Der Kläger ist Halter des acht Jahre alten Australian Sheperd Rüden „Terry“ mit einer Schulterhöhe von 53 cm.
Am 19. Juli 2010 befand sich „Terry“ im Kassenraum des vom Kläger im Bereich der Beklagten betriebenen Zoogeschäfts. Als der dreieinhalbjährige Sohn S. einer Kundin sich dem Hund mit einem Ball in der Hand näherte, sprang „Terry“ das Kind an und verletzte es leicht. Ausweislich der Bestätigung des Klinikums „Am Bruderwald“ mit Datum 12. April 2010 (Datum wohl falsch) hat S. eine kleine Bissverletzung am rechten Schläfenbein davongetragen, die oberflächlich behandelt wurde.
Nach Angaben der ermittelnden Polizeibeamten handelt es sich bei „Terry“ um einen sehr verspielten Hund, der offensichtlich nicht zu Aggressionen neigt und lediglich mit dem Ball spielen wollte und dabei das Kind nur unabsichtlich verletzt hat.
Nach Anhörung des Klägers erließ die Beklagte am 7. Dezember 2010 einen ordnungsrechtlichen Bescheid, mit dem der Kläger verpflichtet wurde, ab sofort „Terry“ während der Öffnungszeiten seines Zoogeschäfts nicht mehr in den öffentlich zugänglichen Räumen des Geschäftes zu halten. Halte sich „Terry“ im Zoogeschäft auf, sei der Kläger verpflichtet, den Hund außerhalb der öffentlich zugänglichen Räume, beispielsweise in einem separaten Raum unterzubringen, und zwar so, dass der Rüde diesen Raum nicht selbständig verlassen könne (Nr. 1 des Bescheids). Zudem wurde der Kläger verpflichtet, „Terry“ während der Öffnungszeiten seines Zoogeschäfts nur noch an einer reißfesten und schlupfsicheren Leine von maximal 100 cm Länge mit schlupfsicherem Halsband bzw. schlupfsicherem Geschirr durch die öffentlich zugänglichen Räume seines Zoogeschäftes zu führen, falls das Betreten der öffentlich zugänglichen Räume unabdingbar sein sollte, um das Zoogeschäft zu verlassen bzw. zu betreten (Nr. 2.). Schließlich habe der Kläger dafür Sorge zu tragen, dass die sich aus Nr. 1 und Nr. 2 des Bescheids ergebenden Verpflichtungen auch von Dritten erfüllt werden, die mit der Betreuung und dem Ausführen von „Terry“ beauftragt werden. Das Ausführen des unter Nr. 1 genannten Rüden dürfe nur durch eine geeignete erwachsene Bezugsperson erfolgen, die mit dem Verhalten des Hundes vertraut sei, ausreichend auf ihn einwirken könne und körperlich dazu in der Lage sei, das Tier jederzeit zu führen (Nr. 3). In Nr. 4 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 bis 3 angeordnet. Für den Fall des Verstoßes gegen die Anordnungen aus den Nrn. 1 bis 3 wurde ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 500 Euro zur Zahlung angedroht (Nr. 5).
Zur Begründung des Bescheids wurde ausgeführt, die auf Art. 18 Abs. 2 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes – LStVG – gestützte Anordnung sei erforderlich, da ein besonderes öffentliches Interesse daran bestehe, einer nicht vorhersehbaren Reaktion bei einem ausgewachsenen und über eine entsprechende Beißkraft verfügenden Hund wie „Terry“ vorbeugend zu begegnen. Nach den gegebenen Tatsachen sei zu befürchten, dass durch das Verhalten von „Terry“ in naher Zukunft weitere Menschen gefährdet werden könnten. Von dem Tier gehe damit eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit, speziell für das Schutzgut Gesundheit anderer Personen aus. Die tatbestandlichen Voraussetzungen von Art. 18 Abs. 2 LStVG lägen deshalb vor. Der Erlass einer Anordnung stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde. Vom Standpunkt des öffentlichen Interesses aus sei ein Einschreiten im vorliegenden Fall zweckmäßig und notwendig. Der Vorfall mit S. zeige, dass der Hund zu einer Gefahr für die Gesundheit von Menschen werden könne, wenn „Terry“ sich in den öffentlich zugänglichen Räumen des Zoogeschäfts aufhalte. Die Anordnung sei verhältnismäßig, da ein verantwortungsvoller Hundehalter die in Nrn. 1 bis 3 des Bescheidstenors genannten Maßnahmen auch ohne öffentlich-rechtliche Anordnung einhalten würde. Nach Abwägung und Würdigung aller der Beklagten bekannten Tatsachen kämen deshalb nur die in Nr. 1 bis 3 des Bescheidstenors getroffenen Anordnungen in Betracht.
Mit Schriftsatz vom 4. Januar 2011 ließ der Kläger Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2010 erheben mit dem Antrag, den Bescheid aufzuheben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgebracht, bei dem Vorfall am 19. Juli 2010 sei es nicht zu einem unvorhersehbaren Fehlverhalten von „Terry“ gekommen, sondern dieser habe sich hundetypisch verhalten, nachdem S. einen speziell für Hunde hergestellten Ball aus einem Regal genommen habe und mit diesem in den nicht öffentlich zugänglichen Kassenbereich gegangen sei, in dem sich der Hund befunden habe. Die Verletzung bei S. rühre nicht von einem Biss her, sondern S. habe sich lediglich eine Schramme zugezogen, als er mit „Terry“ zusammengestoßen sei. Die Beklagte blende bei der Begründung auch vollständig aus, dass es sich bei dem Geschäft des Klägers um eine Zootierhandlung mit dem Schwerpunkt des Bedarfs für Hundehalter handle. Die Kunden hätten zumeist selbst einen Hund, den sie mitbrächten und der im Geschäft frei laufe. Der Hund „Terry“ spiele zudem als Vorzeigeobjekt eine gewisse Rolle. Der Kläger führe mit seinem Hund Leinen, Geschirr und Hundekleidung vor und demonstriere die Funktionsweise von Hundeboxen. Es sei Kunden nicht erklärbar, wieso ausgerechnet der Inhaber eines Zootiergeschäfts seinen eigenen Hund nicht einmal an der Leine im eigenen Laden führen dürfe. Die angeordneten Maßnahmen seien unverhältnismäßig und untauglich. Wäre der Hund angeleint gewesen, hätte sich der Sachverhalt genauso abgespielt. Dem Inhaber eines Zootiergeschäfts könne nicht auferlegt werden, seinen eigenen Hund nur angeleint im Laden zu führen, währenddessen Hunde von Kunden frei herumliefen. Die Beklagte habe zudem nicht berücksichtigt, dass „Terry“ in der Zwischenzeit von drei Experten untersucht worden sei und alle bestätigt hätten, dass es sich bei „Terry“ um ein ungefährliches Tier handle.
Schließlich habe die Wohnsitzgemeinde des Klägers diesem aufgrund des Vorfalls am 19. Juli 2010 einen Leinenzwang in ihrem Gemeindegebiet auferlegt. Auch dieser Bescheid sei angefochten worden. Die Gemeinde werde aber nach Abschluss des derzeit mit „Terry“ durchgeführten Lehrgangs zur Gehorsamkeitsausbildung für Fortgeschrittene ihren Bescheid zurücknehmen. Die Beklagte solle dies ebenfalls tun. Der Kläger werde an der Eingangstür seines Ladenlokals auf freilaufende Tiere im Geschäft hinweisen. Damit sollten dann ausreichende Konsequenzen aus dem zugrunde liegenden Sachverhalt gezogen worden sein.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und trug vor, der Bescheid erweise sich als rechtmäßig, da es nicht einmal erforderlich sei, dass es zu Bissen durch den Hund gekommen sei. Vielmehr sei dem stärker gewordenen Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung angemessen Rechnung zu tragen. Die angeordnete Maßnahme sei angemessen, notwendig und verhältnismäßig, um die Gefährdungen im Bereich des Ladengeschäfts des Klägers durch dessen Hund zu verhüten. Zum Vorbringen des Klägers sei auszuführen, dass es nicht üblich sei, dass Besitzer von Zoogeschäften ihren Hund frei in den öffentlich zugänglichen Verkaufsräumen laufen ließen. Dies führe vielmehr zu Problemen und Schwierigkeiten mit Hunden von Kunden. Auch würde dies ein erhebliches Gefahrenpotential herbeiführen, wenn Kunden eine Katze mitbrächten. Das Gleiche gelte bei kleinen Kindern oder für ältere oder gebrechliche Personen. Es sei auch nicht erforderlich, „Terry“ als „Hausmodell“ einzusetzen, da die verschiedenen Hunde von unterschiedlicher Größe, Statur und Körperbau seien. Zu erwähnen sei noch, dass die Rasse des Australian Sheperd als Büro- oder Geschäftshund ungeeignet sei. Er benötige ausreichende körperliche Beschäftigung und sei als Hütehund von hoher Wachsamkeit, was wiederum zu Problemen führen könne. Zum Geschehen am 19. Juli 2010 sei anzumerken, dass auch eine möglicherweise missverstandene Spielaufforderung ein völlig normales und typisches Verhalten eines Hundes auslösen könne, das dennoch eine konkrete Gefahr darstelle. Es müsse auch mit nicht hundegerechten Reaktionen Unbeteiligter gerechnet werden. Auch dies mache es erforderlich, Maßnahmen der Gefahrenabwehr zu ergreifen. Insoweit genüge sogar eine bloße Verängstigung. Selbst ein gutmütiges, freudiges Anspringen könne bei Kindern oder gebrechlichen Personen zu Verletzungen führen. Die Absolvierung einer Gehorsamkeitsausbildung ändere daran nichts.
Mit Schriftsatz vom 19. Mai 2011 teilte der Kläger mit, dass er mit „Terry“ die Abschlussprüfung eines Fortgeschrittenenkurses für Hundehalter erfolgreich bestanden und seine Wohnsitzgemeinde den Bescheid zur Haltung von „Terry“ aufgehoben habe. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass eine Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des angefochtenen Bescheids fehle, weil der Anwendungsbereich von Art. 18 LStVG auf öffentliche Anlagen sowie auf öffentliche Wege, Straßen und Plätze beschränkt sei. Dazu gehöre das Ladenlokal des Klägers unzweifelhaft nicht. Außerdem seien die Ausführungen der Beklagten darüber, wie der Kläger seine Zoohandlung zu führen habe, geradezu anmaßend. Die Beklagte greife mit dem angefochtenen Bescheid unmittelbar und massiv in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers ein. Zum Vorfall am 19. Juli 2010 sei zu ergänzen, dass S. den Hund provoziert habe. Ein solches Verhalten dürfe nicht zum Erlass einer Anordnung führen. Schließlich habe die Beklagte nicht bedacht, dass die dauerhafte Trennung von „Terry“ und dem Kläger eine Tierquälerei darstelle. Auch sei nicht ersichtlich, wieso die angeordneten Maßnahmen nicht zeitlich befristet worden seien.
In ihrer Erwiderung vom 8. Juli 2011 wies die Beklagte darauf hin, dass der Gesetzgeber eine örtliche Einschränkung nur für den Erlass einer Verordnung nach Art. 18 Abs. 1 LStVG vorgesehen habe, nicht aber beim Erlass einer Einzelfallanordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG. Mit dem Bescheid werde auch nicht in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers eingegriffen, denn das Halten eines Hundes sei nicht Voraussetzung für das Betreiben eines Zoogeschäfts. Die Aufbewahrung des Hundes in einem vom Ladengeschäft abgetrennten Raum sei auch nicht tierschutzwidrig.
Mit Urteil vom 4. Dezember 2012, zugestellt am 3. Mai 2013, hob das Bayerische Verwaltungsgericht Bayreuth den Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2010 auf und begründete dies damit, dass Art. 18 Abs. 2 LStVG die Gemeinden nicht zu Einschränkungen der Hundehaltung auf Privatgrundstücken ermächtige. Da mit Art. 18 Abs. 2 LStVG eine besondere Ermächtigung für Anordnungen der Sicherheitsbehörden zur Hundehaltung vorliege, könne die Anordnung auch nicht auf Art. 7 LStVG gestützt werden. Dem Kläger könne deshalb nicht auferlegt werden, seinen Hund innerhalb seines Anwesens in bestimmter Art und Weise zu halten. Die Anordnungen seien auch nicht im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendig, solange sich der Hund im Anwesen des Klägers aufhalte. Denn dann gehe von ihm keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aus. Er gefährde allenfalls Personen, die die Geschäftsräume betreten. Dem Schutz dieser Personen sei aber bereits durch das Anbringen eines Warnschildes ausreichend Rechnung getragen worden.
Mit Schriftsatz vom 23. Mai 2013 legte die Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung ein und begründet diese wie folgt: Das Verwaltungsgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass die Einschränkung von Art. 18 Abs. 1 LStVG in räumlicher Hinsicht auch für Art. 18 Abs. 2 LStVG gelte und zudem vorliegend keine Öffentlichkeit i.S.v. Art. 18 Abs. 1 LStVG gegeben sei. Art. 18 Abs. 2 LStVG knüpfe lediglich an die in Art. 18 Abs. 1 LStVG enthaltene Aufzählung der einzelnen Rechtsgüter an, verweise aber nicht auf die dort enthaltene räumliche Beschränkung auf öffentliche Anlagen, Wege, Straßen oder Plätze. Aber auch der Öffentlichkeitsbegriff aus Art. 18 Abs. 1 LStVG sei hier für das öffentlich und frei zugängliche Ladengeschäft des Klägers zu bejahen. Denn eine Beschränkung der Zugangsmöglichkeit auf einen bestimmten oder begrenzten Personenkreis sei während der Ladenöffnungszeiten nicht gegeben. Aus diesem Grund greife auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts zu kurz, wonach die Anbringung eines Warnschilds mit dem Hinweis auf einen im Geschäft freilaufenden Hund ausreiche. Auf die Frage, ob der Hund des Klägers als ungefährlich und verspielt einzuordnen sei, komme es nicht an, denn eine konkrete Gefahr gehe von einem größeren Hund bereits dann aus, wenn er das beschriebene hundetypisch freundliche und verspielte Verhalten zeige.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 4. Dezember 2012 die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf seine erstinstanzlichen Ausführungen und ist der Auffassung, dass „die Ermächtigungsgrundlage des Art. 18 Abs. 2 LStVG völlig klar“ sei. Die Beklagte blende bei ihrer Argumentation aus, dass Art. 18 Abs. 2 LStVG nicht allgemein von „Öffentlichkeit“ spreche, sondern ausdrücklich von „öffentlichen Anlagen“, „öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen“. Ein abgeschlossenes Ladenlokal falle nicht unter diese Definition. Es sei auch unzutreffend, dass das Geschäft des Klägers in vergleichbarer Weise der Öffentlichkeit zugänglich wäre. Der Kläger habe zudem uneingeschränktes Hausrecht. Die Beklagte übersehe nach wie vor, dass der angefochtene Bescheid auch in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers eingreife. Schließlich sei der angefochtene Bescheid im Hinblick auf Art. 13 GG gar nicht kontrollierbar.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 24. November 2014 sowie auf die beigezogenen Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Die Rechtssache ist entscheidungsreif (dazu 1.). Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2010 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Er ist formell ordnungsgemäß (dazu 2.) von der zuständigen Behörde (dazu 3.) erlassen worden. Es liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der angegriffenen Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Dezember 1982 (BayRS 2011 - 2 - I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juli 2013 (GVBl S. 403) vor (dazu 4.). Die angegriffenen Maßnahmen leiden auch nicht an einem Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO) (dazu 5.).
Streitgegenstand im vorliegenden Verfahren sind die auf Art. 18 Abs. 2 LStVG gestützten Einzelanordnungen der Beklagten im Bescheid vom 7. Dezember 2010, nämlich die Verpflichtung des Klägers, seinen Hund „Terry“ während der Öffnungszeiten seines Zoogeschäftes nicht mehr in den öffentlich zugänglichen Räumen des Geschäftes aufhalten zu lassen, diesen während der Öffnungszeiten nur an einer Leine, wie im Bescheid beschrieben, durch die öffentlich zugänglichen Räume seines Zoogeschäfts zu führen und dafür Sorge zu tragen, dass die sich aus Nr. 1 und Nr. 2 dieses Bescheids ergebenden Verpflichtungen auch von Dritten erfüllt werden, die mit der Betreuung und dem Ausführen des Hundes beauftragt werden. Das Ausführen darf nur durch eine geeignete erwachsene Person erfolgen.
1. Die Rechtssache ist entgegen der vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung entscheidungsreif. Abgesehen davon, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2014 keinen entsprechenden Antrag, sondern einen Sachantrag gestellt hat, brauchte der Senat ihm keine Frist zur weiteren Äußerung zu gewähren und konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. November 2014 entscheiden, ohne gegen Art. 103 Abs. 1 GG zu verstoßen. Art. 103 Abs. 1 GG gibt dem Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens ein Recht darauf, dass er Gelegenheit erhält, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern, vor Gericht Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, U.v. 23.11.1982 – 2 BvR 1008/82 – juris Rn. 11). Insoweit rügt der Kläger, der Senat fälle eine unzulässige Überraschungsentscheidung, weil er vor der mündlichen Verhandlung nicht darauf hingewiesen habe, dass er die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil nicht teile. Der (wohl) behauptete Gehörsverstoß liegt in diesem Vorgehen des Senats jedoch nicht. Der Verwaltungsgerichtshof ist grundsätzlich nicht verpflichtet, vor der mündlichen Verhandlung auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen (vgl. BVerfG, B.v. 10.2.2001 – 2 BvR 1384/99 –juris Rn. 7). Vielmehr musste der Kläger damit rechnen, dass die wegen grundsätzlicher Bedeutung vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Beklagten womöglich zu seinen Ungunsten entschieden wird. Diese Unsicherheit ist jedem Gerichtsverfahren immanent. Von einer unzulässigen Überraschungsentscheidung könnte allenfalls dann gesprochen werden, wenn der Senat seine Entscheidung auf Gesichtspunkte stützen würde, die bislang im Verfahren noch nicht zur Sprache gekommen sind. Dies ist aber weder der Fall, noch wird dies vom Kläger behauptet. Hinzu kommt, dass dem Kläger lediglich bis zur mündlichen Verhandlung die Rechtsauffassung des Senats nicht bekannt war. In der mündlichen Verhandlung am 24. November 2014 wurden die strittigen Rechtsauffassungen der Parteien eingehend erörtert und dem Kläger auch mitgeteilt, dass der Senat Bedenken an der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe. Der Kläger hatte somit noch in der mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit, sich zu den streitbefangenen Punkten zu äußern. Damit ist den Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG aber jedenfalls ausreichend Genüge getan.
2. Der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2010 ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Insbesondere ist die Anhörung gemäß Art. 28 BayVwVfG in nicht zu beanstandender Weise durchgeführt worden. Dem Kläger ist mit Schriftsatz vom 19. November 2010, der ihm nachweislich am 25. November 2010 zugestellt worden ist, Gelegenheit gegeben worden, sich bis zum 3. Dezember 2010 zum Erlass einer sicherheitsrechtlichen Anordnung zu äußern. Eine solche Äußerung ist weder bis zum gesetzten Termin noch bis zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids am 7. Dezember 2010 bei der Beklagten eingegangen noch hat der Kläger sich um eine Verlängerung der Anhörungsfrist bemüht. Die Beklagte hat dadurch, dass dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde, ihrer Verpflichtung zu seiner Anhörung Genüge getan. Unerheblich ist, ob der Kläger davon auch tatsächlich Gebrauch gemacht hat. Sein Vorbringen, wegen des Todes seiner Mutter oder Schwiegermutter (der Kläger widerspricht sich insofern in seinen Schriftsätzen) sei er nicht in der Lage gewesen, sich zum Erlass der Anordnungen zu äußern, greift demgegenüber nicht. Auch wenn er, wie er vorträgt, zur fraglichen Zeit wegen des Todesfalls „anderweitig eingespannt war“, hätte er zumindest um Verlängerung der Anhörungsfrist nachsuchen können. Im Übrigen wäre eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt wird (vgl. Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG). Eine solche Nachholung wäre hier schon dadurch erfolgt, dass der Kläger bis zum Erlass des Urteils des Senats zur Streitsache Stellung nehmen konnte und auch umfassend Stellung genommen hat und die Beklagte ihre Entscheidung aber gleichwohl aufrecht erhalten hat.
3. Die Beklagte war zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheides sachlich zuständig, denn nach Art. 6 LStVG bzw. hier Art. 18 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 LStVG haben Gemeinden als Sicherheitsbehörden die Aufgabe, die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Abwehr von Gefahren aufrecht zu erhalten und hierzu entsprechende Maßnahmen nach Art. 7 LStVG oder anderen spezielleren Vorschriften wie z.B. Art. 18 LStVG zu ergreifen. Diesem Zweck dienen die Anordnungen gegenüber dem Kläger zur Haltung seines Hundes „Terry“. Denn es handelt sich um Anordnungen, die ausschließlich dazu dienen, weitere (Beiß-)Vorfälle durch „Terry“ zu verhindern. Auch wenn durch die Anordnungen womöglich andere Rechte des Klägers wie z.B. sein Recht auf Gewerbefreiheit tangiert werden, bleiben sie sicherheitsrechtliche Anordnungen, denn ihr maßgeblicher Zweck ist auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gerichtet.
4. Im vorliegenden Fall sind die tatbestandlichen Voraussetzungen für die sicherheitsrechtlichen Anordnungen nach der Befugnisnorm des Art. 18 Abs. 2 LStVG, der nicht wegen eines Verstoßes gegen das Zitiergebot verfassungswidrig ist (dazu 4.1.) gegeben. Danach können Gemeinden ohne Beschränkung auf die in Art. 18 Abs. 1 LStVG genannten Örtlichkeiten (dazu 4.2.) zum Schutz bestimmter in Abs. 1 genannter Rechtsgüter Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden treffen (dazu 4.3.).
4.1. Art. 18 Abs. 2 LStVG scheidet nicht bereits deshalb als Rechtsgrundlage für die Anordnungen im streitbefangenen Bescheid vom 7. Dezember 2010 aus, weil er wegen eines Verstoßes gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG verfassungswidrig wäre. Denn selbst wenn man von einer Einschränkung der Grundrechte des Klägers auf ungehinderte Ausübung seines Berufs bzw. seines Gewerbes und auf Unverletzlichkeit seiner Ladenräume bzw. seiner allgemeinen Handlungsfreiheit ausginge, würde Art. 18 Abs. 2 LStVG nicht gegen das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen.
Für Beschränkungen der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG gilt das Zitiergebot nämlich ohnehin nicht (vgl. BVerfG, B.v. 4.5.1983 – 1 BvL 46/80 – juris Rn. 27). Das Gleiche gilt für Beschränkungen des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG (BVerfG a.a.O. Rn. 29). Art. 13 GG wird in Art. 58 LStVG ausdrücklich genannt.
4.2. Der Anwendungsbereich des Art. 18 Abs. 2 LStVG ist eröffnet. Dieser ist nicht identisch mit dem Anwendungsbereich des Art. 18 Abs. 1 LStVG. Während nämlich nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 LStVG zur Verhütung von Gefahren für die genannten Schutzgüter durch Verordnung das freie Umherlaufen (nur) von großen Hunden und Kampfhunden (nur) in öffentlichen Anlagen sowie auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen eingeschränkt werden kann, wird in Art. 18 Abs. 2 LStVG lediglich insoweit auf Abs. 1 verwiesen, als es um die dort genannten Rechtsgüter geht, nicht aber im Hinblick auf die Örtlichkeiten und besondere Eigenschaften der betroffenen Hunde (große Hunde und Kampfhunde). Vielmehr ermächtigt Art. 18 Abs. 2 LStVG zum Erlass von Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von (allen) Hunden, also auch von kleinen Hunden, und schränkt vor allem auch den örtlichen Anwendungsbereich nicht ein.
Eine örtliche Beschränkung für Anordnungen zur Hundehaltung ist weder dem Wortlaut des Art. 18 Abs. 2 LStVG zu entnehmen noch ergibt sich ein entsprechender Wille des Gesetzgebers aus der Gesetzesbegründung. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift lassen nicht auf eine örtliche Beschränkung schließen.
Bereits der Wortlaut des Art. 18 Abs. 2 LStVG ist eindeutig. Er ermächtigt die Gemeinden umfassend zum Erlass von Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden und enthält nicht wie Art. 18 Abs. 1 Satz 1 LStVG den Zusatz „in öffentlichen Anlagen sowie auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen“. Auch die tatbestandliche Verweisung in Abs. 2 bezieht sich lediglich auf die in Abs. 1 Satz 1 genannten Rechtsgüter, nämlich „Leben, Gesundheit, Eigentum oder die öffentliche Reinlichkeit“. Er enthält keine Bezugnahme auf den „Schutzbereich“ des Abs. 1, wie das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil meint. In Abs. 2 ist gerade nicht von einem „Schutzbereich“ die Rede, sondern vom „Schutz der in Abs. 1 genannten Rechtsgüter“.
Eine örtliche Beschränkung von Einzelfallanordnungen auf die in Art. 18 Abs. 1 LStVG genannten Verkehrsflächen und Anlagen ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Gesetzesbegründung zu Art. 18 Abs. 2 LStVG. Mit der Gesetzesänderung vom 10. Juni 1992 (GVBl 1992, 152) wollte der Gesetzgeber den präventiven Schutz der Bevölkerung vor der Gefährdung durch Hunde verbessern und hat deshalb die Verordnungsermächtigung in Art. 18 Abs. 1 LStVG sowie die Ermächtigung zum Erlass von Einzelfallanordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG in das Gesetz eingefügt. Nach der Gesetzesbegründung (vgl. LT-Drs. 12/3092) wollte er gegenüber der früheren Regelung, wonach die Gemeinden lediglich für die in ihrem Eigentum stehenden Anlagen und öffentlichen Einrichtungen einen generellen Anlein- und Maulkorbzwang anordnen konnten, die Möglichkeit eröffnen, eine sicherheitsrechtliche Verordnung auch für die nicht in ihrem Eigentum stehenden öffentlichen Anlagen, Wege, Straßen oder Plätze zu erlassen. Für bis dahin auf Art. 7 Abs. 2 LStVG zu stützende Einzelfallanordnungen wollte der Gesetzgeber demgegenüber keine (neue) Beschränkung auf bestimmte Örtlichkeiten einführen.
Eine örtliche Beschränkung von einzelfallbezogenen Anordnungen ist auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht geboten. Denn mit den auf Art. 18 Abs. 2 LStVG beruhenden Anordnungen sollen gerade im Einzelfall Gefahren, die von Hunden ausgehen, bekämpft werden. Diese Gefahren drohen aber nicht nur auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen bzw. in öffentlichen Anlagen, sondern überall dort, wo Menschen und Hunde zusammenkommen oder die Öffentlichkeit Zutritt hat wie zur Zoohandlung des Klägers.
Nichts anderes ergibt sich aus Art. 6 LStVG. Das Verwaltungsgericht ist der Auffassung, die Beklagte sei als Sicherheitsbehörde (nur) zur Aufrechterhaltung der „öffentlichen“ Sicherheit und Ordnung zuständig und könne daher nur Anordnungen für öffentliche Verkehrsflächen, nicht aber zur Hundehaltung auf Privatgrundstücken erlassen. Damit verkennt es aber nicht nur den Anwendungsbereich der gesetzlichen Befugnisnorm des Art. 18 Abs. 2 LStVG, sondern auch den Begriff „öffentliche Sicherheit und Ordnung“. Denn dieser Begriff hat nichts mit dem (straßen- und wegerechtlichen) Begriff „öffentlich“ im Zusammenhang mit Wegen, Straßen oder Plätzen (s. Art. 1 BayStrWG) zu tun.
Vielmehr versteht man unter der im vorliegenden Fall inmitten stehenden öffentlichen Sicherheit alle positiv rechtlich geschützten Rechtsgüter, wozu auch die Individualrechtsgüter der Unversehrtheit des Lebens, der Gesundheit etc. und darüber hinaus die Rechtsordnung und die staatlichen Einrichtungen zählen. Geschützt sind deshalb durch die öffentliche Sicherheit gerade auch die Grundrechte (vgl. Schenke, Polizei- und Ordnungsrecht, 7. Auflage 2011, Rn. 59a zu § 3), hier das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG. Dieser materielle Polizeibegriff, der erstmals seinen bis heute maßgeblichen Niederschlag in § 10 II 17 des preußischen Allgemeinen Landesrechts (ALR) von 1794 fand (vgl. Knemeyer, Polizei- und Ordnungsrecht, 5. Auflage 1993, Rn. 7 zu § 1) und den zentralen Aufgabenbereich der Polizei und der Ordnungsbehörden umschreibt (vgl. Gusy, Polizei- und Ordnungsrecht, 8. Auflage 2011, Rn. 79 zu § 3), beinhaltet zwar den Begriff „öffentlich“. „Öffentlich“ hat in diesem Zusammenhang aber keine örtliche Bedeutung, sondern öffentlich ist die Sicherheit dann, wenn an ihrer Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht (vgl. Gusy, a.a.O., Rn. 81; Schenke, a.a.O., Rn. 56). Damit bezeichnet „öffentliches Interesse“ das Gegenteil von privatem Interesse, das grundsätzlich in den Händen Privater liegt. Sind aber (Individual-)Rechtsgüter durch Normen dem staatlichen Schutz überantwortet, was insbesondere für die Grundrechte gilt, obliegt deren Schutz der Polizei und auch der Ordnungsbehörden (vgl. Gusy, a.a.O., Rn. 81 und 84).
Legt man dies zugrunde, hat die Beklagte zu Recht Anordnungen zum Schutz der Gesundheit von Menschen, die nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG unter dem besonderen Schutz der Verfassung steht, für den für jedermann frei zugänglichen Bereich des Ladenlokals des Klägers erlassen, um dort ihrer allgemeinen Verpflichtung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und der Pflicht zur Gewährleistung des Schutzes der Gesundheit (s. Art. 18 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 LStVG) nachzukommen.
4.3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. BayVGH v. 12.5.2014 – 10 B 12.2084 – juris Rn. 35 m.w.N.) darf eine Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG nur erlassen werden, wenn im jeweils gesondert zu betrachtenden Einzelfall eine konkrete Gefahr für die in Art. 18 Abs. 1 Satz 1 LStVG genannten Schutzgüter vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn in dem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann. Ob bei einer erforderlichen Gefahrenprognose dabei auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids abzustellen ist, hier also auf den 7. Dezember 2010 (vgl. BayVGH, B. v. 29.8.2001 – 24 ZS 01.1967 – juris), oder ob es sich bei den betreffenden sicherheitsbehördlichen Anordnungen um Dauerverwaltungsakte handelt, für deren gerichtliche Überprüfung auch hinsichtlich der Gefahrenprognose der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich ist – wofür mit Blick auf Art. 8 Abs. 3 LStVG erwägenswerte Gründe sprechen – (offen gelassen BayVGH, B.v. 13.1.2012 – 10 CS 11.2379 – juris Rn. 29; für tierschutzrechtliche Anordnungen vgl. BVerwG, B.v. 9.7.2013 – 3 B 100/12 – juris Rn. 6; für Anordnungen zum Leinen- und Maulkorbzwang vgl. OVG NRW, B.v. 30.4.2004 –5 A 1890/03 – juris Rn. 24), kann aber dahinstehen, denn der Tatbestand des Art. 18 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 LStVG ist in beiden Zeitpunkten erfüllt.
Im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids im Dezember 2010 lag nach Auffassung des Senats eine vom klägerischen Hund „Terry“ ausgehende konkrete Gefahr für das Schutzgut Gesundheit vor.
Im angefochtenen Bescheid hat die Beklagte diese konkrete Gefahr durch den Hund des Klägers darin gesehen, dass er den dreijährigen S. verletzt hat. Sie ist davon ausgegangen, dass sich eine konkrete Gefahr regelmäßig aus der Beißkraft, dem gegebenenfalls kräftigen Körperbau und Temperament in Verbindung mit der Unvorhersehbarkeit der Reaktion von Hunden bei „Fehlverhalten“ von Menschen ergibt. Dabei könnten bereits durch scheinbar aggressives Verhalten des Hundes hervorgerufene Angstzustände bei Menschen als eine Gefahr für die Gesundheit angesehen werden. Ungeachtet der Begründung im streitgegenständlichen Bescheid unterliegt die von der Beklagten getroffene Einschätzung hinsichtlich der Gefahrenprognose nicht nur in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2005 – 24 BV 04.2755 – juris Rn. 22), sondern es ist im gerichtlichen Verfahren auch von Amts wegen zu prüfen, ob vom betreffenden Hund eine konkrete Gefahr i.S. von Art. 18 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 LStVG ausgeht. Lagen demnach im Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten Tatsachen vor, die eine von der Beklagten getroffene Gefahrenprognose hinreichend stützen, sind die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 18 Abs. 2 LStVG erfüllt.
So steht im vorliegenden Fall zur Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 VwGO) fest, dass S. am 19. Juli 2010 vom Hund des Klägers verletzt worden ist. Dies wird dem Grunde nach auch vom Kläger nicht bestritten, auch wenn dieser meint, es handle sich bei der Verletzung lediglich um eine geringfügige Beeinträchtigung und nicht um einen Biß des Hundes. Es kann letztlich dahinstehen, ob „Terry“ S. gebissen oder (nur) gekratzt hat, jedenfalls ergibt sich aus dem Bericht des Klinikums Am Bruderwald (Bl. 9 der Akten der Bekl.), dass S. eine oberflächliche kleine Wunde davongetragen hat. Als Diagnose wird zwar eine „kleine Bissverletzung durch Hund re. Schläfenbein“ angegeben; ob es sich aber letztendlich tatsächlich um einen Biss gehandelt hat, ist damit nicht nachgewiesen. Gleichwohl kam es unstreitig durch „Terry“ zu einer nicht nur unwesentlichen Beeinträchtigung der Gesundheit eines Kindes.
Dahinstehen kann desweiteren, ob „Terry“ über ein gewisses Aggressionspotential verfügt oder ob sich der Vorfall allein deshalb ereignet hat, weil S. einen Ball bei sich hatte und „Terry“ mit diesem Ball spielen wollte. Auch soweit ein Hund lediglich friedliche Absichten hegt und seiner Spielfreude Ausdruck verleiht, kann von diesem bereits eine konkrete Gefahr ausgehen. Denn gerade das plötzliche Herauslaufen (hier aus dem Kassenbereich, in dem „Terry“ untergebracht war) und das Zuspringen auf einen Menschen bergen bereits Gefahren. Dies wird dadurch deutlich, dass „Terry“ auch bei einem womöglich hundetypisch freundlichen und verspielten Verhalten den kleinen S. umgeworfen hat und dieser sich eine Verletzung zugezogen hat. Insoweit verkennen viele Hundebesitzer, welche Gefahren ein solches „Spiel“ mit sich bringt, gerade wenn es sich um größere Hunde handelt. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass unerfahrene und ängstliche Personen, insbesondere Kinder, allein durch das Heranrennen von Hunden in Angstzustände versetzt werden, was für sich bereits als eine Beeinträchtigung der Gesundheit anzusehen ist (vgl. BayVGH, U.v. 18.2.2004 –24 B 03.645 – juris Rn. 26). Auch wenn der einzelne Hund gutmütig und von friedlicher Wesensart ist, fühlen sich Personen, auf die ein größerer Hund zuläuft, nicht selten durch den Hund bedroht und reagieren dann in einer Weise, die selbst erhebliche Gefahren nach sich zieht, wie z.B. stolpern oder zu Boden fallen. Deshalb ist aber auch ein verletzungsbedingter Schaden, den sich S. womöglich erst dadurch zugefügt hat, dass er von „Terry“ zu Boden gestoßen worden ist, dem Hund zuzurechnen. Denn dieser ist die Ursache dafür, dass eine Person zu einem „Fehlverhalten“ verleitet worden ist, bei dem sie sich verletzt. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 15. März 2005 (24 BV 04.2755 – juris Rn. 34) ausgeführt, dass im Hinblick auf den Schutzzweck der Ermächtigungsgrundlage, nämlich dem Schutz der Allgemeinheit vor Hunden, auch von dem Hund hervorgerufene, nicht „hundegerechte“ Reaktionen dem Hund und seinem Halter zuzurechnen sind. An dieser Auffassung hält der Senat fest. Denn aufgrund solcher Situationen möglicherweise entstehende Schäden können erheblich sein. Beim Anspringen und Umrennen kann ein ebenso hoher Schaden entstehen wie wenn der Hund kratzt, zuschnappt oder beißt. Letztendlich ist Zweck des Art. 18 Abs. 2 LStVG nicht allein der Schutz der Allgemeinheit vor tierischem Fehlverhalten, sondern der Schutz vor jeglichen Gefahren, also auch vor Gefahren, die sich bei „richtigem“ oder hundegerechtem oder hundetypischem Verhalten des Tieres verwirklichen.
Dafür, dass sich der Vorfall mit S. allein deshalb ereignet hat, weil „Terry“ womöglich durch S. absichtlich gereizt worden ist, ergeben sich keine Anhaltspunkte. Eine gezielte Provokation durch das Kind, die womöglich zu einer anderen Beurteilung der von „Terry“ ausgehenden Gefahr führen könnte (vgl. Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand Januar 2006, Rn. 54 zu Art. 18), ist nicht ersichtlich.
Hinzu kommt, dass in der Zootierhandlung des Klägers auch Kunden verkehren, die als Besitzer von Katzen oder anderer Haustiere Hunden gegenüber weniger aufgeschlossen sind und keine Kenntnisse im Umgang mit Hunden besitzen. Gerade diese können durch „Terry“, wenn er unangeleint im Laden herumläuft und diese Kunden womöglich noch erschreckt, zu Fehlreaktionen hingerissen werden. Schließlich sind Zoohandlungen immer ein Anziehungspunkt auch für Kinder, die dort lebende Tiere beobachten und womöglich anfassen können. Auch insoweit besteht deshalb die erhöhte Gefahr, dass diese erschreckt werden und, auch wenn sie von „Terry“ nicht gebissen oder gekratzt werden, hinfallen und sich dabei verletzen.
Aber nicht nur im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids, sondern auch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, also dem 24. November 2014, ist von einer weiter vom klägerischen Hund ausgehenden konkreten Gefahr für ein in Art. 18 Abs. 1 LStVG genanntes Schutzgut auszugehen. Zwar hat „Terry“, soweit dem Senat bekannt ist, kein weiteres Kind mehr verletzt oder zu dessen Verletzung beigetragen. Dies mag auch daher rühren, dass er seit dem Erlass des Bescheides im Dezember 2010 nicht mehr frei im Zoogeschäft des Klägers herumlaufen darf. Dennoch ist die vom Hund des Klägers ausgehende konkrete Gefahr nicht deshalb entfallen, weil es seitdem zu keinen weiteren Zwischenfällen gekommen ist. Denn mangels eines Erfahrungssatzes, nachdem ein Hund, der über einen bestimmten Zeitraum unauffällig war, es auch in Zukunft bleiben wird, widerlegt ein längerer seit dem Vorfall verstrichener Zeitraum nicht per se die durch den vorherigen Vorfall indizierte Gefahrenlage (vgl. BayVGH, B.v. 28.9.2012 –10 CS 12.1791 – juris Rn. 25). Von einem Wegfall der konkreten Gefahr kann vielmehr allenfalls dann ausgegangen werden, wenn über den bloßen Zeitablauf ohne weitere Zwischenfälle hinaus Tatsachen vorliegen, aus denen der sichere Schluss gezogen werden kann, dass von dem betroffenen Hund inzwischen keine Gefahr mehr ausgeht (vgl. BayVGH, B.v. 25.8.2014 – juris Rn. 8; B.v. 28.9.2012 –10 CS 12.1791 – juris Rn. 25). Solche konkreten Tatsachen sind im vorliegenden Fall aber nicht ersichtlich.
Weder der Umstand, dass nach dem Vorbringen des Klägers drei Experten bestätigt hätten, dass es sich bei „Terry“ um ein ungefährliches Tier handle, noch die Tatsache, dass „Terry“ inzwischen erfolgreich eine Hundeschule besucht hat, führen zu einem anderen Ergebnis. Denn dass „Terry“ nicht „bösartig“ oder aggressiv ist, scheint unstrittig zu sein. „Terry“ ist jedoch, wie der Kläger selbst vorgetragen hat (vgl. Schreiben d. Klägers v. 5.1.2011 an die Beklagte, Bl. 60 d. Akten des VG), ein Hütehund mit ausgesprochenem Spiel- und Bewegungsdrang. Dies entspricht der Charakterisierung des Australian Sheperd durch den Club für Australian Sheperd Deutschland e.V. (www.casd-aussies.de), wonach diese Rassehunde sehr aktiv sind und regelmäßige Aktivitäten fordern. Sie werden als sehr verträglich beschrieben, neigen aber als Hütehunde auch dazu, z.B. Kinder zu „hüten“, was auch das Schnappen nach Fesseln, Händen oder dem Gesicht beinhalten kann. Wie oben bereits ausgeführt wurde, geht eine konkrete Gefahr nicht nur dann von einem Hund aus, wenn dieser aggressiv ist, sondern u.U. auch dann, wenn er ein lebhaftes Spielverhalten an den Tag legt. Dieses hat „Terry“ aber trotz des Besuchs einer Hundeschule nicht verloren, denn es ist rassetypisch für ihn. Wenngleich er womöglich gehorsam ist und die Befehle des Klägers umgehend ausführt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass „Terry“ in einem vergleichbaren Fall, der vom Kläger womöglich nicht sofort bemerkt wird, sich ähnlich verhalten wird wie mit S. und erneut ein Kind verletzen könnte.
5. Die Anordnungen zur Hundehaltung im streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2010 sind ermessensfehlerfrei ergangen (Art. 40 BayVwVfG). Die dem Bescheid zugrunde gelegten Ermessenserwägungen hat die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 15. März 2011, das mit Anschreiben vom 23. Oktober 2012 dem Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth übermittelt und den Klägerbevollmächtigten zugestellt worden ist, ordnungsgemäß ergänzt (§ 114 Satz 2 VwGO).
Der Erlass von Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden nach Art. 18 Abs. 2 LStVG liegt im Ermessen der Behörde. Die von dieser zu treffende Entscheidung erfasst sowohl die Frage, ob sie handeln will (Entschließungsermessen) (dazu 5.1.), als auch die Frage, wie sie handeln will (Auswahlermessen) (dazu 5.2.). Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (Art. 40 BayVwVfG).
5.1. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids am 7. Dezember 2010 hat die Beklagte ein Einschreiten im öffentlichen Interesse ausdrücklich für notwendig gehalten, weil der Vorfall mit S. gezeigt habe, dass der Hund „Terry“ zu einer Gefahr für die Gesundheit von Menschen werden kann, wenn er sich in den öffentlich zugänglichen Räumen des Zoogeschäfts aufhält. Sie hat daher in nicht zu beanstandender Weise mit den Anordnungen in Nr. 1 bis 3 ihres Bescheides auf den Vorfall am 19. Juli 2010 reagiert. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sind nämlich in Fällen, in denen es bereits zu (Beiß-)Vorfällen mit einer Beeinträchtigung der Gesundheit von Menschen gekommen ist, Anordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG nicht nur zulässig, sondern regelmäßig sogar geboten (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 25.8.2014 –10 ZB 12.2673 – juris Rn. 8).
5.2. Auch ihr Auswahlermessen hat die Beklagte ordnungsgemäß ausgeübt. Ihre Erwägungen sind weder im Hinblick auf die Geeignetheit und die Erforderlichkeit der
Anordnungen rechtlich zu beanstanden (dazu 5.2.1.) noch im Hinblick auf ihre Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn (dazu 5.2.2.).
5.2.1. Die Anordnungen im streitgegenständlichen Bescheid sind zur Bekämpfung der von „Terry“ ausgehenden Gefahr geeignet und erforderlich. Insbesondere sind keine weniger einschneidenden Maßnahmen ersichtlich, mit denen verhindert werden könnte, dass der Hund des Klägers erneut einen Menschen verletzt (s. Art. 8 Abs. 1 LStVG).
Die Unterbringung von „Terry“ in einem separaten Raum ist geeignet und erforderlich, um die von „Terry“ ausgehende konkrete Gefahr zu unterbinden. Wenn der Kläger darauf verweist, er habe ein Schild im Schaufenster seines Zoogeschäfts angebracht, auf dem auf die Anwesenheit eines Hundes hingewiesen werde, reicht dies nicht aus. Viele Menschen lesen derartige Schilder nicht, Kinder können sie gar nicht lesen. Zudem wird es vielfach vorkommen, dass die Kunden des Klägers, selbst wenn sie von dem Schild Kenntnis genommen haben, im Laden nicht mehr daran denken und trotz des Schildes erschrecken und womöglich aus Angst fehlerhaft reagieren, wenn plötzlich ein Hund auf sie zuspringt.
Auch das Anleinen von „Terry“ im Kassenraum oder einem anderen Teil des öffentlich zugänglichen Ladengeschäftes ist nicht ausreichend, um einen erneuten Vorfall mit „Terry“ zu unterbinden. Zum einen können gerade Kinder, selbst wenn sich der Hund angeleint im offenen Kassenraum befindet, dort hineinschlüpfen und vom Hund gekratzt oder gebissen werden. Kunden können erschrecken, wenn der Hund trotz Leine plötzlich auffährt und bellt.
Aber auch die Anordnung, „Terry“ nur an einer der Anordnung entsprechend ausgestatteten Leine durch die öffentlich zugänglichen Räume des Zoogeschäfts zu führen, ist erforderlich, da ansonsten auf dem Weg zu einem Nebenraum, in dem „Terry“ untergebracht wird, die Gefahr besteht, dass der Hund in seinem ungebändigten Spieltrieb auf anwesende Kunden oder Kinder losläuft und diese erschreckt oder umwirft.
Schließlich erweist sich auch die Anordnung, dass „Terry“ nur von einer geeigneten erwachsenen Bezugsperson geführt wird und die Verpflichtungen aus den beiden anderen Anordnungen auch von Dritten erfüllt werden, als geeignet und erforderlich, wobei sich aus dem Bescheid ergibt, dass das „Führen“ ausschließlich auf die Führung des Hundes im Zoogeschäft des Klägers zu beziehen ist. Diese Anordnung ist notwendig, um sicherzustellen, dass auch andere Personen, die „Terry“ beaufsichtigen, die Anordnungen in Nr. 1 und 2 des Bescheids der Beklagten befolgen und um zu verhindern, dass der Hund einem Dritten, der ihn nicht im Griff hat, auskommt und sich erneut ein Vorfall wie mit S. ereignet.
Waren die Anordnungen zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids geeignet und erforderlich, trifft dies auch noch auf den jetzigen Zeitpunkt zu. Wie oben bereits dargelegt wurde, besteht auch jetzt noch die konkrete Gefahr, dass „Terry“ wieder einen Kunden oder ein Kind verletzen wird, weil er mit diesem spielen will oder z.B. auch seinen Platz verteidigt. Ein wesentlich neuer Tatumstand, der die Erforderlichkeit der angeordneten Maßnahmen entfallen ließe, ist nicht ersichtlich. Wie bereits dargelegt, führt auch die Absolvierung eines Gehorsamkurses durch „Terry“ nicht zu einem anderen Ergebnis, weil sein wesentlicher Charakterzug, nämlich sein Verteidigungswille und sein Spieltrieb weiter vorhanden sind und lediglich sein Gehorsam womöglich verbessert wurde.
5.2.2. Die angegriffenen Maßnahmen erweisen sich auch als verhältnismäßig im engeren Sinn (s. Art. 8 Abs. 2 LStVG). Insbesondere greifen sie nicht oder allenfalls geringfügig in Rechte, insbesondere Grundrechte, des Klägers ein.
Entgegen der Auffassung des Klägers, der eine Verletzung seines Grundrechts auf Berufs- bzw. Gewerbefreiheit darin sieht, dass er seinen Hund nicht mehr in seinem Zoogeschäft frei laufen lassen darf und deshalb den Hund nicht mehr wie bisher dazu verwenden kann, Kunden spezielle Hundeartikel wie z.B. Hundekleidung an seinem Hund vorzuführen, wird sein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG, seinen Beruf bzw. sein Gewerbe ungehindert ausüben zu können, durch Art. 18 Abs. 2 LStVG und die darauf gestützten Anordnungen nicht oder allenfalls unwesentlich berührt.
Die grundrechtliche Gewährleistung des Art. 12 Abs. 1 GG begründet das Recht der positiven Berufsfreiheit, d.h. der positiven Freiheit, einen bestimmten Beruf zu ergreifen und auszuüben (vgl. Scholz in Maunz/Dürig, Grundgesetz - Kommentar, Stand: 72.EL 2014, Art. 12 Rn. 7). Dieses Grundrecht steht in engem Zusammenhang mit dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Es gewährt dem Einzelnen das Recht, seinen Beruf bzw. sein Gewerbe nach seinen Vorstellungen auszuüben und selbst zu bestimmen. Im vorliegenden Fall beinhaltet Art. 12 Abs. 1 GG das Recht des Klägers, seine Zoohandlung nach seinen Vorstellungen zu führen. Allerdings ist schon fraglich, ob der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG dadurch berührt ist, dass der Kläger seinen Hund nicht mehr im Zoogeschäft halten kann. Denn die Haltung eines Hundes ist grundsätzlich die private Entscheidung eines Hundebesitzers. Ein Hund wird in der Regel als Begleiter und zur Erbauung seines Besitzers angeschafft und nur ausnahmsweise als Berufshund, wie dies z.B. für einen Schäfer oder bei Bewachungsdiensten der Fall sein kann. So hält auch der Kläger seinen Hund als Privatmann und nimmt ihn in sein Geschäft mit, um den Hund nicht den ganzen Tag allein zu lassen. Es ist weder vorgetragen noch glaubhaft, dass der Kläger den Hund „Terry“ (nur) zu beruflichen Zwecken hält und ihn vor allem deshalb mitnimmt, um ihn dort Hundekleidung etc. für seine Kunden vorzuführen zu lassen. Der Hund ist auch nicht etwa erforderlich, um Hundebedarf verkaufen zu können. Dass der Kläger den Hund gelegentlich zu Vorführzwecken hernimmt, mag sein. Gleichwohl bewirken die streitbefangenen sicherheitsrechtlichen Anordnungen zur Hundehaltung im Ladengeschäft des Klägers weder eine unmittelbare und gezielte (finale) Beeinträchtigung der beruflichen bzw. gewerblichen Betätigung des Klägers, noch stehen diese Anordnungen nach dem Vorstehenden in einem so engen Zusammenhang mit dieser Tätigkeit, dass sie objektiv eine berufsregelnde Tendenz deutlich erkennen ließen (vgl. dazu Scholz, a.a.O., Art. 12 Rn. 300 f. mit Rspr.-nachweisen).
Selbst wenn der Kläger seinen Hund ab und an als „Vorführhund“ für sein Zoogeschäft benutzt hätte und ein hinreichender Bezug der auf Art. 18 Abs. 2 LStVG gestützten Anordnungen zu seiner Berufsausübung anzunehmen wäre, würde das Verbot der Hundehaltung im öffentlich zugänglichen Bereich des Zoogeschäfts des Klägers allenfalls zu einem geringfügigen Eingriff in sein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG führen. Denn die Berufsausübung des Klägers wird wohl kaum wesentlich tangiert, wenn der Hund nicht zum Vorführen von Hundekleidung zur Verfügung steht. Hundebedarf ist im Übrigen unstrittig nur ein Teilbereich der Waren, die der Kläger in seiner Zoohandlung verkauft. Die Beklagte hat glaubhaft vorgetragen, dass Aquaristik und Terrarienartikel sowie lebende Kleintiere und Zubehör für diese sowie für Katzen einen Großteil seines Sortiments ausmachen. Aber selbst wenn das Vorführen durch „Terry“ unabdingbar wäre, könnte der Kläger einen Kunden mit in den Raum nehmen, in dem er „Terry“ außerhalb des Ladens derzeit unterbringt und die Vorführung dort stattfinden lassen.
Hinzu kommt, dass das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht schrankenlos gewährt wird, sondern dass die Freiheit der Berufsausübung beschränkt werden kann, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen (vgl. BVerfG, U.v. 11.6.1958 – 1 BvR 596/56 – juris Rn. 74). Danach erweisen sich Beschränkungen der freien Berufsausübung als grundsätzlich legitim, sofern ein entsprechendes „Gemeinwohl“ dies zweckmäßig erscheinen lässt (Scholz, a.a.O., Rn. 336). Demgemäß ist eine Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit des Klägers durch den angefochtenen Bescheid zulässig. Unter Abwägung der jeweiligen Interessen, nämlich einerseits des Interesses des Klägers an einer gelegentlichen Verwendung seines Hundes in seinem Geschäft und dem öffentlichen Interesse, zum Schutz der Gesundheit von Menschen den Hund nicht frei in der Zoohandlung laufen zu lassen, überwiegt das öffentliche Interesse deutlich. Der Schutz überragender Rechtsgüter wie der körperlichen Unversehrtheit rechtfertigt den allenfalls relativ geringen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers ohne Weiteres.
Diese Erwägungen gelten gleichermaßen für den Fall, dass die streitgegenständlichen Anordnungen bei Verneinung eines Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers dann in seine allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG als Auffanggrundrecht eingreifen würden.
Unabhängig davon ist auch zweifelhaft, ob der Kläger durch die angefochtenen Anordnungen derart beeinträchtigt ist, wie er vorträgt. Denn offensichtlich hat sich der Hund des Klägers auch früher nicht sehr häufig im Laden aufgehalten. Der Kläger hat sich nämlich anlässlich seiner Beschuldigtenvernehmung beim Polizeipräsidium Oberfranken dahingehend geäußert, dass sich sein Hund am 19. Juli 2010, also an dem Tag, als sich der Vorfall mit S. ereignete, „ausnahmsweise“ bei ihm aufgehalten habe, da er ihm unbemerkt aus den Privaträumen gefolgt sei. Daraus ist zu schließen, dass sich „Terry“ normalerweise außerhalb der Ladenräume der Zoohandlung des Klägers aufhält und nur gelegentlich oder wenn der Kläger unachtsam ist in den öffentlich zugänglichen Bereich des Zoogeschäfts kommt. Die Anordnung, den Hund außerhalb dieses Bereichs unterzubringen, beeinträchtigt ihn daher wohl nicht so stark, wie er behauptet. Hinzu kommt, dass der Kläger nicht verpflichtet wird, den Hund überhaupt nicht in sein Geschäft mitzunehmen, sondern dass er ihn lediglich außerhalb der öffentlich zugänglichen Räume des Geschäfts unterbringen muss. Wenn dies in einem Nebenzimmer des Ladengeschäfts geschieht, erweist sich auch die Trennung vom Hund nicht als unverhältnismäßig und stellt insbesondere keine Tierquälerei dar. Es ist für Hunde durchaus üblich, zumindest einen Teil des Tages allein zu verbringen. Dies dürfte im Fall des Klägers bereits deshalb kein Problem sein, weil der Kläger wegen der räumlichen Nähe der nicht öffentlich zugänglichen Nebenräume des Zoogeschäfts immer wieder nach dem Hund schauen und sich um ihn kümmern kann.
Durch die streitgegenständlichen Anordnungen erfolgt des weiteren kein unzulässiger Eingriff in das Recht des Klägers aus Art. 13 Abs. 1 GG auf Unverletzlichkeit der Wohnung. Es ist bereits fraglich, ob das Zoogeschäft des Klägers überhaupt unter den Schutz der „Wohnung“ i.S. von Art. 13 GG fällt, da dieser sich zwar auch auf Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume erstreckt (vgl. Papier in Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Stand: 72.EL 2014 Art. 13 Rn. 13), bei Geschäftsräumen ein voller Grundrechtsschutz aber nur in Bezug auf die nicht allgemein zugänglichen Räume besteht (Papier, a.a.O., Rn. 14). Darüber hinaus ist des weiteren fraglich, ob der Schutzbereich des Art. 13 GG durch die Anordnungen zur Hundehaltung überhaupt berührt ist, denn Art. 13 GG bezieht sich insbesondere auf das Betreten und Durchsuchen von Wohnungen sowie die Wohnraumüberwachung. Auch bei den nach Art. 13 Abs. 7 GG möglichen Eingriffen und Beschränkungen dieses Grundrechts unter anderem aufgrund eines Gesetzes zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung geht es grundsätzlich um ein körperliches Eindringen, Betreten, Besichtigen oder Verweilen staatlicher Organe in den geschützten Bereichen (vgl. Papier, a.a.O., Rn. 117) und nicht um Anordnungen zur Hundehaltung im geschützten Bereich. Im Übrigen wäre ein solcher Eingriff, soweit Landesgesetze durch Polizei- oder ordnungsrechtliche Generalklauseln solche Eingriffe zulassen, durch den qualifizierten Gesetzesvorbehalt des Abs. 7 gedeckt (vgl. Papier, a.a.O., Rn. 121).
Der angegriffene Bescheid erweist sich auch nicht deshalb als unverhältnismäßig, weil er nicht befristet worden ist. Eine Befristung ist bereits grundsätzlich nicht zur Abwehr der von „Terry“ ausgehenden Gefahr geeignet, weil kein Zeitpunkt auszumachen ist, zu dem eine derartige Gefahr nicht mehr bestehen soll. Ist ein Hund lebhaft und energisch sowie mit einem starken Spieltrieb versehen wie ein Australian Sheperd, also der Rasse, der auch „Terry“ angehört, so bleibt er dies grundsätzlich. Hinzu kommt, dass die Behörde nach Art. 8 Abs. 3 LStVG ohnehin angeordnete Maßnahmen beenden muss, wenn ihr Zweck erreicht ist oder sich zeigt, dass er nicht erreicht werden kann. Die Beklagte hat deshalb, soweit sich neue Gesichtspunkte ergeben, von sich aus, womöglich auch auf Anregung des Klägers, die angeordneten Maßnahmen zu überprüfen und nicht mehr rechtmäßige Anordnungen gegebenenfalls aufzuheben.
Schließlich führt auch das Argument des Klägers, der Bescheid könne nicht überwacht werden, zu keinem anderen Ergebnis. Zwar sind Anordnungen, deren Befolgung die Behörde nicht kontrollieren kann, sinnlos und daher rechtswidrig. Jedoch handelt es sich bei den streitgegenständlichen Anordnungen nicht um Maßnahmen, deren Befolgung nicht überprüft werden könnte. Das Geschäft des Klägers ist als halböffentlicher Bereich jederzeit einsehbar und ermöglicht das Betreten zum Zwecke der Kontrolle. Genauso könnten Kunden befragt werden oder das Geschäft womöglich von außen in Augenschein genommen werden. Dabei ist allein zu kontrollieren, ob sich „Terry“ im Ladengeschäft befindet. Wo er sich tatsächlich aufhält, kann dahinstehen und bedarf auch keiner Kontrolle. Auch die Anordnungen zum Führen des Hundes im Geschäft lassen sich also kontrollieren.
Aus den genannten Gründen war der Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V. mit § 708 f. ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt (§ 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG).