Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. Feb. 2019 - 4 ZB 18.399
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 2.820 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. Feb. 2019 - 4 ZB 18.399
Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. Feb. 2019 - 4 ZB 18.399
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. Feb. 2019 - 4 ZB 18.399 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Tenor
-
1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
-
2. Das Land Niedersachsen hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu erstatten.
-
3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.
Gründe
-
I.
- 1
-
Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Verfahren aus dem Bereich des Schulrechts.
- 2
-
1. a) Der Beschwerdeführer besuchte ein öffentliches technisches Fachgymnasium. Da er an einer Lese- und Rechtschreibstörung (Legasthenie) leidet, beantragte er zum Nachteilsausgleich eine Schreibzeitverlängerung für die Anfertigung von Klausuren sowie die Nichtbewertung der Rechtschreibung (sog. Notenschutz). Die Schule lehnte dies ab.
- 3
-
b) Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht die Schule, dem Beschwerdeführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache bei der Anfertigung schriftlicher Leistungsüberprüfungen außer in naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern eine Schreibzeitverlängerung von 10 % der jeweiligen Bearbeitungszeit zu gewähren. Soweit der Eilantrag darüber hinaus auf vorläufige Gewährung eines Zeitzuschlages von 25 % und Notenschutz bezüglich der Rechtschreibleistung in allen Fächern sowie auf die ebenfalls bereits vorgerichtlich geltend gemachte Verpflichtung der Schule gerichtet war, ihn in Mathematik anwendungsbezogen auf das erste Prüfungsfach Elektronik zu unterrichten, blieb er ohne Erfolg. Eine vom Beschwerdeführer in dieser Sache erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 2129/08).
- 4
-
c) In der Hauptsache fasste das Verwaltungsgericht zunächst einen Beweisbeschluss zur Frage der medizinischen Notwendigkeit eines weitergehenden Nachteilsausgleichs. Dieser wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, nachdem der Beschwerdeführer die Allgemeine Hochschulreife erworben hatte. Der Beschwerdeführer stellte seine Klage daraufhin um. Neben Feststellungsanträgen begehrte er, seine unter anderem auf Klausurabwertungen wegen Schreibfehlern (sog. "GRZ-Abzug") beruhenden Kursnoten im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 anzuheben.
- 5
-
Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die in der Jahrgangsstufe 12 erteilten Einzelnoten seien bestandskräftig geworden und daher nicht mehr anfechtbar. Der Zulässigkeit der Feststellungsanträge stehe teilweise der Subsidiaritätsgrundsatz und teilweise das Fehlen eines Feststellungsinteresses entgegen.
- 6
-
d) Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss ab.
- 7
-
aa) Es könne offenbleiben, ob das Verwaltungsgericht die halbjährlichen Kursabschlussnoten als eigenständig anfechtbare Regelungen habe ansehen dürfen. Die Versäumung der Widerspruchsfrist sei insoweit jedenfalls unschädlich, da die Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidung getroffen habe. Von der Bestandskraft der Einzelnoten könne daher nicht ausgegangen werden.
- 8
-
An der Richtigkeit der Ablehnung des Verpflichtungsantrags bestünden im Ergebnis gleichwohl keine ernstlichen Zweifel, da nicht ersichtlich sei, dass die den Kursnoten zugrunde liegenden Bewertungen fehlerhaft gewesen sein könnten. Es sei in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass unter einer Legasthenie leidenden Schülern zum Nachteilsausgleich nur Schreibzeitverlängerungen gewährt werden könnten oder die Nutzung technischer Hilfsmittel gestattet werden könne. Die Gewährung von Notenschutz (durch Nichtbewertung der Rechtschreibung) sei demgegenüber in der Regel nicht zulässig, da sie zu einer Benachteiligung von Schülern führen könne, denen aus sonstigen Gründen Rechtschreibfehler in größerem Umfang unterliefen. Darüber hinaus komme ein Ausgleich durch Notenschutz deswegen nicht in Betracht, weil sich die vom Beschwerdeführer beanstandeten Noten gerade auf das Fach Deutsch bezögen und in diesem unter anderem Rechtschreibung und Zeichensetzung zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen gehörten. Ein Anspruch auf Notenschutz folge selbst bei einem den Behinderungsbegriff erfüllenden Ausmaß der Legasthenie auch nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, da sich hieraus ein originärer subjektiver Leistungsanspruch nicht ableiten lasse. Unmittelbar aus Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, BGBl 2008 II S. 1419) ergäben sich ebenfalls keine entsprechenden Rechte. Schließlich sehe die geltende Erlasslage in gewissem Umfang eine differenzierte Bewertung vor und eröffne einen pädagogischen Bewertungsspielraum, der eine einzelfallgerechte Berücksichtigung des Erscheinungsbildes der Legasthenie ermögliche. Es sei nicht ersichtlich, dass bei der Bewertung der den beanstandeten Kursnoten zugrunde liegenden Deutschklausuren hiervon in willkürlicher Weise abgewichen worden sei.
- 9
-
bb) Auch das Feststellungsinteresse habe das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Ein Rehabilitationsinteresse könne nicht bejaht werden, da von den Einzelnoten und der Durchschnittsnote des Abiturzeugnisses keine den Beschwerdeführer in seiner Persönlichkeit diskriminierende Wirkung ausgehe. Die Bewertung im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 könne für sich gesehen nicht als diskriminierend angesehen werden, zumal sich die begehrte Anhebung nicht auf die Durchschnittsnote auswirken würde. Hinsichtlich anderer Einzelnoten habe der Beschwerdeführer nicht näher dargelegt, welche Punktzahl er für angemessen halte. Soweit er sein Feststellungsbegehren auf eine beabsichtigte Amtshaftungsklage stütze, habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine solche mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei.
- 10
-
2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 GG, aus Art. 3 Abs. 1 und 3 GG in Verbindung mit der UN-Behindertenrechtskonvention sowie aus Art. 12 GG und führt dies näher aus. Insbesondere rügt er, das Ausgangsgericht habe zu keinem Zeitpunkt in einem ordentlichen Hauptsacheverfahren durch Beweisaufnahme geprüft, welche Maßnahmen notwendig gewesen seien, um die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es aber uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar, ob ein in Prüfungen gewährter Nachteilsausgleich die Störung vollständig ausgeglichen habe, was gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen zu ermitteln sei (Hinweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 1992 - 1 BvR 1295/90 -, NJW 1993, S. 917 <918>). Das Oberverwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass er durch die Anlegung desselben Leistungsbemessungsmaßstabs wie bei seinen nicht behinderten Mitschülern in einem Bereich, in dem er aufgrund seiner Funktionsstörung nicht gleichermaßen leistungsfähig sein könne, benachteiligt worden sei. Aus fachärztlicher Sicht habe er in allen Fächern zusätzlich 25 % der üblichen Bearbeitungszeit benötigt, um die gleichen Chancen bei der Bearbeitung der anstehenden Aufgaben zu haben. Ein reiner Nachteilsausgleich führe, auch wenn er den Verzicht auf die Benotung der Rechtschreibung beinhalte, keineswegs zu einer Beeinträchtigung der Chancengleichheit nichtbehinderter Mitschüler. Dadurch, dass es das Oberverwaltungsgericht versäumt habe, seine willkürliche Entscheidung aus dem Eilverfahren im Berufungszulassungsverfahren zu korrigieren, nehme es ihm die Möglichkeit der Rehabilitation und verschärfe damit die bereits erfolgte Diskriminierung. Damit werde zudem eine Amtshaftungsklage bewusst ausgeschlossen und würden legasthene Schüler in Niedersachsen im Ergebnis rechtlos gestellt.
- 11
-
3. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Niedersächsischen Justizministerium und der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der vormaligen Schule des Beschwerdeführers, zugestellt worden. Diese haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.
-
II.
- 12
-
1. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.
- 13
-
2. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.
- 14
-
a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet zwar keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136 f.>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grund dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f. Rn. 34>).
- 15
-
b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.
- 16
-
aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er hat aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht seinen Verpflichtungsantrag rechtsfehlerhaft als unzulässig behandelt hat und die angenommene Unzulässigkeit der Feststellungsanträge betreffend den Notenschutz und den Umfang des ihm zustehenden Nachteilsausgleichs aus Subsidiaritätsgründen zumindest ernstlichen - vom Oberverwaltungsgericht selbst näher aufgezeigten - Zweifeln begegnet. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.
- 17
-
bb) Es begegnet zwar keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere Gründe entscheidungstragend abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. BVerfGE 134, 106 <119 f. Rn. 40>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).
- 18
-
Dass dem Beschwerdeführer vor Erlass der angegriffenen Entscheidung im Hinblick auf die neue Begründung des Oberverwaltungsgerichts im Berufungszulassungsverfahren rechtliches Gehör gewährt worden wäre, lässt sich den beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens nicht entnehmen. Darüber hinaus lagen die Voraussetzungen für einen Austausch der Begründung hiernach auch nicht vor.
- 19
-
(1) Hinsichtlich der auf den Notenschutz bezogenen Klageanträge ergibt sich dies schon daraus, dass das Oberverwaltungsgericht die angenommene inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils auf Gründe stützt, denen ihrerseits grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukommt. Denn die Heranziehung von Erwägungen mit Grundsatzbedeutung zur Ablehnung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel verkürzt den vom Gesetzgeber für Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorgesehenen Rechtsschutz im Berufungsverfahren in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise (vgl. BVerfGK 10, 208 <213 f. m.w.N.>).
- 20
-
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entspricht danach weitgehend dem der grundsätzlichen Bedeutung in der revisionszulassungsrechtlichen Bestimmung des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerfGK 10, 208 <214>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642 <3643>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2011 - 1 BvR 1764/09 -, NVwZ-RR 2011, S. 963 <964>).
- 21
-
Nach diesen Maßstäben kam der vom Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Legasthenie so genannten Notenschutz in Form der Nichtbewertung der Rechtschreibung verlangen konnte, grundsätzliche Bedeutung zu. Denn ihre Beantwortung hat Bedeutung weit über den Einzelfall des Beschwerdeführers hinaus und betrifft den Umfang des verfassungsrechtlich sowohl unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit im Prüfungsrecht (BVerfGE 52, 380 <388>) als auch des Benachteiligungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfGE 96, 288<301 ff.>) bestehenden Anspruchs auf behinderungsbezogenen Nachteilsausgleich (zu der namentlich aus den verfassungsrechtlichen Bezügen abgeleiteten Grundsatzbedeutung der Rechtmäßigkeit der Bemerkung der Nichtberücksichtigung von Rechtschreibleistungen im Abiturzeugnis vgl. BayVGH, Urteile vom 28. Mai 2014 - 7 B 14.22 u.a. -, juris, Rn. 27). Die umstrittene Frage des Umfangs des Nachteilsausgleichs, der an Legasthenie leidenden Schülern zusteht, war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht höchstrichterlich geklärt. Erst im Jahr 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass aus dem Gebot der Chancengleichheit nur Ansprüche auf Änderung der Prüfungsbedingungen (Nachteilsausgleich), nicht aber solche auf Änderung des Maßstabs der Leistungsbewertung (Notenschutz) abgeleitet werden könnten (BVerwGE 152, 330). Hiergegen sind beim Bundesverfassungsgericht mittlerweile Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. 1 BvR 2577/15, 1 BvR 2578/15 und 1 BvR 2579/15), über die noch nicht entschieden ist.
- 22
-
Das Oberverwaltungsgericht konnte die Nichtzulassung der Berufung wegen inhaltlicher Richtigkeit daher hierauf nicht stützen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der flankierenden Erwägungen, im Fach Deutsch gehörten Rechtschreibung und Zeichensetzung gerade zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen und der Schutz des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG beschränke sich auf seine Funktion als Abwehrrecht. Gleiches gilt für den Hinweis auf den nach den einschlägigen schulrechtlichen Ausführungsbestimmungen bestehenden pädagogischen Spielraum. Ob die erfolgten Abwertungen unter Berücksichtigung des Spielraums der Behinderung des Beschwerdeführers hinreichend Rechnung trugen, wäre gegebenenfalls erst in einem Berufungsverfahren zu klären gewesen.
- 23
-
(2) Auch mit Blick auf das (verneinte) Feststellungsinteresse verkürzt das Oberverwaltungsgericht die verfassungsrechtlich garantierten Zugangsmöglichkeiten zum Berufungsverfahren. Soweit es ausführt, es fehle an dem (vom Verwaltungsgericht insoweit nicht geprüften) Feststellungsinteresse, weil die Ausweisung der Deutschnoten in der Jahrgangsstufe 12 mit Blick auf deren Auswirkungen auf das Abiturergebnis keinen diskriminierenden Charakter hätten und der Beschwerdeführer hinsichtlich der anderen Einzelnoten schon nicht näher dargelegt habe, welche Punktzahl er für erforderlich halte, lagen diese Erwägungen nicht ohne Weiteres auf der Hand und überschritten den statthaften Prüfungsumfang im Berufungszulassungsverfahren. Inhaltlich liegen sie auch eher fern, weil der Beschwerdeführer dargelegt hat, dass die Feststellung, welche Noten er mit der von ihm für notwendig gehaltenen längeren Schreibzeitverlängerung in allen Fächern erreicht hätte, im Nachhinein nicht möglich ist. Gerade deswegen blieb ihm aber nur die Möglichkeit eines Feststellungsantrags, um eine in den erreichten Noten gegebenenfalls fortwirkende Benachteiligung durch einen entsprechenden Feststellungsausspruch zu beseitigen. In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist im Übrigen geklärt, dass sich das notwendige Feststellungsinteresse in einer solchen Situation bereits aus der Geltendmachung einer fortdauernden faktischen Grundrechtsbeeinträchtigung ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 59.13 -, juris, Rn. 20; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 146 m.w.N.), die hier insbesondere im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gerügt wird.
- 24
-
3. Auf die Beantwortung der weiteren vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen kommt es nicht an, da der angegriffene Beschluss die Berufungszulassung behandelt und keine Entscheidung zur Sache enthält.
-
III.
- 25
-
1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf dem Verfassungsverstoß. Er ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.
- 26
-
2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.
(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.
(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 172,50 Euro Euro festgesetzt.
Gründe
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 4. Kammer, Einzelrichter – vom 6. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen
Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu einer erhöhten Hundesteuer.
- 2
Er ist Eigentümer und Halter der Hündin „...“, einer 14 Jahre deutsche Drahthaar-Hündin, die mit Ordnungsverfügung vom 10.01.2007 (Blatt 18 Beiakte A) als gefährlicher Hund nach § 3 Abs. 1 GefHG eingestuft worden war. Gemäß § 10 Abs. 2 der Hundesteuersatzung der Gemeinde... beträgt die (erhöhte) Hundesteuer für gefährliche Hunde im Sinne des Schleswig-Holsteinischen Gefahrhundegesetzes für den ersten Hund 1.200,-€, für den zweiten Hund 1.800,-€ und für jeden weiteren Hund 2.400,-€. Der allgemeine Steuersatz für den ersten Hund beträgt gemäß § 4 Abs. 1 der Satzung 75 €, seit dem 01.01.2014 gemäß der 1. Nachtragssatzung vom 18.10.2013 beträgt die Steuer 96,00 €.
- 3
Wie in den Vorjahren auch wurde der Kläger mit Bescheid vom 14.01.2015 für das Jahr 2015 zu einer Hundesteuer i.H.v. 1.200 € herangezogen. Mit Schreiben vom 05.02.2015 (wohl nicht „5.3. 2015“, da am 09.02. beim Amt eingegangen) legte der Kläger Widerspruch gegen diesen Hundesteuerbescheid ein und verwies zur Begründung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 15.10.2014 9 C 8.13 -) zur Erhebung der Hundesteuer für gefährliche Hunde. Er machte geltend, hiernach dürfe die Hundesteuer für gefährliche Hunde die jährlichen Belastungen durch die Haltungskosten nicht überschreiten; diese betrügen für die Hündin ... ca. 600 € pro Jahr.
- 4
Mit Bescheid vom 12.02.2015 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt: Das Bundesverwaltungsgericht habe in der zitierten Entscheidung die durchschnittlichen Haltungskosten für einen normalen Hund mit 900,-€ bis 1.000,-€ als noch angemessen angesehen, weil auch einmalig anfallende allgemeine Kosten für die Kampfhundehaltung einbezogen werden müssten. Damit übersteige ein Steuersatz für das Halten eines gefährlichen Hundes in Höhe von 1.200,-€ nicht deutlich den sonstigen Aufwand für das Halten eines solchen Hundes. Auch aus dem 12,5-fachen Steuersatz im Verhältnis zum Steuersatz für die Haltung eines normalen Hundes könne eine erdrosselnde Wirkung nicht abgeleitet werden.
- 5
Der Kläger hat am 12.03.2015 Klage erhoben. Er wiederholt sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt weiter vor, dass der Steuersatz umliegender Gemeinden für gefährliche Hunde erheblich geringer sei. Zudem habe der Beklagte die besonderen Eigenschaften der Hündin, insbesondere das fortgeschrittene Alter, im Hinblick auf ihre Gefährlichkeit außer Acht gelassen. Die Einstufung als gefährlicher Hund sei schon deswegen überholt. Darüber hinaus entfalte der Steuersatz eine erdrosselnde Wirkung, weil er einem faktischen Verbot gleichkomme. Diesbezüglich habe der Beklagte aber keine Regelungskompetenz. Abzustellen sei hinsichtlich der Verbotswirkung einer örtlichen Aufwandsteuer auf den durchschnittlichen Steuerpflichtigen im Gemeindegebiet. Die Erdrosselungsgrenze sei überschritten, da die Beklagte einen ohnehin nicht ganz niedrigen Regelsteuersatz von 75 € für gefährliche Hunde derart vervielfache, dass sich eine im bundesdurchschnittlichen Vergleich und auch gemessen an den umliegenden Gemeinden völlig aus dem Rahmen fallende Steuer ergebe.
- 6
Der Kläger hat beantragt,
- 7
den Abgabenbescheid des Amtes ... vom 14.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2015 insoweit aufzuheben, als darin Hundesteuer für das Jahr 2015 über 600 € hinaus festgesetzt worden ist.
- 8
Der Beklagte hat beantragt,
- 9
die Klage abzuweisen.
- 10
Der Beklagte trägt vor, der Steuersatz für gefährliche Hunde habe sich anders als der inzwischen angehobene Steuersatz für normale Hunde seit dem 01.01.2006 nicht geändert. Der Regelsteuersatz sei auch im Vergleich zu den Steuersätzen in anderen Gemeinden nicht besonders hoch, zumal laut Erlass des Innenministeriums eine Hundesteuer in Höhe von mindestens 120 € pro Jahr erwartet werde. Der steuerliche Lenkungszweck könne nur erreicht werden, wenn die Hundesteuer für gefährliche Hunde deutlich höher als die Regelsteuer festgesetzt werden könne.
- 11
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Einzelrichterurteil vom 06.10.2015 abgewiesen. Grundsätzlich könne eine Gemeinde für einen sogenannten Gefahrhund einen erhöhten Hundesteuersatz festsetzen. Dies gelte auch dann, wenn durch einen tierärztlichen Wesenstest die Sozialverträglichkeit des Hundes festgestellt worden sei. Ein positiver Wesenstest führe nach den Regelungen des Schleswig-Holsteinischen Gefahrhundegesetzes (vgl. § 10 Abs. 5 Satz, 11 GefHG) lediglich zu einer Befreiung von der ansonsten für gefährliche Hunde im Sinne des § 3 GefHG geltenden Maulkorbpflicht. An der grundsätzlichen Einordnung des Hundes als gefährlicher Hund ändere sich hierdurch jedoch nichts. Ein rechtfertigender sachlicher Grund für den Erlass einer Lenkungssteuer mit dem Ziel einer Minimierung einer als gefährlich vermuteten Hundepopulation bestehe auch in diesen Fällen.
- 12
Im vorliegenden Fall sei nicht davon auszugehen, dass die Steuerregelung aufgrund der Höhe des Steuersatzes ersichtlich darauf abziele, die Erfüllung des Steuertatbestandes durch eine „erdrosselnde Wirkung“ praktisch unmöglich zu machen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 15.10.2014 9 C 8.13 -) könne dem Steuersatz für normale Hunde ein gewisser Orientierungsmaßstab entnommen werden, der selbst unter Berücksichtigung des weiten Gestaltungsspielraums des Satzungsgebers Anhaltspunkte für den Verlauf der rechtlichen Grenze des erhöhten Steuersatzes für gefährliche Hunde ergebe. Im vorliegenden Fall betrage der Steuersatz für die Haltung eines normalen Hundes 96 € und der erhöhte Steuersatz für gefährliche Hunde 1.200 € pro Jahr, so dass der erhöhte Steuersatz das 12,5-fache des normalen Steuersatzes betrage. Allein hieraus könne noch nicht auf eine erdrosselnde Wirkung geschlossen werden.
- 13
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei weiterhin darauf abzustellen, dass die Hundesteuer eine kommunale Aufwandsteuer darstelle. Maßstab für ihre Bemessung sei demnach die in der Vermögensaufwendung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit. An deren Erfassung müsse sich die tatbestandliche Ausgestaltung der Steuer orientieren. Stehe demnach die festgesetzte Steuer außer Verhältnis zu dem besteuerten Aufwand, werde sich nach allgemeiner Lebenserfahrung ein durchschnittlicher Steuerpflichtiger den Aufwand nicht mehr leisten und von der Anschaffung bzw. Haltung eines entsprechenden Hundes Abstand nehmen. Hiervon sei jedenfalls dann auszugehen, wenn die Steuer den durchschnittlichen Haltungsaufwand deutlich übersteige. Nach den vorliegenden Erkenntnissen habe die jährliche finanzielle Belastung für die Haltung eines Hundes im Jahre 2006 im Bundesdurchschnitt 900,-€ bis 1.000,-€ pro Hund betragen. Dabei seien Anschaffungskosten sowie weitere Einmalausgaben wie Kosten für Hundeschulen, Hundepensionen etc. nicht berücksichtigt worden. Die letztgenannten Einmalkosten seien aber nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (aaO) ebenfalls mit einzubeziehen und auf die durchschnittliche Lebenserwartung eines Hundes umzurechnen. Dabei seien auch die speziell bei als gefährlich eingestuften Hunden entstehenden Kosten (Kosten für Wesenstest, Maulkorb, spezielle Haftpflichtversicherung, ggf. notwendige bauliche Sicherungsmaßnahmen) noch zusätzlich mit einzubeziehen. Bei Berücksichtigung einer durchschnittlichen Inflationsrate von 1,6 % seit 2006 und der gebotenen Berücksichtigung der genannten einmaligen Kosten liege damit der hier streitgegenständliche Steuersatz von 1.200 € keinesfalls so weit über den als Bezugspunkt gewählten durchschnittlichen Haltungskosten, dass von einer erdrosselnden Wirkung gesprochen werden könne.
- 14
Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 04.11.2015 die vom Einzelrichter des Verwaltungsgerichts wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt.
- 15
Der Kläger trägt vor, im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen gegeben, bei deren Vorliegen das Bundesverwaltungsgericht eine erdrosselnde Wirkung der Hundesteuer annehme. Der für gefährliche Hunde festgelegte Steuersatz mit 1.200,00 € pro Jahr entspreche dem 12,5-fachen des Steuersatzes eines normalen Hundes. Damit werde ein Formenmissbrauch betrieben, weil das Ziel verfolgt werde, die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen. Mit diesem Betrag werde ein Mehrfaches dessen gefordert, was in vergleichbaren Gemeinden und in Gemeinden der Umgebung verlangt werde. Sachliche Gründe für eine derartig hohe Abweichung seien weder vorgetragen noch ersichtlich.
- 16
Des Weiteren übersteige die Steuer entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts den durchschnittlichen Haltungsaufwand deutlich. Das Verwaltungsgericht habe in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen bundesdurchschnittlichen Jahresaufwand von 900 bis 1000 € angenommen und diesen Wert mit einer durchschnittlichen Inflationsrate von 1,6 % indexiert. Es fehle aber eine Begründung, weshalb es ein deutliches Übersteigen bzw. auffälliges Missverhältnis des durchschnittlichen Haltungsaufwandes abgelehnt habe. Der tatsächliche Jahresaufwand liege im vorliegenden Fall bei ca. 600,00 €; dies entspreche auch den durchschnittlichen Kosten im Gemeindegebiet und in den Umlandgemeinden. Soweit auf die Studie „Ökonomische Gesamtbetrachtung der Hundehaltung in Deutschland“ verwiesen werde, müsse berücksichtigt werden, dass in dort ermittelten Werten bereits eine Hundesteuer von a. 100 € enthalten sei. Zudem sei die Inflationsrate fehlerhaft ermittelt und angewandt worden.
- 17
Darüber hinaus verstoße der festgesetzte Steuersatz gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Die Gemeinde überschreite die Grenzen des Notwendigen und Zumutbaren, wenn sie einen um das 12,5-fache erhöhten Steuersatz festsetze. Angesichts der nicht nach der Gefährlichkeit des Hundes differenzierenden Handhabung könne eine regulierende Wirkung nicht eintreten.
- 18
Der Kläger beantragt,
- 19
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 6.10.2015 zu ändern und den Abgabenbescheid des Beklagten vom 14.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2015 insoweit aufzuheben, als darin Hundesteuern für das Jahr 2015 über 600,00 € hinaus festgesetzt worden sind.
- 20
Der Beklagte beantragt,
- 21
die Berufung zurückzuweisen.
- 22
Der Beklagte erwidert, dass bei einer umgerechnet 100 € pro Monat betragenden Steuer keine unzulässige Erdrosselungssteuer vorliegen könne. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Urteil vom 05.10.2014 – 9 C 8.13 eine erdrosselnde Wirkung nur dann angenommen, wenn die Steuer in dieser Höhe ersichtlich darauf angelegt sei, die Haltung jeder Art von Kampfhunden praktisch unmöglich zu machen. Im dort entschiedenen Fall habe es sich um einen Steuersatz von 2.000 € und damit um das 26-fache des Satzes für einen Nichtkampfhund gehalten. Davon sei die vorliegende Veranlagung weit entfernt.
- 23
Die Ausführungen des Klägers zu den Haltungskosten seines Hundes seien unrealistisch.
- 24
Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten haben dem Gericht bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden; wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Akteninhalt sowie auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 25
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten vom 14.01.2015 und vom 12.02.2015 sind rechtmäßig.
- 26
Rechtsgrundlage der Bescheide sind § 2 und § 10 Abs. 2 Nr. 1 der Hundesteuersatzung der Gemeinde... vom 04.12.2005. Gemäß § 10 Abs. 2 beträgt die Steuer für einen gefährlichen Hund im Sinne des § 10 Abs. 1 der Hundesteuersatzung für den ersten Hund 1.200 €, während der Steuersatz für einen Hund ansonsten 75 € bzw. heute 96 € beträgt. Diese Regelung ist mit höherrangigem Recht vereinbar.
- 27
Nach einhelliger Rechtsprechung ist es zulässig, dass mit der Regelung, für das Halten bestimmter Hunderassen einen höheren Steuersatz vorzuhalten, ein Lenkungszweck verfolgt wird. Die Erhebung einer Steuer darf neben dem Finanzierungszweck selbst auch einem Lenkungszweck dienen, solange sie nicht in ein sachregelndes Verbot umschlägt oder einem solchen gleichkommt. Die steuerrechtliche Normsetzungskompetenz genügte für einen solchen Zweck nicht, weil die Steuernorm dann nicht dem ihr begrifflich zukommenden Zweck diente, Steuereinnahmen zu dienen, sondern im Gegenteil darauf gerichtet wäre, die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen (BVerwG, Urt. v. 19.01.2000 – 11 C 8.99 -, NVwZ 2000, 929; Beschl. v. 22.12.2004 – 10 B 21.04 -).
- 28
Eine solche reine Lenkungsabgabe liegt hier jedoch objektiv-rechtlich nicht vor, weil bei einem Jahressteuerbetrag von 1.200 € die monatliche Belastung noch so gering ist, dass ein Umschlagen der Kampfhundesteuer in ein Verbot der Kampfhundehaltung nicht vorliegt. Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Gemeindevertretung der Gemeinde ... der subjektive Wille fehlte, mit der Erhebung einer angehobenen Hundesteuer für gefährliche Hunde nicht jedenfalls auch Steuereinnahmen zu erzielen.
- 29
Die Vergleiche des Klägers mit Steuersätzen anderer Gemeinden sind unerheblich. Eine Gemeinde hat ihre Entscheidungen auf dem Gebiet des kommunalen Abgabenrechts in eigener Verantwortung zu treffen und hat dabei lediglich die abgabenrechtlichen Vorgaben zu wahren. Ebenso unerheblich sind Überlegungen darüber, bis zu welchem Vielfachen des „Normal“-Steuersatzes ein Steuersatz noch hinzunehmen und ab welchem Vielfachen ein Verstoß gegen das Erdrosselungsverbot vorliege. Ein Steuersatz wird nicht durch seine Relation zu anderen Steuersätzen „erdrosselnd“, sondern allein durch seine objektive Höhe. Ein Vergleich des besonderen Steuersatzes für gefährliche Hunde mit dem für „normale“ ist ebenso wenig ergiebig, da dieser niedrigere Steuersatz aus den unterschiedlichsten Gründen von den Gemeindevertretungen auf unterschiedlichste Höhe festgesetzt worden sein kann.
- 30
Es kann im vorliegenden Verfahren unentschieden bleiben, ob der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 15.10.2014 9 C 8.13 hinsichtlich der absoluten Höhe der Hundesteuer zuzustimmen ist. Ein Steuersatz i.H.v. 1200 € ist auch bei Anwendung der vom Bundesverwaltungsgericht vertretenen Regel, dass der Betrag die durchschnittlichen jährlichen Unterhaltungskosten eines Hundes nicht übersteigen dürften, nicht derart überhöht, dass von einer erdrosselnden Wirkung gesprochen werden könnte. Dieser Betrag hält sich nämlich durchaus im Rahmen dessen, was bei einem normalen Familienhund bei artgerechter Haltung und Wahrung aller sinnvollen Vorkehrungen aufzuwenden ist.
- 31
Die Berechnungen des Klägers zu den durchschnittlichen Unterhaltungskosten eines Hundes stellen die Rechtmäßigkeit seiner Heranziehung nicht in Frage. Die von ihm eingesetzten Daten sind unrealistisch, zumal er auf die Einzelposten der Unterhaltung nicht eingeht.
- 32
Die Haftpflichtversicherung schlägt schon bei einem „normalen“ Hund – je nach Versicherung mit 65 bis 90 € pro Jahr zu Buche. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass viele Versicherungen (so z.B. HUK24, vgl.www.huk24.de/versicherungen/haftpflichtversicherung/tierversicherung) einen nach § 3 Abs. 1 GefHG als gefährlich eingestuften Hund nicht versichern und andere einen dem Risiko entsprechenden höheren Beitragssatz verlangen (AXA 184,45 €, Hanse Merkur 175,24 bis 204,31 €, vgl. www.hundeversicherungcheck.de). Selbst bei sehr zurückhaltender Schätzung fielen damit pro Jahr für diese bei gefährlichen Hunden in Schleswig-Holstein pflichtige Haftpflichtversicherung somit mehr als 180 € an.
- 33
Tierarztkosten werden pro Jahr in Höhe von mindestens 150 € anfallen, dies nicht nur bei Verletzungen oder Erkrankungen des Tieres, sondern auch etwa bei der jährlich erforderlichen Zeckenschutzimpfung. Hinzu kommen Kosten für Tierarzneimittel. Diese Kosten fallen in der Jugend des Tieres wegen dessen Agilität, später altersbedingt an. Als Anhaltspunkt für eine realistische Einschätzung der Kosten tiermedizinischer Betreuung kann der Versicherungsbeitrag für eine Tier-Krankenversicherung in Höhe von 12,95 € monatlich, mithin 155,40 € jährlich gelten (www.Uelzener-online.de).
- 34
Futterkosten werden pro Monat je nach Größe und Allgemeinzustand des Tieres mindestens 50 € pro Monat anfallen (industriell produziertes Fertigfutter, andere Futtermittel wie Metzgereiwaren, Nudeln, Reis, Gemüse und Speiseabfälle, vgl. die Aufstellung in der bereits vom Verwaltungsgericht ausgewerteten Studie Ohr/Zeddies, „Ökonomische Gesamtbetrachtung der Hundehaltung in Deutschland“, Göttingen 2006). Teilt man nämlich den dort ermittelten Jahresumsatz für Hundenahrung i.H.v. 1.800 Mio € durch die geschätzte Anzahl der Hunde in Deutschland von ca. 5 Mio, so ergibt sich bereits daraus ein Jahresbetrag von 360 €.
- 35
An Kosten für notwendige Ausstattung werden auf das Jahr gerechnet auch bei kärglicher Ausstattung ca. 40 € anfallen (Leine, Halsband, Maulkorb, Fressnapf, Pflegemittel). Nach den Erkenntnissen der Studie Ohr/Zeddies beträgt der Jahresumsatz im Hunde-Zubehörbereich knapp 200 Mio €, damit pro Hund 40 €.
- 36
Damit ergeben sich ohne jeglichen Sonderaufwand bereits Unterhaltungskosten i.H.v. fast 750 € pro Jahr.
- 37
Solcher Sonderaufwand ist aber selbst nach der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil v. 15.10.2014 9 C 8.13 -, BVerwGE 150, 225 = NVwZ 2015, 992 = ZKF 2015, 45) neben den allgemeinen Kosten für die Hundehaltung einzurechnen. Anders als vom Bundesverwaltungsgericht angenommen verhalten sich diese Kosten jedoch nicht im Bereich des Vernachlässigbaren, auch dann nicht, wenn man sie auf die wahrscheinliche Lebensdauer des Hundes umrechnet.
- 38
Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass an solchen besonderen Kosten die für den Wesenstest sowie die Kosten für sicherheitsrechtliche Auflagen wie Maulkorb, Zwinger und Halterfortbildung entstehen. Am Grundstück waren gemäß § 10 Gefahrhundegesetz und sind nach § 14 des aktuell geltenden Hundegesetzes bauliche Vorkehrungen vorzunehmen, um das Grundstück „ausbruchsicher“ herzurichten. Ein solcher Zaun in ausreichender Höhe, mit entsprechender Fundamentierung und in der erforderlichen Stabilität führt je nach den konkreten Grundstücksverhältnissen schnell zu einem Kostenvolumen von etwa 5.000 €, was umgerechnet auf eine Lebensdauer des Hundes von 12 – 13 Jahren zu Jahreskosten i.H.v. 400 € führt. Zählt man hierzu für die sonstigen sicherheitsrechtlichen Auflagen einen Betrag von lediglich 50 € im Jahr hinzu, so führt dies addiert zu den bisher festgestellten allgemeinen Kosten von 750 € zu Gesamtkosten i.H.v. 1.200 €. Damit übersteigt der geforderte Steuersatz die üblichen Unterhaltungskosten nicht.
- 39
Der Beklagte hat diese Satzungsbestimmungen auch rechtsfehlerfrei angewandt. Der Hund des Klägers unterfällt der Sonderregelung des § 10 Abs. 1 der Satzung, denn er ist durch Ordnungsverfügung vom 10.01.2007 in wirksamer und den Kläger bindender Weise als gefährlicher Hund i.S.d. des § 3 GefHG eingestuft worden.
- 40
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
- 41
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
- 42
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 9. Dezember 2009 - 10 K 1854/08 - geändert: Der Hundesteuerbescheid der Beklagten vom 23. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 23. Mai 2008 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
| ||||||
| ||||||
|
| |||||
| ||||||
| ||||||
|
| |||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
|
| |||||
| ||||||
| ||||||
|
| |||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
| ||||||
|
Entscheidungsgründe
| ||||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
|
Gründe
| ||||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
| |||
|
|
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.