Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Aug. 2015 - 15 C 15.1674

published on 13/08/2015 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 13. Aug. 2015 - 15 C 15.1674
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Tenor

In Abänderung des Beschlusses vom 6. Februar 2015 (Az.: 15 B 14.1832) wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf 10.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

[1] Mit Urteil vom 6. Februar 2015, der Klägerin zugestellt am 20. Februar 2015, hob der Senat unter Abänderung des Urteils der ersten Instanz die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 29. August 2012 für die Errichtung und den Betrieb einer Gemeinschaftsunterkunft für 40 Asylbewerber auf dem Grundstück FlNr. 1575/10 und /77 der Gemarkung M. im Stadtgebiet der Beklagten auf. Mit Beschluss vom selben Tag wurde der Streitwert für die Nachbarklage gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG für beide Rechtszüge auf je 7.500 € festgesetzt. Mit Ablauf des 20. März 2015 wurde das Urteil rechtskräftig.

Mit Schreiben vom 7. Juli 2015 erhoben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin in eigenem Namen Gegenvorstellung gegen die Festsetzung des Streitwerts und regten an, den Streitwert auf 30.000 € anzuheben. Die Beklagte und Bevollmächtigten der Beigeladenen halten einen Streitwert von 7.500 € für angemessen.

II.

1. Nach § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG findet gegen die Entscheidung des Senats vom 6. Februar 2015 eine Beschwerde nicht statt. Davon unberührt bleibt die von § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG eingeräumte Möglichkeit, die Streitwertfestsetzung innerhalb von sechs Monaten zu ändern, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt hat.

Die Anregung an den Senat, seine mit einem Rechtsmittel nicht angreifbare Entscheidung zu überprüfen und zu ändern (Gegenvorstellung, vgl. BVerwG, B. v. 20.11.2007 - 7 B 63/07 - juris Rn. 1), ist statthaft (vgl. dazu auch: BayVGH, B. v. 19.6.2013 - 8 C 13.2013 - juris Rn. 4 m. w. N.). Sie ist nicht durch § 69a GKG ausgeschlossen, da von den Prozessbevollmächtigten bereits nicht geltend gemacht wurde (vgl. § 69a Abs. 2 Satz 5 VwGO) noch sonst ersichtlich ist, dass der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden wäre. § 63 Abs. 3 GKG lässt die nachträgliche Änderung der Festsetzung des Streitwerts innerhalb von sechs Monaten nach der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache ausdrücklich zu, weshalb der Rechtstreit in diesem Punkt noch nicht endgültig abgeschlossen ist (vgl. demgegenüber zur Unzulässigkeit einer Gegenvorstellung in Bezug auf eine das Verfahren rechtskräftig abschließende Beschwerdeentscheidung: BVerwG, B. v. 1.6.2007 - 7 B 14/07 - juris Rn. 1).

Die Rechtsmittelführer haben auch ein schützenswertes Interesse an der nochmaligen Überprüfung der Streitwertfestsetzung, denn die Festsetzung eines aus ihrer Sicht zu niedrigen Streitwerts führt bei ihnen - im Gegensatz zu den am Rechtstreit Beteiligten - zu einer eigenen Beschwer (vgl. § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, st. Rspr., vgl. BGH, B. v. 20.12.2011 - VIII ZB 59/11 - WuM 2012, 114 = juris Rn. 6; BayVGH, B. v. 18.3. 2015 - 10 C 14.868 - juris Rn. 4; B. v 3.7.2014 - 14 C 14.1151 - juris Rn. 3).

2. Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Dabei kommt es auf eine objektive Beurteilung an. Die Befugnis, den Streitwert nach Ermessen zu bestimmen, ermöglicht es dem Gericht, den jeweiligen Wert im Interesse der Gleichbehandlung und Rechtssicherheit zu schätzen und dabei auf allgemeine Empfehlungen zurückzugreifen, die gleichartige Streitigkeiten schematisieren und typisieren. In ständiger Übung berücksichtigen die Bausenate des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bei der Streitwertfestsetzung die von der Streitwertkommission im Wege der Umfrage beim Bundesverwaltungsgericht und den Oberverwaltungsgerichten bzw. Verwaltungsgerichtshöfen der Länder und unter Einbeziehung von Anregungen der Bundesrechtsanwaltskammer und des Deutschen Anwaltsvereins erarbeiteten und in loser Folge herausgegebenen Empfehlungen (Streitwertkataloge) in ihrer jeweiligen Fassung. Der Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004 in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen (Streitwertkatalog 2013, NVwZ-Beilage 2/2013 S. 57 ff., BayVBl-Beilage 1/2014) schlägt für die Klage eines Nachbarn gegen eine Baugenehmigung einen Streitwert zwischen 7.500 € und 15.000 € vor, soweit nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist.

2.1 Die Klägerin verweist zur Begründung ihrer Ansicht, dass der Streitwert mit 7.500 € zu niedrig angesetzt sei, unter anderem auf eine Eilentscheidung eines anderen Obergerichts (VGH BW, B. v. 14.3.2013 - 8 S 2504/12 - DVBl 2013, 795 = juris Rn. 29), in der das Gericht in einem vergleichbaren Fall für die Baugenehmigung auf zwei Grundstücken den Streitwert verdoppelt habe und vom oberen Ende des Rahmens ausgegangen sei, was unter Berücksichtigung der Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu einer Halbierung auf 15.000 € geführt habe. Aus der zitierten Randnummer dieser Entscheidung ergibt sich das indes nicht. Der dort entscheidende Senat lehnte die Anwendung des § 52 Abs. 2 GKG auf die Drittanfechtung einer Baugenehmigung ab und setzte in Anlehnung an Nr. II.1.5 und II.9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit a. F. (2004, NVwZ 2004, 1327) für jedes der vier Grundstücke, deren insgesamt fünf Allein- bzw. Miteigentümer mit Eilanträgen gegen die Genehmigung zur Änderung der Nutzung eines Wohnheims mit Werkstatt und Schulungsräumen in Gemeinschaftsunterkünfte sowie Büros mit Lagerräumen vorgegangen waren, einen Streitwert von jeweils 3.750 € an, insgesamt 15.000 €. Der Senat begründete die Halbierung des von Nr. II.9.7.1 des Streitwertkatalogs a. F. einheitlich vorgeschlagenen Streitwerts von 7.500 € damit, dass mit dem Vollzug der Nutzungsänderung keine vollendeten, unumkehrbaren Tatsachen geschaffen werden könnten. Unabhängig davon, dass bereits Nr. II.1.5 Satz 1 Streitwertkatalog a. F. (= Nr. 1.5 Satz 1 Streitwertkatalog 2013) in Eilverfahren der vorliegenden Art regelmäßig die Hälfte des für das Hauptsacheverfahrens anzunehmenden Streitwerts empfiehlt, kann nicht die Rede davon sein, dass jene Entscheidung von einem Streitwert von 15.000 € für die Nachbarklage(n) gegen die Genehmigung eines Vorhabens auf zwei Grundstücken ausgegangen ist.

Einem weiteren von der Klägerin herangezogenen Fall einer Streitwertfestsetzung von 15.000 € in einem Nachbarklageverfahren (BayVGH, B. v. 10.9.2014 - 9 C 14.204 - juris) lag die entsprechende Bewertung des Interesses der Klägerin an einem ungestörten Betrieb ihrer Getreidemühle gegenüber durch Umnutzung eines ehemaligen Hauptzollamts „heranrückende“ Wohnungen zugrunde. Das Gericht äußerte in dieser Entscheidung über eine Streitwertbeschwerde grundsätzliche Zweifel, ob die Bedeutung einer „störungspräventiven Baunachbarklage für einen immissionsträchtigen Betrieb mit dem (alten) Regelstreitwert von 7.500 € angemessen erfasst wird. Diese Fallgestaltung ist mit der vorliegenden nicht vergleichbar. Hier ging es der Klägerin um die Abwehr einer als abstrakt gebietsfremd angesehenen Nutzung in ihrer Nachbarschaft.

Soweit die Klägerin auf die Streitwertfestsetzung von 7.500 € in einem im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss (BayVGH, B. v. 19.3.2015 - 9 CS 14.2441 - juris) hinweist, war in dieser Entscheidung die Nachbarverträglichkeit einer „Wohnanlage mit 87 Wohneinheiten und 129 Tiefgaragenstellplätzen, Fahrrad- und Kinderwagenabstellräumen, Kinderspielplatz sowie Blockheizkraftwerk mit 39 KW und Niedertemperaturkessel mit 200 KW“ zu beurteilen. Damit überschreitet das dort verfahrensgegenständliche Vorhaben den Umfang des hier in Rede stehenden in einem so erheblichen Umfang, dass von einer Vergleichbarkeit der Fälle keine Rede sein kann.

In mehreren von der Klägerin darüber hinaus in Bezug genommenen Entscheidungen wurden die Streitwerte in baurechtlichen Nachbarklagen mit 10.000 € bis 12.500 € festgesetzt.

2.2 Nach nochmaliger Prüfung des Falles unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin hält der Senat eine Anhebung des Streitwerts auf 10.000 € für ermessensgerecht. Angesichts dessen, dass der Bauherr mit seinem Antrag den Gegenstand seines Vorhabens bestimmt, kann es bei der Beurteilung des Interesses eines klagenden Nachbarn allerdings grundsätzlich nicht darauf ankommen, ob sich dieses auf ein oder mehrere Buchgrundstücke oder Flurnummern erstreckt. Maßgeblich bleibt vielmehr der Streitgegenstand des Klage- oder Antragsverfahrens, wie er sich aus dem oder den Anträgen des Klägers oder Antragstellers und den zu seiner bzw. ihrer Begründung vorgetragenen Gesichtspunkten ergibt.

Hier wurde die Nachbarrechtswidrigkeit der Entscheidung, eine Asylbewerberunterkunft für insgesamt 40 Personen in einem faktischen Gewerbegebiet im Wege der Ausnahme nach § 34 Abs. 2 Halbs. 2 Var. 1 BauGB i. V. m. § 31 Abs. 1 BauGB zuzulassen, geltend gemacht; das Vorhaben sei als solches gebietswidrig. In Anbetracht der Größenordnung der verfahrensgegenständlichen Unterkunft, die doch erkennbar über der von Ein- oder Zweifamilienhäusern oder kleineren Wohnanlagen liegt, die die untere Empfehlung von 7.500 € in Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs in erster Linie im Blick haben dürfte, erscheint die vorgenommene Erhöhung des Streitwerts sachgerecht. Eine darüber hinausgehende Erhöhung, etwa weil die betreffenden Personen in zwei Gebäuden untergebracht werden sollen, kommt nicht in Betracht. Das Vorhaben kann unter dem hier allein maßgeblichen Blickwinkel seiner fehlenden Ausnahmefähigkeit in diesem Gewerbegebiet nur einheitlich bewertet und eingestuft werden.

3. Eine Kostenentscheidung unterbleibt, das Verfahren über die Gegenvorstellung ist gebührenfrei.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh
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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZB 59/11 vom 20. Dezember 2011 in dem Rechtsstreit Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger und
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Annotations

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Auf die Rüge eines durch die Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntmachung der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. Die Rüge ist bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird; § 66 Absatz 5 Satz 1 und 2 gilt entsprechend. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Nummer 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist.

(6) Kosten werden nicht erstattet.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend.

(2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Rechtsbehelfe, die gegeben sind, wenn die Wertfestsetzung unterblieben ist, kann er aus eigenem Recht einlegen.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.