Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 01. Feb. 2017 - 7 CE 16.1989

published on 01/02/2017 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 01. Feb. 2017 - 7 CE 16.1989
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Gericht

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Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beigeladene wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 24. August 2016, mit dem es dem Antragsgegner untersagt hat, die an der Fakultät für Studium Generale und Interdisziplinäre Studien der Hochschule für angewandte Wissenschaften M.(im Folgenden: Hochschule) ausgeschriebene W 2-Professur für Psychologie zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden ist. Um diese Professur hatten sich u.a. die am ... 1980 geborene, promovierte Beigeladene und der am ... 1966 geborene, ebenfalls promovierte und seit dem Ende der 1990er Jahre als Professor an einer Fachhochschule tätige Antragsteller beworben.

Nach Durchführung von Probelehrveranstaltungen, an denen u.a. die Beigeladene und der Antragsteller teilgenommen hatten, setzte die zuständige Studiendekanin in ihrer Stellungnahme den Antragsteller aus pädagogischer Sicht mit dem Prädikat „hervorragend“ auf Platz 1 und die Beigeladene mit dem Prädikat „sehr gut“ auf Platz 2 vor einer weiteren Bewerberin. Der Berufungsausschuss dagegen beschloss, die Beigeladene, die zwei externe Gutachter ebenso wie den Antragsteller mit zweimal „sehr gut“ und einmal „hervorragend“ hinsichtlich fachlicher, persönlicher und pädagogischer Eignung beurteilt hatten, auf Platz 1 vor dem Antragsteller einzureihen.

Der Antragsteller hat insoweit Widerspruch eingelegt, den die Hochschule mittlerweile zurückgewiesen hat. Dem Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Der Antragsteller habe nicht nur einen Anordnungsgrund, sondern auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Der Berufungsausschuss habe von dem ihm eröffneten Beurteilungsspielraum in fehlerhafter Weise Gebrauch gemacht; es liege ein den Antragsteller in mehrfacher Hinsicht benachteiligendes Abwägungsdefizit vor. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers sei verletzt.

Mit ihrer Beschwerde verteidigt die Beigeladene die Entscheidung des Berufungsausschusses. Insbesondere seien entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts die erstellten Gutachten vollständig, die Zusatzqualifikationen des Antragstellers angemessen berücksichtigt und Anzahl und Inhalt ihrer eigenen Veröffentlichungen zutreffend gewürdigt worden.

Die Beigeladene hat beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts den Auftrag (gemeint: Antrag) auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 28. Mai 2015 abzulehnen.

Der Antragsteller verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und hat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsgegner hat sich zu der Beschwerde nicht geäußert.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Akten der Hochschule verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Aus den mit der Beschwerde dargelegten Gründen ist die angefochtene Entscheidung nicht abzuändern oder aufzuheben (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO). Das Verwaltungsgericht geht im Ergebnis zutreffend davon aus, dass der Antragsteller sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Insoweit nimmt der Verwaltungsgerichtshof zunächst gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses unter II., S. 18 bis 21 oben des amtlichen Beschlussumdrucks.

Ergänzend und klarstellend bleibt folgendes anzumerken:

Ob die getroffene Auswahlentscheidung dem Bewerberverfahrensanspruch des Antragstellers und damit den Anforderungen an eine Auswahlentscheidung nach dem Prinzip der Bestenauslese, also nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung genügt (vgl. dazu: BayVGH, B.v. 21.1.2005 - 3 CE 04.289 - juris), lässt sich den vorgelegten Behördenakten nicht entnehmen. Es ist zwar nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. BVerfG, B.v. 9.7.2007 - 2 BvR 206/07; BayVGH, B.v. 5.1.2012 - 7 CE 11.1432 - jeweils juris) geboten, die wesentlichen Gründe, die zu der getroffenen Auswahlentscheidung geführt haben, schriftlich zu fixieren. Denn eine derartige Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dient nicht nur dazu, das Auswahlverfahren für die Bewerber bzw. Bewerberinnen transparent zu machen, sondern auch der Selbstkontrolle derjenigen, die die Entscheidung zu treffen haben und eröffnet dem Gericht erst die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung in der aus rechtsstaatlicher Sicht gebotenen Form eigenständig nachzuvollziehen.

Welche Erwägungen den Berufungsausschuss hier dazu bewogen haben, die Antragstellerin hinsichtlich ihrer fachlichen, pädagogischen und persönlichen Eignung zweimal mit dem Prädikat „hervorragend“ und einmal mit „sehr gut“ zu bewerten, den Antragsteller dagegen nur mit einmal „hervorragend“ und zweimal „sehr gut“ und sie vor dem Antragsteller an die Spitze seiner Vorschlagsliste zu setzen, ist aus den Akten aber nicht ansatzweise ersichtlich.

Aus den Akten geht vielmehr bereits aufgrund eines überschlägigen Vergleichs der eingereichten Bewerbungsunterlagen hervor, dass der - im Vergleich mit der Beigeladenen deutlich ältere - Antragsteller im Gegensatz zu dieser bereits seit Ende der 1990er Jahre eine Professur an einer Fachhochschule innehat, ein wirtschaftswissenschaftliches Zweitstudium abgeschlossen hat und u.a. aufgrund dessen wohl über ein höheres Maß an Erfahrung verfügt als diese. Auch seine Veröffentlichungsliste ist erheblich länger als die der Beigeladenen.

Weshalb diese Umstände angesichts der Stellenausschreibung, mit der „eine wissenschaftlich ausgewiesene Persönlichkeit gesucht wird, die umfassende praktische Erfahrungen in verantwortlicher Position außerhalb einer Hochschule erworben hat und diese nun in Lehre und angewandter Forschung an die Studierenden weitergeben möchte“ und die außerdem u.a. Wirtschaftspsychologie zu den Aufgaben der zu besetzenden Professur zählt, ohne Einfluss bleiben und die Beigeladene gleichwohl als vorzugswürdig erscheinen lassen, hätte - zumindest - einer nachvollziehbaren Erörterung bedurft.

Dies gilt umso mehr, als sich bei den Akten überdies die gemäß Art. 30 Abs. 2 Nr. 6 des Bayerischen Hochschulgesetzes (BayHSchG) abgegebene Stellungnahme der Studiendekanin befindet, in der diese den Antragsteller hinsichtlich seiner pädagogischen Eignung als der Beigeladenen „klar“ und „mit Abstand“ überlegen einschätzt. Ausschlaggebend dafür seien neben den oben genannten Umständen u.a. auch seine Führungserfahrung als - derzeit - stellvertretender Abteilungsleiter sowie sein im Rahmen der Probevorlesungen gezeigter Souveränitätsvorsprung gegenüber der Beigeladenen. Und schließlich kommen auch die beiden externen Gutachter (allerdings ohne sich mit den dokumentierten Qualifikationen vor allem des Antragstellers sichtbar auseinander zu setzen) - nur - zu dem Schluss, Beigeladene und Antragsteller seien hinsichtlich ihrer fachlichen, pädagogischen und persönlichen Eignung gleichermaßen jeweils zweimal mit „sehr gut“ und einmal „hervorragend“ zu bewerten.

Woraus sich vor diesem Hintergrund der von dem Berufungsausschuss gleichwohl erkannte und mit zweimal „hervorragend“ und einmal „sehr gut“ beurteilte Eignungsvorsprung der Beigeladenen ergeben soll, erschließt sich nicht. Die Entscheidung des Berufungsausschusses ist auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil im gesamten Auswahlverfahren kein unmittelbarer Bewerbervergleich anhand des erstellten Anforderungsprofils vorgenommen worden ist.

Aufgrund des insoweit fehlerhaften Auswahlverfahrens hat das Verwaltungsgericht dem Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht stattgegeben; die Beschwerde der Beigeladenen ist unbegründet.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant
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published on 18/10/2018 00:00

Tenor I. Dem Antragsgegner wird im Wege einstweiliger Anordnung untersagt, die an der Hochschule für angewandte Wissenschaften … ausgeschriebene W2-Professur für Französisch mit den Schwerpunkten Wirtschaftsfranzösisch und Kult
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Annotations

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.