Auch bei Annahme einer künstlerischen Tätigkeit des Klägers wäre der Senat zu dem gewonnenen Ergebnis gekommen (BFH-Beschluss vom 10. Mai 2012 X B 57/11, BFH/NV 2012, 1307).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage endet mit der Unanfechtbarkeit oder, wenn die Anfechtungsklage im ersten Rechtszug abgewiesen worden ist, drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des gegen die abweisende Entscheidung gegebenen Rechtsmittels. Dies gilt auch, wenn die Vollziehung durch die Behörde ausgesetzt oder die aufschiebende Wirkung durch das Gericht wiederhergestellt oder angeordnet worden ist, es sei denn, die Behörde hat die Vollziehung bis zur Unanfechtbarkeit ausgesetzt.

(2) Das Rechtsmittelgericht kann auf Antrag anordnen, daß die aufschiebende Wirkung fortdauert.

(3) § 80 Abs. 5 bis 8 und die §§ 80a und 80c gelten entsprechend.

Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
eine in § 144 Abs. 1, § 145 Abs. 1, 2 Nr. 2 oder 6 oder § 146 Abs. 1 bezeichnete Zuwiderhandlung beharrlich wiederholt oder
2.
durch eine in § 144 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b, Absatz 2 Nummer 1a oder Nummer 1b, § 145 Abs. 1, 2 Nr. 1 oder 2, oder § 146 Abs. 1 bezeichnete Zuwiderhandlung Leben oder Gesundheit eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.