Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 07. Apr. 2016 - 20 B 14.30214

published on 07/04/2016 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 07. Apr. 2016 - 20 B 14.30214
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Verwaltungsgericht München, 11 K 13.30577, 11/09/2013

Gericht

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Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 11. September 2013 wird in Ziffer I. Satz 2 aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen Kläger und Beklagte je zur Hälfte.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist nach eigenen Angaben am 20. Januar 1994 geboren und somalischer Staatsangehöriger. Er sei im Juli 2010 in das Bundesgebiet eingereist und stellte am 26. August 2010 einen Antrag auf seine Anerkennung als Asylberechtigter. Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab der Kläger im Wesentlichen an, er sei zwar in Buuloburde geboren worden, habe aber zusammen mit seiner Mutter und seiner Schwester in den letzten fünf Jahren in Mogadischu gelebt. Mitte 2008 habe er Mogadischu verlassen. Mit dem Boot sei er nach Italien gereist und in Lampedusa angekommen. In Italien habe er keinen Asylantrag gestellt. Von Italien sei er nach Holland gegangen und von dort mit dem Zug nach München gefahren, wo er einen Asylantrag gestellt habe. Aufgrund der Bürgerkriegssituation in Mogadischu sei der Kläger auf Betreiben seiner Mutter geflohen.

Mit Bescheid vom 22. Mai 2013 stellte das Bundesamt fest, dass dem Antragsteller aufgrund seiner Einreise aus einem sicheren Drittstaat kein Asylrecht zusteht (Nr. 1 des Bescheids). Die Abschiebung nach Italien wurde angeordnet (Nr. 2 des Bescheids). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe bereits in Italien ein Asylverfahren durchgeführt und dort den Flüchtlingsstatus erhalten (vgl. Bl. 67 d. BA-Akte). Er sei damit aus einem sicheren Drittstaat eingereist und könne sich daher nicht auf Art. 16 a GG berufen. Da der Asylantrag nur nach § 26 a Absatz 1 AsylVfG abgelehnt und die Abschiebung in den sicheren Drittstaat angeordnet werde, sei nach § 31 Absatz 4 AsylVfG lediglich festzustellen, dass dem Antragsteller kein Asylrecht zustehe. Es sei weder über die Voraussetzungen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch über das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 5 oder 7 AufenthG zu entscheiden. Die Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 34 a Absatz 1 Satz 1 AsylVfG.

Hierauf erhob der Kläger Klage und beantragte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht die Nr. 2 des Bescheids des Bundesamtes vom 22. Mai 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass beim Kläger ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG hinsichtlich Somalia vorliegt.

Mit Urteil vom 11. September 2013 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 22. Mai 2013 in Nr. 2 auf. Weiter verpflichtete das Verwaltungsgericht die Beklagte festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG hinsichtlich Somalias vorliegen. Die Abschiebungsanordnung werde aufgehoben, weil der Kläger nicht reisefähig sei, was von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen worden sei. Zudem seien auch keine Hinweise ersichtlich, dass Italien zur Übernahme bereit wäre. Weil die Tatbestandsvoraussetzungen einer Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG nicht vorlägen, habe das Bundesamt auch zu prüfen, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG vorliege. Dies sei aufgrund der Bürgerkriegssituation und der Gefahrenlage in Somalia der Fall.

Mit Beschluss vom 17. Juli 2014 hat der Senat die Berufung zugelassen.

Die Beklagte beantragt,

unter Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung die Klage abzuweisen, soweit ihr stattgegeben worden sei.

Die behördliche Versagung der Feststellung zum Asylrecht stehe nach dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zuletzt gestellten Klageantrag nicht mehr im Streit. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes sei geklärt, dass das Bundesamt weder berechtigt noch verpflichtet sei, ein Verfahren durchzuführen, wenn ein Antragsteller in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union einen Schutzstatus erlangt habe. Nach bisherigem Sachstand sei die Beklagte ferner nicht der Ansicht, dass die Voraussetzungen für ein nationales ausländerrechtliches Abschiebungsverbot in Bezug auf Italien vorlägen. Unabhängig von der Frage, wann eine solche Feststellung in Bezug auf einen anderen Mitgliedstaat überhaupt begehrt werden könnte, sei nach der Quellenlage davon auszugehen, dass die Gesundheitsfürsorge grundsätzlich für alle Ausländer gewährleistet sei, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis seien. Flüchtlinge seien in Fragen der Gesundheitsversorgung den italienischen Staatsbürgern gleichgestellt. Dass in Italien keine angemessene Behandlung der geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen möglich sein sollte, sei auch nicht erkennbar. Das fachärztliche Attest vom 31. März 2016 ändere hieran nichts.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Flüchtlingsanerkennung des Klägers in Italien sei strittig. Der Kläger selbst gebe an, in Italien keinen Asylantrag gestellt zu haben und auch kein Schreiben erhalten zu haben. Die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus müsse dem Begünstigten förmlich mitgeteilt werden. Dies sei nicht erfolgt. Weil der Kläger keine positive Entscheidung erhalten habe, sei sein Asylverfahren in Italien nicht abgeschlossen, es sei deshalb in Deutschland fortzuführen. Bei Erlass der Abschiebungsanordnung habe eine Reiseunfähigkeit des Klägers wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung bestanden, so dass die Abschiebungsanordnung nicht habe ergehen dürfen. Weil die Hinderungsgründe nach wie vor bestünden, sei die Berufung insoweit nicht begründet. Da die Abschiebungsanordnung im Hinblick auf Italien aufgehoben worden sei, bestehe gerade dann, wenn wie hier eine italienische Flüchtlingsanerkennung im Inland keine Wirkung entfalte, ein Rechtsschutzbedürfnis auf Feststellung des Schutzbedarfs. Aus dem fachärztlichen Attest vom 31. März 2016 ergebe sich, dass der Kläger aufgrund seiner Erkrankung allgemein nicht reisefähig sei.

In der mündlichen Verhandlung übergab der Klägerbevollmächtigte den Bescheid des Bundesamtes vom 18. März 2015, in dem in Ergänzung des Bescheids vom 22. Mai 2013 festgestellt wurde, dass der Kläger nicht nach Somalia abgeschoben werden darf.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten verwiesen. Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nur zum Teil begründet.

Die Berufung ist zulässig. Das Bundesamt ist trotz des von ihm erlassenen Änderungsbescheids vom 18. März 2015 durch das Urteil des Verwaltungsgerichts weiterhin beschwert. Zwar hat das Bundesamt in diesem Änderungsbescheid festgestellt, dass der Kläger nicht nach Somalia abgeschoben werden darf. Dies ist jedoch keine positive und eigenständige Feststellung eines subsidiären Schutzstatus, sondern sollte, wie sich aus der kurzen Begründung des Bescheides ergibt, eine Ergänzung einer (nicht ersichtlichen) Abschiebungsandrohung gemäß § 60 Abs. 10 Satz 2 AufenthG sein.

Die zulässige Berufung ist insoweit begründet, als das Verwaltungsgericht in Ziffer I Satz 2 seines Urteils festgestellt hat, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG (a. F.) hinsichtlich Somalias vorliegen. Hierzu war es nicht berechtigt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 17.6.2014 - 10 C 7.13 - BVerwGE 150, 29 = NVwZ 2014, 1460) ist das Begehren auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz unzulässig, wenn dem Ausländer bereits im Ausland die Rechtsstellung eines Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne von § 4 AsylVfG (jetzt AsylG) zuerkannt worden ist (Leitsatz 3). Das Bundesamt ist bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz oder der (erneuten) Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt. Ein gleichwohl gestellter Antrag ist unzulässig. So liegt der Fall hier. Dem Kläger wurde in Italien Flüchtlingsschutz zuerkannt. Dies steht bereits aufgrund der Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes vom 22. Mai 2013 fest, welche vom Kläger nicht angefochten wurde und zwischenzeitlich bestandskräftig ist. Darüber hinaus hat der Senat aufgrund der in den Akten befindlichen Bestätigung des italienischen Innenministeriums (Seite 67 der Bundesamtsakte) keinen Zweifel, dass dem Kläger der Flüchtlingsstatus in Italien zuerkannt worden ist. Damit ist sein in der Bundesrepublik Deutschland erneut gestellter Antrag auf Zuerkennung von subsidiärem Schutz unzulässig (BVerwG v. 17.6.2014 a. a. O.).

Demgegenüber ist die Berufung hinsichtlich der verwaltungsgerichtlichen Aufhebung der in Ziffer 2 des Bescheides vom 22. Mai 2013 ausgesprochenen Anordnung der Abschiebung nach Italien unbegründet, weil die Abschiebungsanordnung rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nach § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet, wenn ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylG) abgeschoben werden soll, das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Nach dieser Vorschrift ist es allein Aufgabe des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, zu prüfen, ob „feststeht“, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (BVerfG, B. v. 17.9.2014 - 2 BvR 1795/14 - juris, m. w. N.). Da die Abschiebungsanordnung nach § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylG erst ergehen kann, wenn „feststeht, dass sie durchgeführt werden kann“, muss die Übernahmebereitschaft positiv geklärt sein (vgl. etwa OVG NRW B. v. 28.4.2015 - 14 B 502/15.A - juris, m. w. N.; OVG Rheinland-Pfalz U. v. 18.2.2016 - 1 A 11081/14.OVG - BeckRS 2016, 43342). Dies ist hier nicht der Fall. Das Bundesamt hat keine Umstände hierzu vorgetragen, sie sind auch sonst wie nicht ersichtlich. Deshalb kommt es auf die zwischen den Beteiligten strittige Frage der Reisefähigkeit nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegen.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.