Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Okt. 2016 - 22 C 16.2017

published on 06/10/2016 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Okt. 2016 - 22 C 16.2017
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Verwaltungsgericht München, M 16 K 15.5282, 07/08/2016

Gericht

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Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für eine beim Bayerischen Verwaltungsgericht München noch anhängige Anfechtungsklage gegen einen Bescheid des Beklagten vom 2. November 2015, mit dem ihm unter Androhung von Zwangsgeldern die Ausübung seines Gewerbes „Überführung von Kfz“ untersagt und die Untersagung auf die selbstständige Ausübung jedes anderen Gewerbes und die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person erstreckt wurden.

Das Verwaltungsgericht hat die begehrte Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 7. August 2016 versagt, weil die Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht habe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, der geltend macht, die Klage habe hinreichende Erfolgsaussicht. Denn das Landratsamt stütze seine Gewerbeuntersagung auf eine fehlerhafte Steuerschätzung des Finanzamts. Dieses orientiere sich bei seiner Berechnung zu Unrecht an einem Gewerbe, das der Kläger schon im Jahr 2003 abgemeldet habe.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht, denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO); das Verwaltungsgericht hat dies richtig entschieden.

1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussicht einer Rechtsverfolgung ist grundsätzlich nach § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags. Dieser ändert aber nichts an dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Gewerbeuntersagung maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses, der hier früher liegt und die spätere Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe insoweit materiell-rechtlich vorbestimmt. Bei einer Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist nach ständiger Rechtsprechung für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abzustellen, so dass nachträgliche Veränderungen der Sachlage, insbesondere eine Minderung von Verbindlichkeiten, außer Betracht bleiben (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 20.5.2016 - 22 ZB 16.253 - Rn. 9 und 10; BVerwG, U. v. 15.4.2015 - 8 C 6.14 -GewArch 2015, 366 Rn. 15 m. w. N.).

Was vorliegend die Verhältnisse im Zeitpunkt des Bescheidserlasses und die vom Beklagten herangezogene Begründung angeht, so macht der Kläger mit seiner Beschwerde keine anderen Umstände geltend als mit der Klage, nämlich die - nach seinem Vortrag - rechtsfehlerhafte Steuerschätzung durch das Finanzamt. Damit kann er aber nicht durchdringen.

Denn zum Einen können der Prognose, ob sich der Gewerbetreibende künftig als gewerberechtlich unzuverlässig erweisen wird, auf Steuerschätzungen beruhende Steuerschulden ebenso zugrunde gelegt werden wie solche Steuerschulden, die auf genauen Grundlagenfeststellungen und Berechnungen zur Höhe der abzuführenden Steuern beruhen (BayVGH, B. v. 31.1.2014 - 22 ZB 13.1859 - Rn. 16 m. w. N.). Aus dem Umstand, dass die Steuerschulden „nur“ auf Schätzungen des Finanzamts beruhen, folgt deshalb keine günstigere Zuverlässigkeitsprognose. Entscheidend ist vielmehr in dem einen wie in dem andern Fall stets, ob erkennbar ist, dass und wie der aktuelle, für die Annahme der Unzuverlässigkeit sprechende Zustand künftig in einem hinnehmbaren Zeitraum beendet und damit Gefahren für andere Gewerbetreibende, Kunden, die öffentliche Hand, andere Stellen und die Rechtsordnung insgesamt abgewendet werden können (BayVGH, B. v. 20.5.2016 - 22 ZB 16.253 - Rn. 9).

Davon abgesehen ist vorliegend der Einwand des Klägers, die Steuerschulden resultierten aus einem längst aufgegebenen Gewerbe, auch in der Sache nicht richtig. Wie das Verwaltungsgericht (Beschluss, S. 5, 2. Abschnitt) zutreffend ausgeführt hat, wird im angefochtenen Bescheid ausdrücklich zwischen Rückständen beim Finanzamt Freising aus dem abgemeldeten Gewerbe (3.700 €) einerseits und den aus der nachfolgenden Tätigkeit resultierenden Rückständen beim Finanzamt München (52.200 €) andererseits unterschieden; letztere betragen etwa das Vierzehnfache der Schulden aus dem vor Jahren abgemeldeten Gewerbe. Inwieweit die vom Finanzamt München mitgeteilte Steuerschuld (52.200 €) deswegen falsch sein könnte, weil das Finanzamt - wie der Kläger mit der Klage formuliert hat - die Rückstände aus einem früheren Gewerbe lediglich „hochgerechnet“ haben könnte, erschließt sich aus dem Vortrag des Klägers nicht und ist nicht ersichtlich.

Hinzu kommt, dass die dem Bescheid zugrundeliegende Unzuverlässigkeitsprognose und die angegriffene Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht nur auf die - in Anbetracht des relativ geringen Geschäftsumfangs des Klägers beträchtlichen und zur wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit führenden - finanziellen Belastungen (ca. 56.000 € bei beiden Finanzämtern, ca. 3.300 € bei der Berufsgenossenschaft) gestützt sind, sondern auch auf die anhaltende Missachtung von Zahlungs- und Erklärungspflichten durch den Kläger, die vergeblichen mehreren Vollstreckungsversuche von Gläubigern und das Fehlen jeglicher Zahlungsvereinbarungen (Beschluss, S. 2). In den letztgenannten Verhaltensweisen kommt zusätzlich zu der finanziellen Leistungsunfähigkeit auch eine deutliche Leistungsunwilligkeit zum Ausdruck. All dem ist der Kläger in keiner Weise entgegen getreten.

Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen auch im Übrigen aus den vom Verwaltungsgericht in seinem Beschluss genannten Gründen, mit dem es Prozesskostenhilfe versagt hat, nicht.

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bez
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bez
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published on 20/05/2016 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 20.000 € festgesetzt.
published on 31/01/2014 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens. III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 20.000 Euro festgesetzt. Gründe
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published on 06/12/2016 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegu
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.