Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 23. Apr. 2014 - 13a ZB 14.30095

published on 23/04/2014 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 23. Apr. 2014 - 13a ZB 14.30095
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Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 29. Oktober 2013 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i. S. v. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargestellte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich oder - bei tatsächlichen Fragen oder nicht revisiblen Rechtsfragen - durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt, aber klärungsbedürftig und über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob „derzeit in der Provinz H. von einem internen bewaffneten Konflikt im Sinne der Qualifikationsrichtlinie auszugehen ist, der so massiv ist, dass grundsätzlich für alle Personen eine individuelle Gefahr für Leib und Leben durch willkürliche Gewalt besteht“. Unter Bezugnahme auf Berichte des UN-Generalsekretärs vom März 2014, den Jahresbericht von UNAMA vom Februar 2014 und einen Artikel von Th. R. (Afghanistan Analysts Network - ANN) vom Dezember 2013 wird ausgeführt, dass von einer Verschlechterung der Sicherheitslage auszugehen sei, welche eine neue und andere Bewertung als im Urteil des Verwaltungsgerichts und der dort zitierten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs angezeigt erscheinen lasse. Da die in den genannten Berichten aufgeführten Tatsachen für eine erhebliche Verschärfung der Lage sprächen, seien aktuelle Opferzahlen für H. aufzuklären. Demgegenüber habe das Verwaltungsgericht seinen Feststellungen lediglich nicht mehr aktuelle Aussagen zu den Opferzahlen zugrunde gelegt.

Nach der vom Verwaltungsgericht herangezogenen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylVfG (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F.) ist für Afghanistan im Ganzen und speziell bezüglich der zur Westregion gehörenden Provinz H. derzeit nicht davon auszugehen, dass praktisch jede Zivilperson schon allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betreffenden Gebiet einer ernsthaften Bedrohung für Leib und Leben infolge militanter Gewalt ausgesetzt wäre (vgl. BayVGH, U.v. 15.3.2013 - 13a B 12.30292 - juris). Der Verwaltungsgerichtshof ist zu der Erkenntnis gelangt, dass die Gefährdungswahrscheinlichkeit landesweit betrachtet im unteren Promillebereich liegt. Auch in der Provinz H. sind die Angehörigen der Zivilbevölkerung - das Vorliegen einer allgemeinen Gefahr aufgrund eines bewaffneten Konflikts unterstellt - keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben i. S.v. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a. F. ausgesetzt. Selbst unter Zugrundelegung der von ANSO bezüglich H. ermittelten Zahlen der „incidents“ (sicherheitsrelevante Zwischenfälle), die erfahrungsgemäß erheblich höher sind als die Zahlen der Opfer, ergäbe sich bei einer Einwohnerzahl der Provinz von rund 1,8 Mio. für das Jahr 2012 eine Gefahrendichte im Promillebereich (0,05%). Das Verwaltungsgericht ist übereinstimmend mit dieser Rechtsprechung zu der Erkenntnis gelangt, dass der Kläger als Angehöriger der Zivilbevölkerung keiner erheblichen individuellen Gefahr ausgesetzt wäre. Die Hinweise des Klägers auf die aktuellen Berichte bieten keinen Anlass, im Rahmen eines Berufungsverfahrens in eine erneute Risikobewertung einzutreten.

Aus dem Hinweis, dass das Jahr 2013 sehr gewaltreich gewesen sei und die sicherheitsrelevanten Vorfälle in ganz Afghanistan gestiegen seien, lässt sich nicht auf eine wesentliche Verschärfung in der Heimatprovinz H. des Klägers schließen. Zudem lag die dort für 2012 festgestellte Gefahrendichte (Verhältnis der Zahl der sicherheitsrelevanten Zwischenfälle zur Bevölkerungszahl) von 0,05% weit unter der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 - 10 C 13.10 - NVwZ 2012, 454 Rn. 23 für die Höhe des dort festgestellten Risikos von ca. 0,12% oder ca. 1:800 pro Person und Jahr). Unterstellt, auch in H. läge entsprechend der landesweiten Tendenz im Jahr 2013 eine Verschärfung vor - wie in den vom Kläger genannten Stellungnahmen von Th. R., UNHCR und der Schweizerischen Flüchtlingshilfe ausgeführt - bliebe die Größenordnung des Risikos unverändert im Promillebereich (unter 0,1%) und würde eine kritische Gefahrenschwelle nicht erreichen (siehe auch BayVGH, B.v.10.12.2013 - 13a ZB 13.30304 - juris). Nach dem aktuellen Bericht von UNAMA (Annual Report 2013 - Februar 2014, S. 17) ist die Zahl der „Improvised Explosive Devices“ in der Westregion (mit Provinz H.) im Vergleich zum Jahr 2012 sogar gesunken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit
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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Lastenausgleichsgesetz - LAG

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit
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published on 26/11/2014 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung g
published on 21/11/2014 00:00

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsle
published on 18/09/2014 00:00

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung g
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Annotations

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.